[Entscheide Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24]
A.
GERICHTSPRAXIS
I. Verwaltungsgericht
Verfahren
– § 123 Abs. 2 GO. Fristberechnung, wenn am letzten Tag einer Frist (in
casu Fasnachtsdienstag) die Post «nicht wie gewöhnlich benützt werden» kann.
Aus
den Erwägungen:
2. Im
Verfahren 1009/99 rügt die Beschwerdegegnerin, die Beschwerdeführerinnen hätten
die Beschwerde verspätet eingereicht. Zu Unrecht. Es ist unbestritten, dass die
Beschwerde am Aschermittwoch, den 17. Februar 1999, der Post übergeben wurde,
dass aber bereits am Fasnachtsdienstag der zwanzigste Tag nach Zustellung des
angefochtenen Entscheides am 27. Januar 1999 verstrichen ist und an diesem Tag
die Poststelle in ... nur in beschränktem Ausmass bedient wurde. Die
Beschwerdeführerinnen berufen sich deshalb auf § 123 Abs. 2 GO, welcher
besagt, dass die Frist erst am nächsten Werktag endigt, wenn am letzten Tag
einer Frist die Post nicht wie gewöhnlich benutzt werden kann.
Ob es
dem Vertreter der Beschwerdeführerinnen subjektiv möglich gewesen wäre, am
Fasnachtsdienstag die Beschwerde der Post zu übergeben, ist unerheblich. Die
Fristerstreckung tritt ohne weiteres ein, wenn die Post nicht wie gewöhnlich
benutzt werden kann. Es besteht kein Anlass, die drei Fristerstreckungsgründe
gemäss § 123 Abs. 2 GO (die weiteren Gründe: letzter Tag einer Frist fällt
auf einen Samstag oder einen öffentlichen Ruhetag) unterschiedlich zu behandeln
(EGV-SZ 1984, S. 89f.). Zudem wollte der Gesetzgeber dem Rechtsuchenden nicht
nur eine theoretische, sondern eine faktische Verfahrenserleichterung einräumen
(EGV-SZ 1978, S. 35ff.; J. Hensler, Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Kanton
Schwyz, S. 108). Von einer restriktiven Auslegung von § 123 Abs. 2 GO, wie sie
in VGE 310/78 v. 22.3.1978 (Erw. 3, Prot. S. 94ff.) noch vertreten wurde, ist
abzusehen, zumal die Rechtssicherheit eine einheitliche Anwendung des kantonalen
Verfahrensrechts gebietet.
(VGE
1009+1014/99 vom 15. Juli 1999).
Verfahren
– § 129 GO. Wiederherstellung einer richterlichen Frist bei Erkrankung des
Vertreters.
Aus
den Erwägungen:
3.
(...). Das Gericht kann auf Antrag der säumigen Partei eine Frist
wiederherstellen, eine Verhandlung neu ansetzen und einen Endentscheid aufheben,
bei grobem Verschulden der Partei oder ihres Vertreters aber nur mit
Einwilligung der Gegenpartei (§ 129 Abs. 1 GO). Das Wiederherstellungsgesuch
ist spätestens zehn Tage nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 129 Abs.
3 GO). Nachdem die Vorinstanz vorliegend die Einwilligung zur Wiederherstellung
der Frist nicht erteilt, kann die richterlich angesetzte Verbesserungsfrist nur
bei Fehlen von grobem Verschulden wiederhergestellt werden.
a) In
der Eingabe vom 19. Juli 1999 wird das Fristwiederherstellungsgesuch wie folgt
begründet:
«Kurz
nach Beginn des Fristenlaufes, am 29. Juni 1999, wurde die für diese
Angelegenheit verantwortliche Frau Y., Vizedirektorin der X. Gesellschaft, von
einer Grippe heimgesucht, die sie bis und mit Freitag, den 2. Juli 1999, zu 100%
arbeitsunfähig machte (...).
Am
Montag, dem 5. Juli 1999, dem Tag des Ablaufes der Frist, wurde Frau Y. in
unverschuldeter Weise in einen Autounfall verwickelt, welcher sie bis und mit
Freitag, dem 9. Juli 1999, wiederum zu 100% arbeitsunfähig machte (...).
Die
Verfügung des Verwaltungsgerichtes des Kantons Schwyz vom 23. Juni 1999 war
adressiert an die «X. Gesellschaft, (...)». Wie bereits erwähnt, ist Frau Y.
mit der vorliegenden Angelegenheit betraut. Da in der Adressangabe weder der
Name des Erstunterzeichners, Herrn Z. noch derjenige von Frau Y. aufgeführt
war, ging die Verfügung aufgrund der internen Kundenliste per interner Post an
die für das Mandat zuständige Frau Y. Herr Z. war aus diesen Gründen zu
keinem Zeitpunkt in der Lage, Kenntnis von der Verfügung zu erhalten.»
Zwei
Arztzeugnisse vom 13. Juli 1999 und vom 14. Juli 1999 belegen, dass Frau Y. vom
29. Juni bis zum 2. Juli 1999 wegen Krankheit arbeitsunfähig und vom 5. Juli
bis zum 9. Juli 1999 in spitalärztlicher Behandlung und zu 100% arbeitsunfähig
war.
b) Die
Praxis des Verwaltungsgerichts betreffend Wiederherstellung einer Frist ist seit
jeher streng. Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn die Partei eine
Sorgfaltspflicht verletzt, deren Beachtung unter den gegebenen Umständen auch
dem durchschnittlich Sorgfältigen zuzumuten ist. Eine grobe Nachlässigkeit ist
umso eher anzunehmen, je höher die Sorgfaltspflicht des Gesuchstellers zu
veranschlagen ist (VGE 525/86 v. 28.4.87, Prot. 311; VGE 509 und 510/89 v.
16.8.89, Prot. 778; Hauser/Hauser, Erläuterungen zum Gerichtsverfassungsgesetz
des Kantons Zürich, S. 768). Andererseits setzt § 129 Abs. 1 GO nicht voraus,
dass einer Partei oder ihrem Vertreter schlechthin kein Verschulden zum Vorwurf
gemacht werden kann (anders Art. 24 VwVG, Art. 35 OG, § 11 Abs. 2 Gesetz über
die Prämienverbilligung).
Krankheit
und Unfall rechtfertigen grundsätzlich die Wiederherstellung einer Frist.
Vorliegend ist unbestritten, dass die als Vertreterin aufgetretene Frau Y. während
der vom ca. 25. Juni bis zum 5. Juli 1999 laufenden Frist grösstenteils (d.h.
ab 29. Juni 1999) arbeitsunfähig war. Des Weiteren wurde nicht eine
gesetzliche, sondern eine behördliche Frist nicht eingehalten, an deren
Wiederherstellung grundsätzlich weniger strenge Anforderungen gestellt werden
(vgl. Kölz, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, §
12 Rz. 7; Hauser/Hauser, a.a.O., S. 761). Andererseits gilt zu beachten, dass
die mit Einschreiben vom 23. Juni 1999 versandte Verfügung noch vor dem
Krankheitsbeginn von Frau Y. bei der X. Gesellschaft einging, die angesetzte
Nachfrist nicht allein Frau Y. betraf, sondern auch den ebenfalls als Vertreter
unterzeichnenden Herrn Z. (was im Übrigen auch aus der Verfügung vom 23. Juni
1999 klar hervorging) und von Mitarbeitern einer Treuhandfirma, welche vor
Gericht für ihre Kunden als Vertreter auftreten, die gleiche Sorgfalt in der
Organisation des Betriebes verlangt werden kann wie bei Anwaltskanzleien, von
welchen grundsätzlich erwartet wird, dass die Organisation in der Kanzlei eine
Fristeinhaltung auch im Falle einer Verhinderung der zuständigen Anwältin oder
des zuständigen Anwaltes gewährleisten kann. Erst wenn der Zustand der Anwältin
oder des Anwaltes selbst die weniger arbeitsintensive Bestellung einer
Vertretung und die Benachrichtigung der Klientschaft ausschliesst, wird von
unverschuldeter Verhinderung gesprochen. Bei einem Rechtsanwalt werden somit im
Allgemeinen Abwesenheit infolge von Krankheit nicht als Entschuldigungsgrund
anerkannt (BGE 119 II 87f.; Hauser/Hauser, a.a.O., S. 765 m.H.). Etwas anderes
kann wie bereits erwähnt auch nicht für die in einem gerichtlichen Verfahren
als Vertreter auftretenden Treuhänder oder Mitarbeiter einer Treuhandfirma
gelten, bei welchen es sich nicht um Laien, sondern um im Umgang mit Behörden
und Gerichten zumindest in Bezug auf steuerrechtliche Fragen geübte
Berufspersonen handelt.
Auch
wenn man vorliegend allenfalls in Bezug auf das persönliche Verhalten von Frau
Y., welche während des Ablaufs der Nachfrist erkrankte und zusätzlich mit dem
Auto verunfallte, von zumindest keiner groben Fahrlässigkeit gesprochen werden
kann, so ist zu beachten, dass Frau Y. gegenüber dem Gericht nicht alleine als
Vertreterin aufgetreten ist, sondern die Beschwerde auch von Z. unterzeichnet
wurde. Nach aussen traten somit zwei für den Fall Verantwortliche auf, und es
darf erwartet werden, dass beim krankheitsbedingten Ausfall des einen Vertreters
der andere Vertreter einspringt und das Verfahren, insbesondere die Einhaltung
von Fristen, überwacht. Dass Z. ebenfalls krankheitsbedingt oder aus anderen Gründen
nicht in der Lage war, die auch gegenüber ihm angesetzte Frist nicht
einzuhalten, wird nicht geltend gemacht; es wird auch nicht geltend gemacht, Z.
sei über die krankheitsbedingte Abwesenheit von Frau Y. nicht informiert
gewesen. Es war somit zumindest ein Vertreter anwesend, der fristgemäss die
erforderlichen Handlungen hätte vornehmen können. Dass der Fall offenbar
intern in die Zuständigkeit von Frau Y. fiel, ändert daran nichts. Bei dieser
Sachlage kann grundsätzlich nicht mehr von leichtem Verschulden bzw. leichter
Fahrlässigkeit gesprochen werden, weshalb die Voraussetzungen für eine
Wiederherstellung der Frist ohne Einwilligung der Gegenpartei bzw. Vorinstanz
nicht gegeben sind.
(VGE
706/99 vom 30. August 1999).
Verfahren
–
Verfügungsadressat hat Posteingang so zu organisieren, dass eingehende
Verfügungen rechtzeitig an zuständige (interne) Stelle weitergeleitet werden.
Aus
dem Sachverhalt (verkürzt):
Eine
Verfügung wurde an eine grosse, ausserhalb des Kantons Schwyz domizilierte
Firma zugestellt, und zwar an die korrekte Adresse, indessen auf dem
Briefumschlag ohne besonderen Vermerk. Gegen diese Verfügung erhob die
betreffende Firma nach Ablauf der Rechtsmittelfrist Beschwerde.
Aus
den Erwägungen:
2. b)
aa) Zunächst ist festzuhalten, dass für die eingeschriebene Postsendung,
welche die betreffende Verfügung enthielt, keine falsche, sondern eine korrekte
Adresse verwendet wurde. Dies zeigt sich auch darin, dass in der vorliegenden
Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Beschwerdeführerin (abgesehen von der zusätzlichen
Strassenbezeichnung) die gleiche Adresse anführte, welche auch die Vorinstanz
berücksichtigte. Der einzige Unterschied besteht im Zusatz «...strasse ...»,
welcher aber hier nicht von Bedeutung ist, da die Zustellung via «Postfach, ...»
erfolgte. Dass die von der Vorinstanz verwendete Adresse notabene von der
Beschwerdeführerin selber in genau gleicher Weise verwendet wird, ergibt sich
aus dem Nachforschungsbegehren vom 26. Mai 1999, wo auf Seite 3 unten der
Empfang der betreffenden Postsendung durch einen Mitarbeiter der Beschwerdeführerin
mit dem Firmenstempel «...» bestätigt wurde. (...) Wenn somit die Beschwerdeführerin
selber mehrfach ihre Adresse mit «...» angab (und zwar im Verlaufe des
vorliegenden Beschwerdeverfahrens), trifft die Vorinstanz grundsätzlich keinen
Vorwurf, wenn sie die gleiche (richtige) Adresse verwendete.
bb)
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin besteht keine gesetzliche
Pflicht, eine an die richtige Adresse verschickte Verfügung zusätzlich mit
einer Referenznummer des Verfügungsadressaten bzw. mit einem Hinweis auf
Sachbearbeiter des Verfügungsadressaten zu versehen, da die verfügende Behörde
in der Regel gar nicht weiss, wer beim Verfügungsadressaten wofür zuständig
ist.
Selbst
wenn vor der Verfügung ein Schriftenwechsel zwischen der Behörde und
Mitarbeitern der Beschwerdeführerin stattgefunden hat, bedeutet dies noch nicht
zwingend, dass für die darauf folgende Verfügung wieder die gleichen
Mitarbeiter zuständig sein werden. Vielmehr ist es Sache des Verfügungsadressaten,
den eigenen Posteingang so zu organisieren, dass eingehende Verfügungen
rechtzeitig an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden. Die interne
Postverteilung liegt ausschliesslich im Machtbereich der Beschwerdeführerin,
welche selber dafür verantwortlich ist, dass die ihr von der schweizerischen
Post ausgehändigten Sendungen umgehend an die betreffenden Abteilungen
zugewiesen werden, dass die jeweiligen Mitarbeiter richtig instruiert werden
usw. Soweit die Beschwerdeführerin Probleme hat, die eingegangene Post an die
jeweilige Abteilung weiterzuleiten, kann sie daraus hinsichtlich der Einhaltung
einer Rechtsmittelfrist nichts zu ihren Gunsten ableiten.
Im Übrigen
wird von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht, sie habe vor Erlass der
Verfügung bei der Vorinstanz ausdrücklich darum ersucht, dass die gesamte
Korrespondenz inkl. Veranlagungsverfügung jeweils mit einer bestimmten
Kennzeichnung ausgestattet werde, damit die interne Postzustellung bei der
Beschwerdeführerin erleichtert werde. Ebenso wenig ist aktenkundig, dass die
Vorinstanz der Beschwerdeführerin zusicherte, eine bestimmte Kennzeichnung zu
verwenden. Von daher kann sich die Beschwerdeführerin nicht auf Aspekte des
Vertrauensschutzes berufen.
cc) Am
vorliegenden Ergebnis, wonach die Beschwerdeführerin für Mängel bei der
internen Postverteilung selber einzustehen hat, vermögen auch die weiteren Einwände
in der Eingabe vom 28. Juni 1999 nichts zu ändern. (...)
(VGE
703/99 vom 27. August 1999).
Verfahren
– Namensänderungsbegehren; in Fällen mit abstrakter Interessenkollision
sind Inhaber der elterlichen Gewalt nicht befugt, im Verfahren die Kinder zu
vertreten.
Aus
den Erwägungen:
1. a)
Zu den Sachentscheidvorausssetzungen, welche von Amtes wegen zu prüfen und bei
deren Fehlen ein Nichteintretensentscheid zu treffen ist, gehört die
Vertretungsbefugnis der Parteivertreter (§ 27 Abs. 1 lit. c und Abs. 2
Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege, VRP). Im konkreten Fall ist die
Mutter der beschwerdeführenden Kinder allein Inhaberin der elterlichen Gewalt
und damit gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführer.
b) Der
Beschwerdegegner (Vater der Beschwerdeführer) macht geltend, zwischen den
Interessen der beschwerdeführenden Kinder und den Interessen ihrer Mutter
(...), Inhaberin der elterlichen Gewalt, bestehe eine rechtserhebliche
Kollision. Im Juni 1999 habe die Mutter der Kinder dem Beschwerdegegner erstmals
die Ausübung des Besuchsrechts verweigert, weshalb sich dieser veranlasst
gesehen habe, beim Einzelrichter des Bezirksgerichtes (...) eine
Vollstreckungsklage einzureichen. Am 29. Juli 1999 habe die Mutter beim
Bezirksgericht (...) auf Abänderung des Scheidungsurteils des Bezirksgerichts
(...) geklagt mit dem Hauptantrag, das Besuchsrecht des Beschwerdegegners gegenüber
den Kindern sei aufzuheben. Diese beiden Verfahren würden beweisen, dass die
Mutter die Interessen der Kinder in einer Auseinandersetzung wie der
vorliegenden nicht sachgerecht wahrnehmen könne. Sie sei offensichtlich stark
befangen. Der Regierungsrat habe zwar u.a. festgehalten, eine
Interessenkollision liege bereits vor bei abstrakter Gefährdung der Interessen
der schutzbedürftigen Person, d.h. bei blosser Möglichkeit der Gefährdung.
Dennoch habe er die Frage, ob das Namensänderungsgesuch von einem Beistand hätte
gestellt werden müssen, offen gelassen mit der Begründung, die Beschwerde sei
unbegründet und daher abzuweisen (...).
c) Wie
im angefochtenen Beschluss (Erw. 1.2) zutreffend ausgeführt wurde, wird bei
urteilsunfähigen Kindern das Gesuch um Namensänderung grundsätzlich vom
gesetzlichen Vertreter und bei Interessenkollisionen durch einen Beistand
gestellt. Nach Art. 392 Ziff. 2 ZGB ernennt die Vormundschaftsbehörde auf
Ansuchen eines Beteiligten oder von Amtes wegen einen Beistand, wenn der
gesetzliche Vertreter einer unmündigen Person in einer Angelegenheit Interessen
hat, die denen des Vertretenen widersprechen. Im Falle der Interessenkollision
zwischen minderjährigen Kindern und Eltern erklärt Art. 306 Abs. 2 ZGB ausdrücklich
die Bestimmungen über die Vertretungsbeistandschaft (Art. 392 Ziff. 2 ZGB) für
anwendbar. Ob eine Interessenkollision vorliegt, ist nach der massgebenden
Rechtsprechung abstrakt und nicht konkret zu bestimmen, d.h., es ist nicht
darauf abzustellen, wieviel Vertrauen der gesetzliche Vertreter im Einzelfall
verdient (vgl. Ingeborg Schwenzer, in: Honsell/Vogt/Geiser, Kommentar zum
Schweizerischen Privatrecht, N. 4 zu Art. 306 ZGB, mit Hinweisen, u.a. auf BGE
118 II 105; Schnyder/Murer in: Berner Kommentar, Art. 392 N. 84f.; Ernst
Langenegger, im zit. Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, N. 26 zu Art.
392 ZGB). Hauptfälle der Interessenkollision finden sich beispielsweise im
Rahmen der erbrechtlichen Auseinandersetzung, aber auch Klagen des unmündigen
Kindes auf Unterhalt gegen beide Eltern gehören dazu sowie sämtliche Klagen,
bei denen Eltern und Kinder als Prozessgegner auftreten (vgl. Schwenzer, a.a.O.,
N. 5 zu Art. 306 ZGB). Bei Vorliegen einer Interessenkollision entfällt die
Vertretungsmacht der Eltern automatisch, auch wenn ein Beistand (noch) nicht
ernannt ist (vgl. Schwenzer, a.a.O., N. 6 zu Art. 306 ZGB). Analog beseitigt
eine abstrakte Interessenkollision die Vertretungsmacht des gesetzlichen
Vertreters (vgl. Langenegger, a.a.O., N. 27 zu Art. 392 ZGB).
Im
vorliegenden Fall kann eine abstrakte Gefährdung der Interessen der beschwerdeführenden
Kinder nicht von der Hand gewiesen werden. Die Gefahr einer solchen
Interessenkollision besteht regelmässig, wenn das Kind seinen bisherigen Namen
gegen den aktuellen Namen der Inhaberin der elterlichen Gewalt austauschen soll.
Die Mutter und Inhaberin der elterlichen Gewalt hat diesfalls am Ausgang des
Verfahrens ein eigenes Interesse, das nicht mit jenem des Kindes übereinzustimmen
braucht (vgl. Thomas Geiser, in AJP 12/1998, S. 1513, Ziff. 2, mit Hinweisen,
u.a. auf Hegnauer, Berner Kommentar, 1991. N. 61 zu Art. 270 ZGB, derselbe,
Grundriss des Kindesrechts, Bern 1994, Rz. 16.13, Bühler, im zit. Kommentar zum
Schweizerischen Privatrecht, N. 19 zu Art. 270 ZGB). Eine solche abstrakte
Interessenkollision genügt nach der massgebenden Rechtsprechung, um den
betreffenden Elternteil (Inhaber der elterlichen Gewalt) von der Vertretung der
Kinder auszuschliessen. Die Mutter war daher nicht befugt, für ihre Kinder ein
Namensänderungsgesuch einzureichen bzw. gegen die Verfügung des Departementes
des Innern vom 22. März 1999 Verwaltungsbeschwerde bzw. gegen den
vorinstanzlichen Beschluss vom 24. August 1999 Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu
erheben. Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung war es nicht angebracht, die
Frage der hinreichenden Vertretungsbefugnis offen zu lassen. Vielmehr ist nach
dem Gesagten festzuhalten, dass die Mutter als Inhaberin der elterlichen Gewalt
in solchen Fällen mit abstrakter Interessenkollision die Kinder nicht vertreten
kann, sondern diesbezüglich bei der Vormundschaftsbehörde um die Ernennung
eines Vertretungsbeistandes für die Kinder nachzusuchen hat (vgl.Art. 392 Ziff.
2 ZGB i.V.m. Art. 306 Abs. 2 ZGB). Bei dieser Sach- und Rechtslage ist auf die
vorliegende Beschwerde mangels hinreichender Vertretungsbefugnis nicht
einzutreten. (...)
(VGE
894/99 vom 23. Dezember 1999).
Verfahren
– Rechtsmittelbefugnis eines Berufsverbandes (in casu bejaht).
Aus
den Erwägungen:
1. a)
Vor Erlass eines Entscheides prüft das Gericht von Amtes wegen, ob die
Voraussetzungen für einen Sachentscheid erfüllt sind. Es prüft u.a.
insbesondere die Zuständigkeit und die Rechtsmittelbefugnis (vgl. § 27 Abs. 1
lit. a und d der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege, VRP, nGS II-225).
Nach § 37 VRP sind zur Einreichung eines Rechtsmittels befugt:
«a)
Parteien und beiladungsberechtigte Dritte des vorinstanzlichen Verfahrens, die
an der Aufhebung oder Änderung einer Verfügung oder eines Entscheides ein
eigenes, unmittelbares und schützenswertes Interesse dartun;
b) Behörden
und andere Organisationen, wenn sie dazu durch einen Rechtssatz ermächtigt
sind.»
Ist
eine Sachentscheidsvoraussetzung nicht gegeben, trifft das Gericht einen
Nichteintretensentscheid (vgl. § 27 Abs. 2 VRP).
b)
Nach § 14 Abs. 1 der kantonalen Verordnung über das Gesundheitswesen (GesV,
nGS V-583) bedarf es zur Ausübung eines medizinischen oder pharmazeutischen
Berufes einer Bewilligung des Regierungsrates. Nach § 15 Abs. 1 lit. a GesV
wird die Bewilligung u.a. an Ärzte und Zahnärzte aufgrund des entsprechenden
eidgenössischen Diploms erteilt. Gemäss § 16 Abs. 1 GesV ist der
Regierungsrat befugt, nach Anhören des zuständigen Berufsverbandes
ausnahmsweise u.a. einem Zahnarzt, der die Voraussetzungen von § 15 GesV nicht
erfüllt, die Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung zu erteilen, sofern
er einen andern gleichwertigen Ausweis beibringt und hiefür ein Bedürfnis
besteht. Nach § 32 Abs.1 GesV bleiben für den Rechtsschutz die Bestimmungen über
die Verwaltungsrechtspflege vorbehalten. Somit ist für Beschwerden gegen vom
Regierungsrat nach Massgabe von § 16 GesV erteilte Ausnahmebewilligungen gestützt
auf § 32 Abs. 1 GesV i.V.m. § 51 lit. a VRP eindeutig das Verwaltungsgericht
zuständig (vgl. auch die zutreffende Rechtsmittelbefugnis im angefochtenen
Entscheid). Von daher wurde die irrtümlich beim Regierungsrat eingereichte
Beschwerde in Nachachtung von § 10 Abs. 3 VRP zu Recht an das
Verwaltungsgericht weitergeleitet.
c) Das
Verwaltungsgericht hatte sich bereits im Präjudiz VGE 584/93 vom 31. August
1993 (publiziert in EGV-SZ 1993, Nr. 2) mit der Frage zu befassen, ob die
kantonale Zahnärztegesellschaft befugt ist, gegen eine vom Regierungsrat gestützt
auf § 16 GesV erteilte Ausnahmebewilligung (zur selbständigen Berufsausübung
als Zahnarzt) Beschwerde zu erheben. Dabei entschied es zum einen, dass die in
§ 16 GesV enthaltene Anhörungspflicht keine Rechtsmittelbefugnis des
betreffenden Berufsverbandes begründe. In § 16 GesV werde der betreffende
Berufsverband nicht in seiner Eigenschaft als Betroffener oder
Anfechtungslegitimierter genannt, sondern als Fachinstanz, deren Wissen und
Erfahrungen mit berücksichtigt werden solle. Die Beschwerdeführerin bringt
nichts vor, was diese dargelegte Rechtsprechung in Frage stellen könnte. Im Übrigen
ist nicht ersichtlich, weshalb hier in dieser Frage eine Praxisänderung
gerechtfertigt wäre. Somit bleibt es dabei, dass der Beschwerdeführerin keine
Rechtsmittelbefugnis im Sinne von § 37 lit. b VRP zukommt.
d) Zum
andern prüfte das Gericht im genannten Präjudiz, ob die Beschwerdeführerin im
Sinne von § 37 lit. a VRP zur Einreichung einer Beschwerde befugt ist. Dabei
verwies es auf die ständige Rechtsprechung, wonach zur Auslegung der in § 37
lit. a aufgeführten Kriterien (eigenes, unmittelbares und schützenswertes
Interesse) die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 103 lit. a OG
massgeblich heranzuziehen ist. Darnach wird die Beschwerdebefugnis von
Berufsverbänden – einmal abgesehen vom Fall, in welchem der Verband durch die
angefochtene Verfügung gleich oder ähnlich wie eine natürliche Person
betroffen wird, was hier nicht zutrifft (vgl. dazu BGE 112 Ib 130; ZBl 1998, S.
397, Erw. 2b) – dann anerkannt, wenn die Voraussetzungen der sogenannten «egoistischen»
Verbandsbeschwerde erfüllt sind. Die sogenannte «ideelle» Verbandsbeschwerde,
wie sie für Heimatschutz-, Naturschutz- oder Umweltschutzverbände in den
betreffenden Spezialgesetzen zur Wahrung öffentlicher Interessen ausdrücklich
vorgesehen ist, fällt hier von vornherein ausser Betracht, da für die hier
interessierende Frage in den massgebenden Bestimmungen kein ideelles
Verbandsbeschwerderecht vorgesehen ist (vgl. ZBl 1999, S. 399). Die sogenannte
«egoistische» Verbandsbeschwerde soll einem Verband erlauben, im eigenen
Namen, aber im Interesse seiner Mitglieder vorzugehen. Sie setzt voraus, dass
der Verband (welcher die juristische Persönlichkeit besitzt) gemäss seinen
Statuten zur Wahrung der betroffenen Interessen seiner Mitglieder berufen ist,
dass die Interessen der Mehrheit oder zumindest einer grossen Anzahl der
Mitglieder berührt sind und dass die betroffenen Mitglieder selbst zur
Beschwerde legitimiert sind (vgl. BGE 125 I 75 mit Hinweisen; Häfelin/Müller,
Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. A., Rz. 1382ff.; ZBl 1999, S.
399; ZBl 1998, S. 397; BGE 122 I 92 Erw. 2c; EGV-SZ 1993, Erw. 2c mit weiteren
Verweisen; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des
Bundes, 2. A. Rz. 560ff.; Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz über
die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Rz. 15 zu Art. 65; Geiser/Münch,
Prozessieren vor Bundesgericht, Rz. 3.45; BGE 1A. 176/1998 vom 5. Oktober 1999
i.S. Sportfischerverein X. und Mitbeteiligte, Erw. 1b).
aa)
Der Beschwerdeführerin kommt juristische Persönlichkeit zu, da sie als Verein
im Sinne von Art. 60ff. ZGB organisiert ist. Gemäss der revidierten und per 8.
November 1995 in Kraft getretenen Statutenbestimmung Art. 3 lit. d bezweckt sie
u.a. die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder. Von daher ist
das Kriterium, wonach die Vereinigung nach ihren Statuten mit der Wahrung der in
Frage stehenden Interessen ihrer Mitglieder beauftragt ist, anders als im Präjudiz
VGE 584/93 vom 31. August 1993 (als noch andere Statutenbestimmungen anwendbar
waren) hier erfüllt. Dass es der Beschwerdeführerin mit der vorliegenden und
weiteren Beschwerden (vgl. die Parallelverfahren 889/99, 890/99) um
wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder geht, zeigt sich darin, dass in der
Beschwerdeschrift (S. 2) der letzte Teilsatz von § 16 Abs. 1 GesV («und hiefür
ein Bedürfnis besteht») hervorgehoben und geltend gemacht wird, der
Beschwerdegegner müsse den Nachweis erbringen, dass ein Bedürfnis für eine
Zahnarztpraxis in jener Region bestehe, in welcher der Beschwerdegegner eine
Praxis eröffnen wolle.
bb)
Was das nächste Kriterium anbelangt, wonach die Interessen der Mehrheit oder
zumindest einer grossen Anzahl von Mitgliedern berührt sein müssen, ist im
vorliegenden Fall nicht der geografische Aspekt in den Vordergrund zu stellen
(und mithin nicht die Frage, wo der betreffende Zahnarzt beabsichtigt, eine
eigene Praxis zu betreiben). Vielmehr fällt hier ins Gewicht, dass es u.a. um
eine vorinstanzliche Praxisänderung geht hinsichtlich der Zulassung von Zahnärzten,
welche zwar kein eidg. Diplom im Sinne von § 15 Abs. 1 lit. a GesV, indessen
die Zulassung eines anderen Kantons aufweisen. Nach dieser neu eingeleiteten
Praxis der Vorinstanz ist grundsätzlich einem Gesuchsteller mit Bewilligung zur
selbständigen Berufsausübung in einem anderen Kanton (hier im Kt. St. Gallen
und im Kt. Graubünden) generell die Berufsausübungsbewilligung für den Kt.
Schwyz zu erteilen, falls die Gleichwertigkeit des ausländischen Diploms mit
dem eidg. Diplom ausser Diskussion steht, und zwar ungeachtet dessen, ob ein Bedürfnis
nach § 16 Abs. 1 in fine GesV besteht oder nicht. Hier ist das Berührtsein der
Mehrheit der Mitglieder bzw. einer grossen Anzahl der Mitglieder (welche nach
Art. 5 der Statuten der Beschwerdeführerin ordentlicherweise Zahnärzte mit
eidg. Diplom und Praxisdomizil im Kt. Schwyz sein müssen) darin zu erblicken,
dass grundsätzlich alle bzw. die meisten kantonalen Zahnärzte ein Interesse
daran haben, dass die erwähnte Praxisänderung bzw. die Erteilung von
Ausnahmebewilligungen nach § 16 GesV im Lichte des neuen Bundesgesetzes über
das Binnenmarktgesetz (BGBM) und der dazugehörenden Rechtsprechung des
Bundesgerichts einer Rechtskontrolle unterstellt wird. Mithin wird durch die
vorinstanzliche Praxisänderung bei der Berufsausübungsbewilligung für Zahnärzte
ohne eidg. Diplom ein grosser Teil bzw. eine Mehrzahl der Mitglieder der
Beschwerdeführerin, die bereits zur Berufsausübung als Zahnärzte im Kt.
Schwyz zugelassen sind und ihrerseits beschwerdebefugt wären, zumindest
virtuell betroffen. Von daher ist die Beschwerdeführerin zur Erhebung der
vorliegenden Verbandsbeschwerde legitimiert. Abgesehen davon wäre das Berührtsein
einer grossen Anzahl der Mitglieder der Beschwerdeführerin auch in einer
weiteren Praxisänderung zu erblicken, wonach die Vorinstanz sinngemäss bei
Gesuchstellern, welche sich auf die HGF berufen können und einen gleichwertigen
Fachausweis aufweisen, die in § 16 Abs. 2 GesV enthaltene Bedürfnisklausel
nicht mehr anwendet (vgl. dazu VGE 889/99 vom 23. Dez. 1999, Erw. 1d/bb).
Zusammenfassend
ist auf die vorliegende Beschwerde einzutreten.
(VGE
870/99 vom 23. Dezember 1999).
Verfahren
– Anspruch auf Parteientschädigung, falls Begehren des Beschwerdeführers
durch die Vorinstanz (Beschwerdegegnerin) anerkannt und Verfahren gegenstandslos
wird.
–
Umfang der Kostenübernahme, falls Vorinstanz (Beschwerdegegnerin) vor
Einleitung des Beschwerdeverfahrens «unpräjudiziell» ein Einlenken in
Aussicht stellt («unnötige Kosten» im Sinne von § 145 GO).
Aus
dem Sachverhalt:
Das
Volkswirtschaftsdepartement bewilligte auf Antrag der Verpächterin einer
landwirtschaftlichen Liegenschaft deren Abtrennung aus dem Geltungsbereich des
BGBB. Der Pächter eines Teils der abgetrennten Liegenschaft (Stall) erhebt
gegen die Verfügung des Volkswirtschaftsdepartementes Beschwerde. Die Verpächterin
beantragt daraufhin beim Volkswirtschaftsdepartement den Widerruf der Verfügung
hinsichtlich des verpachteten Stalls. Unter Hinweis auf das Widerrufsgesuch
beantragt die Verpächterin beim Verwaltungsgericht die Abschreibung der
eingegangenen Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des
Beschwerdeführers.
Aus
den Erwägungen:
2. b)
Im Rechtsmittelverfahren hat die unterliegende der obsiegenden Partei eine dem
Aufwand angemessene Entschädigung auszurichten, welche gemäss § 74 Abs. 1 VRP
das Gericht festsetzt. Die VRP enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber,
ob bei Gegenstandslosigkeit des Verfahrens eine Prozessentschädigung
auszurichten ist. Die konstante verwaltungsgerichtliche Praxis geht davon aus,
dass von Unterliegen bzw. Obsiegen in einem Rechtsmittelverfahren in aller Regel
nur dann gesprochen werden kann, wenn das Gericht einen Sachentscheid trifft.
Hingegen ist eine Parteientschädigung bei Abschreibung zufolge
Gegenstandslosigkeit dann zuzusprechen, wenn die vorinstanzliche Behörde die
angefochtene Verfügung widerruft und pendente lite so abändert, dass die abgeänderte
Verfügung einem vollständigen Obsiegen des Beschwerdeführers gleichzusetzen
ist. Wenn der Beschwerdeführer mit dem pendente lite erfolgten Widerruf der
angefochtenen Verfügung genau gleichviel erreicht, wie er bei Obsiegen im
Beschwerdeverfahren erreicht hätte, dann hat er grundsätzlich Anspruch auf
eine Parteientschädigung (vgl. EGV-SZ 1982, Nr. 4, S. 9).
3. a)
Aufgrund der vorstehenden Darlegungen (Erwägung 2) wären somit die
Verfahrenskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und diese hätte dem
Beschwerdeführer für dessen Aufwand eine angemessene Entschädigung zu
entrichten. Die Beschwerdegegnerin beantragt eine Abweichung von dieser Regel
mit der Begründung, die Beschwerde wäre gar nie notwendig gewesen. Mit
Schreiben vom 12. Februar 1999 habe sie nämlich dem Gegenanwalt mitgeteilt,
dass sie im Falle des Scheiterns der in Aussicht gestellten Vergleichsgespräche
den Widerruf der angefochtenen Verfügung beantragen werde und es sei dem
Beschwerdeführer bereits damals mitgeteilt worden, dass eine Beschwerde gegen
die Verfügung nicht erforderlich sei. Im Schreiben vom
12. Februar 1999 legte der Vertreter der Beschwerdegegnerin dar, dass
diese irrtümlich von der Annahme ausgegangen sei, dass der Stall vom
landwirtschaftlichen Pachtverhältnis ausgenommen sei. Weiter wird in diesem
Schreiben ausgeführt:
«Richtig
ist auch, dass die Verfügung des Volkswirtschaftsdepartementes wieder rückgängig
gemacht werden muss, sofern sich die Parteien nicht nachträglich einigen können.
Die Verpächterin wird daher bei Ausbleiben einer Einigung der Parteien beim
Volkswirtschaftsdepartement den Widerruf der Verfügung vom 19. Oktober 1998
beantragen, um den status quo ante wieder herzustellen. Eine Beschwerde
Ihrerseits ist mithin nicht erforderlich.»
Weiter
werden dann Lösungsvorschläge für eine einvernehmliche Regelung der
Streitsache dargelegt, und es wird um schriftliche Mitteilung bis spätestens
20.2.1999 darüber ersucht, ob der Beschwerdeführer an solchen
Vergleichsverhandlungen interessiert sei. Das Schreiben fährt fort:
«Sollte
ich bis zu diesem Zeitpunkt keine Mitteilung von Ihnen erhalten, geht meine
Klientschaft davon aus, dass Ihr Mandant kein Interesse an einer
einvernehmlichen Lösung hat.
Meine
Klientschaft wird dann den Widerruf der irrtümlich ergangenen Verfügung beim
zuständigen Volkswirtschaftsdepartement beantragen. In der Folge wird es beim
Status quo ante bleiben und Ihr Mandant kann das Pachtverhältnis gemäss den
bisherigen Bedingungen weiterführen.
Der
guten Ordnung halber halte ich hier noch ausdrücklich fest, dass diese
Mitteilung unpräjudizierlich erfolgt und nicht für den Gerichtsfall bestimmt
ist.»
Anknüpfend
an diesen letzten Satz wendet der Vertreter des Beschwerdeführers ein, dass
damit die von der Beschwerdegegnerin erklärte Absicht, die widerrechtliche Verfügung
des Volkswirtschaftsdepartementes widerrufen zu lassen, rechtlich nicht
durchsetzbar und damit nicht existent gewesen sei, was er dem Gegenanwalt mit
Schreiben vom 17. Februar 1999 auch mitgeteilt habe. Zufolge Nichtverwendbarkeit
der Zusicherung im Schreiben vom 12.2.1999 sei er gezwungen gewesen, zur Wahrung
der Rechte seines Klienten die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzureichen.
Im erwähnten
Schreiben vom 17.2.1999, welches vom Gericht von Amtes wegen beigezogen worden
ist, antwortete der Beschwerdeführer dem Vertreter der Beschwerdegegnerin, da
diese Ausführungen ausdrücklich als unpräjudizierlich und nicht für den
gerichtlichen Gebrauch bestimmt erklärt worden seien, seien sie als rechtlich
nicht erfolgt zu betrachten und er sei deshalb gezwungen gewesen,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen.
b) Hat
eine Partei unnötige Kosten verursacht, so werden sie ihr ohne Rücksicht auf
den Ausgang des Verfahrens auferlegt (§ 145 Abs. 1 Gerichtsordnung, GO). Diese
Bestimmung gilt gestützt auf § 4 Abs. 2 VRP auch für die Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht. Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung gilt der
allgemeine Grundsatz, dass nicht jeder erdenkliche, sondern nur der notwendige
Rechtsverfolgungsaufwand zu ersetzen ist (Bernet, Die Parteientschädigung in
der schweizerischen Verwaltungsrechtspflege, Rz. 257 mit Hinweisen). Der Anwalt
hat die Interessen seines Auftraggebers gewissenhaft zu wahren. Er soll dahin
wirken, Streitigkeiten gütlich beizulegen. Als Beauftragter haftet er nach Art.
398 OR für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes
(M. Sterchi, Kommentar zum bernischen Fürsprecher- Gesetz, N. 1 zu Art. 11).
Zwischen der Sorgfaltspflicht einerseits und der Verpflichtung zur Vermeidung
unnötigen Prozessaufwandes anderseits mag mitunter ein gewisses Spannungsverhältnis
bestehen, und es besteht ein gewisser Bereich der pflichtgemässen Ermessensausübung
des Anwalts.
Wenn
sich vorliegend der Vertreter des Beschwerdeführers trotz des Schreibens der
Beschwerdegegnerin vom 12.2.1999 zur Beschwerdeführung entschlossen hatte, so
bewegt sich dieses Verhalten innerhalb des Ermessensbereiches einer sorgfältigen
Mandatsausübung; denn hätte er die Verfügung innert der Rechtsmittelfrist
nicht angefochten und hätte die Beschwerdegegnerin ihre Zusage zur Stellung
eines Widerrufsgesuchs nicht eingelöst, so wäre die angefochtene Verfügung
unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Überdies bestand bei der Stellung eines
Widerrufsgesuches für den Beschwerdeführer keine Gewissheit, dass die verfügende
Behörde diesem auch stattgeben würde. Die Rechtsposition bei einem Widerrufs-
oder Wiedererwägungsgesuch ist deutlich schwächer als jene bei der Ergreifung
des ordentlichen Rechtsmittels (Verwaltungsgerichtsbeschwerde; vgl. § 34 VRP,
insbesondere Abs. 2). Ob anders zu entscheiden wäre, wenn das Schreiben vom
12.2.1999 nicht mit der generellen Einschränkung (unpräjudizierlich)
relativiert worden wäre, kann offen bleiben.
Zusammenfassend
ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Beschwerdeführer durch die
Einreichung der Beschwerde keine unnötigen Verfahrenskosten verursacht hat.
Dabei ist auch zu beachten, dass der Grossteil des gerichtlichen Aufwandes erst
nach Abschluss des Schriftenwechsels anfällt, sodass durch eine Beschwerde, die
in der Folge durch Aktivitäten der Parteien und/oder der Vorinstanz
abgeschrieben werden kann, in der Regel aus der gerichtlichen Optik kaum oder
jedenfalls nicht in wesentlichem Masse unnötige Verfahrenskosten anfallen. Der
Grossteil der im vorliegenden Verfahren anfallenden Verfahrenskosten ist im Übrigen
im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über die Frage der Verfahrens- und
Prozessentschädigungskosten entstanden.
(VGE
818/99 vom 26. März 1999).
Verfahren
–
Rechtsverweigerung (in casu weigerte sich die zuständige Instanz zu
Unrecht, eine anfechtbare Verfügung zu erlassen).
Aus
den Erwägungen:
3. d)
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Anordnung eines Gutachtens,
die Einräumung einer Bedenkfrist usw. nicht in Verfügungsform zu erlassen.
Schadenminderungspflichten, wie etwa die Mitwirkung bei einer
Eingliederungsmassnahme, bei der Abklärung oder bei der Durchführung einer
Behandlung, sind keine durchsetzbaren Rechtspflichten, sondern blosse
Obliegenheiten, welche nur insofern (indirekt) durchsetzbar sind, als deren
Verletzung leistungsrechtliche Folgen nach sich zieht. Der UVG-Versicherer kann
somit bloss die Sanktion wegen Verletzung der Obliegenheit in die Form einer
Verfügung (Art. 5 Abs. 1 VwVG) kleiden, nicht jedoch die Obliegenheit selber.
Die Rechtmässigkeit der angeordneten Obliegenheiten ist jedoch im Rahmen der Überprüfung
der verfügten Sanktion vorfrageweise zu überprüfen (vgl. EVGE vom 14. Mai
1997, publ. in SVR 1998, UV Nr. 1, Erw. 1b mit Hinweisen).
Von
den als solche nicht vollstreckbaren und daher nicht in die Rechtsstellung der
Adressaten eingreifenden Anordnungen sind jene Beschlüsse des
Unfallversicherers zu unterscheiden, welche direkt in die Rechtsstellung der
versicherten Person eingreifen und zu deren Durchsetzung nicht die Androhung von
Säumnisfolgen erforderlich ist. Dazu gehört etwa die Verweigerung einer
Behandlung oder die Verneinung der von der versicherten Person geltend gemachten
Ablehnungsgründe gegenüber einer mit einem Gutachten beauftragten sachverständigen
Person. Solche Entscheide sind stets in Form einer anfechtbaren Verfügung zu
erlassen, damit der individuelle Rechtsschutz gewährleistet ist (vgl. SVR 1998,
UV Nr. 1, Erw. 1b in fine, mit Hinweisen). Damit im Einklang steht, dass nach
Art. 45 Abs. 1 VwVG verfahrensleitende und andere Zwischenverfügungen, die
einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können, selbständig durch
Beschwerde anfechtbar sind. Dabei reicht ein schutzwürdiges Interesse aus,
welches praxisgemäss regelmässig gegeben ist, wenn es um die Ablehnung eines
vorgeschlagenen Experten geht (vgl. dazu BGE 104 V 177 Erw. 1b; Kölz/Häner,
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. A., Zürich
1998, N. 511ff.; Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz über die
Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Bern 1997, N. 3ff. zu Art. 61).
e) Aus
dieser Darlegung der massgebenden Bestimmungen und Rechtslage ergibt sich
zusammenfassend für den vorliegenden Fall,
•
dass dem Versicherten Gelegenheit zu geben war, hinsichtlich des
vorgeschlagenen Experten Einwendungen zu erheben,
•
dass die Beschwerdegegnerin dem Versicherten dies auch tatsächlich
eingeräumt hat (...),
•
dass der Versicherte diese Möglichkeiten ausgeschöpft und Einwendungen
gegen die vorgeschlagenen Experten vorgebracht hat (...),
•
dass der Versicherte unter Hinweis auf die höchstrichterliche
Rechtsprechung (RKUV 1997, 333) den Erlass einer anfechtbaren Verfügung
gefordert hat, falls der Unfallversicherer an einer Begutachtung durch die von
ihm abgelehnten Experten beharre (...),
•
und dass der Versicherer dennoch – ungeachtet des Hinweises des
Versicherten auf die Praxis des EVG – sich konkludent weigerte, hinsichtlich
der vom Versicherten vorgebrachten Einwendungen (welche vom Versicherer im
Ergebnis abgelehnt wurden) eine anfechtbare Verfügung zu erlassen.
Diese
Weigerungshaltung des Versicherers widerspricht der dargelegten (in RKUV 5/1997,
S. 333 publizierten) Rechtsprechung des EVG und ist umso unverständlicher, als
der Versicherte ausdrücklich auf diese Rechtsprechung hinwies. Da der
Beschwerdeführer nach dem Gesagten einen formellen Anspruch auf Erlass einer
Verfügung (durch den Versicherer betreffend Abweisung der von ihm hinsichtlich
der vorgeschlagenen Experten vorgebrachten Ablehnungsgründe) hatte und der
Versicherer sich in Missachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
geweigert hat, eine solche Verfügung zu erlassen, erweist sich die
Rechtsverweigerungsbeschwerde 479/98 als begründet. Anders zu entscheiden wäre
allenfalls dann, wenn das Beharren des Versicherten auf den Erlass einer
anfechtbaren Verfügung offensichtlich rechtsmissbräuchlich wäre, was hier
nicht angenommen werden kann (...).
Daran,
dass die Rechtsverweigerungsbeschwerde begründet ist, vermag die sinngemässe
Argumentation in der Vernehmlassung (...) – wonach zwischenzeitlich ein
materieller Revisionsentscheid gefällt worden sei und dem Beschwerdeführer
alle Möglichkeiten offen stünden, im Beschwerdeverfahren gegen den materiellen
Entscheid seine Bedenken hinsichtlich der Beweiswürdigung vorzubringen –
nichts zu ändern, da über die vom Versicherten im Verwaltungsverfahren
aufgeworfene Frage, ob seine Einwendungen gegen die vorgeschlagenen Experten
begründet sind, noch gar nicht formell entschieden wurde. Fehlt aber ein
solcher formeller Entscheid über die Begründetheit der Einwendungen, präsentiert
sich die fehlende Mitwirkung des Versicherten an der vom Versicherer
vorgesehenen (rheumatologischen bzw. orthopädischen) Abklärung in einem
anderen Licht, als wenn die Einwendungen in einem ordentlichen, den Rechtsschutz
des Versicherten wahrenden Verfahren (Zwischenverfügung) entkräftet worden wären.
(...)
(VGE
479/98 + 366/99 vom 30. August 1999; eine gegen diesen Entscheid erhobene
Beschwerde bezieht sich auf einen anderen Streitpunkt).
Planungs-
und Baurecht
– Reklamebewilligung. Ein generelles Verbot von Fremdreklame entlang einer
Durchgangsstrasse in einer Ortschaft ist unverhältnismässig sowie mit der
Handels- und Gewerbefreiheit unvereinbar.
Aus
den Erwägungen:
4. a)
Die Beschwerdeführerin beanstandet sinngemäss, dass die Vorinstanz I aus Gründen
des Ortsbildschutzes generell keine Plakattafeln für Fremdwerbung entlang von
Durchgangsstrassen zulassen will. (...) Anlässlich des vorinstanzlichen
Augenscheines gab der Gemeindevertreter ebenfalls zu verstehen, dass die strikte
Praxis bezüglich Fremdwerbung auch für die anderen Strassen gelte (...). Auch
anlässlich des verwaltungsgerichtlichen Augenscheines liess die Vorinstanz I
u.a. sinngemäss ausführen, dass die ...strasse stark befahren und überladen
ist, dass an dieser Strasse bis anhin bzw. in den letzten Jahren keine
Fremdreklame bewilligt wurde und dieser Zustand beizubehalten sei, um die
Entstehung von «amerikanischen Verhältnissen» zu verhindern. (...).
b) Das
Verwaltungsgericht führte im bereits erwähnten VGE 620/90 vom 22. Januar 1991
u.a. aus, der Entscheid, in gewissen Zonen, welche bisher praktisch reklamenfrei
waren, Werbung zuzulassen, sei von bedeutender Tragweite und allgemeinem
Interesse. Denn Plakattafeln und Reklamen seien massgebliche Faktoren, welche
Landschafts-, Orts- bzw. Strassenbilder erheblich mitprägen. Daran ändere auch
die Tatsache nichts, dass es sich vorliegend um eine Gewerbezone handle, da ein
allgemeines Interesse daran bestehe, die Werbung auf bestimmte Gebiete zu
konzentrieren und nicht einfach generell in beliebiger Streuung, Qualität und
Quantität zuzulassen (vgl. Prot. 1991, S. 53). Im gleichen Entscheid liess das
Verwaltungsgericht durchblicken, dass ein generelles Reklameverbot grundsätzlich
nicht in Frage kommt bzw. ein absoluter Schutz vor grossformatiger Werbung nicht
durch die entsprechende Bestimmung des kommunalen Baureglementes gedeckt werde
(vgl. zit.VGE 620/90 vom 22. Januar 1991, Erw. 5e in fine, Prot. S. 54).
c) An
diese Rechtsprechung anknüpfend ist hier festzuhalten, dass das von der
Vorinstanz I vertretene generelle Verbot für Fremdreklamen entlang der
wichtigen Durchgangsstrassen in ..., insbesondere entlang der ...strasse, zu
weit geht. Ausgangspunkt bildet der Umstand, wonach grundsätzlich jede
privatwirtschaftliche Tätigkeit unter dem Schutz der durch Art. 31 BV
garantierten Handels- und Gewerbefreiheit steht. Dieser verfassungsmässige
Schutz erstreckt sich auch auf die Ausübung einer Werbe- oder Reklametätigkeit.
Zwar gilt die Handels- und Gewerbefreiheit nicht uneingeschränkt. Als Eingriffe
kommen hier ausschliesslich polizeiliche Gründe wie die Verkehrssicherheit und
der Ortsbildschutz in Frage (nicht aber soziale oder sozialpolitische Motive).
d) Was
die Verkehrssicherheit anbelangt, sind nach Art. 6 Abs. 1 SVG im Bereich der für
Motorfahrzeuge oder Fahrräder offenen Strassen Reklamen untersagt, die u.a. die
Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten. Diese Bestimmung schliesst es aber
nicht generell aus, innerorts entlang von Hauptstrassen auf benachbarten
Privatgrundstücken Reklamen anzubringen. Ein generelles Verbot für
Strassenreklame (auch auf benachbarten Grundstücken) gilt nach Art. 6 Abs. 2
SVG i.V.m. Art. 99
Abs. 1
SSV lediglich für Autobahnen (sowie Autostrassen, wobei Firmenanschriften davon
ausgenommen sind). In Art. 96 Abs. 1 lit. a bis h SSV wird präzisiert, an
welchen Stellen und in welcher Form Strassenreklame unzulässig ist. Es handelt
sich dabei namentlich um unübersichtliche Stellen (Kurven, Verzweigungen, Engpässe,
Brücken, Tunnels, vgl. Art. 96 Abs. 1 lit. a/b SSV). Daraus ist e contrario zu
schliessen, dass entlang von Strassen in Ortschaften bei übersichtlichen Verhältnissen
Strassenreklamen aus verkehrspolizeilicher Sicht zugelassen werden können. Dies
entspricht auch der ständigen Praxis in den Kantonen.
Im
konkreten Fall ist der Standort für Fremdreklame im nördlichen Grenzbereich
des Grundstückes (...) aus verkehrspolizeilicher Sicht grundsätzlich als
bewilligungsfähig zu taxieren. Schwieriger zu beurteilen sind die geplanten
Standorte bei der Zufahrtsstrasse (...).
Eine
andere Frage ist die Häufung von Reklametafeln an den Standorten auf KTN (...).
Eine mengenmässige Beschränkung ist nicht ausgeschlossen (vgl. dazu Art. 96
Abs. 4 SSV, wonach Strassenreklamen nicht in dichter Folge aufgestellt werden dürfen).
Auf diese Frage ist noch zurückzukommen.
e)
Hinsichtlich der Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit aus Gründen
des Ortsbildschutzes rechtfertigt sich ein generelles Verbot von Fremdreklame
grundsätzlich nur im Bereich von besonders schützenswerten Objekten. Ein
generelles Verbot von Fremdreklamen entlang von Durchgangsstrassen wie die ...strasse
und die ... erweist sich indessen als unverhältnismässig. Auch wenn bis anhin
entlang der (...) Hauptverkehrsachse (...) vom Gemeinderat offenbar keine
Fremdwerbung bewilligt wurde (eine Bewilligung für die aktenkundige und am
Augenschein festgestellte geringfügige Fremdwerbung im betreffenden Abschnitt
war nicht auszumachen), vermag dieser Umstand das vom Gemeinderat sinngemäss
vertretene Verbot für Fremdwerbung nicht zu stützen. (...).
Für
das vorliegende Ergebnis, wonach ein generelles Verbot von Fremdwerbung entlang
einer Durchgangsstrasse/Hauptverkehrsachse zu weit geht, spricht schliesslich,
dass selbst in schutzwürdigen Kernbereichen von Ortschaften Strassenreklame
wohl eingeschränkt, nicht aber generell untersagt wird (vgl. dazu VGE 1045/97
vom 21. November 1997 betreffend eine Leuchtreklame/Eigenreklame an einem Gebäude
in der Kernzone eines Ortes, welches im Bundesinventar der schützenswerten
Ortsbilder der Schweiz enthalten ist; vgl. BVR 1995, S. 34ff. betreffend
Eigenreklame im schutzwürdigen Altstadtbereich von Bern). Wenn aber selbst in
hinsichtlich des Ortsbildschutzes heiklen Bereichen wie Kernzonen
Strassenreklame (in Form von Eigenreklame) zugelassen wird, ist um- so mehr auch
Werbung entlang von (weniger anspruchsvollen) Durchgangsstrassen in gewissem
Umfange zu akzeptieren. (...)
Abgesehen
davon ist festzuhalten, dass Fremdwerbung nicht a priori als negativ zu werten
ist, sondern im Gegenteil auch in einem öffentlichen Interesse stehen kann. So
besteht beispielsweise im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen ein Interesse an
politischer Werbung, sei es, um Parteien und Kandidaten eine Plattform zur
Selbstdarstellung gegenüber den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern anzubieten,
sei es für bestimmte Abstimmungsparolen zu werben usw.
(VGE
1006/99 vom 21. Mai 1999).
Planungs-
und Baurecht
Gestaltungsplan
(§§ 30f. PBG).
– Plangebietserweiterung: Zustimmung aller Grundeigentümer erforderlich
(Erw. 2).
Aus
den Erwägungen:
1. a)
Gestaltungspläne werden auf Antrag sämtlicher Grundeigentümer des
Einzugsgebietes vom Gemeinderat erlassen. Besteht Gestaltungsplanpflicht für
mehrere Grundeigentümer und können sich diese nicht auf einen Gestaltungsplan
einigen, so genügt der Antrag eines oder mehrerer Grundeigentümer, denen
mindestens die Hälfte des Einzugsgebietes gehört (§ 30 Abs. 1 PBG). Der
Gestaltungsplan kann nach Anhören der Grundeigentümer durch Verfügung des
Gemeinderates aufgehoben werden, wenn innert fünfzehn Jahren seit Inkrafttreten
nicht in wesentlichen Teilen mit der Verwirklichung begonnen wurde. Die
Gemeindeversammlung kann beim Erlass oder bei der Änderung des Zonenplanes die
Aufhebung von Gestaltungsplänen beschliessen, sofern dadurch der Grundsatz von
Treu und Glauben nicht verletzt wird (§ 31 PBG).
b)
Gestaltungsplanänderungen gegen den Willen einzelner Gestaltungsplangenossen
sind grundsätzlich möglich. Das Verwaltungsgericht hat 1985 im Lichte des
damals noch geltenden Baugesetzes vom 30. April 1970 ausgeführt, der
Gestaltungsplan (in der damaligen Terminologie «Quartiergestaltungsplan»)
bewege sich eher in Richtung einer Baubewilligungsverfügung, während der
Zonenplan einem Rechtssatz nahe komme. Folgerichtig dürfe der Eigentümer damit
rechnen, dass solche Sondernutzungspläne, wie sie der Gestaltungsplan
darstelle, besseren Stand hätten als Zonenpläne. Da diese Praxis vor allem auf
den Schutz der Eigentümer im Gestaltungsplangebiet ausgerichtet sei, wäre
gegenüber Gestaltungsplänen eine weniger grosse Zurückhaltung an den Tag zu
legen, wenn die Initiative auf die Planänderung von den Planadressaten ausgehe,
wobei dann, wenn ein Teil der im Plangebiet liegenden Grundeigentümer
opponiere, eine Interessenabwägung vorzunehmen sei. Eine Planänderung
rechtfertigen könnten vor allem eine zweckmässigere Nutzung, eine bessere
architektonische oder ortsbauliche Gestaltung oder ganz allgemein formuliert
Massnahmen, welche den raumplanerischen Zielsetzungen deutlich besser
entsprechen als die geltende Ordnung (EGV-SZ 1985, Nr. 10, S. 36ff.).
c) Im
neuen Planungs- und Baurecht hat sich die rechtliche Ausgangslage insofern verändert,
als nunmehr die Gemeinden im Zonenplan oder Baureglement ausdrücklich für
bestimmte Gebiete oder für grössere Bauten und Anlagen die
Gestaltungsplanpflicht einführen können (§ 24 Abs. 4 PBG), welche – wie
bereits erwähnt – seit der Gesetzesrevision vom 8.5.1996 vom Erfordernis der
Einstimmigkeit der Plangenossen entbindet (§ 30 Abs. 1 PBG). Mit der
Gestaltungsplanpflicht wird dem Gemeinwesen ein Instrumentarium zur besseren
Durchsetzung der öffentlichen, raumplanerischen Interessen zur Verfügung
gestellt. Es sind dies vornehmlich jene Interessen, welche nach bisheriger
Praxis auch eine Änderung des Gestaltungsplanes bei fehlender Einstimmigkeit
erlaubten. Für Gestaltungspläne auf freiwilliger Basis bleibt dagegen die
private, auf Einstimmigkeit beruhende Initiative vorbehalten. Geht man davon
aus, dass die raumplanerischen Interessen nunmehr vor allem mit der
Gestaltungsplanpflicht abgedeckt werden, stehen sich bei Änderungen der
freiwilligen Gestaltungspläne primär private Interessen gegenüber, die dem
Gebot der Planbeständigkeit grundsätzlich hintenanzustellen sind, es sei denn
– in Anlehnung an die bisherige Rechtsprechung –, mit den Änderungen würde
im konkreten Fall auch den raumplanerischen öffentlichen Zielsetzungen deutlich
besser entsprochen werden.
d) Dem
Gebot der Planbeständigkeit ist naturgemäss weniger Beachtung zu schenken,
wenn alle Plangenossen einer Änderung zustimmen. Anderseits kommt ihm bei
fehlender Einstimmigkeit bei der Interessenabwägung nach wie vor eine
gewichtige Bedeutung zu, zumal der Gestaltungplan mehr Verfügungs- denn
Rechtssatzcharakter hat. Dass dem Gebot der Planbeständigkeit erhebliche
Bedeutung zukommt, ergibt sich auch aus dem oben erwähnten § 31 PBG, wonach
eine von aussen diktierte Aufhebung des Gestaltungsplanes nur in Frage kommt,
wenn der Grundsatz von Treu und Glauben nicht verletzt wird (vgl. auch § 24
Abs. 1 VVzPBG).
2. a)
Ungeklärt ist in casu die Frage, wie es sich bei Erweiterungen des Plangebietes
verhält. Handelt es sich um eine Gestaltungsplanänderung, bei der die oben
dargelegten Grundsätze zum Tragen kommen, oder ist ausserhalb der
Gestaltungsplanpflicht für die Erweiterung a priori die Zustimmung aller
Plangenossen des gesamten Plangebietes erforderlich.
b) Dem
Erlass eines Gestaltungsplanes auf freiwilliger Basis liegt ein gemeinsamer «Antrag
sämtlicher Grundeigentümer des Einzugsgebietes» zugrunde (§ 30 Abs. 1 PBG).
Damit bringt ein zustimmender Grundeigentümer seine Haltung in zwei Richtungen
zum Ausruck. Einerseits ist er bereit, dass sein Grundstück ins Plangebiet
einbezogen wird und in Beachtung bestimmter Sondervorschriften überbaut werden
kann. Anderseits ist er aber auch mit der konkreten Ausdehnung des Plangebietes
einverstanden, in welchem diese Sondervorschriften gelten sollen. Er könnte nun
ohne jegliche Grundangabe seine Zustimmung verweigern mit der Konsequenz, dass
nicht nur sein Grundstück nicht ins Plangebiet einbezogen wird, sondern der
konkret beabsichtigte Planerlass auch dahinfällt und möglicherweise wegen
einer nunmehr ungenügend grossen zusammenhängenden Baulandfläche sogar in
anderer Ausgestaltung falliert. Dieses umfassende Zustimmungsrecht (bzw.
Zustimmungserfordernis) darf durch spätere Planerweiterungsbegehren nicht
unterlaufen werden. Wie beim Planerlass müssen auch bei der Planerweiterung
grundsätzlich sämtliche Grundeigentümer des gesamten Einzugsgebietes ihre
Zustimmung erteilen. Es geht deshalb nicht an, dass Planerweiterungen den bisher
als zulässig qualifizierten Planänderungen gleichgestellt werden. Zwar ist
nicht zu verkennen, dass ein beim Planerlass zustimmender Grundeigentümer seine
Zustimmung auch auf die Sondervorschriften bezogen hat. Wenn nun solche Planänderungen
dennoch – wie dargelegt – gegen den Willen eines Plangenossen genehmigt
werden (ob bereits im Erlassverfahren Änderungen infolge des Auflage- und
Genehmigungsverfahrens zum Rückzug der Zustimmungserklärung berechtigen würden,
kann hier aber dahingestellt bleiben), so gilt es zu beachten, dass einer
Gestaltungsplanerweiterung, wie sie hier zur Diskussion steht, eine ganz andere
Dimension und Tragweite zugrunde liegt, als bei den in engen Grenzen zulässigen
Planänderungen innerhalb eines bestehenden Plangebietes. Das Ausmass eines
Plangebietes und die damit verbundene Zustimmungsbedürftigkeit sind
entscheidende Bestandteile eines Gestaltungsplanes, die auch im
Planerweiterungsverfahren das uneingeschränkte Zustimmungserfordernis
rechtfertigen. Dahingestellt bleiben kann, ob und bei welchem Zustimmungsquorum
geringfügige Plangebietsarrondierungen zur Behebung oder Verbesserung
plangebietsinterner Mängel auch ohne Einstimmigkeit allenfalls zulässig sein könnten.
(VGE
1024/99 vom 16. September 1999).
Planungs-
und Baurecht
– Groberschliessung: Planung einer Strasse, welche für zwei Gemeinden als
Groberschliessungsstrasse dient (Koordination; Erw. 6).
– Bei Errichtung einer Groberschliessungsstrasse muss bereits im
Planungsverfahren geprüft werden, ob Lärmschutzvorschriften eingehalten sind
(Erw. 7c/bb–ee).
– Baulinien im Erschliessungsplan legen Strassenabstand verbindlich fest;
auf Rügen, welche die Baulinien betreffen, ist im Planungsverfahren einzutreten
(Erw. 8b–c).
Aus
den Erwägungen:
6. a)
Vorab ist festzustellen, dass benachbarte Gemeinden nicht verpflichtet sind,
gleichzeitig eine Erschliessungsplanung zu erlassen und/oder ein bestimmtes
formal vorgegebenes Koordinationsverfahren einzuhalten (vgl. auch Tschannen,
Kommentar RPG, Art. 2, Rz. 56). Das formelle Erlassverfahren kann die
Koordination indes insofern beeinflussen, als die rascher handelnde, d.h. einen
Plan erlassende Gemeinde zulasten der benachbarten Gemeinde gewisse
einzuhaltende Vorgaben schafft. Allerdings wird in der Regel zwischen den
Gemeinden auf Gesprächs- und Verhandlungsbasis eine einvernehmliche
Koordination stattfinden. Zudem hat es der Kanton mittels Richtplanung, Vorprüfung
und Genehmigung des Planes in der Hand, vor, während und am Ende eines
Erlassverfahrens bei Bedarf koordinierend einzugreifen. Hinzu kommen die
Interventionsmöglichkeiten im Rahmen von Rechtsmittelverfahren.
Eine
in zeitlicher und verfahrensmässiger Hinsicht optimal abgestimmte Koordination
zwischen zwei benachbarten Gemeinden ist aus der Sicht einer effizienten
Raumplanung zwar stets erstrebenswert, nicht aber rechtlich zwingend durchzuführen,
solange eine materielle Koordination auch anderweitig gewährleistet werden kann
(vgl. analog Tschannen, a.a.O., Art. 2, Rz. 12). Im Rahmen der
Erschliessungsplanung sind insbesondere und mindestens all jene Fragen materiell
koordiniert zu entscheiden, welche nicht auf die Projektgenehmigungsstufe
verschoben werden können. So ist zu beurteilen, ob der
Groberschliessungscharakter der geplanten ...strasse rechtlich vertretbar ist.
b) Gemäss
Art. 2 Abs. 1 RPG erarbeiten Bund, Kantone und Gemeinden die für ihre
raumwirksamen Aufgaben nötigen Planungen und stimmen sie aufeinander ab, was
sinngemäss auch im Nutzungsplanverfahren gilt (vgl. Art. 25a Abs. 4 RPG).
Koordinationsbedarf besteht bei der Nutzungsplanung insbesondere dort, wo mit
der Planung gleichzeitig die Einholung von Bewilligungen notwendig ist. Dies ist
bei Sondernutzungsplanungen für konkrete Projekte, wie z.B. Sondernutzungspläne
für Kiesabbau, Deponien, Parkhäuser oder Einkaufszentren der Fall. Solche
Sondernutzungspläne sind so detailliert, dass sie zum grossen Teil die
Baubewilligung vorwegnehmen, sie haben verfügungsähnlichen Charakter (Wiestner
Koller, Verfahrensbeschleunigung und Verfahrenskoordination, in: Raum &
Umwelt 1996, herausgegeben von der VLP, Bern 1997, S. 57; Tschannen, a.a.O.,
Art. 2, Rz. 32).
Im
Hinblick auf die anzustrebende räumliche Entwicklung haben die Behörden bei
der Planung raumwirksamer Tätigkeiten u.a. zu prüfen, ob die Tätigkeit mit
geltenden Plänen und Vorschriften von Bund, Kantonen, Regionen und Gemeinden über
die Nutzung des Bodens, insbesondere mit Richt- und Nutzungsplänen, vereinbar
ist (Art. 2 Abs. 1 lit. e RPV). Die Behörden stellen fest, wie sich ihre
raumwirksamen Tätigkeiten auswirken und unterrichten einander darüber
rechtzeitig (Art. 2 Abs. 2 RPV). Sie stimmen raumwirksame Tätigkeiten
aufeinander ab, wenn diese einander ausschliessen, behindern, bedingen oder ergänzen
(Art. 2 Abs. 3 RPV). Als Instrument der Planabstimmung wirkt zuvorderst die
Richtplanung. Erst aufgrund dieser Vorleistung öffnet sich der Weg zu
zielgerichtetem Abstimmen raumwirksamer Tätigkeiten, also zu positiver
Koordination. Wo eine Berufung auf die Richtplanung nicht möglich ist, muss die
Planabstimmung wenigstens ad hoc sichergestellt werden. Dafür sind die üblichen
verwaltungsinternen Konsultationsverfahren und Koordinationsgremien
heranzuziehen (vgl. Tschannen, a.a.O., Art. 2, Rz. 56, 19, 12 und Vorbemerkungen
zu Art. 6–12, Rz. 11).
(...).
7. c)
bb) Der Regierungsrat stellt sich
im angefochtenen Entscheid auf den Standpunkt, man müsse erst anhand eines
konkreten Bauprojektes prüfen, ob die Lärmschutzvorschriften eingehalten würden.
Dies trifft in dieser absoluten Formulierung nicht zu. Die Umweltvorsorge ist
eine klassische Aufgabe der Raumplanung. Der Lärmschutz ist bereits bei der
Nutzungsplanung und mithin auch bei der Erschliessungsplanung ein Thema. Die
Nutzungsplanung hat beispielsweise dafür zu sorgen, dass Zonen für lärmige
Bauten nur an dafür geeigneten Orten ausgeschieden werden. Schon auf Stufe
Nutzungsplanung sind immissionsträchtige Nutzungskonflikte zu vermeiden (Robert
Wolf, Auswirkungen des Lärmschutzrechtes auf Nutzungsplanung und
Baubewilligung, in AJP 9/99, S. 1055, 1058).
Bei
der Schaffung von neuen Bauzonen für Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von
Personen dienen, gilt es zu beachten, dass diese nur in Gebieten vorgesehen
werden, in denen die Lärmimmissionen die Planungswerte nicht überschreiten
oder in denen diese Werte durch planerische, gestalterische oder bauliche
Massnahmen eingehalten werden können (Art. 24 Abs. 1 USG). Werden die
Planungswerte in einer bestehenden, aber noch nicht erschlossenen Bauzone für
Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen, überschritten, so
sind sie einer weniger lärmempfindlichen Nutzungsart zuzuführen, sofern nicht
durch planerische, gestalterische oder bauliche Massnahmen im überwiegenden
Teil dieser Zonen die Planungswerte eingehalten werden können (Art. 24 Abs. 2
USG). Der Erschliessungsbegriff des Umweltschutzgesetzes entspricht dabei
demjenigen des Raumplanungsrechts. Ein Baugebiet gilt als erschlossen, wenn u.a.
eine für die vorgesehene Nutzung hinreichende Zufahrt besteht. Müssen
wesentliche Elemente dieser Erschliessung ergänzt werden, ist das nur unter
Einhaltung der Planungswerte erlaubt (R.Wolf, a.a.O., S. 1060). Bei der
Anwendung von Art. 24 Abs. 2 USG ist gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung
indes nur der noch nicht erschlossene Teil zu berücksichtigen (BGE 123 II, S.
354ff., Erw. 8). Bei der Beurteilung der Lärmbelastung ist nicht nur der
bereits existierende Lärm, sondern auch derjenige, der von den zur
Erschliessung des Gebietes notwendigen neuen Strassen erwartet wird, zu berücksichtigen.
Sind die Planungswerte zurzeit überschritten, dürfen Bauzonen für lärmempfindliche
Bauten dennoch ausgeschieden werden, wenn durch planerische, gestalterische oder
bauliche Massnahmen die Planungswerte bei der künftigen Überbauung des
Gebietes eingehalten werden. Die Massnahmen müssen bereits bei der
Nutzungsplanung bzw. Erschliessung verbindlich festgelegt werden, ansonsten später
bei der Beurteilung des einzelnen Bauvorhabens nur noch die Einhaltung der
Immissionsgrenzwerte zu prüfen ist. Diese Planungspflicht kann auf ein
Sondernutzungsplanverfahren verschoben werden, sofern ein sog.
Machbarkeitsnachweis vorliegt (R. Wolf, a.a.O., S. 1061).
Bei
der Errichtung ortsfester Anlagen (z.B. Verkehrsanlage) gilt, dass die durch
diese Anlagen allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte in der
Umgebung nicht überschreiten (Art. 25 Abs. 1 USG). Besteht ein überwiegendes
öffentliches, namentlich auch raumplanerisches Interesse an der Anlage und würde
die Einhaltung der Planungswerte zu einer unverhältnismässigen Belastung für
das Projekt führen, so können Erleichterungen gewährt werden, wobei jedoch
grundsätzlich die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden dürfen
(Art. 25 Abs. 2 USG). Wird eine bereits bestehende ortsfeste Anlage geändert,
so müssen die Lärmemissionen der neuen oder geänderten Anlageteile nach den
Anordnungen der Vollzugsbehörde so weit begrenzt werden, als dies technisch und
betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (Art. 8 Abs. 1 LSV). Wird
die Anlage wesentlich geändert, so müssen die Lärmemissionen der gesamten
Anlage mindestens so weit begrenzt werden, dass die Immissionsgrenzwerte nicht
überschritten werden (Art. 8 Abs. 2 LSV). Als wesentliche Änderungen gelten
u.a. Erweiterungen, wenn zu erwarten ist, dass die Anlage selbst oder die
Mehrbeanspruchung bestehender Verkehrsanlagen wahrnehmbar stärkere Lärmimmissionen
erzeugen (Art. 8 Abs. 3 LSV). Der Betrieb neuer oder wesentlich geänderter
ortsfester Anlagen darf nicht dazu führen, dass durch die Mehrbeanspruchung
einer Verkehrsanlage die Immissionsgrenzwerte überschritten werden oder durch
die Mehrbeanspruchung einer sanierungsbedürftigen Verkehrsanlage wahrnehmbar stärkere
Lärmimmissionen erzeugt werden (Art. 9 LSV). Bei der Erstellung einer
Quartierstrasse muss geprüft werden, ob die weiterführenden Strassen, die den
Verkehr aus dem Quartier aufnehmen sollen, unter dem Gesichtspunkt der Lärmbelastung
ausreichende Reserven besitzen (R.Wolf, a.a.O., S. 1067).
cc)
(...). Eine allfällige Überschreitung der Belastungsgrenzwerte steht nun nicht
in einem direkten Zusammenhang mit dem auf X.-Seite überbauten Einzugsgebiet
der ...strasse. Der den Planungswert überschreitende Groberschliessungsverkehr
wird zur Hauptsache von dem auf der Y.-Seite zu erschliessenden Gebiet her
kommen. Insofern ist es fraglich, ob vorliegend gestützt auf Art. 24 Abs. 2 USG
allfällige Massnahmen zur Einhaltung der Planungswerte verlangt werden können,
zumal das überbaute X.-Gebiet faktisch erschlossen ist und grundsätzlich bei
der Anwendung von Art. 24 Abs. 2 USG nur nichterschlossene Gebiete mitzuberücksichtigen
sind. Anderseits macht es wenig Sinn, eine Groberschliessungsstrasse im Rahmen
der Erschliessungsplanung zu akzeptieren, die sich im bereits überbauten Gebiet
lärmschutzrechtlich als nicht realisierbar herausstellen könnte. Wenn
vorliegend das fragliche Baugebiet nur auf einem Gemeindegebiet liegen und die
Bauzonenausscheidung mit der Erschliessungsplanung zeitlich koordiniert erfolgen
würde, käme der Konnex zwischen Erschliessungsplanung und Lärmschutzmassnahmen
deutlicher zum Vorschein. Keine nutzungsplanerischen Massnahmen drängen sich für
rechtsgültig festgelegte, ausreichend erschlossene Bauzonen auf (vgl. R. Wolf,
a.a.O., S. 1061), welche Voraussetzung für das nicht hinreichend erschlossene
X.-Gebiet indes nicht erfüllt ist. Es bedarf mithin im vorliegenden Verfahren
noch genauerer Abklärungen, ob die Groberschliessung ...strasse bei dem
prognostizierten Verkehrsaufkommen überhaupt machbar ist. Es wird die Frage zu
beurteilen sein, ob und wie die Planungswerte eingehalten werden müssen bzw. können
(die kommunale Gutachterin geht auf Seite 9 ihres Gutachtens von einer neuen
ortsfesten Anlage aus; siehe auch R.Wolf, a.a.O., S. 1065). (...).
ee)
Sollte sich das prognostizierte Verkehrsaufkommen wider Erwarten als falsch bzw.
als zu gering herausstellen, so ist was folgt zu beachten: eine Erschliessung
ist u.a. dann ungenügend, wenn sie die Umweltschutzgesetzgebung verletzt (BGE
116 Ib 166). Soweit die geplante ...strasse als Groberschliessung für noch unüberbautes
Bauland konzipiert ist und im Zeitpunkt der geplanten Bebauung Lärmmessungen
ergeben, dass der Planungswert bzw. der Immissionsgrenzwert bereits erreicht ist
(je nach dem, welcher Grenzwert massgebend ist), so fehlt es den unüberbauten
Grundstücken grundsätzlich an der erforderlichen Erschliessung und damit an
der Baureife, ausser es seien in Bezug auf die Einhaltung der Planungswerte
Erleichterungen zu gewähren (Art. 7 Abs. 2 LSV; vgl. hiezu auch R. Wolf, S.
1066f. lit. d). Ein Bauvorhaben in dieser Zone könnte nicht bewilligt werden,
bis eine anderweitige hinreichende Erschliessung verwirklicht ist (BGE 116 Ib
167; betr. zusätzliche Massnahmen siehe R.Wolf, a.a.O., S. 1065). (...).
8. b)
Baulinien dienen der Freihaltung von Land für Bauten und Anlagen im öffentlichen
Interesse und wirken sich als Bauverbote aus. Sie bezeichnen zudem planerisch
den Mindestabstand von öffentlichen Verkehrsanlagen, Gewässern usw. (Schürmann/Hänni,
Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 3. A., S. 185; Haller/Karlen,
Raumplanungs- und Baurecht, 2. A., S. 84, N. 353f.).
Im
geltenden kantonalen Planungs- und Baurecht werden Baulinien explizit im
Zusammenhang mit dem Gewässerabstand erwähnt (§ 66 Abs. 2 PBG). Unter der
Marginalie «Andere Abstandsvorschriften» (gemeint ist von anderen Erlassen
oder abweichenden kommunalen Vorschriften gemäss § 52 PBG) wird zudem
festgehalten, soweit Baulinien beständen, würden diese den
Abstandsvorschriften vorgehen. Im Weiteren hält § 33 Abs. 1 PBG fest, dass
innerhalb von in Nutzungsplänen enthaltenen Baulinien das Land nicht
anderweitig überbaut werden darf. Nach der noch geltenden kantonalen
Strassenbauverordnung können «Detailprojekte» für das Planauflageverfahren
nach § 28 Baulinien enthalten mit der Konsequenz, dass «zwischen den Baulinien
ohne Bewilligung keine Neu- oder Umbauten erstellt werden» dürfen (§ 27 Abs.
1 StraV). § 60 Abs. 1 StraV bestimmt die Strassenabstände für die
verschiedenen Strassentypen unter dem Vorbehalt, dass keine besonderen Baulinien
in Anwendung von Bau- oder Strassenplanungsvorschriften festgelegt sind. Im künftigen
Strassenverordnungsrecht (vgl. vorn Erw. 7b/gg) hält § 40 fest, der
Strassenabstand werde mit Baulinien im Nutzungsplanverfahren nach PBG oder
subsidiär im Projektgenehmigungsverfahren festgelegt.
Das
kommunale Baurecht verweist einerseits auf die kantonalen
Strassenabstandsvorschriften (Art. 66 Abs. 1 BauR), anderseits spricht es im
Zusammenhang mit dem Strassen- und Trottoirraum von Baulinienbereich (Art. 59
Abs. 5 BauR).
Wenn
nun der kommunale Erschliessungsplan nach Bedarf für die Linienführung der
Groberschliessungsstrassen und den Ausbau bestehender Verkehrsanlagen Baulinien
enthalten kann, so kommt diesen grundsätzlich die oben dargelegte Rechtswirkung
zu. Einerseits wird der einzuhaltende Strassenabstand verbindlich festgelegt.
Die Fahrbahnfläche kann somit nicht nachträglich in diesen für eine
Groberschliessungsstrasse konkret bestimmten Abstandsbereich verschoben werden.
Anderseits besteht bis auf den vorgesehenen Strassenbau ein grundsätzliches
Bauverbot zwischen dem Baulinienpaar. Soweit nun Rügen diese
Verbindlichkeitswirkung in Frage stellen, ist darauf einzutreten.
c) Im
Reglement zum vorliegenden Erschliessungsplan, welches anfangs 1997 öffentlich
aufgelegt wurde, wird noch nicht auf das per 1.1.1997 in Kraft gesetzte
revidierte Erschliessungsplanrecht Bezug genommen, welches unbestrittenermassen
die detaillierte Festlegung von Baulinien ermöglicht (RRB 2138 v. 12.12.1995,
Teilrevision des Planungs- und Baugesetzes, Bericht und Vorlage an den
Kantonsrat, S. 17). Vielmehr sieht Art. 5 Abs. 4 dieses Reglementes unter
Bezugnahme auf das bisherige Recht vor, dass die detaillierte Festlegung von
Baulinien u.a. im Nutzungsplanverfahren (Teilerschliessungsplan oder
Gestaltungsplan) in einem «separaten Detailplan» erfolgen könne. In diesem
Sinne und im Einklang mit dem revidierten Erschliessungsplanrecht liegt in casu
eine detaillierte Festlegung der Baulinie vor, welche nebst Erschliessungsplan
und Reglement explizit ausgeschrieben und zum Verfahrensgegenstand erhoben
wurde. (...).
(VGE
1015/99 vom 19. November 1999).
Planungs-
und Baurecht
– Erschliessung (§ 37 PBG). Erwartete Gesamtbeanspruchung einer
Feinerschliessungsstrasse: Gemeinde hat weder Pflicht noch Recht, analog zur
Groberschliessung eine Feinerschliessungsplanung durchzuführen; sie kann auch
nicht verlangen, dass im Zusammenhang mit der Überbauung eines Grundstückes
die Feinerschliessungsanlage so ausgebaut wird, dass sie bei einer allfälligen
Überbauung eines anderen, an der Erschliessungsanlage nicht berechtigten
Grundstückes ausreicht.
Aus
dem Sachverhalt:
X., Y.
und Z. ersuchen um einen Teilausbau des A.-Weges (Feinerschliessungsstrasse). Im
Weiteren ersucht X. um die Erstellung zweier Doppel-Einfamilienhäuser am A.-Weg.
Die
gemeinderätliche Bewilligung des Teilausbaus des A.-Weges wird vom
Regierungsrat aufgehoben mit der Begründung, man könne nicht abschliessend
beurteilen, ob dieser bewilligte Ausbau den Anforderungen einer hinreichenden
Gesamterschliessung des A.-Gebietes zu genügen vermöge. Insbesondere stehe
nicht eindeutig fest, wie die verbleibenden Baulandreserven des im A.-Gebiet
gelegenen Grundstückes KTN C (an A.-Weg nicht berechtigt) strassenmässig
erschlossen werden sollen. Damit die Anforderungen an den Ausbau des A.-Weges
als Erschliessungsstrasse definitiv formuliert und festgelegt werden könnten, müsse
vorerst das gesamte Baugebiet, das darüber erschlossen werden solle, klar und
eindeutig definiert werden. Da dies der Gemeinderat bis anhin noch nicht getan
habe, müsse er dies nachholen.
Aus
den Erwägungen:
4. c)
Die minimalen Erschliessungsanforderungen werden durch das kantonale Recht
geregelt (§ 37 i.V. mit § 53 und § 52 Abs. 1 und 2 PBG). Die «hinreichende
Zufahrt» ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, dessen Inhalt auf dem
Auslegungswege zu bestimmen ist. Es handelt sich mithin um eine Rechtsfrage, die
aber praxisgemäss der rechtsanwendenden Verwaltungsbehörde einen gewissen
Beurteilungsspielraum einräumt. Die angerufenen Rechtsmittelinstanzen legen
sich deshalb eine gewisse Zurückhaltung auf, wenn es um die Beurteilung von örtlichen
Verhältnissen und Gegebenheiten geht, die die lokalen Behörden besser kennen (VGE
530/91 v. 18.7.1991, Erw. 2, Prot. S. 693f.).
Gemäss
konstanter Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der hinreichenden
Erschliessung stets von der erwarteten Gesamtbeanspruchung der
Erschliessungsstrasse unter Einschluss der Nachbarschaft und der Allgemeinheit
auszugehen (VGE 530/91 v. 18.7.91, Erw. 2, 3c mit Hinweisen; VGE 652/92 v.
22.1.93, Erw. 6b). Die hinreichende Zufahrt hat sich grundsätzlich nach den
zonengrechten Baumöglichkeiten jener Flächen zu richten, die sie erschliessen
soll (VGE 728/95 v. 18.7.96, Erw. 2c). Welches das zu erschliessende Gebiet ist,
bestimmt bei Groberschliessungsstrassen der Erschliessungsplan (§ 23 Abs. 2 PBG).
Bei Feinerschliessungsstrassen fehlt ein entsprechendes Instrumentarium. Hier
sind insbesondere allfällige Gestaltungspläne, Strassenperimeter von
Flurgenossenschaften, Strassenmiteigentümergemeinschaften und dergleichen,
Fahr- und Fusswegrechte zulasten eines Erschliessungsareals, Topographie und Überbauungssituation
eines Gebietes usw. heranzuziehen. Darauf basierend ist das massgebende
Einzugsgebiet einer Feinerschliessungsstrasse zu bestimmen. (...)
5. d)
Im konkreten Fall hat der Gemeinderat zurzeit keine Möglichkeit, verbindlich
festzulegen, ob dereinst Kat. Nr. C und allenfalls weitere nicht am A.-Weg
berechtigte Parzellen wie Kat. Nr. ... im Falle einer Neuüberbauung über den
A.-Weg zu erschliessen sind. Insbesondere kann er die rechtlich hinreichende
Erschliessung bzw. deren Durchsetzung – ohne die eine verbindliche Festlegung
des Erschliessungsgebietes wenig Sinn macht – nicht verbindlich anordnen bzw.
vorsehen. Die Gemeinde hat weder die Pflicht noch das Recht analog zur
Groberschliessung (vgl. hierzu § 21 Abs. 1 VVZ PBG) eine
Feinerschliessungsplanung durchzuführen. Das Gebiet um den A.-Weg ist auch
keiner Gestaltungsplanpflicht unterstellt worden. Ein Gestaltungsplan ist bis
heute weder erlassen noch beantragt worden. Aufgrund der konkreten Verhältnisse
und Begleitumstände ist auch nicht zu erwarten, dass in absehbarer Zeit ein
Gestaltungsplan mit einem umfassenden Perimetergebiet beantragt werden könnte,
was die Regelung der umstrittenen Erschliessungsfrage erlauben würde.
Ebensowenig steht eine Ersatzvornahme nach § 42 PBG zur Diskussion. (...).
Für
die Bestimmung der zu erwartenden Gesamtbeanspruchung ist mithin in erster Linie
davon auszugehen, welche Grundstücke berechtigt sind, den A.-Weg zu befahren
und zu begehen. Hierzu gehört Kat. Nr. C unbestrittenermassen nicht. Diese über
... m2 grosse Parzelle ist zurzeit denn auch mit einer in diesem Jahrhundert
erstellten herrschaftlichen Villa überbaut und über den B.-Weg hinreichend
erschlossen. Ob bei einer gesteigerten Nutzung von Kat. Nr. C der A.-Weg als
Feinerschliessungsstrasse rechtlich beansprucht werden kann, ist unsicher.
Aufgrund der bisherigen Auseinandersetzungen erscheint zum einen eine
vertragliche Rechtseinräumung durch die Miteigentümergemeinschaft A.-Weg eher
fraglich (...). Zum anderen ist auch unsicher, ob auf dem Enteignungsweg (§ 41
PBG) die erforderlichen Rechte eingeräumt werden könnten, da der B.-Weg als
Bestandteil des privatrechtlich aktuell bestehenden Erschliessungskonzeptes
zumindest prima vista als ausbaubar zu qualifizieren ist (...). Es würde sich
deshalb in einem solchen Verfahren zumindest die Frage stellen, ob die
Enteignung zur Schaffung einer hinreichenden Erschliessung und mithin zur
Herbeiführung der Baureife überhaupt erforderlich wäre (zu dieser Problematik
vgl. VGE 1060/97 v. 8.4.1998, Erw. 3; Publikation in EGV-SZ 1998, Nr. 9). Bei
dieser Ausgangslage geht es zu weit, im Rahmen der hinreichenden Erschliessung
bzw. der zu erwartenden Gesamtbeanspruchung Kat. Nr. C in das Einzugsgebiet
miteinzubeziehen mit der allfälligen Konsequenz, dass der A.-Weg nur wegen
eines zurzeit nichtwegberechtigten Grundstückes vorsorglich und auf Kosten
Dritter mit einem zusätzlichen Trottoir ausgebaut werden müsste. Sollte später
tatsächlich eine Nutzungserhöhung auf Kat. Nr. C eine Erschliessung über den
A.-Weg erforderlich machen, so steht der Beschwerdegegnerin nebst der
vertraglichen Einigung mit den Miteigentümern des A.-Weges das Gesuch für
Erschliessungshilfe gemäss § 41 PBG offen, wobei nach der revidierten Fassung
von § 41 Abs. 1 PBG nebst der Mitbenützung jetzt auch der Ausbau privater
Erschliessungsanlagen ermöglicht wird.
(VGE
1009 + 1014/99 vom 15. Juli 1999).
Planungs-
und Baurecht
– Mitbenützung privater Erschliessungsanlagen durch Dritte nach § 41 PBG;
in der Enteignungsverfügung muss der Umfang der zu enteignenden Rechte sowie
die konkret beanspruchte Grundstücksfläche zweifelsfrei feststehen (in casu Rückweisung
zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung).
Aus
den Erwägungen:
1.
Nach § 41 Abs.1 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (PBG, nGS IV-493, in
der Fassung vom 8. Mai 1996) kann der Gemeinderat die Eigentümer und direkten
Anstösser bestehender privater Erschliessungsanlagen verpflichten, die Mitbenützung
und den Ausbau durch Dritte gegen volle Entschädigung zu dulden, sofern dies
zumutbar und für eine landsparende oder zweckmässige technische Lösung
notwendig ist.
Können
sich die Beteiligten nicht einigen, enteignet der Gemeinderat die erforderlichen
Rechte zugunsten des interessierten Dritten und veranlasst nach Bezahlung der
Entschädigung die Eintragung ins Grundbuch (§ 41 Abs. 2 PBG).
Die
Entschädigung wird, sofern sich die Beteiligten darauf nicht einigen können,
auf Begehren des Enteigneten, des Dritten oder der Gemeinde von der nach dem
Enteignungsrecht zuständigen Schätzungskommission festgesetzt. Sie legt auch
den Beitrag des Dritten an die Kosten des Unterhalts fest.
2. a)
Im vorliegenden Fall ist unbestritten und durch Augenschein erhärtet, (...)
dass die Länge der Zufahrtsstrasse inkl. Rasengittersteinbereich rund 65 m
umfasst (...) (Hinweis: asphaltierter Teil gehört zu Grundstück C,
anschliessender Rasengittersteinbereich gehört zu Grundstück A). In der Sache
ist unter anderem hauptsächlich streitig, ob die Voraussetzungen im Sinne von
§ 41 Abs. 1 3. Teilsatz PBG für die Mitbenützung und den allfälligen Ausbau
der bestehenden privaten Erschliessungsanlage durch Dritte gegeben sind. Dabei
geht es namentlich um die Frage der Zumutbarkeit und ob eine solche Mitbenützung
für eine landsparende oder zweckmässige technische Lösung notwendig ist.
b)
Vorab rügt aber der Beschwerdeführer sinngemäss, der Gemeinderat habe am 1.
Dezember 1997 unvermittelt die Enteignung der «erforderlichen Rechte für die
Strassenerschliessung über das Grundstück A» verfügt, ohne den in § 41 Abs.
1 PBG vorgesehenen Verfahrensschritt einzuhalten. Darnach habe der Gemeinderat,
bevor er zur Enteignung schreite, zunächst die Eigentümer und direkten Anstösser
bestehender privater Erschliessungsanlagen zu verpflichten, die Mitbenützung
und den Ausbau durch Dritte gegen volle Entschädigung zu dulden. Durch die
Nichteinhaltung dieses Verfahrensschrittes sei u.a. ihm das rechtliche Gehör
verweigert worden sowie liege ein formeller und materieller Rechtsmangel vor
(vgl. Beschwerdeschrift, S. 3f.).
c) Das
Verwaltungsgericht hat im Entscheid 600/93 vom 29. September 1993 (teilweise
publiziert in EGV-SZ 1993, Nr. 14) entschieden, dass für inskünftige Verfahren
nach § 41 PBG der Gemeinderat mindestens folgende Punkte zu regeln hat (anzufügen
ist, dass damals § 41 Abs. 1 PBG in der Fassung vom 14. Mai 1987 mit folgendem
Wortlaut galt: Der Gemeinderat kann die Eigentümer bestehender privater
Erschliessungsanlagen verpflichten, die Mitbenützung durch Dritte gegen volle
Entschädigung zu dulden, sofern dies zumutbar und für eine landsparende oder
zweckmässige technische Lösung notwendig ist):
1.
Der jeweilige Eigentümer eines Grundstückes X. mit bestehender privater
Erschliessungsanlage wird verpflichtet, die Erschliessung (Fuss- und
Fahrwegrechte) zugunsten eines Grundstückes Y. (im Eigentum des mitbenützungswilligen
Dritten) über sein Grundstück X. zu dulden, wobei nötigenfalls – wenn z.B.
das Grundstück X. mehr als die bestehende (bzw. vom Dritten benötigte) private
Erschliessungsanlage umfasst – zu präzisieren ist, auf welchen Teil vom
Grundstück X. sich die zugunsten vom Grundstück Y. einzuräumenden Fuss- und
Fahrwegrechte beziehen.
2.
Den Parteien wird Gelegenheit eingeräumt, bis zu einem bestimmten
Zeitpunkt einen Dienstbarkeitsvertrag abzuschliessen und diesen dem Gemeinderat
innert gleicher Frist einzureichen.
3.
Für den Fall, dass innert der angesetzten Frist gemäss Ziffer 2 kein
Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen wird, enteignet der Gemeinderat (bereits in
der ersten Verfügung) die erforderlichen Fuss- und Fahrwegrechte gemäss Ziffer
1.
Mit
anderen Worten bezweckt die Regelung von § 41 PBG, dass (sofern die
Voraussetzungen gemäss § 41 Abs. 1 3.Teilsatz PBG gegeben sind) der
Gemeinderat zunächst das Terrain ebnet für eine einvernehmliche Lösung
(Verpflichtung zur Duldung der Mitbenützung mit anschliessender
Vertragslösung/Dienstbarkeitsvertrag), und falls dieses Vorgehen scheitert,
dass der Gemeinderat mit einer Enteignung fortfährt. Diese an sich zweistufige
Vorgehensweise kann nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung Gegenstand
einer einzigen Verfügung bilden (vgl. EVG-SZ 1993, S. 36, lit. c).
d) Im
vorliegenden Fall hat der Gemeinderat in der Verfügung vom 1. Dezember 1997 die
erste Verfahrensstufe – die Verpflichtung des Beschwerdeführers (als Eigentümer
von A.) zur Duldung der Mitbenützung und eines allfälligen Ausbaus einer
bestehenden privaten Erschliessungsanlage auf KTN A – weder erwähnt noch
behandelt, sondern direkt die Enteignung der entsprechenden Rechte angeordnet.
Es stellt sich die Frage, wie diese Unterlassung zu beurteilen ist. Mit anderen
Worten fragt sich, ob die Einhaltung der ersten Verfahrensstufe lediglich den
Charakter einer Ordnungsvorschrift aufweist, oder ob es dabei um ein Gültigkeitserfordernis
geht mit der Wirkung, dass ohne korrekte Durchführung der ersten
Verfahrensstufe die zweite Verfahrensstufe, die Enteignung, noch gar nicht zulässig
ist.
e) Die
Vorinstanz II schützte im angefochtenen Entscheid das Vorgehen des
Gemeinderates, welches vom dargelegten zweistufigen Verfahren abwich, im
Wesentlichen mit der Begründung, aufgrund des zweimaligen Fernbleibens des
Beschwerdeführers von den anberaumten Aussprachen/Einigungsverhandlungen sowie
aufgrund der beharrlichen Haltung des Beschwerdeführers, wonach eine andere
Zufahrtsmöglichkeit über die ...strasse bestehe, habe davon ausgegangen werden
dürfen, dass weitere Einigungsbemühungen von vornherein zum Scheitern
verurteilt seien. Es hätte deshalb unter den konkreten Umständen keinen Sinn
gemacht, zuerst die Duldung der Mitbenützung der Erschliessungsstrasse
anzuordnen und erst in einem weiteren Schritt die Enteignung zu verfügen, dies
nicht zuletzt aus verfahrensökonomischen Gründen. Zu deutlich habe der
Beschwerdeführer zu erkennen gegeben, dass für ihn eine Einigung nicht in
Frage komme. Im Übrigen seien dem Beschwerdeführer durch das Vorgehen des
Gemeinderates keine Verfahrensnachteile entstanden (vgl. angefocht. Entscheid,
Erw. 5.3).
f) In
der Tat ist aktenkundig, dass der Beschwerdeführer an zwei vom Gemeinderat
angesetzten Einigungsverhandlungen vom 19. Juni 1997 und vom 12. September 1997
kein Interesse zeigte und mit dem Verweis auf eine andere Erschliessungsmöglichkeit
die Teilnahme an diesen Verhandlungen im Ergebnis ablehnte. (...)
Bei
dieser Sachlage läuft das Festhalten des Beschwerdeführers an der Durchführung
der 1.Verfahrensstufe auf einen überspitzten Formalismus hinaus. Diese Thematik
braucht hier aber nicht abschliessend behandelt zu werden, da die Sache ohnehin
zurückzuweisen ist, wie nachfolgend dargelegt wird.
3.
Selbst wenn der dargelegten 1. Verfahrensstufe lediglich der Charakter einer
Ordnungsvorschrift zukäme (was hier offen bleiben kann), fallen im konkreten
Fall folgende Umstände ins Gewicht, welche im Ergebnis für eine Rückweisung
sprechen:
a) Die
(hoheitliche) Anordnung der Mitbenützung einer bestehenden Erschliessungsanlage
setzt grundsätzlich voraus, dass die Anforderungen von § 41 Abs. 1 3. Teilsatz
PBG erfüllt sind. Eine solche Mitbenützung stellt an sich im konkreten Fall
eine landsparende Lösung dar, da es sich dabei um die kürzeste Verbindung
zwischen den Baugrundstücken der Beschwerdegegner und der ...strasse handelt.
Das Kriterium der Zumutbarkeit kann hingegen nur dann sachgerecht behandelt
werden, wenn der (maximale) Umfang des in Frage kommenden Eingriffs feststeht.
Diesbezüglich ist die zugrundeliegende Verfügung vom 1. Dezember 1997, wo in
Dispositivziffer 1 von einer Enteignung der «erforderlichen Rechte für die
Strassenerschliessung über das Grundstück A» zugunsten der Überbauung des
Baulandes der Beschwerdegegner die Rede ist, zu unbestimmt. Auch wenn diese
Dispositivziffer ausdrücklich auf die Erwägungen verweist, wird in dieser Verfügung
nirgends klar festgehalten, wie weit der Eingriff auf dem Grundstück des
Beschwerdeführers gehen soll.
b) Zunächst
wird in der genannten Verfügung nicht gesagt, in welchem Umfang und wo genau
Fussweg- und Fahrwegrechte beansprucht werden. In einer Enteignungsverfügung
muss allein schon wegen der Vollstreckbarkeit der Umfang der zu enteignenden
Rechte sowie die konkret beanspruchte Grundstücksfläche zweifelsfrei
feststehen.
aa)
Wie bereits im Präjudiz VGE 600/93 vom 29. September 1993 ausgeführt wurde,
muss dann, wenn das tangierte Grundstück mehr als eine bestehende private
Erschliessungsanlage umfasst, in der Verfügung präzisiert werden, auf welchen
Teil des tangierten Grundstückes sich die zu- gunsten der Grundstücke von
Dritten einzuräumenden Fuss- und Fahrwegrechte beziehen. Eine solche Präzisierung
ist insbesondere dann unabdingbar, wenn die bestehende asphaltierte Strassenfläche
(gehört zu Grundstück C) an der Grenze zwischen A/C endet und auf dem Grundstück
A des Beschwerdeführers in eine wesentlich breitere, mit Rasengittersteinen
bedeckte Fläche übergeht, welche als Parkplatz- und Manövrierareal für eine
stattliche Zahl von Fahrzeugen dient. In Anbetracht dieser bestehenden
Parkplatznutzung ist es unumgänglich, in der Enteignungsverfügung
festzuhalten, welche Fläche von A. konkret mit Fuss- und Fahrwegrechten
belastet wird, und welche Fläche von A. auch inskünftig für Abstellplätze
oder andere Nutzungen zur Verfügung steht. Anzufügen ist, dass im
Erlasszeitpunkt einer Enteignungsverfügung eine approximative (nicht «geometergenaue»)
Festlegung der tangierten Fläche bzw. ein «Circa-Mass» grundsätzlich genügt
(vgl. VGE 659/93 vom 25. März 1994, Erw. 6b, Prot. S. 217 oben). Allerdings
wird es dabei in der Regel zweckmässig sein, die betroffene Grundstücksfläche
zusätzlich in einem (Bestandteil der Enteignungsverfügung bildenden) Plan mit
entsprechender Kolorierung darzustellen.
bb) Im
konkreten Fall fällt zudem ins Gewicht, dass die asphaltierte Zufahrtsstrasse
(gehört zu C) direkt entlang der Westfassade (...) des auf A. liegenden Gebäudes
(...) führt. Diese Fassade enthält im Erdgeschoss vier grosse Tore, welche
einen direkten Zugang auf die Strasse erlauben. Aufgrund der heutigen Situation
weist dieser Strassenabschnitt den Charakter einer Hauszufahrt auf (anlässlich
des verwaltungsgerichtlichen Augenscheines konnten denn auch die Vertreter des
Gemeinderates auf keine Ausnahmebewilligung vom Strassenabstand gemäss § 65
Abs. 2 PBG hinweisen), da zwischen dem genannten Gebäude (auf A.) und dem
Strassenareal (C) kein bzw. ein äusserst geringer Abstand besteht (vgl. auch
Fotos des vorinstanzl. Augenscheins). Ginge man einmal davon aus, die
vorliegende Enteignung sei zu bestätigen, würde die entlang des Gebäudes führende
Strassenfläche den Charakter einer Hauszufahrt verlieren, d.h. diese Fläche würde
hinsichtlich einer Überbauung des Baulandes der Beschwerdegegner im Ergebnis
grundsätzlich zu einer Durchgangsstrasse im Sinne einer «bedeutungsvollen
Privatstrasse» (vgl. dazu EGV-SZ 1991, Nr. 5). Ein freies Passieren der
genannten Tore verträgt sich aber kaum mit einer solchen neben den Toren
verlaufenden Durchgangsstrasse, da diese Tore praktisch keinen Abstand zur
(asphaltierten) Verkehrsfläche aufweisen. Es stellt sich mithin die Frage, ob
allenfalls auch Zugangs- und Zufahrtsrechte (im Bereich der genannten Tore) zu
enteignen sind, um eine «konforme Erschliessung» zu gewährleisten. Anlässlich
des verwaltungsgerichtlichen Augenscheines blieb die Darstellung des Beschwerdeführers
unbestritten, dass das Grundstück A Zugangs- und Zufahrtsrechte (am Grundstück
C) für die erwähnten Tore besitze (...). Wie es sich im einzelnen damit genau
verhält, bildet Gegenstand von weiteren Sachverhaltsabklärungen. Soweit es
sich so verhält, dass der Beschwerdeführer befugt ist, die vier Tore als
Ein-/Ausgänge zu nutzen, wäre es für eine Erschliessung des Baulandes der
Beschwerdegegner via die betreffende Zufahrtsstrasse unerlässlich, aus
Verkehrssicherheitsgründen den freien Zugang durch diese vier Tore wesentlich
einzuschränken, oder gegebenenfalls sogar ganz zu unterbinden. Dies wäre
jedenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn mit erheblichem Verkehr zu rechnen
ist (vgl. dazu noch nachfolgend). Vorbehalten bleibt schliesslich eine
Beurteilung der Strassenabstandsunterschreitung im Sinne von § 65 Abs. 2 PBG im
Rahmen eines allfälligen Baubewilligungsverfahrens (betreffend Überbauung B),
welches auf einer Umwandlung der Hauszufahrt (entlang des Gebäudes) in eine
Zufahrtsstrasse mit Durchgangscharakter (für die Grundstücke B) im Sinne einer
«bedeutungsvollen Privatstrasse» basiert. Vorbehalten bleiben im Übrigen auch
noch die Anforderungen an die Strassenbreite gemäss Art. ... des kommunalen
Strassenreglementes.
Nach
dem Gesagten ergibt sich, dass die von den Vorinstanzen und den
Beschwerdegegnern befürwortete Mitbenützung der bestehenden Zufahrtsstrasse
zur Erschliessung von B. (im Eigentum der Beschwerdegegner) für den Beschwerdeführer
nicht nur einen bestimmten Eingriff im westlichen Bereich von A. (im Bereich der
Rasengittersteine) beinhaltet, sondern zusätzlich in einem Spannungsverhältnis
steht zur (unklaren) Nutzung der vier genannten Tore, welche direkt an die
asphaltierte Fläche anstossen. Soweit aber eine Erschliessung von B. über die
betreffende Zufahrtsstrasse auch eine Einschränkung von Zugangsrechten via die
genannten Tore erfordert, müsste eine solche Massnahme in der Enteignungsverfügung
klar festgehalten werden. Des Weiteren ist eine solche Einschränkung von
Zugangsrechten offenkundig auch für die Frage der Zumutbarkeit von Bedeutung.
c)
Aber auch die Beurteilung der Zumutbarkeitsfrage generell erfordert zusätzliche
Abklärungen. Im Zentrum steht dabei die Frage, mit welchem Verkehrsaufkommen über
das betreffende Strassenstück zu rechnen ist. Das Verkehrsaufkommen ist im
Wesentlichen davon abhängig, wie das betreffende Baulandareal von rund .... m2,
welches der gemischten Zone WG 3 zugeordnet ist, schliesslich überbaut und
genutzt wird.
Das
Institut der Mitbenützung bestehender privater Erschliessungsanlagen im Sinne
von § 41 PBG steht offenkundig im Dienste des an einer gemeinsamen
Erschliessungslösung interessierten und darauf angewiesenen Dritteigentümers.
Von daher ist es seine Sache, klar und substantiiert darzulegen, wofür er
Mitbenützungsrechte benötigt.
Solange
der Dritteigentümer bzw. hier die Beschwerdegegner nicht präzisieren, welche
Bauten auf B. erstellt werden sollen, muss jeweils vom maximal in Frage
kommenden Eingriff (bzw. von dem für den betroffenen Grundeigentümer ungünstigsten
Fall) ausgegangen werden. Vor Verwaltungsgericht brachten die Beschwerdegegner
nicht vor, wie die «dannzumal konkret geplanten Wohnbauten und allenfalls
Gewerbebauten» ausfallen werden (...). Dies bedeutet konkret, dass hier nicht
auf eine reine Wohnnutzung von B. abgestellt werden kann, sondern vielmehr die
maximal mögliche gewerbliche Nutzung mitzuberücksichtigen ist. Überlegungen
der Vorinstanzen zu erheblichem Gewerbeverkehr über die betreffende
Zufahrtsstrasse fehlen vollständig, insbesondere wurde noch nicht diskutiert,
ob ein intensiver gewerblicher Verkehr unmittelbar entlang des auf A. stehenden
Gebäudes zumutbar wäre. Auch von daher ist eine Rückweisung angebracht. Im
Rahmen einer Prima-vista-Beurteilung ist im Übrigen fraglich, ob für ein
Areal, welches bis anhin den Charakter einer Hauszufahrt hatte, eine Umwandlung
in eine Durchgangsstrasse (im Sinne einer «bedeutungsvollen Privatstrasse»)
als zumutbar erachtet werden könnte, falls mit intensivem Verkehr zu rechnen wäre.
Allerdings
bleibt es dem Dritteigentümer unbenommen, sein Begehren um Enteignung von
Mitbenützungsrechten dahingehend zu präzisieren und einzuschränken, dass er
darauf verzichtet, sein Bauland maximal auszunützen (und sich beispielsweise
ausschliesslich auf eine Nutzung mit wesentlich geringerer Verkehrsbelastung
beschränkt). Solange aber ein solcher Verzicht der Dritteigentümer auf eine
maximale Nutzung seines Baulandes mit entsprechend höherer Verkehrsbelastung
nicht feststeht, muss wie erwähnt bei der Beurteilung der Enteignung von Mitbenützungsrechten
und namentlich bei der Frage der Zumutbarkeit vom maximal in Frage kommenden
Eingriff ausgegangen werden.
d) Aus
all diesen Gründen ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur
ergänzenden Sachverhaltsabklärung und Neubeurteilung an die Vorinstanz II zurückzuweisen.
Dabei wird zur Beantwortung der Frage der Zumutbarkeit insbesondere auch näher
zu untersuchen sein, wieviele PWs und LKWs dereinst schätzungsweise bei einer
maximalen Überbauung von B. auf diesem Strassenabschnitt verkehren werden. Erst
wenn dies annäherungsweise ermittelt ist, kann die Frage der Zumutbarkeit
sachgerecht beurteilt werden. Diesbezüglich sind im heutigen Zeitpunkt die
Angaben der Beschwerdegegner einerseits und die vorinstanzlichen Annahmen
anderseits noch viel zu vage, weshalb eine Rückweisung unumgänglich ist. Eine
Rückweisung rechtfertigt sich schliesslich auch deshalb, weil es zumindest in
verfahrensökonomischer Hinsicht wenig Sinn macht, etwas zu enteignen, was später
gar nicht umgesetzt werden kann (vgl. u.a. die vorne in Erwägung 3b/bb angeführten
Vorbehalte betreffend Strassenabstandsunterschreitung, Strassenbreite nach
kommunalem Recht usw.). (...).
(VGE
1055/98 vom 25. Juni 1999).
Enteignungsrecht
– Bei formeller Enteignung ist dann, wenn in der gleichen Gegend die
Gemeinwesen beim freihändigen Erwerb von in der öffentlichen Zone gelegenen
Landflächen regelmässig ein Mehrfaches des landwirtschaftlichen Verkehrswertes
bezahlt haben bzw. weiterhin bezahlen, nicht nur der landwirtschaftliche
Verkehrswert abzugelten.
Aus
den Erwägungen:
2. a)
Nach § 3 Abs. 1 EntG hat der abtretungspflichtige Eigentümer Anspruch auf
volle Entschädigung. Im Beschluss der Schatzungskommission vom 25. August 1997
(Erw. 1) wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass auch ohne diese
kantonalrechtliche Bestimmung Anspruch auf volle Entschädigung besteht, da
dieser Anspruch ausdrücklich in Art. 22ter Abs. 3 der Bundesverfassung (BV)
festgehalten wird. Dies bedeutet, dass der Enteignete nach der Enteignung in der
gleichen ökonomischen Situation sein soll wie vorher, d.h. weder reicher noch
ärmer. Die Entschädigung muss dem durch den Eingriff erlittenen Schaden
entsprechen, die eingetretene Werteinbusse ausgleichen (vgl. G. Müller in
Kommentar BV, Art. 22ter, Rz. 66; EGV-SZ 1989, S. 46, Häfelin/Müller,
Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. A., Zürich 1998, Rz. 1638).
b)
Vorliegend geht es um die Entschädigung für ein Grundstück, welches 1978 der
Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zugewiesen worden war und am 20. Mai
1996 formell enteignet wurde.
Nach
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Entschädigung für Bauland
(Wohn- bzw. Gewerbebauland), welches in die Zone für öffentliche Bauten und
Anlagen einbezogen wird, in zwei Stufen zu berechnen. Hat eine planerische
Massnahme eine materielle Enteignung, insbesondere den Verlust der Baulandqualität
(und zwar als Wohn- bzw. Gewerbebauland) zur Folge, so entsteht mit deren
Inkrafttreten ein Entschädigungsanspruch auf Ersatz des in diesem Moment
verursachten Minderwertes (Stufe I). In diesem Moment verliert das derart
belastete Land seinen vormaligen Wert als Wohn- bzw. Gewerbebauland; es hat nur
noch einen Restwert, der bei nicht überbauten Grundstücken in der Regel dem
landwirtschaftlichen Wert entspricht. Von diesem Zeitpunkt an nimmt das Grundstück
an einer allfälligen Wertsteigerung des privaten Baulandes nicht mehr teil. Der
Restwert, der dem Grundstück nach Inkrafttreten der Eigentumsbeschränkung
verbleibt, macht die Preissteigerung mit, die sich von diesem Zeitpunkt an für
landwirtschaftlichen Boden ergibt (Stufe II; vgl. dazu BGE 114 Ib 122, Erw. 7a;
114 Ib 179/Mitte; 114 Ib 293f., Erw. 5, 2. Abs.; BGE 112 Ib 494f., Erw. 10b mit
weiteren Hinweisen; BGE 97 I 815/816; vgl. auch BVR 1998, S. 153f., Erw. 6a).
Diese
Rechtsprechung findet gemäss BGE 112 Ib 495 (2. Abs.) grundsätzlich auch dann
Anwendung, wenn das der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zugeteilte
Land im Zeitpunkt der Zuweisung noch kein Bauland im enteignungsrechtlichen
Sinne darstellte und mithin in diesem Zeitpunkt gar keine materielle Enteignung
eintrat. In einem solchen Fall entfällt die erste der beiden erwähnten
Enteignungsstufen und verbleibt daher nur noch die formelle Enteignung. Aber
auch hiefür gilt das Prinzip der vollen Entschädigung, welche regelmässig dem
landwirtschaftlichen Bodenwert im betreffenden Zeitpunkt entspricht (vgl. BGE
112 Ib 495 mit Verweis auf BGE 108 Ib 338f.). Allerdings hatte das Bundesgericht
im soeben erwähnten Fall sich nicht darüber auszusprechen, welchen konkreten
Betrag die Entschädigungsansprüche bei formeller Enteignung ausmachen.
c)
Diese soeben dargelegte Rechtsprechung wurde im Beschluss der
Schatzungskommission (S. 5ff.) erwähnt, allerdings unter Hinweis auf Enrico
Riva, Hauptfragen der materiellen Enteignung (Bern 1990, S. 195f.) kritisiert
und in Frage gestellt mit der Begründung, dass das Gemeinwesen mittels der
Einzonung in die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen nicht bloss künftige
Landerwerbe sicherstelle, sondern damit zugleich auch die allfällige spätere
Übernahmeentschädigung tiefhalten könne. Besonders krass erscheine die Begünstigung
des Gemeinwesens, wenn mittels Zuweisung zur Zone für öffentliche Bauten und
Anlagen Land sichergestellt werde, das keine Baulandqualität aufgewiesen habe.
Komme es schliesslich zur Übernahme, bleibe der Umstand, wonach das betreffende
Grundstück in das Baugebiet hineingewachsen sei, für die Entschädigung ohne
Beachtung: abgegolten werde nur der Wert von Nichtbauland. Man stehe vor dem
doch stossend anmutenden Ergebnis, wonach die öffentliche Hand das übernommene
Grundstück zwar zu Bauzwecken verwende und damit dessen Baulandcharakter
anerkenne, dem früheren Eigentümer aber entgegenhalten dürfe, er habe nur
Nichtbauland besessen und müsse allein dafür entschädigt werden (vgl. zit.
Beschluss, S. 6f. mit Verweis auf Riva, a.a.O., S. 195f. und 310ff.).
d)
Dazu drängen sich zunächst folgende Bemerkungen auf. Handelt es sich um Wohn-
oder Gewerbebauland, welches in die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen
einbezogen wird, erweist sich die zweiteilige Entschädigungsbemessung
(einerseits die Differenz zwischen Verkehrs- und Restwert des enteignungsähnlich
getroffenen Objektes im Zeitpunkt der Eigentumsbeschränkung, anderseits der
Verkehrswert des – durch den Eingriff nun bereits in entscheidenden Qualitäten
geschmälerten – Objektes im Zeitpunkt der Schätzung der Enteignungsbehörde,
vgl. Riva, a.a.O., S. 194) als sachgerecht.
Soweit
es aber nicht um rechtskräftig eingezontes Wohn- oder Gewerbebauland geht,
sondern ein bestimmtes Grundstück bei der erstmaligen Schaffung einer
raumplanerischen Grundordnung der öffentlichen Zone zugewiesen wurde, ist darin
noch keine unzulässige Benachteiligung dieses Grundeigentümers zu erblicken
(andernfalls die Schaffung von öffentlichen Zonen gar nicht möglich wäre). In
einem solchen Fall ist der Eigentümer von Land, welches der öffentlichen Zone
zugewiesen wird, in einer ähnlichen Stellung wie der Grundeigentümer, dessen
Land der Landwirtschaftszone zugewiesen wurde. In beiden Fällen ist es dem
Grundeigentümer grundsätzlich verwehrt, sein Land für beliebige Wohn- oder
Gewerbezwecke zu überbauen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass
ein Grundeigentümer grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, dass sein Land
ebenfalls einer Wohn- oder Gewerbebauzone zugewiesen werde, zumal im
Planungsrecht dem Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung nur eine abgeschwächte
Bedeutung zukommt (vgl. statt vieler BGE 121 I 249).
Handelt
es sich beispielsweise um Land, welches zur Fruchtfolgefläche gehört, kommt
nach der konstanten Praxis eine Zuordnung zu einer Bauzone nur in Frage, wenn im
Rahmen einer sorgfältigen Interessenabwägung der Nachweis erbracht wird, dass
die überwiegenden Interessen für eine solche Änderung sprechen, wobei
besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Solche überwiegenden
Interessen können gegebenenfalls Bestrebungen darstellen, eine angemessene und
geordnete wirtschaftliche sowie siedlungsmässige Weiterentwicklung zu
garantieren, z.B. zur Sicherung bestehender und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze
oder zur Gewinnung von neuem Wohnraum bei nachgewiesener Verknappung (vgl. dazu
VGE 697 + 698 + 700/92 vom 22. April
1993, Erw. 4a, Prot. S. 369). Wird nun
Land, das (in der Landwirtschaftszone liegt und) zur Fruchtfolgefläche gehört,
(aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen) der Zone für öffentliche
Bauten und Anlagen zugewiesen, ist im Umstand, wonach dem Grundeigentümer für
dieses bis anhin zur Fruchtfolgefläche gehörenden Landes keine Baulandpreise
abgegolten werden, kein stossendes Ergebnis zu erblicken. An dieser Stelle ist
der Gegenstand der Entschädigung zu erläutern. Zu entschädigen sind die
Nachteile, die dem Enteigneten aus der Entziehung oder Beschränkung seiner
Rechte erwachsen. Es kommt nicht darauf an, welchen Gebrauch der Enteigner vom
betreffenden Land zu machen gedenkt, ob er das ehemalige Landwirtschaftsland mit
öffentlichen Bauten überbaut, das beim Strassenbau freigelegte Kies ausbeutet
oder das Land sonstwie einträglicher nutzt, als es der Enteignete hätte tun können.
Zu entschädigen ist der Rechtsverlust, dem nicht ein adäquater Rechtserwerb
gegenüberstehen muss. Der Enteignete kann aus einer bestimmten Nutzungsmöglichkeit
des Enteigners (und dem sich daraus ergebenden funktionellen Wert) für sich
nichts ableiten, es sei denn, diese Nutzungsmöglichkeit hätte auch ihm offen
gestanden (vgl. Hess/Weibel, Das Enteignungsrecht des Bundes, Bd. I, S. 237, Rz.
9 mit Hinweisen; vgl. auch Hess/Weibel, a.a.O., S. 256, Rz. 62). Mit anderen
Worten kann der private Grundeigentümer, dessen Land bis anhin
landwirtschaftlich genutzt wurde und bei der erstmaligen Schaffung einer
raumplanerischen Grundordnung der öffentlichen Zone zugewiesen wird, sich
grundsätzlich nicht auf die Überbauungsmöglichkeiten der Gemeinwesen berufen,
welche ihm nicht offen stehen. Dafür spricht schliesslich, dass die Durchführung
von öffentlichen Aufgaben, welche die Erstellung von Bauten und Anlagen
erfordern, offenkundig erschwert wird, wenn die Preise für Land in der öffentlichen
Zone «hochgehalten bzw. hochgetrieben» werden. Von daher macht es grundsätzlich
Sinn, durch raumplanerische Massnahmen (rechtzeitig) Flächen für das
Gemeinwesen freizuhalten und auf diesem Wege von den allgemeinen
Bodenpreissteigerungen (für Bauland) auszuklammern. Dies stellt für die
betroffenen Grundeigentümer von Land in der öffentlichen Zone keine unzulässige
Schlechterstellung dar, da auch die Eigentümer von Landwirtschaftsland (welches
an sich für eine Baulandnutzung geeignet wäre, aber aus welchen Gründen auch
immer nicht einer Wohn- oder Gewerbebauzone zugewiesen wurde) von der
allgemeinen Bodenpreisentwicklung für Bauland nicht profitieren können.
e)
(...) Mithin verhält es sich so, dass das betreffende Land vor dem
Einzonungsakt im Jahre 1978 keinen Baulandcharakter hatte und seit diesem
Zeitpunkt objektiv den Wert aufweist, welcher vergleichbaren, in der Zone öBA
liegenden Grundstücken zukommt (auf den Umfang dieses Wertes für in der öffentlichen
Zone liegenden Landes ist nachfolgend zurückzukommen).
f) Zu
beachten ist schliesslich, dass das Bundesgericht die erwähnte
Zweistufentheorie mehrfach bestätigt. Es ist weder ersichtlich, noch wird von
den Beklagten/Widerklägern geltend gemacht, dass das Bundesgericht
zwischenzeitlich von dieser Praxis abgewichen sei. Im Gegenteil stützte sich
das Verwaltungsgericht Bern in einem im April 1998 publizierten Entscheid ausdrücklich
auf die genannte Zweistufentheorie (vgl. BVR 4/1998, S. 153).
3. a)
Allerdings ist im Einklang mit der Schatzungskommission festzuhalten, dass die
Prämisse des Bundesgerichts, wonach der Restwert eines Grundstückes nach der
Zuweisung in die Zone für öffentliche Bauten in der Regel dem
landwirtschaftlichen Wert (gemeint ist der Verkehrswert) entspreche, in der
Realität kaum zutrifft und insofern eine richterliche Fiktion vorliegt. Denn im
Beschluss der Schatzungskommission wurden u.a. Handänderungen im Zusammenhang
mit der Erstellung von Schulhausbauten aufgelistet, bei welchen
Quadratmeterpreise von Fr. 160.– (vgl. zit. Beschluss, S. 9 oben), von Fr.
60.–, Fr. 100.–, Fr. 150.–, Fr. 200.– (vgl. zit. Beschluss, S. 13) usw.
bezahlt wurden (auf diese Angaben ist nachfolgend noch zurückzukommen, vgl.
Erw. 4c).
b) Zu
dieser (beispielhaften, unvollständigen) Zusammenstellung wird von der Klägerin
eingewendet, es handle sich dabei um Grundstücke, welche auf dem Wege des
Freihanderwerbs gekauft werden konnten. Freihanderwerb und Enteignung seien klar
zu trennen. Es gebe gute Gründe, weshalb ein Gemeinwesen beim Freihanderwerb
bereit sei, mehr zu bezahlen, als nach Enteignungsrecht eigentlich nötig wäre,
z.B. zeitliche Dringlichkeit, fehlende Enteignungsmöglichkeit (da Gemeinwesen
z.B. über andere Landreserven verfüge), politische Rücksichtnahmen usw.
(...).
c)
Demgegenüber argumentierten die Beklagten u.a. sinngemäss,
–
dass stets eine volle und gerechte Entschädigung geschuldet sei (...),
–
dass der Anspruch auf volle und gerechte Entschädigung nur erfüllt
werde, wenn zumindest der Verkehrswert vergütet werde,
–
dass der Verkehrswert dem Preis entspreche, der bei freiwilliger Veräusserung
für vergleichbare Grundstücke bezahlt werde,
–
dass bei Vorliegen besonderer Umstände aus Gründen der Rechtsgleichheit
und des Vertrauensschutzes sogar eine höhere Entschädigung geschuldet sei, als
sich normalerweise ergäbe (...),
–
dass der zu entschädigende Verkehrswert anhand von Vergleichspreisen
festzulegen sei, mithin die Vergleichs- oder statistische Methode gelte,
–
und dass nach der Rechtsprechung auch Vergleichspreise aus anderen
Gemeinden beigezogen werden dürften (...).
d) Die
Standpunkte der Parteien klaffen weit auseinander. Folgt man tel quel der
dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung (und mithin der Argumentation der
Klägerin), ist der Wert des enteigneten, in der öffentlichen Zone liegenden
Landes grundsätzlich (i.d.R. bzw. regelmässig) mit dem Verkehrswert von
Landwirtschaftsland gleichzusetzen. Dies ist dann unproblematisch, wenn in der
öffentlichen Zone gelegenes Land effektiv auch im Freihandverkauf in der
Bandbreite des Verkehrswertes für Landwirtschaftsland gehandelt würde. Dies
trifft aber gemäss der im Beschluss der Schatzungskommission enthaltenen
Zusammenstellung offenkundig nicht zu. Es ist nicht zu übersehen, dass die
Beklagten – ausgehend von der erwähnten Zusammenstellung – bei einem
Freihandverkauf ihres in der öffentlichen Zone gelegenen Landes mit einem
Quadratmeterpreis hätten rechnen können, welcher massiv über dem Verkehrswert
für Landwirtschaftsland liegt. Mithin besteht eine erhebliche Diskrepanz
zwischen der erwähnten Zweistufentheorie des Bundesgerichts einerseits (welche
es mit einschliesst, dass der Wert des enteigneten, in der öffentlichen Zone
liegenden Landes i.d.R. dem Verkehrswert von Landwirtschaftsland entspreche),
und der erwähnten lokalen Praxis anderseits, wonach Gemeinwesen beim freihändigen
Erwerb von in der öffentlichen Zone gelegenen Grundstücken regelmässig
wesentlich mehr bezahlen, als der landwirtschaftliche Verkehrswert ausmacht.
Wollte man diese von der Schatzungskommission zu Recht erkannte Diskrepanz
einfach negieren, würde dies auf eine Verletzung des Anspruches auf
Rechtsgleichheit hinauslaufen. Es kann nicht sein, dass das gleiche Land bei der
Abtretung an den gleichen Erwerber im Enteignungsfall nur einen bescheidenen
Wert von beispielsweise Fr. 10.–/m2, bei einer einvernehmlichen Abtretung
(Freihandverkauf) hingegen einen x-fach höheren Wert (z.B. 6- bis 20-mal mehr)
aufwiese. Dies wäre schliesslich auch mit dem Grundsatz der vollen Entschädigung
im Enteignungsfall unvereinbar.
Bei
dieser Sachlage verlangt das fundamentale Gebot der Rechtsgleichheit, dass im
Enteignungsfall jedenfalls dann nicht nur der landwirtschaftliche Verkehrswert
abzugelten ist, wenn die Gemeinwesen in der gleichen Gegend für vergleichbares
Land in der öffentlichen Zone regelmässig ein Vielfaches des
landwirtschaftlichen Verkehrswertes bezahlt haben. Soweit sich im (beschränkten)
Markt für in der öffentlichen Zone gelegenes Land ein feststellbarer
Preisansatz entwickelt hat, welcher massiv über dem jeweiligen
landwirtschaftlichen Verkehrswert liegt, geht es nicht an, dass dieser in der
Rechtswirklichkeit entstandene Mehrpreis im Enteignungsfall völlig ausser
Betracht bleibt. Dies gilt erst recht dann, wenn das gleiche Gemeinwesen in der
gleichen Gemeinde im Jahre 1993 (und somit 3 Jahre vor der hier zu beurteilenden
Enteigung) für den Erwerb von in der öffentlichen Zone liegendem Land (zur
Erstellung ...) tatsächlich ein Vielfaches des landwirtschaftlichen
Verkehrswertes bezahlte. Mit anderen Worten verhält sich ein Gemeinwesen grundsätzlich
widersprüchlich, wenn es einerseits beim freihändigen Erwerb von Land in der
öffentlichen Zone ein Vielfaches des landwirtschaftlichen Verkehrswertes
bezahlt bzw. offeriert, und anderseits – wenn keine Einigung über den Handänderungspreis
zustande kommt – im Enteignungsverfahren argumentiert, diesem gleichen in der
öffentlichen Zone liegenden Landareal komme lediglich der landwirtschaftliche
Verkehrswert zu. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn das Gemeinwesen beim freihändigen
Erwerb etwas mehr offeriert, als es prognostisch im Enteignungsverfahren
mutmasslich zahlen muss. Problematisch wird es, wenn der Unterschied ein
Mehrfaches ausmacht. In einem solchen Fall ist die Diskrepanz als widersprüchliches
Verhalten zu qualifizieren, welches grundsätzlich keinen Rechtsschutz verdient.
e)
Zusammenfassend ist die vorerwähnte Zweistufentheorie dahingehend zu präzisieren,
dass in jenen Fällen, in welchen die erste Stufe entfällt (und mithin keine
Entschädigung für eine materielle Enteignung bezahlt wird), im (formellen)
Enteignungsfall dann nicht nur der landwirtschaftliche Verkehrswert abzugelten
ist, wenn in der gleichen Gegend die Gemeinwesen beim Erwerb von in der öffentlichen
Zone gelegenen Landflächen regelmässig ein Mehrfaches des landwirtschaftlichen
Verkehrswertes bezahlt haben bzw. weiterhin bezahlen. Mit anderen Worten kommt
es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Frage, in einem derartigen
Enteignungsfall die zu entrichtende Entschädigung apodiktisch auf den
landwirtschaftlichen Verkehrswert festzulegen. Dies deckt sich im Ergebnis mit
dem Standpunkt der Schatzungskommission. Für diese Argumentation spricht
ferner, dass das Bundesgericht in den zit. Urteilen lediglich «in der Regel»
bzw. «regelmässig» auf den landwirtschaftlichen Verkehrswert abstellte, was
aber nicht mit «immer» gleichzusetzen ist (vgl. BGE 112 Ib 495, Zeile 5: «in
der Regel», Zeile 30: «regelmässig»; BGE 114 Ib 122, Erw. 7a, Zeile 8: «in
der Regel»). (...)
4. a)
In der Folge ist zu prüfen, welche Vergleichspreise vorliegend heranzuziehen
sind. Die Vergleichsmethode führt i.d.R. nur dann zu überzeugenden Resultaten,
wenn Vergleichspreise in genügender Zahl für Objekte ähnlicher Beschaffenheit
zur Verfügung stehen. An diese Voraussetzungen dürfen jedoch nicht zu hohe
Anforderungen gestellt werden. Dies gilt im Besonderen für den Markt des unüberbauten
Landes in Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen, da dieser naturgemäss
wesentlich kleiner ist als der allgemeine Baulandmarkt. Zum einen erfordert die
Vergleichbarkeit nicht, dass in Bezug auf Lage, Grösse, Erschliessungsgrad usw.
praktisch Identität bestehe. Unterschieden der Vergleichsgrundstücke kann
durch Preiszuschläge oder -abzüge Rechnung getragen werden. Zum andern lässt
sich in der Regel selbst aus vereinzelten Vergleichspreisen auf ein allgemeines
Preisniveau schliessen, sofern die wenigen Angaben sorgfältig geprüft und allfällige
besondere (unübliche) Verhältnisse ausgeschieden werden (vgl. BGE 114 Ib 295f.
Erw. 7 mit Hinweisen; BGE 122 I 173f. Erw. 3a). Wie auch in anderen
Rechtsbereichen ist eine gewisse Schematisierung aus Praktikabilitätsgründen
unumgänglich (vgl. VGE 618/97 vom 15. Dezember 1997, Erw. 6c, publiziert in
StPS 1998, S. 37ff., S. 57).
(...).
(Gesamtgerichtsentscheid
1044 + 1049/97 vom 27. Januar 1999).
Enteignungsrecht
– Zweistufigkeit des Verfahrens (1. Enteignungsverfügung, 2. Festsetzung
der Entschädigung; Erw. 1a).
– Vorzeitige Besitzesergreifung ist erst in der zweiten Verfahrensstufe möglich
(Erw. 1a).
– Eröffnung des Schätzungsverfahrens ist erst zulässig, wenn die erste
Verfahrensstufe (Enteigungsverfügung) rechtskräftig erledigt ist. Der Entzug
der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Enteignungsverfügung genügt
nicht (Erw. 2 a–c).
Aus
den Erwägungen:
1. a)
Das Enteignungsverfahren ist zweistufig. In der ersten Verfahrensstufe wird verfügt,
ob und was enteignet werden darf. Nach Abschluss dieser ersten Stufe schliesst
sich das Entschädigungsverfahren an. Die ganze Gesetzes- und
Verordnungssystematik (EntG [nGS IV 499] und VVEntG [nGS IV 500]) zeigt auf,
dass die Schätzungskommission erst tätig wird, wenn die erste Stufe
abgeschlossen ist (vgl. § 2, § 3bis sowie § 14 und 9 Abs. 1 EntG; VGE 595/89
v. 31.10.1989, lit. D/b, Prot. S. 1038; VGE 826/96 v. 20.2.1997, Erw. 1, Prot.
S. 157; VGE 1043 v. 14.10.1998, Erw. 2a). Das Gericht sieht keine Veranlassung,
von dieser konstanten Rechtsauslegung abzugehen.
Die
vorzeitige Besitzesergreifung kann bewilligt werden, wenn die mutmassliche
Entschädigungssumme hinterlegt oder sichergestellt wird und die erforderlichen
Beweise erhoben sind (§ 3bis Abs. 3 EntG). Über Begehren um vorzeitige
Besitzesergreifung entscheidet die Schätzungskommission. Sie trifft die
notwendigen Massnahmen zur Beweissicherung (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 VVEntG). Die
Möglichkeit der vorzeitigen Besitzesergreifung ist mithin klarerweise in der
zweiten Verfahrensstufe angesiedelt. Nach kantonalem Recht (im Gegensatz zum
Bund: Art. 76 EntG) kommt «eine vorzeitige Besitzesergreifung nur in Frage,
wenn einerseits die erste Verfahrensstufe abgeschlossen ist (und dementsprechend
rechtskräftig entschieden ist, ob und was enteignet werden darf), und
anderseits die mutmassliche Entschädigungssumme hinterlegt oder sichergestellt
ist sowie die erforderlichen Beweise erhoben worden sind» (VGE 1043/98 v.
14.10.1998, Erw. 2a). Offen bleiben kann, ob und inwieweit im Notstandsfall
(z.B. bei einer Naturkatastrophe) von dieser Praxis abzuweichen ist. Eine solche
Situation liegt hier nicht vor.
(...)
2. a)
Die formelle Rechtskraft beendet die Rechtshängigkeit eines Verfahrens (Gygi,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. überarbeitete Auflage, S. 322). Der formell
rechtskräftige Entscheid wird verbindlich und vollstreckbar. Während der Dauer
eines (ordentlichen) Rechtsmittelverfahrens kann somit die formelle Rechtskraft
nicht eintreten, und es liegt wegen der Suspensivwirkung der ordentlichen
Rechtsmittel keine Vollstreckbarkeit vor. Ausnahmsweise können aber auch nicht
formell rechtskräftige Entscheide vollstreckt werden, wenn die aufschiebende
Wirkung entzogen wird oder im Gesetz keine Suspensivwirkung vorgesehen ist (vgl.
Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz über die
Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, N. 3f. zu Art. 114).
b) Die
erste Stufe des Enteignungsverfahrens ist in casu noch rechtshängig
(Verwaltungsbeschwerdeverfahren vor Regierungsrat). Es liegt mit anderen Worten
keine formell rechtskräftige Enteignungsverfügung vor. Die erste
Verfahrensstufe ist somit aufgrund der oben dargelegten Rechtsauslegung noch
nicht abgeschlossen, weshalb zurzeit kein Raum für ein Entschädigungsverfahren
– insbesondere auch für keine vorzeitige Besitzeseinweisung – besteht.
Daran vermag der Umstand, dass der Beschwerde gegen die (nicht formell rechtskräftige)
Enteignungsverfügung durch die Enteignerin die aufschiebende Wirkung entzogen
wurde und eine Wiederherstellung des Suspensiveffektes weder beantragt noch
offenbar von der Rechtsmittelbehörde ex officio angeordnet wurde, nichts zu ändern.
Der strikten Zweiteilung des Enteignungsverfahrens liegen nämlich im
Wesentlichen zwei Überlegungen zu Grunde. Zum einen soll aus verfahrensökonomischen
Gründen nicht vorauseilend ein Verfahrensaufwand getätigt werden, bevor nicht
verbindlich feststeht, ob und was enteignet wird. Selbst dort, wo letztlich eine
Enteignungsverfügung durch die Rechtsmittelinstanzen bestätigt wird, besteht
durchaus die Chance, dass die Entschädigungsfrage gütlich geregelt wird, womit
sich ein verfrühter Verfahrensaufwand als überflüssig herausstellen könnte.
Zum anderen soll – was hier besonders von Bedeutung ist – mit der
Zweiteilung des Verfahrens verhindert werden, dass Tatsachen geschaffen werden,
die bei Nichteintreten der formellen Rechtskraft einer voreilig vollstreckten
Enteignungsverfügung nicht oder nur schwerlich rückgängig zu machen sind. Im
sensiblen Bereich des in die Eigentumsgarantie eingreifenden Enteignungsrechts
dient die Einhaltung der Reihenfolge der Verfahrensschritte mithin nicht einem
blossen Selbstzweck, sondern sie hat die Rechts- und Gesetzmässigkeit des
Enteignungsverfahrens zu gewährleisten. Es kann deshalb nicht angehen, mittels
Entzug der aufschiebenden Wirkung vom vorgezeichneten Verfahrensablauf
abzuweichen. Anders wäre die Ausgangslage, wenn nurmehr ausserordentliche
Rechtsbehelfe (staatsrechtliche Beschwerde, Revisionsverfahren) hängig wären.
Solche Behelfe hindern den Eintritt der formellen Rechtskraft und mithin die
Vollstreckbarkeit nicht. Hier könnte aber allenfalls mittels Begehren um
vorsorgliche Massnahmen (Art. 94 OG; § 63 VRP) die Durchführung der zweiten
Verfahrensstufe in Frage gestellt werden.
c)
Dass ein geordneter Verfahrensablauf erforderlich ist, zeigt im Übrigen gerade
der vorliegende Fall exemplarisch. Es ist das erklärte Ziel der ..., mittels
Entzug der aufschiebenden Wirkung einerseits und dem Begehren um vorzeitige
Besitzeseinweisung anderseits die Überbauung der mit der ...strasse zu
erschliessenden Parzellen schnellstmöglich zu realisieren, zumal «bereits ein
– unter Vorbehalt der strassenmässigen Erschliessung – baureifes und
baubewilligtes Bauprojekt» vorliegt (vgl. ...). Dieses Vorgehen wäre grundsätzlich
dann statthaft, wenn die Enteignungsverfügung in formelle Rechtskraft erwachsen
ist. Wenn jedoch die vorzeitige Besitzeseinweisung, für welche mit der
angefochtenen Verfügung die ersten Vorkehren getroffen werden, ohne formell
rechtskräftige Enteignungsverfügung angeordnet würde, so könnte damit das
Erschliessungserfordernis offenkundig noch nicht erfüllt werden, denn es bedarf
hiefür einer auf Dauer ausgerichteten rechtlichen Sicherstellung der
Erschliessung (§ 37 Abs. 3 PBG; VGE 1009/99 u. 1014/99 v. 15.7.1999, Erw. 6c;
E. Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau, 2. A., S. 397), was bei Fehlen einer
formell rechtskräftigen Enteignungsverfügung aber nicht der Fall ist. Würde
man mit anderen Worten das von der ... gewählte Vorgehen tolerieren, so käme
es einstweilen nur vermeintlich zu einer hinreichenden Erschliessung, deren
Ungenügen der im Enteignungsverfahren nicht involvierten Baubewilligungsbehörde
unter Umständen gar nicht bewusst würde. Die dargelegte Zweiteilung des
Enteignungsverfahren ist mithin gerade im vorliegenden Fall bedeutungsvoll, um
eine koordinierte, in sich logische Rechts- und Verfahrensabwicklung zu gewährleisten.
(VGE
1033/99 vom 16. September 1999).
Vollstreckungsrecht
– § 78 Abs. 1 lit. d VRP. Die tägliche Ordnungsbusse ist eine
administrative Vollstreckungs- bzw. Beugemassnahme. Als «verkappte»
Strafsanktion ist sie nicht zulässig.
Aus
den Erwägungen:
1. a)
Im Verwaltungsverfahren stehen gemäss § 78 Abs. 1 VRP folgende
Vollstreckungsmassnahmen zur Verfügung:
a) die
Schuldbetreibung für Geldzahlungen und Sicherheitsleistungen;
b) die
Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen;
c) der
unmittelbare Zwang gegen den Pflichtigen oder seine Sachen;
d)
Ordnungsbusse für jeden Tag bis zur Erfüllung.
Die
Behörde beachtet bei der Wahl der Vollstreckungsmassnahme den Grundsatz der
Verhältnismässigkeit. Sie kann nötigenfalls polizeiliche Hilfe beanspruchen (§
78 Abs. 4 VRP). Vor Anordnung der in § 78 Abs. 1 Buchstaben b, c und d
bezeichneten Vollstreckungsmassnahmen wird der Pflichtige unter Ansetzung einer
Frist zur Erfüllung aufgefordert, wenn nicht Gefahr in Verzug ist (§ 79 Abs. 1
VRP).
b) Die
Ordnungsbusse beträgt maximal 500 Franken für jeden Tag der Nichterfüllung.
Sie wird von der für die Vollstreckung zuständigen Verwaltungsbehörde nach
Massgabe des öffentlichen Interesses an der Durchsetzung eines Entscheides oder
einer Verfügung und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Pflichtigen
angedroht und festgesetzt (§ 78 Abs. 5 VRP). Die angedrohte Ordnungsbusse für
jeden Tag der Nichterfüllung ist periodisch, längstens in Zeitabständen von
30 Tagen festzusetzen und einzutreiben. Zeigt sich spätestens nach 90 Tagen,
dass ein Fortbestand der Ordnungsbussenandrohung den Pflichtigen nicht zur Erfüllung
anzuhalten vermag, so sind vollstreckbare Entscheide und Verfügungen mittels
Ersatzvornahme oder unmittelbarem Zwang durchzusetzen (§ 79 Abs. 3 VRP).
c) Die
Bestrafung nach Massgabe des Verwaltungsstrafrechts und des Art. 292 des
Strafgesetzbuches bleibt vorbehalten (§ 78 Abs. 3 VRP).
d) Im
erziehungsrätlichen Schulreglement vom 21. Juni 1976 (nGS 618) werden gestützt
auf die Delegationsnorm in § 34 der Volksschulverordnung (nGS 615) u.a. die
Pflichten und Rechte des Schülers umschrieben (§§ 33ff.). § 38 Abs. 2
bestimmt, dass wiederholte unentschuldigte Absenzen dem Schulrat gemeldet
werden, der folgende Massnahmen trifft:
a)
schriftlicher Verweis,
b)
Vorladung der Eltern,
c)
Meldung an die Vormundschaftsbehörde,
d)
Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB.
2. a)
Die Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung wurde erst im Rahmen der
Revision der Verwaltungsrechtspflegeverordnung vom 17. März
1988 eingeführt, und zwar in § 78
Abs. 3 zweiter Satz: «Ordnungsbusse kann für jeden Tag bis zur Erfüllung
angedroht werden.» (vgl. RRB Nr. 1010 v. 23.6.1987: Bericht und Vorlage an den
Kantonsrat; Hinweis auf § 234 Abs. 2 ZPO). Der erste Satz des Absatzes 2
enthielt den Vorbehalt des Verwaltungsstrafrechts und der Ungehorsamsstrafe nach
Art. 292 StGB. Diese textliche Nähe der Ordnungsbusse zum strafrechtlichen
Vorbehalt führte u.a. wohl dazu, dass das Bundesgericht im Urteil vom 3. August
1994 i.S. B. K. die tägliche Ordnungsbusse nicht als administrative Massnahme
(wie eigentlich beabsichtigt), sondern als eigentliche Strafsanktion
betrachtete, welche von den Strafbehörden und nicht von den Verwaltungsbehörden
auszusprechen sei. In RRB Nr. 1215 vom 4. Juli 1995 betreffend «Kantonsratsbeschluss
über die Anpassung kantonaler Rechtspflegeerlasse; Bericht und Vorlage an den
Kantonsrat» führte der Regierungsrat u.a. was folgt aus (S. 19ff.):
«Die
Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung wurde anlässlich der Revision
der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege (VRP) im Jahre 1988 in
Anlehnung an eine analoge Vorschrift in der Zivilprozessordnung vom 25. Oktober
1974 (ZPO, nGS II-211) und damit auch der Zivilprozessordnung des Kantons Zürich
eingeführt. Beabsichtigt war, die Instrumente des Verwaltungszwanges zu stärken.
Die Erfahrungen in den vergangenen Jahren haben nun gezeigt, dass die als
Beugemassnahme vorgesehene Ordnungsbussse für die Durchsetzung rechtskräftiger
Entscheide und Verfügungen sehr wirkungsvoll ist. Die in der Praxis
aufgetretenen Unsicherheiten mit dieser Vollstreckungsmassnahme sind daher zu
beseitigen.
Mit
der Einführung eines neuen Buchstabens d in § 78 Abs. 1 VRP soll klargestellt
werden, dass es sich bei der Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung um
eine Vollstreckungsmassnahme und nicht um eine strafrechtliche Sanktion handelt.
Entsprechend wird der Verweis auf die Ordnungsbusse in § 78 Abs. 3 VRP, in dem
auf das Verwaltungsstrafrecht und auf die Strafbestimmung von Art. 292
(Ungehorsamsstrafe) des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1938
(StGB, SR 311.0) verwiesen wird, gestrichen.
In
einem neuen Absatz 5 wird die Vollstreckungsbehörde sodann mit einer Reihe von
materiellen Kriterien bei der Androhung und Festlegung der Ordnungsbusse
angeleitet. Da es sich bei der Androhung der Ordnungsbusse nicht um eine
strafrechtliche Sanktion handelt, gelten die strafrechtlichen Kriterien für die
Strafzumessung nicht. Die vollstreckungsrechtliche Natur der Ordnungsbusse
schliesst es auch aus, dass eine Umwandlung in Haft vorgenommen werden darf
(Art. 49 Ziff. 3 StGB). Die Verschiedenartigkeit der Sanktion lässt es auch zu,
dass neben der Ordnungsbusse zusätzlich eine strafrechtliche Verzeigung zulässig
ist. Um zu verdeutlichen, dass es sich bei der Ordnungsbusse um keine
eigentliche Strafsanktion handelt, ist der Höchstbetrag auf maximal 500 Franken
für jeden Tag der Nichterfüllung festzusetzen.»
b) Die
Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung gemäss § 78 Abs. 1 lit. d VRP
ist somit eine ausschliessliche Vollstreckungsmassnahme. Sie soll den
Pflichtigen zur persönlichen Erfüllung der ihm auferlegten Pflichten anhalten.
Als mildere Massnahme geht sie in Beachtung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes
der Ersatzvornahme und dem unmittelbaren Zwang vor. Man kann auf sie mangels
Eignung dann verzichten und direkt die Ersatzvornahme oder den unmittelbaren
Zwang androhen und anordnen, wenn im Voraus klar ist, dass sich der Pflichtige
auch durch eine Ordnungsbusse nicht zur Erfüllung seiner Pflichten bewegen lässt.
Gleiches gilt in Fällen zeitlicher Dringlichkeit, wenn nicht klar ist, ob die
Ordnungsbusse sich zur fristgerechten Erfüllung eignet (siehe hiezu M.
Hagenbuch, Kontrolle, Vollstreckung und Vollzug von Verfügungen im Baurecht, in
EGV-SZ 1998, S. 207f.). Die Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung ist
mithin im Vollstreckungsrecht die Vorstufe zur Ersatzvornahme und zum
unmittelbaren Zwang, die aber nur bzw. nur solange in Frage kommt, als sie sich
als Vollstreckungsmassnahme auch eignet. Sie darf nicht eine (verkappte)
strafrechtliche Busse darstellen, worüber die Verwaltungsbehörden nicht
befinden könnten.
3. a)
Vorliegend geht es um die Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht (§§ 25ff.
Volksschulverordnung; §§ 33ff. Schulreglement), von welcher der Schüler ...
mit Sachverfügung vom 30. Juni 1999 für Freitagnachmittag, 2.
Juli 1999, in Abweisung eines entsprechenden Gesuches, nicht dispensiert wurde.
Es handelte sich mithin um eine Negativ-Verfügung mit der Konsequenz, dass
(weiterhin) das galt, was das Gesetz für den Normalfall vorschreibt, nämlich
der Schulbesuch statt der vorzeitige Ferienantritt. Bei dieser Negativ-Verfügung
hätte man es bewenden lassen und im allfälligen (wiederholten)
Nichtbeachtungsfall nach § 38 Abs. 2 Schulreglement vorgehen können (v.a.
Verweis, Vorladung der Eltern). Es war dem Schulrat indes unbenommen, präventiv
auf die Einhaltung seiner ablehnenden Verfügung einzuwirken. Mangels einer im
Schulrecht vorgesehenen Verwaltungsstrafe kam vor allem auch die (in § 38 Abs.
2 lit. d Schulreglement explizit vorgesehene) Androhung der Ungehorsamsstrafe
(Art. 292 StGB) in Betracht. Fraglich erscheint jedoch die Androhung der
Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung.
b) Als
am Mittwoch, 30. Juni 1999, präsidial das Dispensgesuch abgewiesen und die
Ordnungsbusse angedroht wurde, war die Ausgangslage klar und einfach: Entweder
beachtet der Schüler am kommenden Freitagnachmittag die Negativ-Verfügung und
kommt seiner Schulpflicht nach oder eben nicht. Über diesen Freitagnachmittag
hinaus stellte sich die Frage der Pflichterfüllung nicht mehr. Es gab danach
nichts mehr durchzusetzen (zumal ein «Nachsitzen» nie zur Diskussion stand).
Der angedrohten Ordnungsbusse kam bei der hier kurzfristig unbewilligten
kurzzeitigen Schuldispens praktisch keine Beugewirkung zu, wie der konkrete Fall
auch beweist. Gemäss Vernehmlassung des Schulrates hat der Vater des Schülers
sogar bereits vor der Zustellung der ablehnenden Präsidialverfügung vom 30.
Juni 1999, aber in Kenntnis der ihm mündlich dargelegten Rechtslage der Schulpräsidentin
telephonisch mitgeteilt, man werde trotzdem den bereits gebuchten Flug am
Freitagabend antreten. Mit der Androhung der Ordnungsbusse hat man dem
Schulpflichtigen bzw. dessen Eltern somit einfach den «Tarif» bekannt gegeben,
den sie bei Nichteinhaltung der Verfügung zu bezahlen haben werden. Der pönale
Charakter der angedrohten Ordnungsbusse drängte dessen administrativen Zweck,
die Einhaltung der Schulpflicht, dermassen in den Hintergrund, dass –
insbesondere in Berücksichtigung der gesetzgeberischen Vorgeschichte zu dieser
Vollstreckungsmassnahme (siehe oben Erw. 2a) – nicht mehr von einer
Ordnungsbusse im Sinne von § 78 Abs. 1 lit. d VRP gesprochen werden kann. Daran
vermag der Umstand, dass die Sachverfügung mit der unselbständigen
Vollstreckungsandrohung unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, nichts zu ändern.
Es geht nicht an, dass deswegen im Rahmen der Vollstreckungsverfügung «verkappte»
Strafen toleriert werden. Hinzu kommt, dass die Vollstreckungsandrohung im
Zeitpunkt der unbewilligten Schulabsenz mangels Entzuges der aufschiebenden
Wirkung – was hier im Gegensatz zur Dispensabweisung als blosse Negativ-Verfügung
erforderlich gewesen wäre – nicht vollstreckbar war (§ 76 VRP). Nur eine
rechtskräftige bzw. vollstreckbare Vollstreckungsandrohung vermag einerseits
nachhaltig auf die persönliche Pflichterfüllung einzuwirken und anderseits im
Säumnisfall (vgl. § 79 Abs. 1 VRP) die Anordnung der angedrohten
Vollstreckungsmassnahme zu rechtfertigen. Die angefochtene Vollstreckungsverfügung
ist deshalb ersatzlos aufzuheben.
c)
Inwiefern und unter welchen Voraussetzungen die Ordnungsbusse als Beugemassnahme
bei längerfristigen Schulabsenzen zulässig wäre, ist nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens. Sollte der unmittelbare Zwang zum Vorneherein wegfallen
(vgl. Stellungnahme des Erziehungsdepartementes v. 5.11.1999), müsste
insbesondere die Frage, ob die Ordnungsbusse als alleinige
Vollstreckungsmassnahme überhaupt ein zulässiges und geeignetes
Vollstreckungsmittel ist (§ 79 Abs. 3 VRP), einer genaueren Prüfung unterzogen
werden. Wenn der Schüler nicht nur der schulrätlichen, sondern auch der
elterlichen Weisung zuwiderhandelt, würde sich zudem die Frage der Eignung und
der Verhältnismässigkeit der Ordnungsbusse sowie des Verfügungsadressaten in
besonderer Weise stellen.
Nicht
Sache des Gerichtes ist es, sich über das künftige Vorgehen bei
unentschuldigten Schulabsenzen auszusprechen (§ 292 StGB; Erlass einer
verwaltungsstrafrechtlichen Norm etc.).
(VGE
1045/99 vom 23. Dezember 1999).
Arbeitsvergebung
– Einer Beschwerde gegen einen Arbeitsvergebungsentscheid, welcher sich auf
die kantonale Submissionsverordnung (SubmV, nGS IV-494) stützt, kommt (im
Gegensatz zu Art. 17 Abs. 1 der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche
Beschaffungswesen, IVöB, nGS IV-494b) ex lege aufschiebende Wirkung zu (§ 42
Abs. 1 VRP).
– Zeitliche Dringlichkeit rechtfertigt eine Missachtung der aufschiebenden
Wirkung nicht.
Aus
den Erwägungen:
1. Der
Verwaltungsbeschwerde und der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kommt aufschiebende
Wirkung zu, soweit nicht durch Rechtssatz etwas anderes bestimmt wird, und
sofern der Beschwerde nicht ausnahmsweise durch die verfügende Behörde oder
die Rechtsmittelinstanz die aufschiebende Wirkung entzogen wird (§ 42 VRP).
Vorliegend
ist unbestrittenermassen die kantonale Submissionsverordnung anwendbar. Dieser
Rechtserlass schränkt § 42 Abs. 1 VRP (Grundsatz der aufschiebenden Wirkung ex
lege) nicht ein. Gleiches gilt beim Binnenmarktgesetz (BGBM), welches abweichend
von der kantonalen Submissionsverordnung einen Weiterzug des regierungsrätlichen
Beschwerdeentscheides an das Verwaltungsgericht ermöglicht (Art. 9 Abs. 2 BGBM).
Das Binnenmarktgesetz verlangt vom Kanton nicht, vom im kantonalen Recht
verankerten Grundsatz der aufschiebenden Wirkung abzugehen.
Weder
der ... noch der Regierungsrat haben einer allfälligen Beschwerde die
aufschiebende Wirkung entzogen. Ein solches Vorgehen wäre auch, wie die
nachfolgenden Ausführungen belegen, sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Antrag
auf Entzug der aufschiebenden Wirkung ist gegenüber dem Verwaltungsgericht
nicht vorgebracht worden.
Im
vorliegenden Fall kommt mithin die aufschiebende Wirkung uneingeschränkt und ex
lege zum Tragen. Es bedurfte hiefür keiner besonderen Anordnung.
2. a)
Mit der aufschiebenden Wirkung wird die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit einer
Verfügung gehemmt. Sie dient dem umfassenden Rechtsschutz und soll das eigenmächtige
Verändern der Sach- oder Rechtslage bzw. das Schaffen von vollendeten
Tatsachen, das den Entscheid in der Hauptsache vorwegnimmt oder das Rechtsmittel
illusorisch werden lässt, verhindern (Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum
Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, N. 1ff. zu Art.
68).
b) Die
Beschwerdeführerin macht in ihrer Ergänzungseingabe geltend, im
Schweizerischen Baublatt vom ... seien u.a. die Arbeiten betreffend ...
ausgeschrieben, diese Ausschreibung setze die ...planungsarbeiten voraus.
Zwischen Vergabe der Planung und der Ausschreibung der ersten ...arbeiten würden
mindestens zwei Monate verstreichen (Vorprojekt, Projekt, Erstellen der
Ausscheidungspläne für Devisierung). Die ...planungsarbeiten seien demnach spätestens
Anfangs ... vergeben worden, obwohl der Vergabebeschluss nicht rechtskräftig
sei.
c) Die
Behauptung, die ... seien im Schweizer Baublatt vom ... bereits ausgeschrieben,
ist belegt und wird vom ... nicht bestritten. Die Offerten sind bis ...
einzureichen. Die Offertöffnung soll am ... stattfinden. Der ... rechtfertigt
dieses Vorgehen wie folgt:
«Einmal
mehr versucht die BF mit Vermutungen und zusammengebastelten Zeitplänen dem ...
indirekt Willkür vorzuwerfen. Es stimmt so nicht, dass die ...planungsarbeiten,
obwohl die Rechtskraft noch nicht eingetreten ist, bereits vergeben wurden.
Somit wird auch nicht die Arbeit und Verantwortung des Regierungsrates als
Aufsichtsbehörde und erste Beschwerdeinstanz gering geschätzt.
In der
Sorge um die Einhaltung der Termin- und Kostenplanung hat das Architekturbüro Möglichkeiten
ausgelotet, womit der aus dem Beschwerdeverfahren entstehende Schaden durch
geeignete Lösungen gering gehalten werden kann. Unter Punkt 5 der Allgemeinen
Vertragsbedingungen (ARGE- und Losbildungen), die jedem Offertsteller bekannt
sein müssten, hat die Bauherrschaft die Möglichkeit, die Arbeiten in Lose
aufzuteilen. Was bei der Arbeitsausschreibung ohne Bedeutung war, bekommt grosse
Aktualität. Damit wie geplant mit dem Bau im ... begonnen werden kann, ist es
sinnvoll ja dringlich, den Planungsauftrag aufzuteilen. Die Beschwerdegegnerin
... hat auf eigenes Risiko ohne Vertrag oder anderweitigen Beschluss des ... die
bisherigen Planungsarbeiten ausgeführt. Vermutlich tat sie das in der ehrbaren
Absicht, der Bauherrschaft ihr professionelles Denken mit Taten zu
dokumentieren, andererseits durfte sie aufgrund der Ausgangslage eine gewisse
Hoffnung auf den Zuschlag haben.
Sollte
das Verwaltungsgericht die Arbeitsvergabe des ... zur Neubeurteilung zurückweisen,
bestünde die Möglichkeit, die ... und die ... im Sinne der Aufteilung auf ein
2. Los gemäss Punkt 5 der Allgemeinen Vertragsbedingungen jener Firma zu übertragen,
die schlussendlich den rechtskräftigen Zuschlag erhielte. Im Gegensatz zur BF
hat die Vergabebehörde das umfangreichere Interesse wahrzunehmen, es darf ihr
daher nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie alternative Möglichkeiten nutzt,
welche der Sache dienen und dennoch nicht ungesetzlich sind. Die Bauherrschaft käme
ihrem öffentlichen Auftrag nicht nach, würde sie nicht alle Massnahmen prüfen,
die geeignet sind, die termin- und kostengerechte Verwirklichung des Bauwerkes
zu sichern. Insofern ist bereits abzusehen, dass ohne die getroffenen Massnahmen
eine Verzögerung des Baubeginns von 3 Monaten entsteht, die sich zusätzlich
als Folge der Verschiebung des Bauprogrammes im Jahreszyklus um weitere 3 Monate
verlängert. Damit ist der Bezug der ... nicht mehr sichergestellt. Die
steigenden Kosten am Bau werden sich stärker und schneller auswirken, als wenn
der Terminplan eingehalten werden kann. ...»
Das
instruierende Justizdepartement vertritt die Ansicht, es sei nicht zu
beanstanden, dass die Submission fortgesetzt werde. Selbstverständlich sei,
dass keine Werkverträge über Arbeiten abgeschlossen werden dürften, die vom
Ausgang dieses Beschwerdeverfahrens abhängig seien.
d) Der
Standpunkt des ... ist nicht haltbar. Jede Bauherrschaft, die der kantonalen
Submissionsverordnung unterstellt ist, weiss und muss wissen, dass eine
Arbeitsvergebung einer beschwerdeweisen Überprüfung unterzogen werden kann.
Diesem Umstand ist bei der Termin- wie bei der Kostenplanung angemessen
Beachtung zu schenken. Tut dies ein Bauherr nicht, so hat er die daraus
entstehenden Konsequenzen, insbesondere die zeitlichen Verzögerungen infolge
eines Beschwerdeverfahrens, selbst zu verantworten und in Kauf zu nehmen. Die
zeitliche Dringlichkeit vermag jedenfalls die Nichtbeachtung der aufschiebenden
Wirkung nicht zu rechtfertigen, noch grundsätzlich ein Gesuch um Entzug der
aufschiebenden Wirkung zu begründen (betr. direkter Vergabe bei besonderer
Dringlichkeit wegen höherer Gewalt oder zwecks Beseitigung von Gefahren siehe
§ 4 lit. c SubmV).
Unbehelflich
ist, dass der ... offenbar mit der Beschwerdegegnerin förmlich noch keinen
Werkvertrag abgeschlossen und letztere «auf eigenes Risiko hin» die bisherigen
Planungsarbeiten ausgeführt hat. Welche Konsequenzen dieses Vorgehen in der
Rechtsabwicklung zwischen ... und der Beschwerdegegnerin haben wird oder haben könnte,
muss hier nicht beurteilt werden. Für den vorliegenden Fall ist entscheidend,
dass trotz fehlender Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des
Arbeitsvergebungsbeschlusses für die Bauherrschaft Arbeiten, die offenkundig
Bestandteil der umstrittenen Arbeitsvergebung sind (...), verrichtet worden sind
und noch verrichtet werden sollen. Damit wird während des hängigen
Rechtsmittelverfahrens mindestens teilweise ein verpöntes fait accompli
geschaffen. Dies zeigt deutlich die Argumentation des ... mit der Losbildung,
wonach im Fall einer Neubeurteilung einem allenfalls neu obsiegenden
Offertsteller nur das 2. Los (...) zugesprochen werden soll (und dies nachdem in
den Submissionsunterlagen klar festgehalten wurde, eine Aufteilung des Auftrages
sei nicht vorgesehen, und nachdem tatsächlich mit dem hier angefochtenen
Vergabeschluss auch keine Losbildung getroffen wurde). Diesem Verhalten ist in
Beachtung der aufschiebenden Wirkung der von der Beschwerdeführerin
eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerde umgehend Einhalt zu gebieten (d.h.
keine Offertöffnung, Offertanalyse etc.). (...)
(Zwischenbescheid
1048/99 vom 29. Oktober 1999).
Arbeitsvergebung
– Akteneinsichtsrecht nach der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche
Beschaffungswesen (IVöB, nGS IV-494b; Erw. 4–7).
Aus
den Erwägungen:
4. Da
sich die Frage des Akteneinsichtsrechts unter dem Regime der Interkantonalen
Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) dem Gericht zum
erstenmal stellt, ist es angebracht, über die anbegehrte Akteneinsicht in einer
einlässlichen verfahrensleitenden Anordnung zu befinden (§ 8 VRP).
5. a)
Die Umsetzung des GATT/WTO-Übereinkommens auf kantonaler Ebene erfolgt auf der
Basis von Konkordatsrecht, der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche
Beschaffungswesen (IVöB, nGS 494b). Die IVöB ist eine Rahmenordnung, welche
der Umsetzung der Kantone bedarf (Art. 3 IVöB). Sie wird mit Vergaberichtlinien
(VRöB) ergänzt, welche die beitretenden Kantone dem materiellen Inhalt nach in
ihre Ausführungsbestimmungen zu übernehmen haben. Zudem soll das
Konkordatsrecht zwecks Liberalisierung und Harmonisierung des öffentlichen
Beschaffungswesens auch im Rahmen des Gegenrechts unterhalb der
Gatt-Schwellenwerte herangezogen werden können (Galli/Lehmann/Rechsteiner, Das
öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz, S. 23ff., N. 70ff., soweit überblickbar
im Kanton Schwyz zurzeit nicht aktuell).
b) Die
IVöB proklamiert in ihrem Zweckartikel (Art. 1) die gegenseitige Öffnung der
Kantone bei der Vergabe ihrer öffentlichen Aufträge. Sie will die kantonalen
Vergaberegeln durch gemeinsam bestimmte Grundsätze und in Übereinstimmung mit
den internationalen Verpflichtungen der Schweiz harmonisieren. Ihre Ziele sind
insbesondere:
a)
Förderung des wirksamen Wettbewerbs unter den Anbieterinnen und
Anbietern;
b)
Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Anbieterinnen und Anbieter
sowie einer unparteiischen Vergabe;
c)
Sicherstellung der Transparenz der Vergabeverfahren;
d)
wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel.
c) Der
Kanton Schwyz hat die 1995 von der Schweizerischen Bau-, Planungs- und
Umweltschutzdirektorenkonferenz erlassenen Vergaberichtlinien (VRöB) im
Wesentlichen als kantonale Vollzugsverordnung zur IVöB übernommen (nGS 494c;
RRB Nr. 1095 v. 25.6.1996, Erw. 2).
d) Für
den vorliegenden Fall sind somit die allgemeinen Grundsätze für das
Vergabeverfahren gemäss Art. 11 IVöB einzuhalten. Es sind dies:
a)
Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung der Anbieterinnen und Anbieter;
b)
wirksamer Wettbewerb;
c)
Verzicht auf Abgebotsrunden;
d)
Beachtung der Ausstandsregeln;
e)
Beachtung der Arbeitsschutzbestimmungen und der Arbeitsbedingungen;
f)
Gleichbehandlung von Frau und Mann;
g)
Vertraulichkeit von Informationen.
e) Zum
Grundsatz der Vertraulichkeit von Informationen (Art. 11 lit. g IVöB) finden
sich in den Vergaberichtlinien bzw. in der Vollzugsverordnung zur IVöB nur
hinsichtlich der Bekanntgabe des Zuschlages ergänzende Bestimmungen (Art. 30 VRöB,
§ 30 VVzIVöB).
f) Die
Rechtslage nach der kantonalen Submissionsverordnung vom 6. Februar 1976 (SubmV,
nGS 494) und die darauf basierende aktuelle Rechtsprechung ist hinsichtlich des
Akteneinsichtsrechts folgende:
§
14 Abs. 1 SubmV als lex specialis besagt:
1
Von einem Bewerber eingereichte Offertunterlagen dürfen ohne sein Einverständnis
Mitbewerbern nicht zugänglich gemacht werden. In den Rechtsmittelverfahren darf
auf die Bewerbungsunterlagen nur abgestellt werden, wenn vorher den Parteien vom
wesentlichen Inhalt Kenntnis und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden
ist.
Nach
§ 22 der Verwaltungsrechtspflegeordnung (VRP, nGS 225) gilt im Sinne der lex
generalis:
1
Den Parteien steht das Recht auf
Akteneinsicht zu.
3
Wenn die Behörde ein Aktenstück geheimhält, darf sie es als Beweismittel zum
Nachteil einer Partei nur berücksichtigen, wenn diese vom wesentlichen Inhalt
Kenntnis erhalten und Gelegenheit hatte, sich dazu zu äussern.
In
VGE 627/95 v. 17.11.1995 hat das Verwaltungsgericht festgehalten, dass der erste
Satz von Absatz 1 des § 14 SubmV für das Vergebungsverfahren gelte. Im
Rechtsmittelverfahren könne nur auf die Bewerbungsunterlagen abgestellt werden,
wenn vorher den Parteien vom wesentlichen Inhalt Kenntnis und Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben worden sei (§ 14 Abs. 1 Satz 2 SubmV). Bei der Auslegung
von § 14 Abs. 1 SubmV sei zu beachten, dass das Akteneinsichtsrecht durch das
kantonale Verwaltungsverfahrensrecht (§ 22 VRP) und durch die Bundesverfassung
gewährleistet sei (Art. 4 BV). Die in § 14 Abs. 1 SubmV postulierte Beschränkung
des Akteneinsichtsrechts sei in verfassungskonformer Auslegung und Handhabung
eng zu interpretieren. Der Schutz von Privatinteressen (Geschäftsgeheimnisse) könne
es rechtfertigen, dass die Akten nicht vollständig offengelegt werden müssten,
dies allerdings nur, wenn der Schutz der Gegenpartei an einer umfassenden
Orientierung nicht als schutzwürdiger erscheine, was aufgrund einer sorgfältigen
Abwägung einzelfallweise zu beurteilen sei. Gehe das Geheimhaltungsinteresse
vor, so dürfe die Behörde entweder das betreffende Aktenstück selbst auch
nicht beachten, oder sie müsse der Gegenpartei den wesentlichen Inhalt (z.B.
unter Abdeckung der vertraulichen Passagen) bekanntgeben. Nur der Bewerber könne
wissen, welche Passagen als Geschäftsgeheimnisse zu qualifizieren seien
(Kooperationsmaxime, § 19 Abs. 1 VRP). Sache des Gerichtes sei es dann, Bestand
und Gewichtung der konkretisiert und substantiiert geltendgemachten Geschäftsgeheimnisse
im Rahmen der Interessenabwägung vorzunehmen.
g) Die
kantonale Submissionsverordnung ist im vorliegenden Verfahren indes nicht
anzuwenden. Der Kanton Schwyz hat sich bei der Anpassung an übergeordnetes
Submissionsrecht einstweilen für ein «zweigleisiges Vorgehen» entschieden,
damit «für den weitaus überwiegenden Teil der Beschaffungen die vertrauten
Regeln der geltenden Submissionsverordnung weiterhin Anwendung» finden, während
«in den wenigen Fällen, für die das GATT-Übereinkommen gilt», die neuen
Verfahrensregeln zur Anwendung gelangen. Bei der Einleitung des Verfahrens müsse
«die Entscheidung fallen, ob der Beschaffungszug auf das eine oder andere
Geleise» gestellt werde (RRB 1095/96, Erw. 1, 8). Da der Schwellenwert von Fr.
383000.– gemäss Art. 7 lit. b IVöB klarerweise überschritten wird, ist in
casu die IVöB und nicht die kantonale Submissionsverordnung anzuwenden.
6. a)
Vorab ist zu prüfen, ob und inwiefern das Vertraulichkeitsgebot als Grundsatz
des Vergabeverfahrens auch im Rechtsmittelverfahren gilt.
Von
der Systematik her bezieht sich das Vertraulichkeitsgebot klar auf das
Vergabeverfahren (Ziffer IV). Der Rechtsschutz ist unter Ziffer V in den Art.
15–18 IVöB separat geregelt. Darin finden sich Bestimmungen über:
–
die Endgültigkeit des von einer unabhängigen kantonalen Instanz
getroffenen Beschwerdeentscheides (Art. 15 Abs. 1 IVöB),
–
die Beschwerdefrist und Beschwerdeform (Art. 15 Abs. 2 IVöB),
–
die Beschwerdegründe (Art. 16 IVöB),
–
die aufschiebende Wirkung (Art. 17 IVöB),
–
und die Erledigungsmöglichkeiten (Art. 18 IVöB).
Mit
Ausnahme von Art. 16 Abs. 3 IVöB fehlt in Ziffer V ein Verweis auf die Normen
des Vergabeverfahrens. Art. 16 Abs. 3 IVöB bestimmt im Zusammenhang mit den
Beschwerdegründen, dass bei Fehlen kantonaler Ausführungsvorschriften das
Konkordatsrecht direkt geltend gemacht werden kann. Damit wird jedoch das
Vertraulichkeitsgebot nicht zur Verfahrensregel für das Beschwerdeverfahren
erhoben.
Auch
teleologisch macht es durchaus Sinn, wenn Vergabe- und Beschwerdeverfahren
hinsichtlich Vertraulichkeit unterschiedlich geregelt werden. Der Bundesrat hat
in der GATT-Botschaft 2 vom 24. Oktober 1994 zu Art. 26 BoeB (Bundesgesetz über
das öffentliche Beschaffungswesen) im Zusammenhang mit dem anwendbaren Recht für
das Verfahren und den Rechtsschutz zunächst festgestellt, für das
Vergabeverfahren sei das Akteneinsichtsrecht nach Art. 26–28 VwVG bis zum
Ablauf der Beschwerdefrist nach dem Zuschlagsentscheid explizit ausgeschlossen,
und danach überzeugend dargelegt, es sei nicht erwünscht, dass Konkurrenten während
des Beschaffungsentscheides Einsicht in die Entscheidunterlagen nehmen könnten.
Trotzdem sei bezüglich des Vergabeverfahrens Transparenz hergestellt. Gemäss
Artikel 23 Abs. 2 BoeB habe nämlich die Auftraggeberin eine Begründungspflicht
hinsichtlich des gewählten Vergabeverfahrens, der Gründe der Nichtberücksichtigung
einer Anbieterin oder eines Anbieters, der Gründe für die Zuschlagserteilung
sowie des Preises (vgl. auf kantonaler Ebene § 30 VRöB bzw. VVzIVöB). Gestützt
auf diese Informationen werde es einer Anbieterin oder einem Anbieter möglich
sein, zu entscheiden, ob sie oder er Beschwerde führen wolle (BBl. 1994, Band
IV, S. 1196). Diese Überlegungen können ohne weiteres auf das fragliche
Konkordatsrecht übernommen werden, zumal das Vertraulichkeitsgebot in den
Vergabeverfahren auf Bundes- und kantonaler Ebene im Wesentlichen gleich
ausgestaltet ist (Art. 8 Abs. 1 lit. d BoeB; Art. 11 lit. g IVöB; Galli/Lehmann/Rechsteiner
a.a.O., N. 269).
Es ist
mithin davon auszugehen, dass das Vertraulichkeitsgebot gemäss Art. 11 lit. g
IVöB für das Rechtsmittelverfahren nicht gilt, was indes nicht besagt, dass
der Richter dem Vertraulichkeitsaspekt bei der Interessenabwägung nicht gebührend
Rechnung zu tragen hat. Mit dieser Rechtsauslegung wird der Zielkonflikt
zwischen Transparenzgebot (Art. 1 Abs. 2 lit. c IVöB) und Vertraulichkeitsgebot
(Art. 11 lit. g IVöB) sachgerecht entschärft.
b) Für
das Verfahren vor Verwaltungsgericht ist mithin auf § 22 VRP abzustellen,
welche Bestimmung oben unter Erw. 5f) wörtlich zitiert ist. Danach ist die
Akteneinsicht den Parteien grundsätzlich zu gewähren. Sie kann verweigert
werden, wenn schützenswerte private oder öffentliche Interessen die
Geheimhaltung erfordern. Ein geheimgehaltenes Aktenstück darf nur als
Beweismittel zum Nachteil einer Partei berücksichtigt werden, wenn diese vom
wesentlichen Inhalt Kenntnis erhalten und Gelegenheit hatte, sich dazu zu äussern.
Im Einzelfall sind somit in einer Interessenabwägung der verfassungsrechtliche
Anspruch auf rechtliches Gehör sowie der Grundsatz der Transparenz (Art. 1 lit.
c IVöB) dem im Submissionswesen ausgeprägt zu beachtenden
Vertraulichkeitsaspekt gegenüberzustellen.
c)
Diese Regelung entspricht im Wesentlichen derjenigen im eidgenössischen
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG, Art. 26–28), welche für das öffentliche
Beschaffungswesen auf Bundesebene gilt (Art. 26 BoeB; VPB 1997, 61.24 Erw. 3).
Anders
ist die Praxis im Kanton Aargau. Eine Mehrheit des Verwaltungsgerichts Aargau
vertritt mit Entscheid vom 7. Mai 1998 (wiedergegeben in ZBl 99 (1998), S.
527ff.) die Ansicht, der Umfang der einsehbaren Akten sei in § 2
(Vertraulichkeitsgrundsatz) und § 20 Abs. 2 (Akteneinsicht der nicht berücksichtigten
Anbietenden nach erfolgtem Zuschlag) auch für das Rechtsmittelverfahren
abschliessend festgelegt, und insoweit sei kein Raum für die Anwendung der
einschlägigen Bestimmungen des VRPG. Die Verpflichtung der Rechtsmittelinstanz
auf den Untersuchungsgrundsatz und auf «eine eher grosszügige Handhabung von
§ 20 Abs. 2 SubmD» würden im besonderen Kontext des Submissionsverfahrens genügend
Gewähr für eine rechtsstaatliche Rechtsfindung bieten. Eine Minderheit des
Gerichtes stellte sich indes auf den Standpunkt, dass das
Verwaltungsrechtspflegegesetz unter gebührender Berücksichtigung der
submissionsrechtlichen Besonderheiten, insbesondere des
Vertraulichkeitsgrundsatzes, zur Anwendung gelange. Eine Beschränkung der
einsehbaren Akten von vornherein und ohne Interessenabwägung im Einzelfall
erschien der Minderheit als verfassungswidrig.
Im
neuen, seit 1. Januar 1999 in Kraft gesetzten Gesetz über die öffentlichen
Beschaffungen des Kantons Luzern wird in § 25 unter dem Titel «Verfahren und
Rechtsschutz» die Akteneinsicht und das rechtliche Gehör ausdrücklich
geregelt. Danach sind Anbieterinnen berechtigt, in alle Akten, die ihr Angebot
oder ihre Stellung als Anbieterin im Verfahren betreffen, Einsicht zu nehmen.
Konkurrenzangebote können nicht eingesehen werden. Im Beschwerdefall kann die
Richterin oder der Richter die Einsicht in die Aktenstücke verweigern, wenn überwiegende
private oder öffentliche Interessen entgegenstehen. Anbieterinnen können im
Umfang des Akteneinsichtsrechts erhebliche Beweise beibringen oder entsprechende
Anträge stellen und sich zur Sache und zu Beweisergebnissen äussern.
Die
Submissionsverordnung des Kantons Uri vom 11. Dezember 1996 bestimmt in Art. 44,
dass erst im Beschwerdeverfahren das Recht auf Akteneinsicht und auf rechtliches
Gehör bestehe.
Im
Submissionsgesetz des Kantons Solothurn vom 22. September 1996 wird für den
Rechtsschutz das Verwaltungsrechtspflegegesetz als ergänzendes Recht bestimmt (§
37 Abs. 2).
7. In
Anlehnung an die bisherige Praxis sowie unter Berücksichtigung des in der
neueren Submissionsgesetzgebung besonders hervorgehobenen
Vertraulichkeitsgebotes ist bei anbegehrter Akteneinsicht im Beschwerdeverfahren
grundsätzlich wie folgt vorzugehen.
–
Angaben und Unterlagen über im Beschwerdeverfahren nicht beteiligte
Parteien (ausser Offertöffnungsprotokoll und bereinigte Offertpreise mit
Rangfolge) sind geheimzuhalten.
–
Angaben und Unterlagen von und über eine Beschwerdepartei können
derselben auf Antrag hin offengelegt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass
bereits der Auftraggeber den Anbietern die wesentlichen Gründe für ihre
Nichtberücksichtigung zu eröffnen hat (§ 30 Abs. 2 VVzIVöB). Da die
Mitteilungspflicht nur individuell gegenüber den einzelnen Anbietern vollzogen
werden kann, ist dieser vernünftigerweise – wie dies § 30 Abs. 3 VRöB
bereits vorsieht – nur auf Gesuch hin nachzukommen.
–
Angaben und Unterlagen von und über eine im Beschwerdeverfahren
beteiligte Mitkonkurrentin sind – sofern sie mit erheblicher
Wahrscheinlichkeit entscheidrelevant und in der Entscheidbegründung zu
verwenden sein werden – bei deren Einverständnis der Gegenpartei auf Antrag
hin zugänglich zu machen. Bei vorbehaltlos eingereichten Unterlagen wird das
Einverständnis der einreichenden Partei präsumiert.
–
Lehnt eine Partei die Einsichtnahme durch die Gegenpartei in die sie
betreffenden Angaben und Unterlagen ab, so hat sie dem Gericht die
geheimzuhaltenden Angaben und Unterlagen zu bezeichnen sowie ihr
Geheimhaltungsinteresse zu begründen und soweit erforderlich zu belegen.
–
Der mit der Verfahrensinstruktion betraute Richter ordnet im Fall des
fehlenden Einverständnisses aufgrund einer Interessenabwägung an, welche Akten
und allenfalls wieweit diese eingesehen werden können. Dabei hat er u.a. was
folgt zu beachten:
–
Der Richter gewährt die Einsichtnahme in Konkurrenzofferten nur zurückhaltend
(zumal im Lichte des Konkordatsrechts der Problematik des Unterangebotes [Galli/Lehmann/Rechsteiner
a.a.O., N. 476] nicht mehr der gleiche Stellenwert zukommt, wie dies noch bei
der kantonalen Submissionsordnung der Fall ist [§ 18 SubmV]).
–
Was mit erheblicher Wahrscheinlichkeit entscheidrelevant und im Rahmen
der Begründungspflicht offenzulegen sein wird, kann der Gegenpartei grundsätzlich
nicht vorenthalten werden (allenfalls Offenlegung in zusammengefasster,
teilweise abgedeckter Form offenzulegen).
–
Nachteilige Beweismittel im Sinne von § 22 Abs. 3 VRP sind auf das
Submissionsverfahren bezogen solche, die sich für eine Anbieterin unmittelbar
nachteilig auswirken (z.B. nachteilige Angaben über ihre Eignung), nicht jedoch
solche von bloss mittelbarer Auswirkung (z.B. vorteilhafte Angaben über die
Mitkonkurrentin, die den Zuschlag erhielt; Nachweis der Selbstkostendeckung). Es
kann mithin in begründeten Ausnahmefällen auf mittelbar nachteilige
Beweismittel abgestellt werden, ohne dass der wesentliche Inhalt der negativ
betroffenen Partei zur Kenntnis gebracht wird (beispielsweise bei einem
Konstruktionsgeheimnis, welches einen prägnanten Qualitätsvorsprung oder eine
erhebliche Kostenersparnis zu begründen vermag).
–
Bei der Interessenabwägung ist das Gebot der Waffengleichheit zu
beachten. Für eine Aktenoffenlegung spricht im Übrigen, wenn sie ein der
Sachverhaltsermittlung dienliches kontradiktorisches Vorgehen begünstigt.
–
Gegen die Verfahrensanordnung des instruierenden Richters kann beim
Gericht Einsprache erhoben werden (§ 23 Abs. 2 VRP). Nach unbenütztem Ablauf
der Einsprachefrist bzw. Erledigung des Einspracheverfahrens ist die
Akteneinsicht zu vollziehen.
–
Die obgenannten Grundsätze sind im Sinne einer Weiterentwicklung und Präzisierung
der bisherigen Praxis auch bei Verfahren nach der kantonalen
Submissionsverordnung zu beachten.
(Zwischenbescheid
1004 + 1005/99 vom 23. April 1999).
Strassenverkehrsrecht
– Geschwindigkeitsüberschreitung von 16 km/h bei einer signalisierten
Innerortsgeschwindigkeit von 30 km/h; Verwarnung statt Warnungsentzug.
Aus
den Erwägungen:
4.
Nachdem das Vorliegen einer Verkehrsregelverletzung bejaht werden kann, stellt
sich die Frage, ob auch die Voraussetzungen des Verschuldens und der Verkehrsgefährdung
(oder Belästigung anderer) gegeben ist, bzw. bei Bejahung dieser Frage, ob
allenfalls von einem leichten Fall gesprochen und es damit bei einer Verwarnung
belassen werden kann.
a) Bei
den Vorschriften über die Geschwindigkeit handelt es sich um wesentliche
Verkehrsregeln. Sie sind grundlegend für die Gewährleistung der Sicherheit des
Strassenverkehrs. Die Gefahrenlage innerorts unterscheidet sich wesentlich von
der auf der Autobahn. Wie in BGE 121 II 127 E. 4b dargelegt worden ist, stellt
eine übersetzte Geschwindigkeit gerade innerorts eine erhebliche Gefahr dar.
Die Zahl der vom Lenker zu verarbeitenden Reize ist innerorts grösser als
ausserorts und auf der Autobahn, was eine gesteigerte Aufmerksamkeit erfordert.
Zudem sind innerorts viele schwache Verkehrsteilnehmer vorhanden (Fussgänger,
Velofahrer), die – vor allem Kinder und ältere Menschen – einem besonderen
Risiko ausgesetzt sind. Darüber hinaus besteht eine erhöhte Gefahr von
Seitenkollisionen. Welche schwerwiegenden Folgen Geschwindigkeitsübertretungen
innerorts, wo Fahrzeug-Fussgänger-Kollisionen häufig sind, haben können,
zeigen physikalische Berechnungen. (...). In Anbetracht dieser hohen
Gefahrenlage hat das Bundesgericht entschieden, dass bei
Geschwindigkeitsexzessen innerorts eine grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne
von Art. 90 Ziff. 2 SVG bzw. eine schwere Verkehrsgefährdung im Sinne von Art.
16 Abs. 3 lit. a SVG immer anzunehmen ist, wenn der Lenker die Innerortshöchstgeschwindigkeit
um 25 km/h oder mehr überschritten hat (BGE 123 II 40/41; 123 II 113). Bei
einer Überschreitung der allgemeinen Innerortshöchstgeschwindigkeit von 50
km/h um 21 bis 24 km/h ist ohne Prüfung der konkreten Umstände objektiv
zumindest ein mittelschwerer Fall anzunehmen. Es liegt eine erhöhte Gefährdung
mit entsprechendem Verschulden vor, weshalb auch bei günstigen Verhältnissen
nur in Ausnahmefällen von einem Führerausweisentzug abgesehen werden kann (BGE
124 II 97ff. bes. 101f.). Ein Ausnahmefall, bei dem von einem Entzug abgesehen
werden kann, kommt dann in Betracht, wenn der Lenker aus nachvollziehbaren Gründen
gemeint hat, er befinde sich nicht oder nicht mehr im Innerortsbereich. Immer
ist auch das Ausmass von Gefährdung und Verschulden abzuklären und zu
gewichten, damit entschieden werden kann, ob allenfalls ein schwerer Fall (Art.
16 Abs. 3 lit. a SVG) vorliegt und welche Entzugsdauer bei einem mittelschweren
bzw. schweren Fall angemessen ist (BGE 124 II 101; 123 II 41 E. f).
Bei
einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ab 15 km/h ist nach
nicht praktikabler bundesgerichtlicher Rechtsprechung eine Verwarnung
auszusprechen (BGE 121 II 131 m.H.; 123 II 111, wobei dieser letztere Entscheid
im Unterschied zum erstzitierten sich ausdrücklich auf Geschwindigkeitsüberschreitungen
auf Autobahnen bezieht), sofern die (...) Voraussetzungen für einen Entzug
nicht gegeben sind.
b) Das
Bundesgericht hat – soweit ersichtlich – bis anhin die Frage nicht
behandelt, ob bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung bei einer
Innerortssignalisation von 30 km/h von den oben dargelegten Regeln abzuweichen
ist.
Die
vorinstanzlichen Richtlinien für die Administrativmassnahmen im Strassenverkehr
vom Januar 1999 sehen eine Abweichung vor, indem sie festhalten, dass eine
Geschwindigkeitsüberschreitung von 16 bis 19 km/h innerorts bei einer Höchstgeschwindigkeit
von generell 50 oder 60 km/h eine Verwarnung nach sich zieht, demgegenüber bei
einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h oder 40 km/h ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung
von 16 km/h der Führerausweis zu entziehen sei (Ziff. 5, S. 8). Diesen
Richtlinien kommt keine Gesetzeskraft zu, und sie binden das Verwaltungsgericht
nicht (§ 26 VRP).
Für
einen Warnungsentzug bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 16 km/h bei
Tempo 30 spräche der Umstand, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung von über
50% vorliegt und die Fussgänger und Velofahrer in Tempo-30-Zonen eine besondere
Sicherheit und eine besondere Rücksichtnahme der Autofahrer erwarten. Mit den
Tempo-30-Zonen soll denn auch besonderen Schutzbedürfnissen der
Verkehrsteilnehmer Rechnung getragen werden, weshalb die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit
um 16 km/h eine zumindest abstrakte Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer
darstellt. Von der Anordnung einer Massnahme kann daher nicht abgesehen werden.
Andererseits
stellt eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 50% bei Tempo 30 klarerweise eine
weit geringere Gefahr für Dritte dar, als eine Geschwindigkeitsüberschreitung
um 50% bei einer signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Eine
Geschwindigkeitsüberschreitung von 16 km/h im Tempo-30-Bereich schafft grundsätzlich
nicht die gleich grosse Gefahrenlage wie eine Geschwindigkeitsüberschreitung
von 25 km/h im Tempo-50-Bereich.
Des
Weiteren ist zu berücksichtigen, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung um
16 km/h innerorts die unterste Limite dafür ist, dass die Übertretung nicht im
Ordnungsbussenverfahren geahndet wird, sondern eine Verzeigung erfolgt und das
ordentliche Strafverfahren durchzuführen ist (vgl. Ordnungsbussenverordnung,
OBV, Anhang 1, Ziff. 303.1). Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von unter 16
km/h gelangt damit der Administrativbehörde in der Regel gar nicht zur
Kenntnis, sofern der Täter dabei nicht Personen gefährdet oder verletzt,
Sachschaden verursacht oder weitere Widerhandlungen begangen hat (vgl. Art. 2
Ordnungsbussengesetz, OBG).
Die
vorinstanzlichen Richtlinien erscheinen auch insofern, als dass sie bei einer Überschreitung
der Höchstgeschwindigkeit in der Tempo-30-Zone von 15 km/h überhaupt keine
Administrativmassnahme vorsehen, bei einer Überschreitung von 16 km/h jedoch
bereits einen Führerausweisentzug anordnen, als unverhältnismässig und
rechtsungleich. Der Sprung von keiner Massnahme bei einer Überschreitung von 15
km/h direkt zu einem Entzug bei einer Überschreitung von 16 km/h lässt sich
unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit und Rechtsgleichheit nicht begründen.
Dass die Stufe der Verwarnung fehlt, ist zumindest dann nicht gerechtfertigt,
wenn keine erschwerenden Umstände vorliegen wie hohes Verschulden (Vorsatz),
besonders ausgeprägte hohe Gefährdung oder schlechter automobilistischer
Leumund.
(...).
Aus
den dargelegten Gründen erweist sich vorliegend der Entzug des Führerausweises
für einen Monat als ungerechtfertigt, und die angefochtene Verfügung wird
insofern abgeändert, als dass die Anordnung des Führerausweisentzuges
aufgehoben und statt dessen eine Verwarnung im Sinne von Art. 16 Abs. 2 SVG
ausgesprochen wird.
(VGE
800/99 vom 23. April 1999).
Sozialhilferecht
– Sozialhilfe: Schulden können nur ausnahmsweise übernommen werden, wenn
dadurch eine bestehende oder drohende Notlage behoben werden kann.
Aus
den Erwägungen:
3. b)
Gemäss dem in der Sozialhilfe geltenden Bedarfsdeckungsprinzip soll die
Sozialhilfe einer individuellen, konkreten und aktuellen Notlage abhelfen.
Sozialhilfeleistungen sind damit grundsätzlich nur für die Gegenwart (und die
Zukunft, soweit die Notlage anhält) auszurichten, nicht jedoch für die
Vergangenheit. Die Sozialhilfe erstreckt sich grundsätzlich nicht auf bereits
überwundene Notlagen, weshalb ein Hilfeempfänger nicht verlangen kann, dass
ihm Sozialhilfeleistungen rückwirkend ausgerichtet werden, auch wenn die
Voraussetzungen hierfür bestanden hätten (vgl. Wolffers, Grundriss des
Sozialhilferechts, S. 74f.). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht absolut. Die Übernahme
von Schulden ist insbesondere dann geboten, wenn durch deren Nichtbezahlung eine
neue Notlage herbeigeführt würde, welche wiederum nur durch den Einsatz von
Sozialhilfe behoben werden könnte. Die Behörde hat im Weiteren Schulden zu übernehmen,
welche nur deshalb entstanden sind, weil Sozialhilfeleistungen trotz eines
entsprechenden Antrags nicht rechtzeitig ausgerichtet wurden (Wolffers, a.a.O.,
S. 152).
Das
kantonale Sozialhilferecht trägt diesen Grundsätzen Rechnung, indem es in §
17 ShG festhält, dass für Leistungen, die ein Hilfsempfänger von Dritten
erwirkt (Ärzte, Spitäler, Wohnungsvermieter usw.), die Fürsorgebehörde nur
einzustehen hat, soweit sie hiefür im Voraus oder rechtzeitig Gutsprache
geleistet hat (Abs. 2). In dringenden Fällen, namentlich bei plötzlich
eintretender Krankheit oder bei Unglücksfällen, darf die Gutsprache nicht
verweigert werden, wenn die Hilfeleistung nach den Umständen sofort gewährt
werden musste und die Gutsprache verlangt wird, sobald feststeht, dass für die
Hilfeleistung keine andere Kostendeckung erwartet werden kann (Abs. 3). Des
Weiteren wird in § 7 ShV festgehalten, dass wirtschaftliche Hilfe in der Regel
nur für die laufenden Bedürfnisse des Hilfsempfängers gewährt wird. Schulden
können nur ausnahmsweise, insbesondere für Mietzinsen und Krankenkassenprämien,
übernommen werden, wenn dadurch eine bestehende oder drohende Notlage behoben
werden kann. (...).
(VGE
821/99 vom 23. April 1999).
Handänderungssteuer
– Schenkungsbegriff nach § 11 Abs. 2 HStG; teilweise Änderung der
Rechtsprechung.
Aus
den Erwägungen:
3. a)
Nach § 11 Abs. 2 HStG ist auf den Verkehrswert als Handänderungswert
abzustellen, wenn ganz oder teilweise eine Schenkung vorliegt. Daraus ergibt
sich, dass auch bei einer gemischten Schenkung nicht auf den verurkundeten
Kaufpreis, sondern auf den Verkehrswert abzustellen ist. Das HStG umschreibt den
Begriff der Schenkung nicht. Der steuerrechtliche Schenkungsbegriff deckt sich
nicht in jeder Hinsicht mit jenem des Zivilrechts; er kann Besonderheiten
aufweisen, die sich aus dem Zweck des Gesetzes oder aus Gründen der
Praktikabilität ergeben. Beiden Begriffen sind jedoch die Merkmale
–
der Vermögenszuwendung
–
der Unentgeltlichkeit (bzw. bei gemischten Schenkungen der teilweisen
Unentgeltlichkeit. Bei der gemischten Schenkung wird der Preis unter dem Wert
des Veräusserungsgegenstandes angesetzt, um die Differenz dem Erwerber
unentgeltlich zukommen zu lassen; N. P. Vogt, Basler Kommentar, N. 5 zu Art. 239
OR) und
–
des Zuwendungswillens (animus donandi) gemeinsam (BGE 118
I a 500 aa).
b)
Fraglich ist, ob der Zuwendungswille auch nach dem Schenkungsbegriff von § 11
Abs. 2 HStG ein erforderliches Merkmal ist. Die verwaltungsgerichtliche
Rechtsprechung hat sich bisher hiezu wie folgt geäussert:
«Gemäss
verwaltungsgerichtlicher Praxis wird eine gemischte Schenkung vermutet, wenn
zwischen den Vertragspartnern verwandschaftliche oder sonst nahe persönliche
Beziehungen bestehen oder wenn zwischen Übernahmepreis und üblichem
Verkehrswert eine krasse Differenz gegeben ist (VGE 272/75 v. 23.9.1975, E. 3,
Prot. 377; EGV-SZ 1990, S. 105). Somit steht zunächst fest, dass die
Rechtsprechung es nicht als entscheidend erachtet, ob auf Veräusserungsseite
ein Schenkungswille ausgewiesen oder gar ein Schenkungsversprechen öffentlich
verurkundet war. Vielmehr wurde auf eine objektive Betrachtungsweise abgestellt.
An dieser der Steuergerechtigkeit nachlebenden Praxis ist festzuhalten. Der dem
schwyzerischen Handänderungssteuerrecht zugrunde liegende Handänderungswert
ist eine objektive, sich nach dem aktuellen Liegenschaftsmarkt richtende Grösse.
Dies ergibt sich unmissverständlich aus den §§ 8ff. HStG.» (VGE 312/92 v.
21.8.1992, E. 2b, Prot. 326, wiederholt in VGE 349/92 v. 21.12.1992, E. 2b,
Prot. 555 und VGE 714/97 v. 27.11.1997, E. 2b, Prot. 417)
c) Im
bernischen Steuerrecht wurde zur Frage des steuerlichen Schenkungsbegriffs
wiederholt im Zusammenhang mit der Erhebung von Schenkungssteuern Stellung
genommen. Art. 3 Abs. 2 des bernischen Gesetzes über die Erbschafts- und
Schenkungssteuer (ESchG) regelt den Tatbestand der gemischten Schenkung. Er
lautet: «Entgeltliche Rechtsgeschäfte, bei welchen die Leistungen des einen
Teils in einem offenbaren Missverhältnis zur Gegenleistung stehen, werden für
den durch die Gegenleistung nicht gedeckten Wert der Leistung einer Schenkung
gleichgestellt.» Marc F. Suter hielt zu dieser Bestimmung fest, eine
Schenkungsabsicht sei für die Annahme einer Schenkung danach nicht erforderlich
(M. F. Suter, Das neue bernische Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, ZBJV
1989, S. 185). Das bernische Verwaltungsgericht teilte diese Rechtsauffassung,
indem es mit VGE vom 27. Mai 1991 festhielt, auf eine fehlende Schenkungsabsicht
komme es im bernischen Schenkungssteuerrecht gemäss ständiger Rechtsprechung
nicht an. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 EGSchG sei nur das
objektive Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu berücksichtigen (nStPS
1991, S. 147, E. 4a). Diesem Entscheid lag die Handänderung des Hotels
Regina-Blüemlisalp in Wengen zugrunde. Bei einem Kaupfreis von Fr. 4 Mio. und
bei einem steueramtlichen Wert von Fr. 4601720.– wurden die Käufer für einen
steuerpflichtigen Vermögensanfall von Fr. 601720.– mit einer Schenkungssteuer
von Fr. 215688.– besteuert. Eine gegen diesen Entscheid gerichtete
staatsrechtliche Beschwerde wurde vom Bundesgericht mit Urteil vom 11. Dezember
1992 (BGE 118 Ia 497ff.)
gutgeheissen. In der Begründung wird ausgeführt:
«Art. 3 Abs. 2 ESchG regelt den Tatbestand der gemischten Schenkung.
Danach werden entgeltliche Rechtsgeschäfte mit offensichtlichem Missverhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung in Bezug auf die Wertdifferenz einer
Schenkung gleichgestellt. Aus dieser letzten Formulierung abzuleiten, dass bei
solchen zweiseitigen Geschäften eine Schenkungssteuer auch ohne Vorliegen des
Schenkungswillens geschuldet sei, ist unhaltbar. Das fragliche bernische Gesetz
will, wie bereits aus seinem Titel und aus den Umschreibungen in Art. 2 und Art.
3 Abs. 1 ESchG hervorgeht, nur Vermögensanfälle, die eine Schenkung darstellen
oder – trotz eines äusserlich zweiseitigen Leistungsverhältnisses – auf
eine Schenkung hinauslaufen (gemischte Schenkung), nicht aber blosse
Verkehrsvorgänge erfassen. Der steuerrechtliche Schenkungsbegriff braucht zwar,
wie allgemein anerkannt ist, mit jenem des Zivilrechtes nicht übereinzustimmen.
Immerhin muss es sich um ein Rechtsgeschäft handeln, das, wenn nicht im
zivilrechtlichen Sinn, so doch nach dem allgemeinen Wortsinn, noch als Schenkung
bezeichnet werden kann. Eine Auslegung, welche jeden günstigen Kauf (Verkauf)
einer Sache, ungeachtet der konkreten Umstände und des fehlenden
Zuwendungswillens der Beteiligten, allein wegen der Wertdifferenz zwischen den
beidseitigen Leistungen als Schenkung betrachten will, sprengt die durch
Wortlaut und Zweck des Gesetzes gegebenen Schranken. (...)
Allein
aus der Tatsache, dass der Veräusserungspreis unter dem objektiven Verkehrswert
bzw. amtlichen Wert liegt, kann noch nicht auf das Vorliegen eines
Zuwendungswillens geschlossen werden.» (BGE 118 Ia 501f.)
d)
Aufgrund dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung drängt sich eine Änderung
der bisherigen Verwaltungsgerichtspraxis auf, zumal der Wortlaut von § 11 Abs.
2 HStG es (noch) weniger zulässt als Art. 3 Abs. 2 ESchG-BE, auf den
Zuwendungswillen zu verzichten. Somit ist in der Folge zu prüfen, ob aufgrund
der konkreten Umstände zu schliessen ist, dass die Parteien den Kaufpreis
bewusst unter dem Verkehrswert ansetzten, um die Differenz den Erwerbern
unentgeltlich zukommen zu lassen (vgl. N. P. Vogt, a.a.O., N. 5 zu Art. 239).
Dabei ist den objektiven Kriterien stärkeres Gewicht beizumessen als rein
subjektiven Kriterien. Vorliegend sprechen für das Vorliegen eines teilweise
unentgeltlichen Zuwendungswillens:
•
Der massiv unter dem Verkehrswert liegende Verkaufspreis (vgl. hiezu auch
Erwägung Ziff. 4). So darf nach von Büren (OR, Besonderer Teil, 282) eine
gemischte Schenkung gesehen werden im Fall, dass eine Liegenschaft zu einem
Drittel ihres Wertes veräussert wird. Auch aus der Erwägung des
Bundesgerichts, wonach nicht allein wegen der Wertdifferenz zwischen den
beidseitigen Leistungen auf Schenkung erkannt werden dürfe, ist e contrario zu
schliessen, dass eine Wertdifferenz ein Indiz für den Schenkungswillen
darstellt, welches umso stärker zu gewichten ist, je grösser die Wertdifferenz
ist.
•
Die Beschwerdeführer führen als Begründung des tiefen Preises aus, dem
Verkäufer sei daran gelegen, dass auf dem veräusserten Land eine geordnete Überbauung
realisiert werden könne, welche dem lokalen Gewerbe und der Bevölkerung diene.
Die Käufer bzw. deren Aktiengesellschaft (...) gehören dem lokalen Gewerbe an.
Aus diesem Grunde ist im Kaufvertrag auch eine Nachzahlungspflicht von Fr.
80.–/m2 vereinbart worden für den Fall, dass die Käufer die Parzelle oder
Teile davon innert 8 Jahren seit dem Erwerb in unverbautem Zustand an Dritte veräusserten.
Damit kommt zum Ausdruck, dass der Verkaufspreis bewusst unter dem Verkehrswert
angesetzt worden ist und dass sich die Parteien bewusst waren, dass der
Verkehrswert höher liegt. Anders lässt sich die vorerwähnte bedingte
Nachzahlungspflicht nicht erklären.
•
Der Verkäufer veräusserte bereits 1991 in der Gemeinde X. den heutigen
Beschwerdeführern 7170 m2 Gewerbeland zu einem Kaufpreis von Fr. 200.– je m2.
Dies sowie der Preis des am 15.6.1999 veräusserten in der WG-3-Zone gelegenen
Landes zeigt, dass der Verkäufer nicht aus Unerfahrenheit einen tiefen, vom
Verkehrswert stark abweichenden Preis vereinbart hatte.
•
Dass andere Gründe wie die allgemeine wirtschaftliche Lage, Liquiditätsprobleme
des Verkäufers und dergleichen eine Erklärung für den tiefen Preis hergeben,
wird von den Beschwerdeführern nicht geltend gemacht.
Zusammenfassend
ist festzuhalten, dass der Wille zur Vornahme einer gemischten Schenkung
vorliegend als gegeben anzunehmen ist.
(VGE
712 + 713/99 vom 17. Dezember 1999).
Kausalabgaben
– Kanalisationsanschlussgebühren: Neubau
(anstelle eines Altbaus) auf einer bereits angeschlossenen und überbauten
Liegenschaft: als Bemessungsgrundlage für die zusätzliche Anschlussgebühr ist
grundsätzlich die Mehrkubatur heranzuziehen, wenn aktuell der Kubikinhalt des
umbauten Raumes als Bemessungskriterium gilt.
Aus
den Erwägungen:
2. a)
Artikel ... des kommunalen Kanalisationsreglementes (KR) vom (...) sieht vor,
dass die Grundeigentümer für den Bau und Betrieb der öffentlichen
Abwasseranlagen eine einmalige Anschlussgebühr (lit. a) und wiederkehrende Benützungsgebühren
(lit. b) zu entrichten haben. Für bestehende Gebäude und Neubauten (einschliesslich
An- und Umbauten) haben die Grundeigentümer an die Erstellung, den Unterhalt
und die Benützung der Abwasseranlage eine einmalige Anschlussgebühr pro m3
umbauten Raumes zu leisten. (...)
Bei Änderungen
in der Art der Überbauung eines angeschlossenen Grundstückes sowie bei
Wiederaufbau, Totalrenovation usw. sind die Gebühren neu zu berechnen. Die früher
bezahlte Anschlussgebühr ist in Abzug zu bringen. Eine Rückerstattung ist
ausgeschlossen. (...).
c)
Ausgangspunkt bildet die Einmaligkeit der Anschlussgebühr (vgl. Art.... KR, VGE
311/96 vom 29. August 1996, Erw. 2b mit Verweis auf BGE 112 Ia 263, Erw. 5a).
Dem Umstand des bisherigen Anschlusses einer (mit einem abzubrechenden Objekt)
überbauten Liegenschaft wird durch Anrechnung der früher bezahlten
Anschlussgebühr Rechnung getragen. Ob eine neue Überbauung (Neubaute) im
Vergleich zur bisherigen Überbauung (Altbaute) mehr oder weniger Abwasser
produzieren wird, ist nach Art. ... KR nicht massgebend.
3. a)
Die Parteien sind sich grundsätzlich einig, dass der Beschwerdeführer für den
bewilligten Neubau Kanalisationsanschlussgebühren zu bezahlen hat. Streitig ist
indessen die Höhe dieser Kanalisationsanschlussgebühren bzw. vorab, wie die für
die bisherige Überbauung bezahlten Anschlussgebühren anzurechnen sind.
b)
Eine angeschlossene überbaute Liegenschaft kann sich verändern, indem die
bestehende Baute an-, um- oder wiederaufgebaut oder die Liegenschaft gänzlich
oder teilweise neu überbaut wird. In den kommunalen Reglementen werden die
Konsequenzen dieser Sachverhalte unterschiedlich geregelt. Gemeinden, die die
Anschlussgebühr aufgrund von Gebäude- und Bewohnerwerten bestimmen, verlangen
in der Regel eine Nachzahlung bei einer durch bauliche Massnahmen bedingten
Wertsteigerung oder Erhöhung der Bewohnerwerte, wobei diese Gebührenpflicht
erst greift, wenn die Wertsteigerung oder die Erhöhung der Bewohnerwerte einen
bestimmten Prozentsatz übersteigt (vgl. VGE 330/94 vom 5. Okt. 1994, Erw. 2b
mit Hinweisen auf die KR der Gemeinden Lachen, Unteriberg und Oberiberg). In
diesen Fällen sind die Gebühren gemäss den Ansätzen für Neubauten
nachzuzahlen, wobei die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung verlangt, dass
bei der Berechnung der gebührenpflichtigen Wertsteigerung grundsätzlich von
jenem (teuerungsbedingten aufgerechneten) Wert auszugehen ist, für welchen
bereits Anschlussgebühren bezahlt wurden oder bei ordnungsgemässer Veranlagung
hätten bezahlt werden müssen (vgl. VGE 311/96 vom 29. August 1996, Erw. 2b,
Prot. S. 333; VGE 330/94 vom 5. Okt. 1994, Erw. 2b, Prot. S. 398). Die Gebühr
wird somit in solchen Fällen gestützt auf die (durch Erweiterung, Zweckänderung
oder Wiederaufbau erfolgte) Wertsteigerung berechnet (vgl. VGE 705/97 vom 27.
Juni 1997, Erw. 3b, Prot. S. 248, 2. Abs.).
c) In
der Gemeinde ... hatten die Grundeigentümer bei Neubauten nach Art. ... des früheren
Kanalisationsreglementes vom (...) an die Kanalisationen Beiträge im Umfange
von 16‰ des Brand-Assekuranzwertes zu bezahlen (hinzu kamen noch
unterschiedlich hohe Beiträge pro Bewohnerwert an die Abwasserreinigungsanlage,
je nachdem ob die Neubaute mit Abwasserfaulraum, Absetzgruben usw. ausgestattet
war oder nicht, vgl. Art. ... aKR). Für Altbauten, wie sie hier zur Diskussion
stehen, betrug der Ansatz 8‰ des Brand-Assekuranzwertes (Art. ... aKR).
Das
geltende KR enthält eine Methodenänderung (vom Brand-Assekuranzwert) zum
Kubikinhalt des umbauten Raumes (vgl. Art. ... KR). Massgebendes
Bemessungskriterium ist nicht mehr ein bestimmter Gebäudeschätzwert
(Brand-Assekuranzwert), sondern die Kubatur des umbauten Raumes. Dieses heute
geltende Kriterium wird vom Zeitablauf nicht tangiert und bleibt (ausgenommen
bei baulichen Veränderungen) konstant. Der Ansatz pro m3 umbauten Raumes ist
allerdings den Veränderungen des Zürcher Baukostenindexes unterworfen (Art.
... KR).
d) Im
Anschluss daran stellt sich die Frage, wie bei einem solchen Methodenwechsel die
erste, bereits bezahlte Anschlussgebühr bei der Ermittlung der neuen Gebühr
anzurechnen ist. Es fragt sich namentlich, ob bei der Anrechnung die erste Gebühr
teuerungsbedingt anzupassen wäre, oder ob so vorzugehen ist, wie wenn die
erstmalige Gebühr ebenfalls nach Kubaturen berechnet wurde. Für das zuletzt
genannte Vorgehen spricht, dass der Tatbestand für die zusätzliche
Anschlussgebühr unter dem neuen Recht eingetreten ist und das neue Recht die
Anschlussgebühren grundsätzlich nach Kubaturen bemisst. Diese Zusatzgebühr
kann vorliegend ohne weiteres aufgrund des Mehrvolumens ermittelt werden. Analog
zum Mehrwert in den vorgenannten Fällen, in welchen das anwendbare
Kanalisationsreglement auf die (durch Erweiterung, Zweckänderung oder
Wiederaufbau erfolgte) Wertsteigerung abstellt (vgl. oben, Erw. 3b), ist hier
konsequenterweise die Mehrkubatur als Bemessungsgrundlage für die zusätzliche
Anschlussgebühr heranzuziehen. Damit entfällt – im Lichte der Einmaligkeit
der Anschlussgebühr – eine allfällige Teuerung des Gebührenansatzes für
das bisherige, bereits angeschlossene (und abgerechnete) Gebäudevolumen. Die
vom Beschwerdeführer vorgebrachte Nutzungsänderung vom Restaurationsbetrieb
zur Wohnbaute kann vernachlässigt werden, zumal in einem Restaurationsbetrieb
i.d.R. mindestens mit soviel Abwasser zu rechnen ist wie in einer vergleichbar
grossen Wohnbaute (die Mehrkubatur der neuen Wohnbaute ist bei der zusätzlichen
Anschlussgebühr zu berücksichtigen). Für das vorliegende Ergebnis spricht
zudem, dass Art. ... (Nutzungsänderungen bestehender Bauten) ausdrücklich auf
das Mehrvolumen abstellt. Wie vorzugehen wäre, wenn ausnahmsweise die Umbauten
alter, abzureissender Bauten nicht eruierbar sein sollten (Angaben finden sich
z.B. in den Grundstücksteuerschatzungen) ist vorliegend nicht zu beurteilen.
e)
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei einer Neuüberbauung die Gebühren
neu zu berechnen sind. Dabei sind die für die bisherige Überbauung bezahlten
Anschlussgebühren grundsätzlich nach dem folgenden Prinzip bei der Ermittlung
der zusätzlichen Anschlussgebühren zu berücksichtigen.
Kubatur
neues MFH
... m3 (unbestritten)
./.
Kubatur bisheriges Gebäude (nach altem Recht abgerechnet) ... m3 (unbestritten)
Mehrkubatur
(noch nicht abgerechnet)
... m3
Abrechnung
Mehrkubatur: ... à Fr. xx.– (Ansatz für Wohnbauten) = Fr. ... .–
(VGE
708/99 vom 17. Dezember 1999).
Berufliche
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge
– Art. 23 BVG: Leistungspflichtig ist diejenige Vorsorgeeinrichtigung,
welcher der Versicherte bei Eintritt des versicherten Ereignisses (Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat) angeschlossen
war;
– zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität ist ein enger sachlicher
und zeitlicher Zusammenhang nötig; eine invalide Person hat die Erwerbsfähigkeit
nicht wiedererlangt, wenn ein Eingliederungsversuch mehr als 3 Monate dauerte,
aber massgeblich aus sozialen Gründen erfolgte, und es unwahrscheinlich ist,
dass der Versuch zu einer tatsächlichen Eingliederung führt.
Aus
dem Sachverhalt:
Die
Versicherte erlitt 1990 einen Unfall. Damals arbeitete sie im Betrieb A. und war
der Vorsorgeeinrichtung X. angeschlossen. A. kündigte die Stelle per 30. Juni
1991. Im September 1991 trat die Versicherte eine neue Stelle im Betrieb B. an,
worauf sie bei der Vorsorgeeinrichtung Y. aufgenommen wurde. Nach erneuten
gesundheitlichen Problemen setzte die Versicherte Mitte Februar 1992 mit der
Arbeit aus, später wurde die Anstellung per 31. Oktober 1992 beendet. Im Jahre
1994 wurde der Versicherte mit Wirkung ab 1. Februar 1993 eine halbe und im
Jahre 1997 eine ganze IV-Rente der Invalidenversicherung zugesprochen. Nachdem
die Versicherte von der Vorsorgeeinrichtung Y. erfolglos BVG-Leistungen
beantragt hatte, liess sie im Jahre 1998 beim Verwaltungsgericht eine Klage
gegen die Vorsorgeeinrichtung Y. einreichen.
Aus
den Erwägungen:
2. a)
Nach Art. 23 BVG haben Personen Anspruch auf Invalidenleistungen, die im Sinne
der Invalidenversicherung zu mindestens 50% invalid sind und bei Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert
waren. Der Versicherte hat Anspruch auf eine volle Invalidenrente, wenn er im
Sinne der Invalidenversicherung mindestens zu zwei Dritteln, auf eine halbe
Rente, wenn er mindestens zur Hälfte invalid ist (Art. 24 Abs. 1 BVG). Gemäss
Abs. 1 von Art. 26 BVG gelten für den Beginn des Anspruchs auf
Invalidenleistungen sinngemäss die entsprechenden Bestimmungen des
Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (Art. 29 IVG).
b) Die
Invalidenleistungen nach BVG werden von derjenigen Vorsorgeeinrichtung
geschuldet, welcher der Ansprecher bei Eintritt des versicherten Ereignisses
angeschlossen war. Im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge fällt
dieser Zeitpunkt nicht mit dem Eintritt der Invalidität nach IVG, sondern mit
dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zusammen, deren Ursache zur Invalidität
geführt hat (vgl. Art. 23 BVG). Auf diese Weise wird dem Umstand Rechnung
getragen, dass der Versicherte meistens erst nach einer längeren Zeit der
Arbeitsunfähigkeit (nach einer Wartezeit von einem Jahr gemäss Art. 29 Abs. 1
lit. b IVG i.V.m. Art. 26 BVG) invalid wird. Damit nämlich der durch die Zweite
Säule gewährte Schutz einen Sinn hat, muss das Invaliditätsrisiko auch dann
gedeckt sein, wenn es rechtlich gesehen erst nach einer langen Krankheit
eintritt, während welcher der Ansprecher unter Umständen aus dem Arbeitsverhältnis
ausgeschieden ist und daher nicht mehr dem Obligatorium untersteht (vgl. EVGE
vom 24. März 1995, publ. in SZS 1997, S. 460; EVGE vom 12. Mai 1995, Erw. 2b
mit Hinweisen, publ. in SZS 1997, S. 536; BGE 118 V 39f.; vgl. auch
SVR-Rechtsprechung 4/5 1995, Nr. 28, Erw. 2c).
c)
Entsprechend ihrem Zweck kommt der Bestimmung von Art. 23 BVG auch die Funktion
zu, die Haftung mehrerer Vorsorgeeinrichtungen gegeneinander abzugrenzen, wenn
ein in seiner Arbeitsfähigkeit bereits beeinträchtigter Versicherter seine
Arbeitsstelle (und damit auch die Vorsorgeeinrichtung) wechselt und ihm später
eine Rente der Invalidenversicherung zugesprochen wird. Der Anspruch auf
Invalidenleistungen nach Art. 23 BVG entsteht in diesem Fall nicht gegenüber
der neuen Vorsorgeeinrichtung, sondern gegenüber derjenigen, welcher der
Versicherte im Zeitpunkt des Eintritts der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit
angehörte (vgl. EVGE vom 24. März 1995, Erw. 2b, publ. in SZS 1997, S. 461 mit
Verweis auf BGE 120 V 117, Erw. 2c mit Hinweisen, übersetzt in: plädoyer 6/94,
S. 65, rechte Spalte).
d)
Damit die bisherige Vorsorgeeinrichtung zu Leistungen verpflichtet bleibt, ist
indessen nicht nur erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit begann, als der
Betroffene noch ihr angeschlossen war, sondern es ist auch nötig, dass zwischen
dieser Arbeitsunfähigkeit und der Invalidität ein enger sachlicher und
zeitlicher Zusammenhang (eine enge Konnexität) besteht. In sachlicher Hinsicht
liegt ein solcher Zusammenhang vor, wenn der der Invalidität zugrunde liegende
Gesundheitsschaden im Wesentlichen derselbe ist, der zur Arbeitsunfähigkeit geführt
hat. Sodann setzt die Annahme eines engen zeitlichen Zusammenhangs voraus, dass
der Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht während längerer
Zeit wieder arbeitsfähig wurde. Die bisherige Vorsorgeeinrichtung hat nicht für
Rückfälle und Spätfolgen einzustehen, die erst lange nach Wiedererlangung der
vollen Arbeitsfähigkeit eintreten. Anderseits darf nicht bereits eine
Unterbrechung des zeitlichen Zusammenhangs angenommen werden, wenn der
Versicherte bloss für kurze Zeit wieder an die Arbeit zurückgekehrt ist. Die
Frage des zeitlichen Zusammenhanges zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität
darf nach höchstrichterlicher Praxis nicht in schematischer (analoger)
Anwendung der Regeln von Art. 88a Abs. 1 IVV beurteilt werden, wonach eine
anspruchsbeeinflussende Verbesserung der Erwerbsfähigkeit in jedem Fall zu berücksichtigen
ist, wenn sie ohne wesentliche Unterbrechnung drei Monate gedauert hat und
voraussichtlich andauern wird. Zu berücksichtigen sind vielmehr die gesamten
Umstände des konkreten Einzelfalles, namentlich die Art des
Gesundheitsschadens, dessen prognostische Beurteilung durch den Arzt und die
Beweggründe, die den Versicherten zur Wiederaufnahme der Arbeit veranlasst
haben (vgl. EVGE vom 24. März 1995, publ. in SZS 1997, S. 461 mit Verweis auf
BGE 120 V 118, Erw. 2c/bb). Nach der Rechtsprechung des Eidg.
Versicherungsgerichts darf nicht gefolgert werden, eine invalide Person habe die
Erwerbsfähigkeit wiedererlangt, wenn ihr Wiedereingliederungsversuch mehr als
drei Monate dauert, aber massgeblich aus sozialen Gründen erfolgt, und es
unwahrscheinlich ist, dass der Versuch zu einer tatsächlichen Eingliederung führt
(vgl. BGE 120 V 188, Erw. 2c/bb in fine mit Verweis auf BGE 118 V 166, Erw. 4e,
bzw. plädoyer 6/1994, S. 67, 2. Spalte, SZS 1997, S. 461, E 2b in fine).
3. a)
Den vorliegenden Akten ist u.a. zu entnehmen, (...)
b)
Eine Auswertung der medizinischen Unterlagen ergibt, dass bei der Klägerin ein
angeborener, krankhafter Vorzustand an beiden Hüftgelenken (Hüftdysplasie
beidseits mit sekundärer Coxarthrose) besteht, wobei dieses Leiden bereits vor
dem Unfall vom 22. Okt. 1990 manifest wurde (vgl. die Behandlungen von 1987 und
1988). Das Eidg. Versicherungsgericht kam in seinem Urteil vom 17. Januar 1995
(S. 5 oben) im Zusammenhang mit dem im Juli 1992 gemeldeten Rückfall zum
Ergebnis, dass bezüglich der geklagten Hüft- und Rückenbeschwerden der status
quo sine (= derjenige Zustand, wie er sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf
eines krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt
hätte) spätestens im Dezember 1992 erreicht wurde. (...) Dass die Klägerin
damals am 17. Juni 1991 (und mithin in der letzten Phase bei der früheren
Arbeitgeberin) noch erhebliche gesundheitliche Probleme hatte, ergibt sich
eindeutig aus den Angaben des Hausarztes vom 17. Juni 1991 sowie der
Rheumaklinik ... vom 10. Juli 1991 (...), indessen standen diese Beschwerden
einem Abschluss der Leistungen durch die Unfallversicherung nicht im Wege, da
die konsultierten Ärzte das anhaltende Beschwerdebild dem unfallfremden
Vorzustand zuschrieben. Bei dieser Sachlage kann den Bestrebungen der Klägerin,
nach dem Verlust der alten Arbeitsstelle (per 30. Juni 1991) an einer anderen
Stelle eine Eingliederung zu versuchen, welche im Ergebnis vom ...Sept. 1991 bis
...Febr. 1992 dauerte, nicht abgeleitet werden, dass die Klägerin damals die
volle Erwerbsfähigkeit wieder erlangt habe. Denn es ist aktenkundig, dass wegen
zunehmenden Kreuz- und Leistenschmerzen usw. bereits am ...Okt. 1991 und damit
rund 1 Monat nach der Arbeitsaufnahme (am ...Sept. 1991) wieder eine hausärztliche
Behandlung nötig wurde (...). An dieser Stelle ist zu betonen, dass der
Umstand, wonach eine versicherte Person sich um eine berufliche
Wiedereingliederung bemüht, sich nach gefundener Arbeit während der Probezeit
«durchbeisst» und erst im 2. Monat nach Ablauf der Probezeit vor
gesundheitlichen Problemen kapituliert und damit den Eingliederungsversuch
aufgibt, grundsätzlich nicht schlechter gestellt werden darf als eine andere
versicherte Person, welche solche Bestrebungen von Anfang an unterlässt. Von
daher darf aus der Tatsache, dass die Klägerin vom ...Sept. 1991 bis ...Febr.
1992 gearbeitet hat, nicht tel quel eine volle, uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit
abgeleitet werden; vielmehr ist die aktenkundige, schon bald nach
Arbeitsaufnahme erforderlich gewordene ärztliche Behandlung ebenfalls mitzuberücksichtigen.
Des
Weitern ist die Erfahrungstatsache zu berücksichtigen, dass es aufgrund der
herrschenden wirtschaftlichen Verhältnisse viel schwieriger geworden ist, für
gesundheitlich angeschlagene Arbeitnehmer eine geeignete Arbeitsstelle für
einen beruflichen Wiedereinstieg zu finden, zumal wenn die ausbildungsmässigen
Voraussetzungen schlecht sind. Von daher geht es nicht an, Firmen, welche
angeschlagenen Arbeitnehmern eine Chance geben, und zwar auch noch nach Ablauf
der Probezeit (auch wenn die Leistungen allenfalls noch nicht den üblichen
Standard erreichen), durch eine schematische Handhabung des
Wiedereingliederungsversuches schlechterzustellen (in dem Sinne, dass nach
Ablauf von 3 Monaten von einer dauerhaften Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit
auszugehen sei, was dann bewirken würde, dass eine darauf folgende
Invalidenrente von der neuen Vorsorgeeinrichtung geschuldet wäre, statt von der
bisherigen, welcher die versicherte Person angeschlossen war, als die Arbeitsunfähigkeit
– die schliesslich zur Invalidität führte – erstmals eintrat.). Eine
solche schematische Praxis müsste dem im Sozialversicherungssystem herrschenden
Grundsatz «Eingliederung bzw. Eingliederungsversuch vor Rente» zuwiderlaufen;
indem Arbeitgeber schon aus der Verantwortung gegenüber der eigenen
Pensionskasse heraus gehalten wären, solche Arbeitsversuche rasch abzubrechen
oder gesundheitlich Beeinträchtigte gar nicht erst einzustellen. Im konkreten
Fall ist die aus orthopädischen Gründen bewirkte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
eindeutig erstmals mit dem Unfall vom ... 1990 eingetreten. Diese Einschränkung
wurde im Ergebnis bis zum 17. Juni 1991 als unfallbedingt anerkannt, bis zu
diesem Zeitpunkt erbrachte die Unfallversicherung Leistungen. Dass dann die
Unfallversicherung die Leistungspflicht eingestellt hat, hängt wie erwähnt im
Wesentlichen damit zusammen, dass die konsultierten Ärzte (...) lediglich von
einer vorübergehenden traumatischen Aktivierung ausgingen. Dies bedeutet, dass
in Bezug auf die nach dem 17. Juni 1991 andauernden Gesundheitsbeschwerden (...)
von einem schicksalsmässigen progredienten Verlauf des krankhaften Vorzustandes
ausgegangen wurde, bzw. damals angenommen wurde, der status quo sine sei
erreicht. Die damalige Einstellung der Leistungen durch die Unfallversicherung
belegt somit lediglich die von ihr angenommene fehlende Unfallkausalität, nicht
aber, dass die Versicherte damals gesund und uneingeschränkt arbeitsfähig war.
Im Gegenteil erwähnte der Gutachter (...)
u.a., der Verlauf einer derartigen Coxarthrose ist einfach schicksalsmässig
progredient. Die Krankheit führe in vielen Fällen zur Invalidität. Eine
spontane Heilung sei nicht möglich. In vielen Fällen nütze eine konservative
Therapie nichts (vgl. Gutachten ...).
c)
Zusammenfassend ergibt eine Würdigung des vorliegenden Falles, dass unter Abwägung
aller konkreten Umstände die gewichtigeren Argumente für den sinngemässen
Standpunkt der Beklagten sprechen, wonach die Klägerin nach der Einstellung der
unfallbedingten Behandlung sowie der Entlassung im betreffenden Betrieb A. ab
September 1991 im Betrieb B. lediglich einen Arbeitsversuch unternommen hat,
diese Wiedereingliederungsbemühungen im konkreten Fall indessen nicht als
Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit zu qualifizieren sind, auch wenn sie bis
Februar 1992 andauerten. Dafür spricht zum einen die Beurteilung im
MEDAS-Gutachten (...), wo ebenfalls von einem misslungenen Eingliederungsversuch
gesprochen wird. Zum andern ist die Darstellung in der Klageantwort (...)
glaubhaft, dass sich die Klägerin nach der Entlassung in einer finanziellen
Krise befand und mithin aus finanziellen Gründen umgehend eine andere Stelle
suchte. Im Einklang damit steht die Feststellung im MEDAS-Gutachten (...), «noch
an Krücken gehend habe sie Stellen gesucht und sei dabei entsprechend
ausgelacht worden». Was die Frage anbelangt, wie die Chancen für einen
Eingliederungsversuch standen, ist nicht darauf abzustellen, dass ex-post
betrachtet der Eingliederungsversuch gescheitert ist. (...). Beizupflichten ist
schliesslich der Beklagten, dass im konkreten Fall eine materielle und zeitliche
Konnexität gegeben ist, da die für die (spätere) Invalidität bedeutsame
Arbeitsunfähigkeit bereits vor Stellenantritt im Betrieb B. zu Arbeitsunfähigkeit
geführt hatte, welche nur vorübergehend durch den erwähnten Arbeitsversuch
unterbrochen worden war.
d) Aus
all diesen Gründen ist festzuhalten, dass nicht die Beklagte, sondern die
beigeladene (frühere) Vorsorgeeinrichtung leistungspflichtig ist. Was die Frage
anbelangt, wann welche Leistungen der früheren Vorsorgeeinrichtung geschuldet
sind, sind noch ergänzende Abklärungen erforderlich. (...)
(Teilurteil
14/98 vom 14. Juli 1999; in der Folge hat die Vorsorgeeinrichtung X. die
konkreten BVG-Leistungen ermittelt und zugesprochen, worauf das noch hängige
Teilverfahren infolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben werden konnte.)
Ergänzungsleistungen
– Bemessung des Anspruchs von Ordensangehörigen auf Ergänzungsleistungen
Aus
den Erwägungen:
2.
(...). Bei in Heimen lebenden Personen zählt die Tagestaxe des Heimes bzw.
Spitals zu den anrechenbaren Ausgaben. Unter einem Heim ist mithin eine
Institution zu verstehen, welche alten oder invaliden Menschen gegen Entgelt
Kost, Logis und (soweit erforderlich) Pflege gewährt. Die Beschwerdeführerin hält
sich nicht in einem spezifischen Alters- und Pflegeheim auf, sondern in einem
Kinderheim. Soweit ersichtlich ist sie die einzige pflegebedürftige alte
Person, die sich dort aufhält, und sie hat keine Tagestaxe zu entrichten,
sondern Kost und Logis wird ihr vom Kinderheim, welches ihrem Orden gehört, gewährt.
Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführerin eine maximale
Hilflosenentschädigung ausgerichtet wird, ist als erstellt anzunehmen, das sie
in schwerem Masse hilflos und dementsprechend pflegebedürftig ist. Gepflegt
wird die Beschwerdeführerin (neben der Spitex) von ihrer im Kinderheim
weilenden Mitschwester.
3.
Rechtsprechung und Lehre stellten sich früher auf den Standpunkt, dass
Mitglieder religiöser Gemeinschaften, für deren Unterhalt die Gemeinschaft
aufzukommen hat, grundsätzlich keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen
besitzen. Der Unterhaltsanspruch der Versicherten gegenüber der Gemeinschaft
beruhe auf einer Vereinbarung, die in Bezug auf ihre Wirkungen einem Verpfründungsvertrag
sehr ähnlich sei. Ausser der beim Eintritt ins Kloster eingebrachten Mitgift
stellten die Ordensmitglieder ihre ganze Arbeitskraft in den Dienst der
Gemeinschaft, die ihnen als Gegenleistung für das ganze Leben den vollen
Unterhalt zusichere (vgl. BGE 97 V 112 E. 2; ZAK 1967, 190 E. 2 = EVGE 1967, 53
E. 2b; EVGE 1968, 125 E. 2; ZAK 1974, 305; A. Rumo-Jungo, Rechtsprechung des
Bundesgerichts zum ELG, S. 30ff.). Analog zu Art. 3 Abs. 1 lit. d ELG (heute
Art. 3c Abs. 1 lit. e) wurden dementsprechend die Leistungen, welche die
Ordensgemeinschaft zu erbringen hatte, als Einkommen aufgerechnet.
Die
generelle Verweigerung von Ergänzungsleistungen gegenüber Ordensangehörigen
wurde im Zuge der umfassenden ELG-Revision vom 4. Oktober 1985, welche eine beträchtliche
Leistungsverbesserung brachte für die Vergütung der hohen Kosten, welche durch
Krankheit, Pflege und Heimaufenthalt entstehen, durch die Praxis fallen
gelassen. Es gilt nunmehr gemäss der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen
(WEL) folgende Praxis: Leistungen für den Lebensunterhalt, die Mitgliedern
religiöser oder wohltätiger Gemeinschaften gemäss Vertrag, Statuten,
Ordensregeln als Gegenleistung für die zugunsten der Gemeinschaft geleistete
Arbeit oder für eingebrachtes Gut gewährt werden, sind als Leistungen aus
verpfründungsähnlichen Vereinbarungen zu betrachten und als anrechenbare
Einnahmen aufzurechnen (WEL, Rz. 2122). Bei Pflegefällen von Ordensangehörigen
gelten indessen gemäss WEL Sonderregeln: So kann gemäss Rz. 4022 bei pflegebedürftigen
Ordensangehörigen, denen eine Hilflosenentschädigung schweren Grades der AHV
oder IV ausgerichtet wird, eine vereinfachte Heimberechnung nach den folgenden
Grundsätzen vorgenommen werden.
a) Zu
den anerkannten Ausgaben:
•
Es kann einzig eine Tagestaxe berücksichtigt werden. Weitere Ausgaben
(z.B. Betrag für persönliche Auslagen) können nicht beachtet werden, weil dafür
weiterhin die Ordensgemeinschaft aufzukommen hat. Ebenso wenig können
Krankheits- und Behinderungskosten vergütet werden (WEL, Rz. 4023).
•
Hält sich die pflegebedürftige Ordensangehörige in einem Heim auf, das
nicht der Gemeinschaft gehört oder nicht in einem engen Verhältnis zu ihr
steht, ist für die EL-Berechnung die Tagestaxe unter Beachtung einer allfälligen
kantonalen Begrenzung massgebend (WEL, Rz. 4024).
•
Wird die Ordensangehörige innerhalb der Gemeinschaft gepflegt, dann ist
als Tagestaxe der um 75 Prozent erhöhte Höchstbetrag der Tagestaxe, die im
betreffenden Kanton für Altersheime gilt, für die EL-Berechnung massgebend (WEL,
Rz. 4025). Im Kanton Schwyz ist gemäss § 2 Abs. 3 der Verordnung zur übergangsrechtlichen
Änderung des ELG vom 16. Dezember 1997 (Amtsblatt Nr. 1 vom 2. Januar 1998, S.
4) dieser Höchstbetrag auf 200 Prozent des massgebenden Betrages für den
allgemeinen Lebensbedarf für Alleinstehende festgesetzt worden, wobei dieser
Betrag für Alleinstehende um 800 Franken erhöht wird. Dies ergibt für 1998
eine Tagestaxe von 94 Franken. Mithin beläuft sich der um 75% erhöhte Betrag
gemäss Rz. 4025 WEL auf Fr. 164.50 (175% von Fr. 94.–). Die Anwendung von Rz.
4025 setzt nicht den Aufenthalt in einem eigentlichen Ordenspflegeheim oder
Ordensspital voraus, sondern es genügt, wie es der Text von Rz. 4025 sagt, die
Pflege innerhalb der Gemeinschaft; immer natürlich unter der Voraussetzung der
schweren Pflegebedürftigkeit und der Zusprache einer Hilflosenentschädigung
gemäss Rz. 4022 WEL. Die Beschwerdeführerin wird in einer Institution des
Ordens durch eine Mitschwester (...) rund um die Uhr unter Mithilfe der Spitex
gepflegt. Dieser Sachverhalt kann unter die Pflege innerhalb der
Ordensgemeinschaft gemäss WEL, Rz. 4025 subsumiert werden (gleiche Meinung Chef
Sektion Ergänzungsleistungen und Altersfragen BSV, Aktennotiz v. 2.2.1999).
b) Zu
den anrechenbaren Einnahmen
•
Als Einnahmen werden alle Einkünfte der pflegebedürftigen Ordensangehörigen
berücksichtigt (WEL, Rz. 4026).
•
Wird die Ordensangehörige innerhalb der Gemeinschaft gepflegt, ist die
Hilflosenentschädigung in jedem Fall als Einnahme aufzurechnen (WEL, Rz. 4027
i.V. mit Rz. 4014).
•
Als Leistung aus verpfründungsähnlicher Vereinbarung ist der Betrag des
allgemeinen Lebensbedarfs für Alleinstehende in die Berechnung einzusetzen (WEL,
Rz. 4028).
(VGE
92/98 vom 10. Februar 1999).
Familienzulagen
– Als Ausbildung im Sinne von § 5 lit. a Vollzugsverordnung über die
Familienzulagen (nGS III-368) kann abgesehen von einer anerkannten Berufslehre
oder Anlehre im Sinne des Bundesgesetzes über die Berufsbildung (BBG, SR
412.10) auch eine private berufliche Ausbildung gelten (in casu private
Coiffeurschule).
Aus
den Erwägungen:
1. a)
Arbeitnehmer, die bei Arbeitgebern im Kanton Schwyz arbeiten, haben Anspruch auf
Kinderzulagen für jedes ihrer Kinder bis zu dessen vollendetem 16. Altersjahr.
Der Anspruch wird verlängert für ledige Kinder mit Wohnsitz oder gewöhnlichem
Aufenthalt in der Schweiz, die sich in Ausbildung befinden, bis diese
ordentlicherweise abgeschlossen werden kann, längstens jedoch bis zum
vollendeten 25. Altersjahr (vgl. § 6 Gesetz über die Familienzulagen, FZG, nGS
365). Der mit dem Vollzug des Gesetzes beauftragte Regierungsrat (vgl. § 35
Abs. 3 FZG) hat in § 5 der Vollzugsverordnung über die Familienzulagen (FZV,
nGS 368) mit dem Marginale: «Kinder in Ausbildung mit Wohnsitz in der Schweiz»
den Begriff Ausbildung wie folgt umschrieben:
«1.
Als Ausbildung, die nachzuweisen ist, gilt insbesondere:
a)
die Absolvierung einer anerkannten Berufslehre oder Anlehre;
b)
der Besuch einer Mittel-, Fortbildungs- oder Berufsschule, einer höheren
Lehranstalt oder einer Hochschule;
c)
die Absolvierung eines mindestens einen Monat dauernden Volontariates
oder Praktikums, wenn das Arbeitsentgelt die Hälfte des branchenüblichen
Anfangslohnes nicht erreicht und die schulische Ausbildung während der Woche
mindestens acht Unterichtsstunden beansprucht.»
b)
Vorerst stellt sich die Frage, ob die Tochter des Beschwerdeführers während
derjenigen Zeit, als sie die private Coiffeurfachschule besuchte, als in
Ausbildung befindlich im Sinne der Familienzulagengesetzgebung zu bezeichnen
ist. Nur wenn dies zu verneinen ist (Auffassung der Vorinstanz), stellt sich die
Frage, ob aufgrund des Vertrauensschutzprinzips oder aus andern Gründen auf die
Rückforderung der Kinderzulagen zu verzichten ist. § 6 Abs. 4 FZG verlangt als
Anspruchsvoraussetzung für über 16-jährige Kinder, dass diese sich in
Ausbildung befinden, ohne den Begriff «in Ausbildung» näher zu umschreiben.
§ 5 Abs. 1 FZV enthält sodann eine Enumeration von Ausbildungen, welche
Anspruch auf Kinderzulagen auslösen, wobei diese Aufzählung nicht
abschliessend ist (vgl. den Terminus insbesondere). Gemäss Art. 1 des
Ausbildungsvertrages ist die ...Coiffeurschule «eine auf privater Basis geführte
Fachschule des Damen- und Herrencoiffeurgewerbes. Sie vermittelt ihren Schülern
durch bestausgewiesene Fachkräfte Unterricht in theoretischer und praktischer
Berufskunde sowie Allgemeinbildung und gewährleistet ihnen bei erfolgreichem
Abschluss des ganzen Kurses die Fähigkeit zu selbständiger und fachkundiger
Berufsausbildung». Gemäss diesem Vertrag wird somit eine Grundausbildung auf
einem handwerklichen Beruf vermittelt. Es handelt sich indessen, was zwischen
den Parteien unbestritten ist, nicht um eine anerkannte Berufslehre oder Anlehre
im Sinne des Bundesgesetzes über die Berufsbildung (BBG, SR 412.10). So wurde
der Ausbildungsvertrag nicht durch die kantonale Behörde genehmigt (Art. 20
BBG), die Schule und die Schüler unterstehen keiner staatlichen
Lernzielkontrolle in Form einer staatlichen Lehrabschlussprüfung, die Tochter
des Beschwerdeführers hat keine staatliche oder eidgenössisch anerkannte
Berufsschule besucht, es besteht keine staatliche Aufsicht über die private
Schule usw. Die Tochter des Beschwerdeführers hat auch nicht die staatliche
Lehrabschlussprüfung gemäss Art. 41 Abs. 2 BBG gemacht. Mithin fällt die
Ausbildung nicht unter den Begriff einer anerkannten Berufslehre im Sinne von §
5 FZV. Damit ist allerdings die Frage noch nicht beantwortet, ob § 5 Abs. 1 der
FZV nicht eine zu rigorose Einschränkung des gesetzlichen Begriffs in
Ausbildung befindlich enthält oder ob die nicht anerkannte Berufslehre aufgrund
der nicht abschliessenden Enumeration in § 5 FZV dennoch als Ausbildung nach
der Vollzugsverordnung zu gelten hat. Letzteres ist zu verneinen; denn das Prädikat
anerkannte Berufslehre oder Anlehre würde keinen Sinn machen, wenn auch die
nichtanerkannte Berufslehre darunter fallen würde.
Sinn
der Familienzulagen im Allgemeinen und der Kinder- und Ausbildungszulagen (das
schwyzerische Recht verwendet lediglich den Begriff der Kinderzulagen) ist es,
die Entlöhnung nach dem Leistungsprinzip durch eine Entlöhnung nach dem
Bedarfsprinzip zu ergänzen. Demjenigen Arbeitnehmer, der familiäre
Unterhaltspflichten zu erbringen hat, soll die Befriedigung dieses
Unterhaltsbedarfs durch die Familienzulagen erleichtert werden (vgl. A. Zünd,
Familienzulagen und Familienausgleichskassen der privaten Wirtschaft, Diss.
1955, S. 18ff.). Um Missbräuche zu verhindern, ist bei Kinderzulagen für
Kinder nach der obligatorischen Schulpflicht (Ausbildungszulagen) die Abgrenzung
von Ausbildung zur Erwerbsarbeit wichtig. Kinderzulagen sind nur für jene
Kinder nach erfülltem 16. Altersjahr gerechtfertigt, bei denen der
zulagenberechtigte Elternteil für den Lebensaufwand des Kindes ganz oder
zumindest in einem erheblichen Ausmass aufkommen muss, weil das Kind infolge
Ausbildung keiner oder nur einer unbedeutenden Erwerbstätigkeit nachgeht bzw.
nachgehen kann. Aus dieser Optik ist es nicht von Belang, ob nun die Ausbildung
durch eine staatlich anerkannte Berufslehre oder eine rein private berufliche
Ausbildung erfolgt. Ist aber der Begriff der Ausbildung vor allem gegenüber der
Erwerbstätigkeit abzugrenzen, so fällt der hier zu beurteilende
Ausbildungsvertrag klarerweise unter den Begriff der Ausbildung, zumal die
Tochter des Beschwerdeführers nicht – wie dies in den meisten Lehrverträgen
der Fall ist – Anspruch auf einen festen, mit der Fortdauer der Lehre
steigenden Lehrlingslohn, sondern lediglich Anspruch auf eine betraglich weder
fixierte noch garantierte Partizipation an den Trinkgeldern der Kundinnen besass
(vgl. Art. 7 des Ausbildungsvertrages). Die Vorinstanz beruft sich für ihre
Rechtsauffassung auf zwei Urteile aus den Kantonen Wallis und Schaffhausen
(Rechtsprechung über Familienzulagen, 1985/86, S. 45ff. und 1989/94, S.
215ff.). Da das Familienzulagenrecht kantonales Recht ist und die kantonalen
Gesetzgebungen dementsprechend unterschiedlich sind, sind bei der Berücksichtigung
solcher Entscheide immer auch die jeweiligen kantonalen Rechtsgrundlagen zu
beachten. So regelt § 16 der Verordnung zum Gesetz über Familien- und
Sozialzulagen den Begriff der Ausbildung abschliessend und Art. 7 des Ausführungsreglementes
zum Gesetz über die Familienzulagen des Kantons Wallis bestimmt, dass Anspruch
auf Familienzulagen für berufliche Ausbildung Lehrlinge haben, die im Besitze
eines vom kantonalen Amt für Berufsbildung genehmigten Lehrvertrages sind.
2. a)
Selbst wenn man das hier abgeschlossene Ausbildungsvertragsverhältnis im Sinne
der vorinstanzlichen Auffassung nicht als kinderzulagenberechtigend
qualifizieren würde, wäre der Widerruf der Kinderzulagenverfügung durch
prozessuale Revision entgegen der Meinung der Vorinstanz (Vernehmlassung E. 2,
S. 3) nicht zulässig.
Im
Rahmen der prozessualen Revision, die von der Wiedererwägung unterschieden
werden muss, ist die Verwaltung verpflichtet, auf eine formell rechtskräftige
Verfügung zurückzukommen, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel entdeckt
werden, die geeignet sind, zu einer andern rechtlichen Beurteilung zu führen (BGE
119 V 184, Erw. 3a, 477, Erw. 1a; BGE 122 V 173 m.H.). Als «neu» gelten
Tatsachen, welche sich bis zum Zeitpunkt, da im Hauptverfahren noch tatsächliche
Vorbringen prozessual zulässig waren, verwirklicht haben, jedoch dem
Revisionsgesuchsteller trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren. Die
neuen Tatsachen müssen ferner erheblich sein, d.h. sie müssen geeignet sein,
die tatbeständliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern und bei
zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer andern Entscheidung zu führen (VGE
82/98 v. 10.2.99, E. 1b, S. 5). Die Vorinstanz macht geltend, es habe ihr bei
der Zusprechung der Kinderzulagen am 10. Oktober 1996 nicht bekannt sein können,
dass X. nicht eine anerkannte Berufslehre nach BBG absolviere. Dieser Auffassung
kann nicht gefolgt werden. Einmal war aus dem der Vorinstanz vorliegenden
Vertrag ersichtlich, dass die ...Coiffeurschule eine auf privater Basis geführte
Fachschule des Coiffeurgewerbes ist (Art. 1 des Vertrages) und somit X. nicht
eine Berufsschule nach Art. 27ff. BBG besuchte. Weiter bedürfen Lehrverhältnisse
nach dem BBG der Genehmigung durch die kantonale Behörde (Art. 20 BBG). Dass
diese Genehmigung nicht vorlag, hätte der Vorinstanz bei hinreichender Sorgfalt
im Zeitpunkt des Verfügungserlasses bekannt sein können. Somit sind die
Voraussetzungen der prozessualen Revision und damit die Voraussetzungen für den
Erlass einer Widerrufsverfügung nicht erfüllt.
b) In
der Beschwerde wird auch vorgebracht, aufgrund des Vertrauensschutzprinzips sei
es der Vorinstanz verwehrt, die Kinderzulagenverfügung vom 10.10.1996 zu
widerrufen. Mit der Verfügung vom 10.10.1996 lag eine Vertrauensgrundlage vor,
welche der Beschwerdeführer kannte und auf die er vertrauen durfte, d.h. deren
(allfällige) Fehlerhaftigkeit er nicht erkennen konnte. Dem Interesse des Verfügungsadressaten
am Vertrauensschutz darf auch kein überwiegendes öffentliches Interesse
entgegenstehen und schliesslich setzt die Berufung auf den Vertrauensschutz
voraus, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Verfügung Dispositionen
getroffen hat, die er nicht ohne Nachteil rückgängig machen kann, wobei auch
Unterlassungen als Dispositionen gelten, sofern die behördliche Verfügung für
die darauf folgende Unterlassung ursächlich war (vgl. zum Vertrauensschutz, G.
Müller, Kommentar BVN 59ff. zu Art. 4; Häfelin/Müller, Grundriss des
Verwaltungsrechts, 3. A. N. 532ff.; BGE 121 V 65ff. mit Hinweisen). Vorliegend
ist fraglich, ob die letztgenannte Voraussetzung für den Vertrauensschutz erfüllt
ist bzw. ob ausnahmsweise von diesem Erfordernis abzusehen ist (Häfelin/Haller,
a.a.O., N. 558/559 und 809ff.). Ob sich der Beschwerdeführer auf
Vertrauensschutz berufen kann, kann indessen offen bleiben. Zu erwähnen ist,
dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Rückforderung kaum
besteht, nachdem auch die Vorinstanz (zutreffend) anerkennt, dass der
Beschwerdeführer die Kinderzulagen gutgläubig bezogen hatte und die Vorinstanz
die Bereitschaft bekundete, die Rückerstattung in sinngemässer Anwendung von
Art. 79 Abs. 1quater AHVG (vgl. § 13 FZG) zu erlassen.
(VGE
8/99 vom 10. März 1999).