EGV-SZ 1994

  [Entscheide Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25]

   

A. GERICHTSPRAXIS

I. Verwaltungsgericht

1

Verfahren

Zuständigkeit. Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ist keine anfechtbare Verfügung. Verweis auf das Klageverfahren (Erw. 3,4).  
Übergangsrecht (§ 64 Personal- und Besoldungsverordnung, nGS I 50). Umgestaltung von privatrechtlichen Arbeitsverträgen (Erw. 2).

Aus dem Sachverhalt:

Der Bezirksrat X. wählte vor 1992 Y. als Mitarbeiter auf zivilrechtlicher Basis. 1993 unterbreitete der Bezirksrat dem Mitarbeiter einen Anstellungsvertrag, welchen dieser jedoch nicht unterzeichnete. Der Bezirksrat löste das Anstellungsverhältnis per Ende Juli 1994 auf. Dagegen erhob der Mitarbeiter beim Regierungsrat Beschwerde. Der Regierungsrat trat auf die Beschwerde nicht ein. Das Verwaltungsgericht wies eine dagegen geführte Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

1. Nach Auffassung des Regierungsrates liegt kein hoheitliches, sondern ein vertragliches Rechtsverhältnis zwischen den Parteien vor. Die angefochtene Kündigung stelle demzufolge keine Verfügung im Sinne von § 6 VRP dar, welche beim Regierungsrat mittels Verwaltungsbeschwerde angefochten werden könne. Mangels Zulässigkeit des Rechtsmittels ist er deshalb auf die Beschwerde nicht eingetreten.

2. Vorliegendenfalls ist vorerst zu beurteilen, ob der Bf. öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich angestellt war. Wird das Rechtsverhältnis als privatrechtlich beurteilt, so sind zur Beurteilung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten die Zivilgerichte zuständig. Wird jedoch das Rechtsverhältnis als öffentlich-rechtlich qualifiziert, ist in einem zweiten Schritt zu entscheiden, ob die Anstellung durch eine Verfügung erfolgte oder ob ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vorliegt.

a) Der Regierungsrat hat die Frage, ob das Anstellungsverhältnis öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist, offen gelassen. Diese Haltung ist der Rechtssicherheit nicht förderlich, da der Bf., selbst wenn der Entscheid des Regierungsrates geschützt würde, nach wie vor im unklaren bleibt, ob überhaupt die Verwaltungsbehörden bzw. das Verwaltungsgericht oder die Zivilgerichte in seinem Falle zur Beurteilung der arbeitsrechtlichen Streitigkeit zuständig sind.

b) Mit Schreiben vom … hat der Bezirksrat dem Bf. mitteilen lassen, er sei am … als Mitarbeiter zivilrechtlich gewählt worden. Der Begriff der «Wahl», der auch im Ingress verwendet wird, deutet auf ein öffentlich-rechtliches Verhältnis (§ 37 Abs. 1 KV, § 57 KV, § 7 Abs. 1 der Personal- und Besoldungsverordnung vom 26.6.1991 (nGS I 50). Aus der Verwendung des Begriffs «zivilrechtlich gewählt» kann somit nicht eindeutig abgeleitet werden, welcher Rechtsordnung das Anstellungsverhältnis unterstand.

c) In der Mitteilung vom … wird weiter ausgeführt, die Anstellungsbedingungen richteten sich nach dem kantonalen Besoldungsreglement.

Nach der im Zeitpunkt der Anstellung des Bf. massgebenden kantonalen Verordnung über die Besoldung der Behörden und das Dienstverhältnis des Staatspersonals vom 20.11.1968 (GS 15, S. 549) unterschied das kantonale Recht zwischen «Beamten» und «Funktionären im Dienstvertragsverhältnis» (§ 1 und § 2 Abs. 1 der Besoldungsverordnung). Hingegen kannte das damalige kantonale Recht das Institut des öffentlich-rechtlichen Angestelltenverhältnisses nicht.

d) Aus der Verwendung des Begriffs «zivilrechtlich» und dem Verweis auf das damals geltende kantonale Recht, das lediglich die Kategorien des öffentlich-rechtlichen Beamten und des zivilrechtlichen Angestellten kannte, muss auf ein ursprünglich zivilrechtliches Vertragsverhältnis zwischen dem Bf. und dem Bezirk geschlossen werden.

e) Mit Erlass der Personal- und Besoldungsverordnung vom 26.6.1991 (vGS I 50) hat der kantonale Gesetzgeber das zivilrechtliche Dienstverhältnis abgeschafft. Das Dienstverhältnis zwischen dem Kanton und dem Mitarbeiter ist öffentlich-rechtlich (§ 6 Abs. 1 Personal- und Besoldungsverordnung). Begründet wird das Dienstverhältnis entweder durch Wahl (Beamte) oder durch Vertrag (Angestellte) (§ 7 und 8 Personal- und Besoldungsverordnung).

Gemäss der Übergangsbestimmung von § 64 Abs. 2 wurden privatrechtliche Arbeitsverträge auf den 1. Januar 1992 nach den Vorschriften des neuen Rechts in öffentlich-rechtliche Verträge umgestaltet.

f) Wie sich aus dem Entwurf eines Anstellungsvertrages zwischen dem Beschwerdeführer und dem Bezirk vom 15.1.1993 ergibt, hat der Bezirk die kantonale Personal- und Besoldungsverordnung vom 26.6.1991 und die Vollzugsverordnung zur Personal- und Besoldungsverordnung vom 3. Dezember 1991 für die Mitarbeiter des Bezirkes als verbindlich erklärt. Dies besagt, dass lediglich noch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse zugelassen sind, und die bisherigen privatrechtlichen Dienstverhältnisse in öffentlich-rechtliche umgestaltet werden müssen.

g) Vorliegendenfalls hat der Bf. die Unterzeichnung des Anstellungsvertrages verweigert. Dies besagt jedoch, wie nachfolgend zu zeigen ist, nicht, dass das ursprüngliche privatrechtliche Dienstverhältnis weiterhin Bestand hat und keine Umwandlung stattgefunden hat.

Dem Bf. musste aufgrund des Anstellungsvertragsentwurfs vom 15.1.1993 klar sein, dass mit der Übernahme der kantonalen Personal- und Besoldungsverordnung sein Dienstverhältnis in ein öffentlich-rechtliches Angestelltenverhältnis umgestaltet wurde (Ziffer I, 1 und 2, II 1 des Vertrags).

Dies belegt denn auch das Verhalten des Bf. klarerweise. Gemäss § 15 Abs. 2 litera b der Personal- und Besoldungsverordnung beträgt die Kündigungsfrist bei Angestellten nach Ablauf der Probezeit 3 Monate. Im Entwurf des Anstellungsvertrages wurde diese Frist auf sechs Monate verlängert, und der Bf. hat sich im Beschwerdeverfahren auf diese sechsmonatige Kündigungsfrist berufen. Diesem Begehren hat der Bezirksrat mit Beschluss vom 22.7.1994 entsprochen und das Vertragsverhältnis  bis 31.10.1994 verlängert. Wäre der Bf. der Auffassung gewesen, die Gegenzeichnung des Anstellungsvertrages sei für das Zustandekommen wesentlich, wäre die Berufung auf die sechsmonatige Kündigungsfrist nicht erfolgt und rechtsmissbräuchlich.

Der Bf. führt denn auch in der Beschwerdeschrift vom 28.7.1994, S. 3 selber aus, seine Anstellung sei aufgrund des massgebenden Wortlautes der Verordnung ganz klar öffentlich-rechtlicher Natur.

Aus all dem ergibt sich, dass das Rechtsverhältnis zwischen dem Bf. und dem Bezirk im Zeitpunkt der Auflösung als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist.

3. Der Bf. vertritt im weitern im Unterschied zum Regierungsrat die Auffassung, die Kündigung stelle eine anfechtbare Verfügung dar, und der Regierungsrat habe zu Unrecht die Zulässigkeit der Verwaltungsbeschwerde verneint.

a) Mittels Verwaltungsbeschwerde sind unter anderem Verfügungen anfechtbar (§ 36 Abs. 1 litera VRP). Verfügungen sind hoheitliche, individuelle und einseitige Anordnungen einer Behörde, mit welchen Rechte und Pflichten bestimmter Personen begründet, abgeändert oder aufgehoben werden, das Bestehen, Nichtbestehen oder der Inhalt von Rechten und Pflichten festgestellt wird oder Begehren auf Begründung, Änderung oder Feststellung von Rechten und Pflichten abgewiesen oder durch Nichteintreten erledigt werden (§ 6 Abs. 1 litera a–c VRP).

b) Das Begriffsmerkmal der einseitigen Anordnung besagt, dass eine Anordnung nicht durch übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung zweier oder mehrerer Rechtssubjekte zustande kommt, sondern aufgrund der Willensäusserung eines einzelnen Subjektes, nämlich der Behörde. Die Behörde gestaltet die Rechtsbeziehung zwischen dem Bürger und dem Staat mit autoritativer Wirkung einseitig hoheitlich (Rolf Heinrich Haltner, Begriff und Arten der Verfügung im Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, 1979, S. 41ff.; Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1990, N. 688). Das Begriffsmerkmal der «Einseitigkeit der Anordnung» bildet somit das massgebliche Unterscheidungskriterium zum öffentlich-rechtlichen Vertrag.

c) Wie bereits bei der Prüfung der Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses zwischen dem Bf. und dem Bezirk dargetan hat der Bezirk auf die Schaffung einer eigenen Personalverordnung verzichtet und mit wenigen Ausnahmen die kantonale Personal- und Besoldungsverordnung übernommen.

Danach wird das Dienstverhältnis eines Beamten durch Wahl begründet, und Angestellte werden mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag angestellt.

Entgegen der Auffassung des Bf. erfolgt die Anstellung somit nicht mehr durch eine Anstellungsverfügung, sondern durch übereinstimmende Willenserklärung der Parteien. Die Anstellung eines Mitarbeiters ist somit, soweit kein Beamtenverhältnis begründet wird, keine Verfügung im Sinne von § 6 VRP, ebensowenig die Auflösung des Vertragsverhältnisses. Dies ergibt sich auch aus § 62 der Personal- und Besoldungsverordnung. Mittels Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind einzig gewisse Eingriffe ins Beamtenverhältnis anfechtbar. Die Auflösung des Angestelltenverhältnisses fällt, wie aus den Verweisen zu schliessen ist, nicht darunter.

Angesichts der Übernahme der kantonalen Personal- und Besoldungsverordnung durch den Bezirk und der darin getroffenen öffentlich-rechtlichen Vertragsregelung für die Angestellten ist der Regierungsrat zu Recht auf die Beschwerde nicht eingetreten, und der Entscheid des Regierungsrates ist zu schützen.

4. Der Bf. ist somit auf das Klageverfahren zu verweisen. Gemäss § 67 Abs. 1 litera d VRP beurteilt das Verwaltungsgericht vermögensrechtliche Streitigkeiten aus einem dem öffentlichen Recht unterstellten Dienstverhältnis als einzige Instanz.

Aus verfahrensökonomischen Gründen drängt es sich jedoch auf, die Beschwerde und die Beschwerdeantwort als Klage und Klageantwort entgegenzunehmen und den Parteien die Möglichkeit eines zweiten Schriftenwechsels zu gewähren. Zur Beurteilung stehen lediglich die Anträge auf Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unzulässigkeit der Kündigung vom 18.4.1994.

(VGE 609/94 vom 25. November 1994).

 

2

Verfahren

Nichtanfechtbare Verfügung. Der Natur nach sofort vollstreckbare Verfügung (§ 3 lit. c VRP). Zeitlich dringende Verfügung (§ 54 lit. e VRP).

Aus den Erwägungen:

1. a) Nach § 25 der Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofwesen (FriedhofV, nGS V/608) sollen Leichen frühestens 48 Stunden, spätestens aber 120 Stunden nach dem Eintritt des Todes bestattet oder kremiert werden. Nachdem infolge der Uneinigkeit unter den Angehörigen innert der 120stündigen Frist (5 Tage) weder eine Bestattung noch eine Kremation durchgeführt worden war, entstand Handlungsbedarf für den Gemeinderat bzw. den Gemeindepräsidenten, dem die Aufsicht über das Friedhof- und Bestattungswesen obliegt (§ 4 FriedhofV).

Der Gemeindepräsident ordnete am … die Erdbestattung auf dem Friedhof in … an und liess diese sofort ausführen.

b) Der Regierungsrat hat geprüft, ob gegen diese Bestattungsanordnung überhaupt Beschwerde geführt werden kann. Er hat darauf hingewiesen, dass die Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege (VRP, nGS 225) nicht anwendbar ist auf die ihrer Natur nach sofort vollstreckbaren Verfügungen (§ 3 lit. b VRP). Er hat erwogen, dass unter diese Verfügungen vor allem Massnahmen fallen, die zum Schutze gefährdeter Polizeigüter getroffen werden. Die angefochtene Bestattungsanordnung sei ihrer Natur nach sofort vollstreckbar gewesen, da die maximale Bestattungs-/Kremationsfrist gemäss § 25 FriedhofV abgelaufen gewesen sei und eine Beschwerdemöglichkeit mit Suspensivwirkung die getroffene Massnahme aus gesundheitspolizeilichen Überlegungen ernsthaft in Frage gestellt hätte.

c) Das Verwaltungsgericht erachtet die regierungsrätliche Rechtsauffassung als richtig. Zu ergänzen ist noch, dass sich aus § 54 lit. e VRP eine nähere Umschreibung der sofort vollstreckbaren Verfügungen ergibt. Danach ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegen Verfügungen und Entscheide, die sich beziehen auf zeitlich dringende Verfügungen, die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder aus gesundheitspolizeilichen Gründen getroffen werden. Die Setzung einer Maximalfrist für die Bestattung oder Kremation von Leichen ist eine aus gesundheitspolizeilichen Gründen erlassene Norm. Die in § 25 FriedhofV gesetzte Frist würde nicht nur geritzt, sondern völlig aus den Angeln gehoben, wenn im Streitfall über Ort und Art der Bestattung ein Beschwerdeverfahren durchgeführt werden könnte. Nur schon die Beschwerdefrist beträgt das Vierfache der Maximaldauer gemäss § 25 FriedhofV.

(VGE 621/94 vom 27. Oktober 1994).

 

3

Verfahren

Rechtliches Gehör. Trotz seiner formellen Natur erfüllt es keinen leeren Selbstzweck.

Aus den Erwägungen:

3. b) Des weiteren macht die Beschwerdeführerin geltend, die Frage der Sicherheit der Kantonsstrasse (Dispositiv Ziffer 5) falle in die Zuständigkeit des Baudepartementes (§ 12 Strassenbauverordnung, nGS 410), während für die Dispositiv-Ziffern 3 und 7 (Betriebseinstellung und Entfernung der Nebenanlagen) das Amt für Raumplanung zuständig sei (Art. 24 Abs. 2 RPG, § 76 Abs. 2 PBG). Duplicando begründet der Regierungsrat seine Zuständigkeit mit § 9 Abs. 2 VRP. Diese Bestimmung besagt: «Sind in der gleichen Angelegenheit neben dem Regierungsrat noch kantonale Amtsstellen zum Erlass von Anordnungen zuständig, kann der Regierungsrat eine einheitliche Verfügung erlassen». Die zitierte Regelung ist am 1. Februar 1989 in Kraft gesetzt worden, der hier angefochtene RRB datiert aber bereits vom 26. April 1988. Im damaligen Zeitpunkt galt mithin die alte Rechtslage. Danach akzeptierte das Verwaltungsgericht eine aus verfahrensökonomischen Gründen ad hoc beanspruchte regierungsrätliche Verfügungskompetenz nicht (EGV-SZ 1987, S. 22). In der Folge wurde deshalb § 9 Abs. 2 VRP eingeführt. Auf den vorliegenden Fall angewandt hätte dies mithin zur Folge, dass auch die weiteren angefochtenen Dispositiv-Ziffern mangels Zuständigkeit aufzuheben wären. Von dieser Konsequenz ist vorliegend indes abzusehen. Seit über fünf Jahren ist die gesetzliche Grundlage für die sachlich gerechtfertigten, regierungsrätlichen Sammelbeschlüsse in Rechtskraft erwachsen. Verfahrensmässig würde es sich mithin als Leerlauf erweisen, wenn der Regierungsratsbeschluss wegen altrechtlich bedingter Zuständigkeitsfehler aufgehoben würde. Jedenfalls könnte man dem Regierungsrat keinen Vorwurf machen, wenn er nach einer allfälligen Beschwerdegutheissung nunmehr gestützt auf § 9 Abs. 2 VRP erneut einen Sammelbeschluss fällen würde.

(…)

c) Ist das Vorgehen nach § 9 Abs. 2 VRP vorliegend aufgrund der speziellen Ausgangssituation zu akzeptieren, ist konsequenterweise auch auf § 55 Abs. 2 lit. b VRP abzustellen, zumal dies auch Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG gebietet. Danach kann das Verwaltungsgericht, entgegen der Grundregel, dass regierungsrätliche Beschlüsse nur der Rechtskontrolle unterliegen, auch die Ermessenshandhabung überprüfen. Ist dem aber so, kann offenbleiben, ob der Regierungsrat das rechtliche Gehör verletzte, denn bei uneingeschränkter Überprüfungszuständigkeit werden allfällige Gehörsverweigerungen durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren saniert.

(VGE 553/88 vom 19. Mai 1994).

 Das Bundesgericht wies eine dagegen geführte staatsrechtliche Beschwerde mit Urteil vom 2. März 1995 (1P. 429/1994) ab. Es führte u.a. aus:

2.– a) Die Beschwerdeführerin rügt, nach dem zum Zeitpunkt des Regierungsratsbeschlusses Nr. 723/88 geltenden kantonalen Verfahrensrecht wäre das Raumplanungsamt zuständig gewesen, die Einstellung des …betriebs zu verfügen, während das Baudepartement für die Sicherheit der Kantonsstrasse hätte sorgen müssen. Der Regierungsrat sei für beide Verfügungen damals nicht zuständig gewesen. Das Verwaltungsgericht hält dem entgegen, nach dem am 1. Februar 1989 in Kraft getretenen § 9 Abs. 2 der kantonalen Verordnung vom 6. Juni 1974 über die Verwaltungsrechtspflege (VRP) sei der Regierungsrat zuständig, eine einheitliche Verfügung zu treffen, wenn neben dem Regierungsrat noch kantonale Amtsstellen zuständig seien. Daher bedeute es einen Leerlauf, den Regierungsrat heute zum Erlass eines neuen, inhaltlich aber gleichlautenden Beschlusses zu verpflichten.

Auch nach einer allfälligen Gutheissung der Beschwerde in diesem Punkt wäre der Regierungsrat zuständig, einen neuen Beschluss zu treffen. Indessen würde dieser Beschluss materiell mit dem Beschluss Nr. 723/88 übereinstimmen. Trotz seiner formellen Natur erfüllt der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen leeren Selbstzweck. Ein schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung dieses Anspruches besteht deshalb nur so lange, als die materielle Rechtsfrage noch streitig ist, das heisst, solange bei einer Gutheissung der Beschwerde wegen der Verletzung des Gehöranspruches ein für die Beschwerdeführerin günstiger Entscheid in der Sache selbst möglich ist (vgl. die nicht veröffentlichten Urteile des Bundesgerichts vom 20. Juli 1993 i.S. B., E. 2b und vom 4. Juni 1993 i.S. U., E. 2b). Würde das Bundesgericht die vorliegende Beschwerde wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs gutheissen, im übrigen aber den angefochtenen Beschluss bestätigen, ist es zwar nicht aus formellrechtlichen, wohl aber aus verfahrensökonomischen Gründen ausgeschlossen, dass der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht inhaltlich anderslautende Beschlüsse treffen würden. Die Beschwerdeführerin hat soweit kein aktuelles praktisches Interesse (Art. 88 OG) und kein schutzwürdiges Interesse (Art. 103 lit. a OG) an der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

b) Dasselbe gilt auch für die Rüge der Beschwerdeführerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die angebliche Verweigerung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Regierungsrat sei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geheilt worden. Auch in diesem Fall würde die Gutheissung der Beschwerde bloss dazu führen, dass der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht materiell mit den früheren Entscheiden übereinstimmende Entscheide treffen müssten. Auf die Rüge der Verweigerung des rechtlichen Gehörs kann daher in diesem Zusammenhang mangels eines rechtsgenügenden Interesses nicht eingetreten werden.

 

4

Baurecht

Gebäudehöhe (§ 60 PBG). Messweise im Zusammenhang mit kommunaler Gebäudehöhenbeschränkung.

Aus den Erwägungen:

2. Der Regierungsrat stützt seinen Entscheid auf seine ex officio vorgenommene Überprüfung der Gebäudehöhe bzw. auf die Erkenntnis, dass die in der Kernzone gestattete Gebäudehöhe von maximal 10 m auf sämtlichen Fassadenseiten überschritten wird. Ob ein zurückversetztes Wohngeschoss mit Schrägdach unter § 60 Abs. 3 lit. c zu subsumieren ist, liess er dahingestellt.

(…)

3. Die Beschwerdeführer machten im Verfahren vor dem Regierungsrat geltend,  
– bei der Südwestfassade sei der vorspringende Gebäudeteil mit dem tieferen Geländebezug massgeblich;
– die beiden Giebeldreiecke auf der Südost- und Nordwestfassade würden bei der Gebäudehöhenermittlung ausser Betracht fallen (§ 60 Abs. 2 lit. a PBG);
– die 8 m breiten Kreuzgiebel auf der Südwest- und Nordostfassade dürften nicht in Anschlag gebracht werden (§ 60 Abs. 2 lit. b PBG);
– das 3. Obergeschoss sei um das Mass seiner Höhe von der Fassade zurückversetzt (45-Grad-Winkel) und zähle damit nicht zur Gebäudehöhe (§ 60 Abs. 2 lit. c PBG).

Der Regierungsrat sieht die Gebäudehöhe verletzt, weil das oberste, teilweise zurückversetzte Wohngeschoss mitzuberechnen sei und nicht in den Anwendungsbereich von § 60 Abs. 3 lit. c PBG falle. Das oberste Wohngeschoss weise eine Höhe von rund 2,6m auf, während es entlang der beiden Längsfassaden lediglich zwischen etwa 0,9m und 1,9m zurückversetzt sei. Im Bereich der beiden Seitenfassaden seien überdies keine Rückversetzungen vorgesehen, sondern eine einheitliche Fassadenflucht. Bei dieser Sachlage könne offenbleiben, ob ein um das Mass seiner Höhe zurückversetztes Wohngeschoss, welches zusätzlich ein Schrägdach aufweise, überhaupt als Attikageschoss im Sinne von § 60 Abs. 3 lit. c PBG gelte.

In der Beschwerdeschrift bemängeln die Beschwerdeführer, der Regierungsrat habe den rechtserheblichen Sachverhalt nicht richtig festgestellt (§ 55 Abs. 1 lit. a VRP) sowie das Recht nicht richtig angewandt (§ 55 Abs. 1 lit. b VRP). So sei bei den Längsfassaden von der im Grundriss 1. und 2. Obergeschoss eingezeichneten Fassadenflucht mit dem unteren Schrägdach auszugehen, denn nur diese trete in Erscheinung. Die Höhenkote betrage dort 541,19 m, so dass «die vorgeschriebenen Gebäudehöhen von 10 m bei einer Höhenkote des ausgemittelten, gewachsenen Bodens von 531,19 auf der Südwestfassade und 532,79 auf der Nordostfassade» eingehalten seien. Zudem sei das oberste Geschoss mehr als um das Mass seiner Höhe zurückversetzt. Hinzu komme, dass die Betrachtungsweise des Regierungsrates dazu führen werde, «dass man ohne Vergrösserung der Grenzabstände höher und in gestalterischer Hinsicht wahrscheinlich vielfach weniger sorgfältig bauen würde». Die Beschwerdeführer legen 3 Varianten ins Recht, welche die gesetzlich zulässigen Gebäudehüllen und die Grenzabstände einhalten und die Kritik an der regierungsrätlichen Betrachtungsweise untermauern sollen. Die Gebäudehöhen als massgebende Faktoren für die Ermittlung der nachbarschützenden Grenzabstände würden nicht bestimmen, wie hoch ein Gebäude effektiv gebaut werden könne. Des weiteren rügen die Beschwerdeführer, dass der Regierungsrat … die Autonomie der Gemeinde X. verletze, indem er seine eigene Messweise der Gebäudehöhe anstelle derjenigen des Gemeinderates X. setze.

4. Nicht stichhaltig ist der Einwand der Gemeindeautonomieverletzung. Der Gemeinde kommt nicht die Kompetenz zu, eine eigene Messweise anstelle der kantonalen anzuwenden. § 52 PBG räumt zwar den Gemeinden einen gewissen Spielraum bei der Festsetzung der kommunalen Bauvorschriften ein. So können sie weitergehende Vorschriften erlassen (Abs. 2) oder in gewissen Zonen Grenz- und Gebäudeabstände festlegen, welche die kantonalen Vorschriften unterschreiten (Abs. 3). § 52 PBG enthält indessen keine Ermächtigung an die Gemeinden, hinsichtlich des Grenzabstandes eigene Definitionen und Messweisen einzuführen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Instrumentarium (Definitionen/Messweise usw.) durch das PBG einheitlich vorgegeben wird. Für dieses Ergebnis spricht auch das Gebot der Rechtssicherheit (VGE 505/91 vom 26.3.1991, Prot. S. 309; 573/93 vom 12.11.93, Erw. 2f). Diese Praxis der einheitlichen Messweise muss vernünftigerweise auch gelten, wenn die Gemeinde der Gebäudehöhe nebst der akzessorischen Bedeutung bei der Grenzabstandsbemessung eine zusätzliche als direkte Gebäudehöhenbeschränkung beimisst.

6. Die Bauliegenschaft befindet sich in der Kernzone B. In der Kernzone gilt die Ausnützungsziffer 0.75 sowie die Gebäudehöhe von 10 m (Art. 25 BauR). Weitere massliche Vorgaben sind nicht zu beachten.

Der Begriff der Gebäudehöhe ist im kantonalen Recht definiert als massgebender Faktor des kantonalen Grenzabstandes. Als Gebäudehöhe gilt das Mass vom ausgemittelten gewachsenen Boden in der Fassadenmitte bis zum Schnittpunkt der Fassade mit der Dachhaut, bei Flachdächern bis zur Oberkante des Dachabschlusses (§ 60 Abs. 2 PBG). Es ist somit zu unterscheiden zwischen Bauten mit Schrägdächern und Bauten mit Flachdächern.

Bei Schrägdächern ist zu beachten, dass die Höhe des Giebeldreiecks bei Giebelfassaden nicht zu berücksichtigen ist. Diese Vorgabe ist sachlich nachvollziehbar, ansonsten bei Giebelfassaden die Gebäudehöhe der Firsthöhe gleichzusetzen wäre, womit der vom Gesetzgeber angestrebte Zweck, die Aufhebung der bisherigen Benachteiligung von Schrägdachbauten gegenüber Flachdachbauten (Abstimmungsvorlage und Erläuterungen zur kantonalen Volksabstimmung vom 6. Dezember 1987 betr. Planungs- und Baugesetz, S. 6) nicht nur illusorisch, sondern ins Gegenteil verkehrt würde. Nicht zu berücksichtigen sind bei der Gebäudehöhenbemessung des weiteren Aufbauten, sofern sie nicht mehr als einen Drittel der Fassadenlänge einnehmen. Hier fragt sich, was eine Dachaufbaute ist. In der Architektur versteht man darunter alle über die Grundform des Daches hinausragenden Bauteile (Dachfenster, Dacherker und Zwerchhäuser [= Lukarnen, ein über einer Fassade aufsteigender, nicht zurückgesetzter Dachaufbau], aber auch Attiken [= niedriger Aufbau über dem Hauptgesims eines Bauwerkes, z.T. zum Verdecken des Dachansatzes], Balustraden, Ziergiebel, Schornsteine und die vielgestaltigen Aufbauten auf Flachdächern, Dachterrassen oder Dachgärten; Hans Koepf, Bildwörterbuch der Architektur, S. 98, 32, 424). Für den anzuwendenden kantonalen Begriff der Gebäudehöhe ist von zentraler Bedeutung, dass der Schnittpunkt Fassade/Dachhaut als obere Kote für die Gebäudehöhenberechnung bei Dachneigungen über 45 Grad nicht mehr allein entscheidend, sondern die durch die Mehrneigung bedingte Mehrhöhe zur Gebäudehöhe hinzuzurechnen ist (§ 60 Abs. 4 PBG). Diese 45-Grad-Regel spielt auch bei Attikageschossen und Dachbrüstungen eine massgebliche Rolle. Die ursprüngliche Fassung von § 60 Abs. 3 lit. c PBG, welche generell eine Rückversetzung von 3 m von der Fassade verlangte, wurde nämlich durch die kantonsrätliche Kommission auf die heute geltende Fassung mit der Begründung abgeändert, Bauten mit Schräg- und solche mit Flachdächern seien einander gleichzustellen, d.h. in beiden Fällen sei ein 45-Grad-Winkel zu erhalten (Protokoll der kantonsrätlichen Kommission vom 24. August 1984, S. 14). Zum einen erhellt daraus, dass Dachneigungen/Dachformen und Dachaufbauten, welche die 45-Grad-Linie überschreiten, die Gebäudehöhe beeinflussen (Dachaufbauten unter dem Vorbehalt, dass sie mehr als einen Drittel der Fassadenlänge einnehmen). Zum anderen stellt sich die Frage, was zu folgern ist, wenn sich Dachaufbauten innerhalb dieser 45-Grad-Linie bewegen. Bewirkt § 60 Abs. 3 lit. b PBG, dass Aufbauten in jedem Falle, also unbesehen, ob der 45-Grad-Winkel überschritten oder eingehalten wird, nicht mehr als einen Drittel der Fassadenlänge einnehmen dürfen, ansonsten sie für die Gebäudehöhenberechnung miteinbezogen werden, oder fallen grundsätzlich sämtliche Dachaufbauten innerhalb dieser 45-Grad-Linie bei der Berechnung ausser Betracht? Aufgrund nachfolgender Überlegungen ist von letzterem, also der Unbeachtlichkeit der Dachaufbauten bei Einhaltung des 45-Grad-Winkels auszugehen:  
§ 60 Abs. 3 lit. b bezieht sich ausdrücklich auf Aufbauten bei Schräg- und Flachdächern. Wenn nun Dachaufbauten auch innerhalb der 45-Grad-Linie auf einen Drittel begrenzt werden müssten, so stünde diese Bestimmung in Widerspruch zu § 60 Abs. 3 lit. c PBG, welche Attikageschosse und Dachbrüstungen, welche ebenfalls Dachaufbauten sind, innerhalb des 45-Grad-Winkels ohne Begrenzung auf einen Drittel der Fassadenlänge erlaubt (diese Flachdachaufbauten sind jedoch nicht über die gesamte Fassadenlänge zulässig, weil mangels Giebeldreiecken [§ 60 Abs. 3 lit. a PBG] die 45-Grad-Linie auf allen Fassaden Anwendung findet).
Die Beschränkung der Dachaufbauten auf einen Drittel der Fassadenlänge hat nicht (primär) die Aufgabe, die Dachgestaltung zu lenken und lange Dachaufbauten (zwingend) zu verhindern. Es geht hier um den Begriff bzw. die Bemessungsweise des Grenzabstandes, die hier zusätzlich kommunal als eigentliche Gebäudehöhenbeschränkung Anwendung findet. Das Einordnungsgebot wird dagegen in § 56 PBG bzw. Art. 8 BauR geregelt. Dachaufbauten sind denn auch zulässig, wenn sie den Drittel der Fassadenlänge überschreiten (e contrario § 60 Abs. 3 lit. b PBG). Die Konsequenz ist nur, dass die Aufbauten in diesem Falle bei der Gebäudehöhenberechnung mitzuberücksichtigen sind.
Von der Sache her wäre es nicht einsichtig, weshalb Attikageschosse und Dachbrüstungen auf praktisch der gesamten Fassadenlänge (abzüglich zweimal deren Höhe) zulässig sein sollten, Aufbauten bei Schrägdächern aber nur auf einem Drittel der Fassadenlänge. Eine solche Regel würde die gesetzgeberische Absicht, die Benachteiligung der Schrägdachbauten gegenüber den Flachdachbauten zu beheben, verhindern.

Aufgrund der gemachten Ausführungen ergibt sich auch, was bei Aufbauten bei Flachdächern zu beachten ist. Attikageschosse und Dachbrüstungen fallen nicht in die Berechnung der Gebäudehöhe, sofern sie mindestens um das Mass ihrer Höhe von der Fassade zurückversetzt sind (§ 60 Abs. 3 lit. c PBG). Unter einem Attikageschoss versteht man in der Architektur ein an die Stelle einer Attika (siehe oben) tretendes niedriges Obergeschoss über dem Hauptgesims (Koepf, a.a.O., S. 32). Im übrigen dürfen Aufbauten auf Flachdächern, die weniger als um das Mass ihrer Höhe von der Fassade zurückversetzt sind, nicht länger als einen Drittel der Fassadenlänge sein, ansonsten sie bei der Gebäudehöhenberech- nung miteinzubeziehen sind (§ 60 Abs. 3 lit. b PBG).

7. a) Die Beschwerdeführer versuchen mit der eingereichten Skizze «Variante A» darzulegen, weshalb das umstrittene Bauprojekt die Gebäudehöhe von 10 m nicht überschreitet.

An der nordöstlichen Fassade verlängern sie die oberhalb des Dachgeschosses beim Schnittpunkt Dachhaut/zurückversetzte Fassade des Dachgeschosses angesetzte 45-Grad-Linie auf die vordere massgebliche Fassadenflucht. Dieser Schnittpunkt liegt ca. 50 cm unterhalb der 10-m-Marke. Danach wäre auf dieser Seite die Gebäudehöhe eingehalten. Diesem Standpunkt könnte man entgegenhalten, man müsse immer vom tatsächlichen und nicht von einem auf die massgebliche Fassadenflucht projizierten Schnittpunkt ausgehen.

Auszugehen ist davon, dass die Dachgestaltung beim unteren Dachansatz oberhalb des zweiten Obergeschosses beginnt. Vorliegend stellt sich nun das Problem, welches sich bei einem in der Grundkonstruktion vergleichbaren Mansardengiebeldach (Koepf a.a.O. S. 103) auch stellen würde. Das sich über die gesamte Längsfassade ausdehnende Dachgeschoss ist weniger als um das Mass seiner Höhe zurückversetzt (entspricht die Zurückversetzung der Dachgeschosshöhe, so beträgt der Neigungswinkel 45 Grad). Ein entsprechendes Mansardendach würde also eine Neigung von ca. 57 Grad aufweisen. Würde man von diesem Dachneigungswinkel ausgehen, würde das im Vergleich zu einem 45-Grad-Dach entstehende Mehrmass ca. 4 m betragen. Mit einem derart hohen Zuschlag zur Gebäudehöhe (hier und nachfolgend immer ausgehend vom Schnittpunkt des unteren Dachansatzes mit der Fassade), würde man zweifelsohne ein unsachgerechtes und vom Gesetzgeber auch nicht gewolltes Ergebnis erzielen. Auf dem Dachgeschoss befindet sich (wie bei einem Mansardengiebeldach) ein relativ flaches Giebeldach (ca. 25-Grad-Neigung). Wenn man diesen Dachneigungswinkel auf die massgebende Fassadenlinie verlängert, ergibt sich ein Gebäudehöhenmehrmass von ca. 2 m. Projiziert man einfach den Schnittpunkt Dachhaut/zurückversetzte Fassade des Dachgeschosses auf die Hauptfassade, so beträgt das Mehrmass ca 3 m. Die von den Beschwerdeführern gewählte Messweise (45-Grad-Linie durch oberen Schnittpunkt [oberer Dachansatz/zurückversetzte Fassade]) führt zu einem Mehrmass von ca. 1 m. In Anbetracht der zentralen Bedeutung des Dachneigungswinkels von 45 Grad und der Hauptfassade (vgl. unten) als Kriterium für die Gebäudehöhenbemessung erachtet das Gericht die von den Beschwerdeführern vorgenommene Messweise als zutreffend, sachgerecht und dem gesetzgeberischen Willen entsprechend. In diesem Sinne ist die Gebäudehöhe bei der Nordostfassade eingehalten.

(…)

b) Hinsichtlich der Südwestfassade gehen die Beschwerdeführer in Anlehnung an die gemeinderätliche Stellungnahme vom 31. Januar 1994 an das Justizdepartement davon aus, dass die im Grundrissplan 1. und 2. Obergeschoss eingezeichnete Linie als massgebende Fassadenlinie betrachtet werden müsse. Es würde zu weit führen, jeden einzelnen Rücksprung in der Fassade im Sinne einer gestaffelten Bauweise als selbständigen Gebäudeteil zu betrachten. Die Gebäudeprofillinien seien aufgrund des hauptsächlichsten Fassadenverlaufs zu berechnen. Das Gericht vermag der Argumentation zu folgen, soweit eine gestaffelte Bauweise verneint wird. Hingegen teilt es die Ansicht nicht, dass die Fassadenfront des Quergiebels den hauptsächlichsten Fassadenverlauf der Südwestfassade darstellen soll. Vielmehr ist dieser Quergiebel eine über die Hauptfassade vorspringende Gebäudeausdehnung. Der hauptsächlichste Fassadenverlauf ist mit anderen Worten identisch mit jenem in den Gebäudehauptecken (Erd-, 1. + 2. Obergeschoss). Vernachlässigt man die balkonbedingten Rücksprünge, so erstreckt sich dieser Fassadenverlauf auf über mehr als zwei Drittel der Längsfassade (zweimal 9 m), jener des Quergiebels auf etwas weniger als einen Drittel (einmal 8 m). Dieses Beurteilungsergebnis wird beim Betrachten der beiden Seitenfassaden bestätigt. Von der Symmetrie des Gebäudes her erweist sich jedenfalls der von den Beschwerdeführern geltend gemachte hauptsächliche Längsfassadenverlauf als gesucht. Die Asymmetrie des Quergiebels (er ist in den unteren Geschossen in Richtung Südwesten ausgedehnter) nimmt insgesamt keine derart dominierende Stellung ein, dass dessen Fassadenverlauf den hauptsächlichen Verlauf darstellen könnte (und wenn er es täte, würde sich die Frage der genügenden Einordnung um so pointierter stellen, abgesehen davon, dass der Kreuzgiebel wohl mehr als einen Drittel der gesamten Fassadenlänge ausmachen würde). Somit ist erstellt, dass die Gebäudehöhe bei der Südwestfassade erheblich, d.h. um ca. 80 cm überschritten wird, wenn man analog zur Nordostfassade beim oberen Dachansatz die 45-Grad-Linie ansetzt (das ausgemittelte gewachsene Terrain ist im Bereich der hier massgeblichen Hauptfassade ca. 20 cm höher als bei der Kreuzgiebelfassade). Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.

Selbst wenn man die Kreuzgiebelfassade stärker gewichten müsste, könnte dies nicht eine veränderte Annahme des Hauptfassadenverlaufs bedeuten, sondern höchstens die gestaffelte Bemessung der Gebäudehöhe bewirken. In diesem Falle wäre aber die Gebäudehöhe im östlichen und westlichen Bereich (also Längsfassade ohne Kreuzgiebelbereich) auf mehr als einem Drittel der Fassadenlänge überschritten.

c) Die Beschwerdeführer machen geltend, ohne Vergrösserung der Grenzabstände könnte man höher und in gestalterischer Hinsicht wahrscheinlich vielfach weniger sorgfältig bauen, als dies vorliegend der Fall sei. Die gesetzlich zulässige Gebäudehülle ist jedoch für die Bemessung der Gebäudehöhe nicht entscheidend. Auszugehen ist von den geplanten massgeblichen Fassaden einerseits und der gewählten Dachform, allenfalls der 45-Grad-Linie, anderseits (so die Erwägungen zur nordöstlichen Fassade), nicht aber von einer rein hypothetischen Gebäudehülle mit hypothetischen Hauptfassaden. Der Regierungsrat weist vernehmlassend zu Recht darauf hin, dass die geltend gemachten, massiger und schlechter gestalteten Bauvarianten mit der Einhaltung der Gebäudehöhe nicht zwingend bewilligungsfähig wären. Es ist bei dieser Gelegenheit anzumerken, dass es der kommunale Gesetzgeber in der Hand hat, mittels eigenen Bauvorschriften (z. B. max. Firsthöhe, max. Vollgeschosszahl, besondere Vorschriften für Hanglagen etc.) auf die Gestaltung einer Baute bzw. eines Überbauungscharakters mehr oder minder Einfluss zu nehmen. Der Kanton gesteht den Gemeinden diesbezüglich einen grossen Spielraum zu. Es kann deshalb nicht angehen, den kantonalen Begriff der Gebäudehöhe fallweise so auszulegen und anzuwenden, dass fehlende kommunale Einflussmöglichkeiten substituiert oder mangelhafte kommunale Differenzierungen korrigiert werden.

d) Unbehelflich ist der Einwand, der Regierungsrat lasse offen, weshalb das oberste Geschoss kein Attikageschoss sein könne. Die vom Gericht vorgenommene Rechtsauslegung geht davon aus, dass Attikageschosse und Dachbrüstungen gegenüber Schrägdächern bzw. Aufbauten bei Schrägdächern nicht bevorzugt werden. Müsste man somit von einem Attikageschoss ausgehen, kann gar kein anderes Beschwerdeergebnis eintreten. Abgesehen davon ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit Attikageschossen und Dachbrüstungen horizontal abschliessende Dach(auf)bauten meint (vgl. auch oben erwähnte architekturhistorische Hinweise).

Zu Recht wird von den Parteien nicht mit der in der Höhe gestaffelten Bauweise argumentiert (§ 60 Abs. 5 PBG). Trotz der starken Gliederung kann vorliegend weder in vertikaler noch in horizontaler Hinsicht von einer Staffelung gesprochen werden (vgl. aber obiter dictum in Erw. 7b in fine).

Zu Recht hat der Regierungsrat im übrigen die Nichtberücksichtigung der beiden Giebeldreiecke sowie der beiden Kreuzgiebel akzeptiert.

(…)

(VGE 536/94 vom 7. Juli 1994).

 

5

Baurecht

Einordnung. Für die Beurteilung der Einordnung des geplanten Gebäudevolumens ist primär die geltende Zonenordnung und nicht eine in dieser Zone nicht vorgesehene, aber lokal bestehende, kleinräumliche Bausubstanz massgebend (Erw. 4 c).

Aus den Erwägungen:

c) In der Folge ist die Frage zu behandeln, ob in bezug auf die hinreichende Eingliederung des vorliegenden Mehrfamilienhausprojektes der bestehenden vorherrschenden Struktur («EFH-Charakter») oder der geltenden Zonenordnung der Vorrang gebührt. Diesbezüglich wird im angefochtenen RRB (zutreffend) ausgeführt, dass als Massstab der Einordnung in erster Linie von der Zonenordnung im betreffenden Gebiet auszugehen ist. Nicht im Vordergrund steht die bereits vorhandene Umgebung, zumal nicht angenommen werden kann, dass auf dem Umwege über das Einordnungsgebot die getroffene Nutzungsordnung wieder ausser Kraft gesetzt werden kann (vgl. zit. RRB, Erw. 3d, S. 6, mit Hinweisen, u.a. auf VGE 507/86 vom 17.7.1986). Das Verwaltungsgericht war im angeführten Präjudiz mit einer analogen Fragestellung konfrontiert, nämlich ob der Gemeinderat hinsichtlich der Eingliederung eines Mehrfamilienhausprojektes in das Orts- und Landschaftsbild zu Recht von der Zonenordnung ausgehen durfte, oder ob er «ausschliesslich die lokal bestehende, kleinräumliche Bausubstanz als Massstab verwenden muss» (vgl. Prot. 1986, S. 513 unten). Das Gericht führte damals u.a. zusammengefasst (sinngemäss) aus,  
dass eine lokal bestehende Bausubstanz dann als  massgebendes Kriterium für die Einordnungsfrage gelten könne, wenn dies im entsprechenden Baureglement entsprechend vorgeschrieben werde (z.B. im Falle eines historisch gewachsenen Dorfkerns erhöhte Anforderungen an die Gestaltung von Bauten in der entsprechend ausgestalteten Dorfkernzone usw.), was damals nicht der Fall war,
dass die Stimmbürger das betreffende Areal einer Zone für Bauten mit zentrumsbildender Funktion zugewiesen hatten (und somit eine Erhaltung der bestehenden, kleinräumlichen Struktur am fraglichen Ort nicht beabsichtigt war),
dass die Stimmbürger mit der Wahl einer Zentrumszone (Zone für Bauten mit zentrumsbildender Funktion) statt einer Einfamilienhauszone (oder W2-Zone), eine Abwägung der involvierten öffentlichen Interessen vorgenommen haben, und zwar in dem Sinne, dass dem Bedürfnis nach Wohnungen (statt EFH) mehr Gewicht verliehen wurde («haushälterische Nutzung des Bodens», vgl. Art. 1 RPG),
dass Eingliederungsgebote nur ausnahmsweise eine Reduktion des an sich zulässigen Bauvolumens zu rechtfertigen vermögen, da dem Grundeigentümer grundsätzlich ein Anspruch zusteht, seinen Boden im Rahmen der jeweiligen Zonenordnung baulich auszunützen,
dass bei der Überprüfung der Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe des kommunalen Rechts – wozu auch der Einordnungsgrundsatz gehört – Zurückhaltung angebracht ist, weil die Beschwerdeinstanz ihre Beurteilung nicht einfach an die Stelle der Beurteilung durch die Gemeindeorgane setzen darf, da es nach der Struktur des Kantons in erster Linie Aufgabe der Gemeinde ist, die ihr durch das kantonale Recht belassenen Handlungsspielräume auszufüllen. Dies rechtfertigt regelmässig erst dann ein Eingreifen der Beschwerdeinstanz, wenn die beanstandete Einordnung schwerwiegende Mängel aufweist und sich deshalb nicht vertreten lässt,
und dass beispielsweise auch im Kanton Aargau sich der Massstab für den Ortsbildschutz sich in erster Linie aus der Zonenordnung und nicht aus dem Zustand der tatsächlichen Überbauung ergibt (vgl. zit. VGE 507/86, Erw. 5a bis 3, mit Hinweisen, u.a. auf Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau, N. 3b zu § 159, AGVE 1980, S. 297 und 1977, S. 237).

An dieser Rechtsprechung ist – auch unter Einbezug des am 1. Sept. 1988 in Kraft getretenen PBG – weiterhin aus den folgenden Gründen festzuhalten: § 56 PBG versteht sich als Mindestvorschrift (vgl. § 52 Abs. 1 PBG) und verlangt, dass das Landschafts-, Orts-, Quartier- und Strassenbild nicht gestört wird. Im vom Justizdepartement ausgearbeiteten Musterreglement wird diese kantonalrechtliche Vorgabe folgendermassen in mögliches kommunales Recht umgesetzt: «Bauten und Anlagen sind so zu gestalten, dass sie hinsichtlich ihrer Gesamterscheinung (Stellung, Form, Staffelung und Gliederung der Baumassen, Dachform und Dachneigung, Material, Farbgebung, Umgebung) das massgebliche Landschafts-, Orts-, Quartier- und Strassenbild nicht stören. Im kommunalen Baureglement (BauR) werden nach Art. 5 Abs. 1 BauR Bauten nur dann bewilligt, wenn sie sich durch die Bau-, Fassaden-, Terrain- und Dachgestaltung, Farbgebung usw. so in die bauliche Umgebung, das Strassen-, Orts- und Landschaftsbild einfügen, dass eine befriedigende Gesamtwirkung erzielt wird. Für Bauten und Anlagen in der Kernzone, an exponierten Hanglagen, im Sichtbereich von künstlerisch und geschichtlich wertvollen Stätten sowie bei Bauten, die das Strassen-, Platz- oder Landschaftsbild beeinflussen, werden erhöhte Anforderungen an die Gestaltung/Eingliederung vorgeschrieben (vgl. Art. 5 Abs. 3 BauR). Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich, dass die aktuellen, hier massgeblichen kommunalen Vorschriften den kantonalen Mindestrahmen nicht unterschreiten. Im übrigen kommt auch nach kantonalem Recht einerseits der Gemeinde nach wie vor ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, weil die örtlichen Verhältnisse von massgeblicher Bedeutung sind. Dies hat zur Folge, dass die Beschwerdeinstanzen nur zurückhaltend die Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe (Orts- und Landschaftsbild usw.) überprüfen. Anderseits gilt als primärer Massstab der Einordnung weiterhin die Zonenordnung im betreffenden Gebiet, die bestehende Überbauung steht hingegen nicht im Vordergrund, wird aber – je nach den konkreten Umständen – mehr oder weniger mitberücksichtigt (vgl. VGE 516/91 vom 18.6.1991, Erw. 4b/ee, Prot. S. 541f.).

Im konkreten Fall ist zu berücksichtigen, dass für das zu beurteilende, direkt an die Bahnlinie (…) angrenzende W3-Areal die erhöhten Anforderungen gemäss Art. 5 Abs.  3 BauR nicht gelten. Hier haben die Stimmbürger mit der Wahl einer W3-Zone nördlich der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen einerseits und der Kernzone anderseits dokumentiert, dass im Anschluss an den Dorfkern eine dreigeschossige Wohnbauweise (statt eine EFH-Zone bzw. W2-Zone) aus planerischer Sicht vorzuziehen ist. Somit sprechen auch die Grundsätze der haushälterischen Bodennutzung und der verdichteten Bauweise (im Nahbereich zum Dorfkern) für die damals gewählte Zonenart mit höherer Überbauungsintensität. Überdies gilt auch hier, dass das Gericht die Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe des kommunalen Rechts praxisgemäss zurückhaltend überprüft. Hinzu kommt, dass dem Gericht, soweit es als zweite kantonale Beschwerdeinstanz entscheidet, keine Prüfung der richtigen Handhabung des Ermessens zukommt (vgl. § 55 Abs. 2 lit. a VRP e contrario). Im übrigen gilt nicht nur im schwyzerischen und aargauischen, sondern auch im bernischen, waadtländischen und zürcherischen Recht, dass Orts-/Landschaftsschutzgründe die äussere Gestaltung von Bauten oder Anlagen beeinflussen, in der Regel aber Art und Mass der zulässigen Nutzung nicht einschränken können (vgl. Zaugg, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern vom 9.6.1985, N 15 zu Art. 9/10; BVR 1977, S. 423; BGE 101 Ia 223 oben betr. Art. 57 des waadtländischen Gesetzes vom 5.2.1941 über Bauten und Landerschliessung; BGE 114 Ia 346 betr. § 238 PBG des Kantons Zürich: «Hat der Gesetzgeber z.B. eine bestimmte Geschosszahl zugelassen, ginge es nicht an, generell nur ein Geschoss weniger zu bewilligen mit der Begründung, nur dadurch würde eine gute Gesamtwirkung erreicht.»). Ferner bringt der Bf. – abgesehen von seinen sinngemässen Einwänden gegen die Grösse des Projektes (Geschosszahl, Gebäudehöhe, Firsthöhe) – keine substantiierten Einwände hinsichtlich der Architektur des Projektes vor, weshalb sich diesbezügliche Ausführungen erübrigen.

Aus all diesen Gründen ist das vorinstanzliche Ergebnis, wonach die Gestaltungsbestimmungen einer Bewilligung des vorliegenden Projektes nicht entgegenstehen, zusammenfassend nicht zu beanstanden.

(VGE 509/94 vom 14. April 1994).

 

6

Baurecht

Anrechenbare Geschossfläche. Dem Eigenbedarf einer Liegenschaft dienende Einstellräume für Motorfahrzeuge zählen nicht zur anrechenbaren Geschossfläche.  
Dieser Eigenbedarf ist grundsätzlich nach objektiven Kriterien zu ermitteln (Erw. 2 b).

Aus den Erwägungen:

Nach konstanter Rechtsprechung zählen die dem Eigenbedarf einer Liegenschaft (bzw. des darauf stehenden Gebäudes) dienenden Einstellräume für Motorfahrzeuge grundsätzlich nicht zur anrechenbaren Geschossfläche (vgl. die zutreffenden Ausführungen auf S. 12f. des angefochtenen RRBs mit Hinweis auf EGV-SZ 1982, Nr. 46; vgl. auch Friedrich/Spühler/Krebs, Bauordnung der Stadt Winterthur, N 9b zu § 23; Zimmerlin, Bauordnung der Stadt Aarau, N 7 zu § 24).

In der Folge ist die Frage zu prüfen, ob alle bzw. wie viele der geplanten Einstellplätze zum Eigenbedarf des vorliegenden Bauvorhabens zu zählen sind. Dieser Eigenbedarf ist grundsätzlich nach objektiven Kriterien zu ermitteln und darf – soweit der kommunale Gesetzgeber (wie hier) lediglich ein Minimum, aber kein Maximum an Motorfahrzeugabstellplätzen vorschreibt – etwas höher sein als der gesetzlich normierte Mindestbedarf.

(VGE 566/93 vom 25. März 1994).

 

7

Baurecht

Legalitätsprinzip. Die Rechtsanwendungsorgane haben sich an die Vorgaben des Gesetzgebers zu halten (hier 1,5 Abstellplätze pro Wohnung).  
Ersatzabgabe. Der Bauherr kann die für seine Überbauung benötigten und bereits erstellten Abstellplätze nicht nachträglich durch Bezahlung einer Ersatzabgabe für andere Zwecke freikaufen (Erw. 2 e).

Aus den Erwägungen:

Soweit die Bf. vor Verwaltungsgericht Kritik an den kommunalen Bauvorschriften vorträgt und namentlich rügt, dass der Ansatz von 1,5 Abstellplätzen pro Wohnung in Anbetracht der Zentrumslage «ökologisch gesehen ein barer Unsinn» sei, ist klarzustellen, dass derartige Kritik an den Gesetzgeber zu richten ist. Im Streitfall haben sich die Rechtsanwendungsorgane grundsätzlich an die Vorgaben des Gesetzgebers zu halten. Mithin müsste zunächst Art. 24 Abs. 2 BauR (bzw. der identische Art. 17 Abs. 2 des neuen Reglementes) abgeändert werden, damit auf das Erfordernis von 1,5 Abstellplätzen pro Wohnung verzichtet werden könnte.

Ebensowenig besteht ein Anspruch des Bauherrn darauf, dass er die für seine Überbauung benötigten und bereits erstellten Abstellplätze nachträglich durch Leistung einer Ersatzabgabe für andere Zwecke freikaufen kann. Diesbezüglich wird im angefochtenen RRB zutreffend ausgeführt, dass im Verhältnis zur Primärverpflichtung (Parkplatzerstellung) die Ersatzabgabe (Abgeltung) stets subsidiär ist. Für die Abstellplatzersatzabgabe bedeutet dies, dass sie erst verlangt werden kann, wenn der betroffene Grundeigentümer nicht zur Realerfüllung angehalten werden kann. Umgekehrt folgt aus dem Grundsatz der Subsidiarität, dass es nicht im Belieben des Pflichtigen steht, auf welche Weise er seine Erstellungspflicht erfüllen will. Soweit und solange ihm die Realerfüllung möglich und zumutbar ist, hat er seiner Pflicht auf diese Weise nachzukommen. Nur wenn die primäre Leistungspflicht aus irgendwelchen Gründen entfällt, kommt die Ersatzabgabe überhaupt zum Zuge (vgl. zit. RRB, Erw. 5b, S. 9 mit Hinweis auf Fritz Frey, Die Erstellungspflicht von Abstellplätzen für Motorfahrzeuge nach zürcherischem Recht, Diss. Winterthur 1987, S. 108f.).

(VGE 638/93 vom 20. Januar 1994).

 

8

Baurecht

Zonenvorschriften. Andere als die rechtsgültigen kommunalen Zonenvorschriften sind grundsätzlich nicht anwendbar (keine positive Vorwirkung der hängigen Nutzungsplanrevision) (Erw. 1).  
Ausnahmebewilligung (§ 73 PBG). Ein langwieriges Nutzungsplanverfahren bzw. ein veralteter Zonenplan vermögen keine Ausnahmesituation zu begründen (Erw. 2).

Aus den Erwägungen:

1. Die Beschwerdeführer machen primär geltend, dass aufgrund der heute gültigen Rechtslage Kat.-Nr. X nicht mehr der Zone W2, sondern der Zone WG des geltenden Baureglementes zugehört (…). Dem ist nicht so.

a) Die fragliche Bauliegenschaft befindet sich unbestrittenermassen in der Zone W2 des gültigen Zonenplanes vom 12. Juni 1978. Das Baureglement desselben Datums wurde am 2. Dezember 1990 total revidiert und am 26. März 1991 vom Regierungsrat genehmigt (ABl 1991, 428). Gemäss Art. 59 des neuen BauR ist mit Inkrafttreten dieses neuen Baureglementes nur das alte Baureglement vom 12. Juni 1978 aufgehoben worden. Der gültige Zonenplan 1:2000 ist weiterhin Bestandteil des Baureglementes (Art. 3 Abs. 1 BauR). Raumplanungsrechtlich handelt es sich mithin um eine weiterhin rechtsgültige Zuordnung der Parzelle Kat.-Nr. 1516 in die Zone W2 (§§ 28f. PBG, Art. 26 RPG, EGV-SZ 1991, S. 23; eine nichtgenehmigte altrechtliche Zonenplanung hätte im übrigen zur Folge, dass an deren Stelle die einführenden Massnahmen gemäss Art. 36 RPG treten würden, daraus könnten die Bf. mithin keine Zuordnung zur Zone WG ableiten, vgl. BGE 118 Ib 38ff.).

Soweit im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens die anzuwendende Nutzungsplanung akzessorisch überprüft werden kann, nützt dies den Beschwerdeführern a priori nichts, denn das Ergebnis wäre höchstens die Nichtgültigkeit des geltenden Rechts, nicht aber die Gültigkeit einer veränderten Zonenzuweisung innerhalb der Bauzone (also WG [bzw. WG3 gemäss aufgelegter revidierter Nutzungsplanung] statt W2). Käme man zum Ergebnis, dass eine reine Wohnzone wegen der Lärmvorbelastung übergeordnetem Recht widersprechen würde, so ergibt sich aus dieser Tatsache nicht zwingend, welche konkrete Nutzungszone statt der W2 hier anzunehmen wäre. Vielmehr müsste man zwischen verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten (gemischte Zone, Gewerbezone, Auszonung etc.) und Nutzungsintensitäten (Geschosszahl, AZ etc.) wählen, was klarerweise nicht in der Kompetenz der rechtsanwendenden, akzessorisch prüfenden Behörde, sondern in der Kompetenz des Gemeindesouveräns und des genehmigenden Regierungsrates liegt. Es ist primär Aufgabe der Aufsichtsbehörde, einem rechtskräftig genehmigten Nutzungsplan die Geltung abzusprechen (BGE 115 Ib 341; § 16 PBG). Im nachträglichen Baubewilligungsverfahren ist aus Gründen der Rechtssicherheit die Anfechtung eines rechtmässig ergangenen Nutzungsplanes grundsätzlich unzulässig (BGE 115 Ib 341 mit weiteren Zitaten; § 26 VRP; Rhinow/Krähenmann, Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 11 B II c; EJPD, Erläuterungen zum RPG, Einl. N 51ff., Art. 21 N 13, Art. 33 N 15).

b) Die Beschwerdeführer stützen ihre Argumentation hauptsächlich auf einen «rechtskräftig erlassenen Lärmkataster». Sie werfen in diesem Zusammenhang dem Regierungsrat vor, er übersehe, «dass die Lärmschutzverordnung mit dem konkret ausgeschiedenen und verabschiedeten Lärmkataster direkt raumplanungsrechtliche Anwendung gefunden hat, nämlich indem das … Stimmvolk ihre Anwendung in ihr neues Baureglement aufgenommen hat, welches vom Regierungsrat selber approbiert wurde.» Sie folgern, da gemäss Baureglement in der Lärmempfindlichkeitsstufe III nur die lärmunempfindlicheren Zonen WG, G und I realisiert werden können, habe das Volk die Umzonung ihrer Liegenschaft bereits vorgenommen. Wie es sich mit dem «rechtskräftig erlassenen Lärmkataster» genau verhält, kann hier offenbleiben (vgl. auch Verwaltungsbeschwerde vom 24.6.1993, S. 3). Unbestritten ist, dass die Liegenschaft der Beschwerdeführer wegen der Kantonsstrasse (und evtl. auch wegen der nordseitig verlaufenden SBB-Linie) lärmvorbelastet und der Lärmempfindlichkeitsstufe III zuzuweisen ist (vgl. angef. GRB vom 28.5.1993, S. 4 unten). Zu behaupten, mit der nicht planbezogenen Zuweisung der Empfindlichkeitsstufen zu den rechtsgültigen Nutzungszonen (Art. 46 BauR) habe der kommunale Gesetzgeber bereits die von den Beschwerdeführern verlangte Umzonung in die WG vorgenommen, ist unzutreffend. Der Gesetzgeber hat unbesehen des rechtsgültigen Zonenplanes die Zuweisung der Empfindlichkeitsstufen angeordnet (Art. 44 Abs. 2 LSV) und dabei in Kauf genommen, dass im Einzelfall die Zuweisung nicht sachgerecht erfolgte. Für reine Wohnzonen entlang der Kantonsstrasse und/oder SBB-Linie wird sich jedenfalls das Problem stellen, ob sich die Vorgaben der Empfindlichkeitsstufe II – unter Berücksichtigung von Art. 31 LSV [Baubewilligungen in lärmbelasteten Gebieten] – überhaupt einhalten lassen. Hier ist u.U. ein akzessorisches Prüfungsergebnis vorstellbar, das im Einzelfall zwingend die Zuweisung in die nächsthöhere Lärmempfindlichkeitsstufe, also in die Stufe III, gebieten würde (Art. 43 Abs. 2 LSV), denn man kann nicht in einer lärmvorbelasteten reinen Wohnzone (vorläufig) an der gültigen Nutzungsordnung festhalten, jedoch eine sachgerechte und bundesrechtskonforme Zuweisung der Empfindlichkeitsstufe vorenthalten. Aus dieser Widersprüchlichkeit kann indes nicht gefolgert werden, der Gesetzgeber habe eine Umzonung in die WG, allenfalls in die künftige WG 3 vorgenommen. Die Lärmvorbelastung ist nur ein Aspekt der Nutzungsordnung. Sie lässt verschiedenste Lösungsvarianten zu, und insbesondere wird damit in keiner Weise die zulässige Baumasse, vor allem die Geschosszahl (um welche es hier letztlich geht), vorbestimmt. Im übrigen verweist der Regierungsrat zu Recht darauf, dass eine positive Vorwirkung der anstehenden Nutzungsplanrevision unzulässig ist, dies um so mehr, als die aufgelegte WG3 betr. die beschwerdeführerische Liegenschaft Gegenstand von Einspracheverfahren ist (…).

c) Die Beschwerdeführer berufen sich auf die derogatorische Kraft übergeordneten Rechts. Wie bereits dargelegt, wird es möglich sein, auf der Basis des rechtsgültigen Zonenplanes (W2) den übergeordneten Lärmschutzvorschriften gerecht zu werden (Art. 22 Abs. 2 USG; Art. 31, 43 Abs. 2 LSV). Im angefochtenen GRB hat der Gemeinderat – was hier nicht bestritten wird und deshalb keiner eingehenden Prüfung bedarf – den Beschwerdeführern «eine Ausnahme im Rahmen der Empfindlichkeitsstufe III» in Aussicht gestellt und zudem festgehalten, dass der vorgesehene Gewerbebetrieb als nicht störend eingestuft werden könne, womit die Zonenkonformität bejaht wird (Art. 37 Abs. 2 BauR). Weshalb sich die Beschwerdeführer dennoch gegen den Gemeinderatsbeschluss wehren, ergibt sich aus der Verwaltungsbeschwerde vom 24. Juni 1993, S. 8, wo im Zusammenhang mit der Ausnahmesituation u.a. ausgeführt wird: «Eine vorläufig zweigeschossige Baute, wie sie den Beschwerdeführern vorgeschlagen wurde, zu fordern, ist willkürlich. Aufgrund der grossen Lärmbelastung, die sie zur Kantonsstrasse hin hat, und der Zuordnung zur Lärmempfindlichkeitsstufe III, muss sie eine WG-zonenkonforme Baute darstellen. Die Dreigeschossigkeit ist heute in Beachtung der übergeordneten Interessen der Raumplanung und des Standes der Zonenplanrevision – eine WG2-Zone ist überdies im Zonenplanentwurf gar nicht vorgesehen – das einzig vertretbare.» Die Beschwerdeführer möchten mithin ein dreigeschossiges Wohn- und Gewerbehaus in der (noch) rechtsgültigen, zweigeschossigen Wohnzone erstellen. Dies ist (zumindest vorläufig) nicht zulässig, und auch die Umsetzung des übergeordneten Umweltschutz- und Raumplanungsrechtes vermag den Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführer nicht zu stützen. Das Bundesrecht spricht sich nicht über zulässige Baumassen in den Bauzonen aus. Hierüber hat der Kanton bzw. die Gemeinde zu befinden. Im neuen Baureglement wird explizit auf den gültigen Zonenplan als Bestandteil des Baureglementes verwiesen und somit auf die Zone W2 betr. die beschwerdeführerische Liegenschaft (Art. 3 Abs. 1 BauR). Die angestrebte Dreigeschossigkeit kann somit aufgrund des anzuwendenden gültigen Baureglementes nicht zugestanden werden.

Dass mittels Anwendung des Umweltschutzrechtes nicht direkt eine Umzonung angeordnet werden kann, zeigt sich im übrigen auch anhand von Art. 24 Abs. 2 USG. Werden die Planungswerte in einer bestehenden, aber noch nicht erschlossenen Bauzone – was hier nicht der Fall ist – überschritten, so sind sie einer weniger lärmempfindlichen Nutzungsart zuzuführen. Solche Umzonungen dürfen aber nur dann vorgenommen werden, wenn sie mit den Vorschriften des Bau- und Planungsrechts (insbesondere Art. 1 und 3 RPG) vereinbar sind (Kommentar zum Umweltschutzgesetz, Art. 24 N 14). Es versteht sich, dass man dieser letzteren Voraussetzung nicht im Rahmen eines akzessorischen Überprüfungsverfahrens gerecht werden kann. Vielmehr sind die hiefür geschaffenen Verfahrenswege und -zuständigkeiten zu beachten.

d) Die Beschwerdeführer kritisieren – unter speziellem Hinweis auf die vom September 1986 bis September 1991 angeordnete Planungszone und den bereits 1987 verabschiedeten Lärmkataster – den Gemeinderat, weil dieser bis heute eine sachgerechte Umzonung nicht zustande brachte. Ob und wer hier allenfalls eine nicht fristgerechte Nutzungsplanänderung zu verantworten hat, kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Im Rahmen eines Vorentscheidverfahrens gäbe die Bejahung dieser Vorwürfe dem Gericht nicht das Recht, den bestehenden Zonenplan abzuändern. Hier käme höchstens das aufsichtsrechtliche Verfahren gemäss § 16 PBG in Frage. Nachdem aber zwischenzeitlich das Auflageverfahren des revidierten Nutzungsplanentwurfes erfolgte und das Einspracheverfahren beendet ist (vgl. Beschwerdevernehmlassung des Gemeinderates vom 15.3.1994, S. 3), würde ein entsprechendes Vorgehen wenig Sinn machen.

2. Im Sinne eines Eventualstandpunktes verlangen die Beschwerdeführer, dass eine Ausnahmebewilligung für das eingereichte Bauprojekt in Aussicht gestellt werde.

Das eingereichte Bauprojekt (Pläne vom 26.3.1993) überschreitet die zulässigen Höchstmasse für die Zone W2 zumindest hinsichtlich Gebäude-, Firsthöhe, Ausnützungsziffer und Geschosszahl massiv, auch die zulässige Gebäudelänge von 30 m wird um 6 m überschritten (Erdgeschoss, keine Nebenbaute). Ausgangspunkt der Planung waren offenkundig die geltenden Vorschriften der WG. Sie sehen im Gegensatz zur W2 (in Klammer) folgende Höchstmasse vor: Vollgeschosszahl: 4 (2), AZ: 0.8 (0.43), Gebäudehöhe: 13 m (7 m), Firsthöhe: 16 m (11 m), Gebäudelänge: 50 m (30 m). Eine summarische Prüfung ergibt, dass die Firsthöhe nordseitig etwa dem zulässigen Höchstmass in der WG entspricht (16 m), ebenso in etwa die Ausnützungsziffer (0.77).

Ausnahmen von den im PBG und kommunalen Baurecht festgelegten Bestimmungen sind zu bewilligen, wenn und soweit besondere Verhältnisse es rechtfertigen, insbesondere wenn:  
a) sonst eine unzumutbare Härte einträte;
b) dank der Abweichung wegen der örtlichen Gegebenheiten eine bessere Lösung erzielt werden kann;
c) Art, Zweckbestimmung oder Dauer des Gebäudes eine Abweichung nahelegen oder
d) dadurch ein Objekt des Natur- und Heimatschutzes besser geschützt werden kann. Eine Ausnahmebewilligung muss mit den öffentlichen Interessen vereinbar sein und darf keine wesentlichen Interessen von Nachbarn verletzen (§ 73 PBG).

Nach Ansicht der Beschwerdeführer ist der vorliegende Fall «ein Paradebeispiel eines solchen Ausnahmefalles». Durch die Vetrödelung der Planungspflicht der zuständigen Behörden sei auf der beschwerdeführerischen Liegenschaft, die ein konkreter Sonderfall im Clinch zwischen längst veraltetem Zonenplan einerseits und dem stärkeren und jüngeren Raumplanungsrecht und Umweltschutzgesetz sowie dem jüngeren und damit stärkeren Baureglement anderseits darstelle, eine Ausnahmesituation entstanden. Die Beschwerdeführer wollten ein Bauprojekt realisieren, das den strengen Anforderungen des Umweltschutzrechts und den programmatischen, verbindlichen Grundsätzen des Raumplanungsgesetzes vollumfänglich entspreche.

Dieser Argumentation kann überhaupt nicht gefolgt werden. Um den Anforderungen des Umweltschutzrechts und den programmatischen, verbindlichen Grundsätzen des Raumplanungsrechts zu entsprechen, bedarf es auf der fraglichen Liegenschaft mitnichten einer 16 m hohen Baute (statt 11 m), welche eine Ausnützung von 0.77 (statt 0.4) beansprucht. Die Problematik der Lärmvorbelastung bzw. Lärmempfindlichkeitsstufe ist nicht über den Weg einer Ausnahmebewilligung für ein massives Mehrvolumen (als in der Zone W2 zulässig) zu lösen, sondern über die in der Umweltschutz- und Raumplanungsgesetzgebung vorgezeichneten und in Erwägung Ziffer 1 dargelegten Instrumentarien. In Tat und Wahrheit wollen die Beschwerdeführer – auch wenn sie das in der Beschwerdeschrift
S. 7f. in Abrede stellen – in Anbetracht der zweifelsohne (und nicht nur in der Gemeinde X.) langwierigen Nutzungsplanrevision im Ergebnis eine positive Vorwirkung der künftigen Nutzungsplanung erreichen. (…) Für solche Ansinnen ist aber die Ausnahmebewilligung nicht geschaffen, und es käme einem Missbrauch dieses Institutes gleich, wenn dem Gesuch für eine Ausnahmebewilligung stattgegeben würde, zumal eine Vielzahl von Bauherrschaften in vergleichbaren Situationen sind. Zu erwähnen bleibt, dass das eingereichte Bauprojekt offenbar auch dem zurzeit aktuellen Entwurf widersprechen würde. Der Verwaltungsbeschwerde vom 24. Juni 1993 ist zu entnehmen, dass im aufgelegten Baureglementsentwurf «die Firsthöhe überraschenderweise nur 14 m» betrage, dass beim eingereichten Projekt aber von einer Firsthöhe von 16 m ausgegangen wurde (S. 8). Gerade diese Tatsache zeigt, wohin der Pfad der positiven Vorwirkung führen kann: zu einem Rechtszustand, der keine gesetzliche Grundlage hat und in Zukunft nicht finden wird.

Zusammenfassend haben die Vorinstanzen zu Recht eine Ausnahmebewilligung nicht in Aussicht gestellt. Daran vermögen die weiteren Ausführungen der Beschwerdeführer nichts zu ändern.

(VGE 530/94 vom 10. Juni 1994).

 

9

Baurecht

Ausnahmebewilligung (§ 73 PBG). Grenzbau als Ausnahmesituation bejaht.

Aus den Erwägungen:

3. Der Regierungsrat erblickt die Ausnahmesituation im Umstand, dass die Häuser A. und B. an der gemeinsamen Grenze zusammengebaut sind. Ohne Ausnahmebewilligung könnte der Beschwerdegegner keine Erweiterung des Gebäudevolumens und der Wohnfläche vornehmen, was indes eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Zudem lasse sich durch den Anbau an die bereits an der gemeinsamen Grenze bestehende Mauer eine bessere Lösung erzielen.

a) Wie der Regierungsrat festgestellt hat, liegt die Besonderheit des vorliegenden Falles im Grenzbau. Dieser Zusammenbau war im Zeitpunkt der Erstellung offensichtlich rechtskonform und der Beschwerdegegner konnte 1990 unter Berufung auf das Wiederaufbaurecht einen Ersatzbau erstellen, der wiederum mit dem Gebäude auf Kat.-Nr. 175 zusammengebaut wurde. Nach der unbestrittenen Rechtsauffassung des Regierungsrates ist hingegen nach geltendem Recht ein Grenzbau in der fraglichen Zone nicht mehr zulässig. Dies bedeutet, dass im Bereich der gemeinsamen Grenze keinerlei bauliche Veränderungen mehr möglich sind, soweit der Nachbareigentümer die Zustimmung verweigert. Ein solches faktisches Bauverbot im Bereich der gemeinsamen Grenze, das durch die vorerwähnte Baurechtsänderung bedingt ist, stellt eine unzumutbare Härte dar. Wäre, wie im Zeitpunkt der Ersterstellung der Gebäude, ein Zusammenbau auch heute noch zulässig, so würde das vorliegende Bauvorhaben – soweit die gemeinsame Grenze betroffen ist – zumindest öffentlich-rechtlich keine Schwierigkeiten bieten. Ursprünglich zulässige Grenzbauten, die nach geltendem Recht jedoch unerlaubt sind, bilden eine Ausnahme. Unter Ausnahmesituationen im Sinne von § 73 PBG sind jedoch gerade solche zu verstehen, in denen Bauvorschriften angewendet werden müssen, obschon die tatsächlichen Voraussetzungen wesentlich von denjenigen abweichen, die der Gesetzgeber im Auge gehabt hat. Der Gesetzgeber hat – gerade wegen der Seltenheit der Anwendungsfälle – Grenzbauten in Zonen, in denen die geschlossene Bauweise weder vorgeschrieben noch zugelassen ist (§ 64 PBG) nicht geregelt. Die Vorschriften betreffend Grenzabstand sind nun aber offensichtlich nicht auf solche untypischen Grenzbauten zugeschnitten. Würde der Auffassung des Beschwerdeführers gefolgt und eine Ausnahmesituation verneint, so würde dies – selbst wenn der Nachbareigentümer einverstanden wäre – zwingend nach einer Verweigerung der Baubewilligung rufen. Eine solche Rechtspraxis wäre völlig unbillig.

Aus all diesen Gründen ist das Vorliegen einer Ausnahmesituation im Sinne von § 73 Abs. 1 lit. a PBG zu bejahen.

(VGE 517/94 vom 10. Juni 1994).

 

10

Baurecht

Ausnahmebewilligung (§ 73 PBG). Hanglage (Bergseite nach Süden und Talseite nach Norden, mit Seeblick) vermag keine Ausnahmesituation zu begründen, wenn diese Konstellation in der betreffenden Gemeinde häufig auftritt (Erw. 3d).

Aus den Erwägungen:

d) Das Verwaltungsgericht hat im Entscheid VGE 569/91 vom 21. Nov. l991 i.S. G.M. ausgeführt, dass besondere topographische Verhältnisse, wie beispielsweise ausgesprochen steiles Bauland, in gewissen Fällen eine Ausnahmesituation begründen können. Voraussetzung dazu ist zunächst, dass die angesprochene besondere Topographie (z.B. abfallendes Bauland) im Baugebiet der betreffenden Gemeinde selten vorkommt. Denn von aussergewöhnlichen Verhältnissen kann nicht gesprochen werden, wenn eine bestimmte Situation in der betreffenden Gemeinde in einer Vielzahl von Fällen anzutreffen ist (vgl. zit. VGE 569/91 vom 21.11.91, Erw. 3f mit Hinweis auf EGV-SZ 1986, Nr. 38, S. 136, wonach der Zweck der Ausnahmebewilligung nicht darin bestehen kann, «Fehlleistungen» des Gesetzgebers zu korrigieren; vgl. auch Rhinow/Krähenmann, a.a.O., Nr. 37 III. a).

Im vorliegenden Fall befindet sich die Liegenschaft der Bf. in Hanglage, wobei die Bergseite nach Süden geht, derweil die nördliche Himmelsrichtung hangabwärts, mit Blick auf den Zürichsee, verläuft. Diese topographische Konstellation stellt in der Gemeinde (…) keine Besonderheit dar (vgl. abgesehen vom Gebiet «…», z.B. Teile des Gebietes «…» in … oder Teile der W2-Zone «…» usw.). Ist aber eine bestimmte Konstellation in der betreffenden Gemeinde grundsätzlich in einer Vielzahl von Fällen anzutreffen, vermag diese Konstellation für sich allein keine Ausnahmesituation zu begründen (vgl. oben, u.a. Rhinow/Krähenmann, a.a.O., S. 111 unten; vgl. auch AGVE 1978, S. 248f.; ZBl 1979, S. 127 unten).

Eine Ausnahmesituation ist aber auch nicht in der vorgebrachten Feuchtigkeit auf der Bergseite des Grundstückes zu erblicken. Feuchtigkeit wird durch viele Faktoren begünstigt, welche u.a. von der jeweiligen Wetterlage und den konkreten Besonnungs-/Schattenverhältnissen abhängig sind. Soweit die Besonnungsverhältnisse durch Entfernen/Zurückschneiden von schattenverursachenden Gebüschen verbessert werden können (und damit eine Verringerung der geltend gemachten Feuchtigkeit erzielt werden kann), liegt offensichtlich keine Ausnahmesituation vor. Soweit hinsichtlich der im Hang vorhandenen Gebüsche, Sträucher usw. (vgl. Beschwerdeschrift, Ziff. 8.1, Zeile 5) nur unwesentliche Verbesserungen der Besonnungsverhältnisse (durch Zurückschneiden/Entfernen) realisierbar sind, weil v.a. die Hanglage bzw. Krete Schatten verursacht, handelt es sich um eine topographische Konstellation, welche bereits bei der ursprünglichen Überbauung absehbar und entsprechend in der Planung (Ausrichtung/Belichtung der Zimmer, Wahl geeigneter Materialien, Einbau von Sickerleitung usw.) berücksichtigt werden konnte. Soweit der Bauherr bzw. sein Architekt bei der Überbauung gewisse Probleme unterschätzte oder übersah, vermag eine solche Handlungsweise grundsätzlich noch keine Ausnahmesituation zu begründen. Eine Ausnahmesituation wäre hingegen beispielsweise dann anzunehmen, wenn eine seit langem bestehende Form einer Baulandparzelle bei strikter Rechtsanwendung keine vernünftige Überbauung zuliesse (vgl. VGE 589/86 vom 18. Dez. 1986, Erw. 4 betreffend Gemeinde …). Dies ist hier indessen nicht der Fall, da die 687 m2 umfassende Liegenschaft der Bf. mit einem Zweifamilienhaus überbaut werden konnte. Überdies ist die Nutzung der betreffenden Grundstückfläche im Südteil des Grundstückes als Sitzplatz an sich unbestritten; lediglich eine intensivere bauliche Nutzung (des Sitzplatzes, mit Überdachung/Verglasung im Bereich des …) wird von den Vorinstanzen in Frage gestellt. Bereits angeführt wurde schliesslich, dass die Orientierung der Überbauung der Bf. (bzw. der Wohnung im 2. OG) nach zwei Richtungen (einerseits nach Norden mit Blick über den Zürichsee, anderseits nach Süden, hangaufwärts zur Krete), in den Gemeinden des Bezirkes Höfe grundsätzlich keine Besonderheit darstellt (vgl. auch VGE 589/86 vom 18.12.1986, Erw. 4).

(VGE 542/94 vom 5. August 1994).

 

11

Enteignungsrecht

Formelle Enteignung für ein Schulhaus mit Nebenanlagen. Der Umstand, wonach im Enteignungszeitpunkt noch kein Kreditbeschluss und keine Baubewilligung vorliegen, steht einer Enteignung nicht entgegen (Erw. 5).

Aus den Erwägungen:

5. a) Im Anschluss daran ist der sinngemässe Einwand der Bf. zu prüfen, wonach eine Enteignung unzulässig sei, solange nicht feststehe, ob und in welchem Ausmass ein bestimmtes Werk verwirklicht werden könne. Mit anderen Worten kritisiert die Bf., dass zurzeit weder ein Bau-, noch ein Kreditbeschluss für das Schulhausprojekt mit Nebenanlagen vorliege (vgl. Beschwerdeschrift, Ziff. 9 und Replik, Ziff. 4).

b) Das Verwaltungsgericht hatte sich noch nie mit einer Enteignung für ein Schulhaus mit Nebenanlagen zu befassen. Den vom Verwaltungsgericht beurteilten Enteignungsfällen lagen in der Regel geplante Tiefbauvorhaben zugrunde. In dem von den Bf. angeführten VGE 651/91 vom 18. Mai 1992 (= EGV-SZ 1992, Nr. 12) ging es um ein Bachverbauungsvorhaben. In diesem Entscheid stellte das Gericht u.a. fest, dass die Realisierung des Bachkorrektionsprojektes eine gewässerbaupolizeiliche Bewilligung, eine Bewilligung zur Beseitigung von Ufervegetation, eine fischereirechtliche Bewilligung, eine Raumplanungsbewilligung, einen Mitbericht der Fischerei- und Jagdverwaltung sowie eine Gewässerschutzbewilligung voraussetze. Im Ergebnis kam das Gericht zum Schluss, dass das administrativ-polizeiliche Plangenehmigungsverfahren vor dem Enteignungsverfahren durchzuführen sei, zumal die Überprüfung der Pläne im Enteignungsverfahren es nicht ausschliessen, dass im administrativ-polizeilichen Planauflageverfahren nochmals Anträge gestellt werden könnten, die auf eine Planänderung abzielen (vgl. EGV-SZ 1992, S. 24 und S. 25, Erw. ee).

Im VGE 615/88 vom 18. April 1989 handelte es sich um das Planauflageverfahren für einen Fuss- und Veloweg. In diesem Entscheid führte das Verwaltungsgericht in Erwägung 3b u.a. aus:

«Der notwendige Inhalt des Strassenauflageprojektes bestimmt die möglichen Einwendungen im Einsprache- und Beschwerdeverfahren. Sie können mithin strassentechnischer, sicherheitstechnischer, verkehrspolitischer (Bedürfnis), nachbarrechtlicher, umweltschützerischer etc. Natur sein. Fraglich ist allenfalls, inwieweit der Gesichtspunkt der Eigentumsbeschränkung im Planauflageverfahren zu beurteilen ist, gilt es doch zu bedenken, dass diese bereits im Rahmen der Nutzungsplanung – wenn auch teilweise unter anderen Gesichtspunkten – Beurteilungsgegenstand sein kann (…). Bis anhin war es zudem auch in einem allfälligen Enteignungsverfahren möglich, die rechtskräftige Linienführung unter dem Titel der Eigentumsbeschränkung zu beanstanden, da nach dem schwyzerischen Expropriationsrecht die Einwände gegen das Strassenprojekt selbst dann zu hören waren, als sie bereits im Planauflageverfahren rechtskräftig beurteilt wurden (vgl. BGE 107 Ia 99ff.; VGE 598/82 vom 30.12.1981, E.3, Prot. S. 737ff.). Zwischenzeitlich gilt seit 1. September 1988 die Regelung, dass im Beschwerdeverfahren gegen die Enteignung Begehren, welche die Änderung eines Planes bezwecken, der einem Auflage- und Einspracheverfahren unterzogen wurde, unzulässig sind (§ 2 Abs. 3 EntG). Unabhängig von dieser Gesetzesrevision (jetzt aber erst recht) war und ist davon auszugehen, dass die Frage der Eigentumsbeschränkung auch Gegenstand des Planauflageverfahrens ist. Dies gibt § 28 StrV mittelbar zu verstehen: Einmal aus dem Umstand, dass im Detailprojekt enthaltene Baulinien überprüfbar sind, was vernünftigerweise die Mitbeurteilung der Eigentumsbeschränkungsvoraussetzungen einbezieht. Wenn aber Eigentumsbeschränkungen aufgrund einer Planungsmassnahme zu beurteilen sind, so rechtfertigt sich dies erst recht bei durch Strassenprojekte bedingten Eigentumseingriffen. Anderseits muss es Zweck des Planauflageverfahrens sein, möglichst umfassend abzuklären, ob und wie ein Strassenprojekt realisiert werden kann. Hiezu gehört auch die im Lichte der verfassungsmässig garantierten Eigentumsgarantie vorgenommene Beurteilung der gesetzlichen Grundlage, des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit. Dies um so mehr, als im Kanton Schwyz regelmässig Enteignungsverfahren zeitlich nach dem Planauflageverfahren durchgeführt werden, da man in der Absicht auf Erzielung einer gütlichen Regelung möglichst lange mit der Enteignung zuwartet. Die Beurteilung der Eigentumsbeschränkung im Planauflageverfahren wird unter Umständen auch Enteignungsverfahren überflüssig machen, sei es, weil der Staat eine andere Linienführung wählt oder auf das Projekt gänzlich verzichtet, sei es, dass ein Grundeigentümer sich aufgrund der als zulässig bejahten Eigentumsbeschränkung zu einem freihändigen Verkauf entschliesst. (…) (vgl. Prot. K III, S. 312f., Hervorhebung nicht im Original)

c) Im konkreten Fall hat – wie oben erläutert – bereits insofern eine Planauflage stattgefunden, als am 11. Okt. 1991 der Teilzonenplan «…»  öffentlich aufgelegt und das Einspracheverfahren nach den §§ 25f. PBG eröffnet wurde (vgl. ABl 1991, S. … unten). Mit dieser geplanten Umzonung wurde ein Teil von KTN 303 (der Bf.) vom übrigen Gemeindegebiet zur Zone für öffentliche Bauten zugewiesen. Eine Einsprache – wozu nach § 25 Abs. 3 PBG jedermann berechtigt gewesen wäre – wurde nicht erhoben, auch nicht von der betroffenen Grundeigentümerin (= Bf.). Am 1. Mai stimmten die Stimmbürger der erwähnten Umzonung zu. Die regierungsrätliche Genehmigung erfolgte am 16. Juni 1992 (vgl. ABl 1992, S. … unten).

Es ist mit Bestimmtheit davon auszugehen, dass die Stimmbürger mit der Zustimmung vom 1. Mai 1992 über die Folgen der erwähnten Umzonung im Bilde waren, nämlich dass die Gemeinde dieses umgezonte Land früher oder später zum Zwecke der Erstellung der neuen Gemeindebauten (Schulhaus, Mehrzweckgebäude mit Nebenanlagen usw.) übernehmen werde (vgl. das vorne zitierte Traktandum 2 der Gemeindeversammlung vom 1. Mai 1992; vgl. analog auch BGE 115 Ia 394, 2. Abs. mit Hinweis auf BGE 98 Ia 298 E.4).

Des weitern ist zu berücksichtigen, dass bei öffentlichen Tiefbauvorhaben wie Strassenbauten oder Bachverbauungen in aller Regel mehr als ein einziger Grundeigentümer tangiert wird. Bei der Neuerstellung einer Strasse beispielsweise ist der Kreis der betroffenen Landeigentümer jeweils von der in Frage kommenden Linienführung abhängig. Erfährt ein Strassenprojekt im Planauflageverfahren eine Änderung in der Linienführung, wirkt sich dies konsequenterweise auf den entsprechenden konkreten Landbedarf aus. Von daher macht es i.d.R. wenig Sinn, bei Strassenbauvorhaben eine Landenteignung einzuleiten, bevor die Linienführung nicht definitiv bzw. das strassenrechtliche Planauflageverfahren abgeschlossen ist. Im konkreten Fall verhält es sich insofern anders, als die Neuerstellung des Schulhauses (mit Turnhalle/Mehrzweckgebäude usw.) am bereits erörterten Standort in der dafür ausgeschiedenen Zone für öffentliche Bauten verwirklicht werden soll. Auch wenn das vorliegende Projekt im Rahmen der Weiterbearbeitung noch gewisse bauliche Änderungen erfahren sollte (vgl. z.B. den in den Planunterlagen enthaltenen Vermerk, wonach der Einbau einer Abdankungshalle noch in Prüfung sei), ändern diese grundsätzlich nichts am dafür vorgesehenen und vom Stimmbürger im Rahmen der Umzonung «Husmatt» bestätigten Standort.

Hinzu kommt, dass die Befürchtungen der Bf., wonach hier sinngemäss «eine Enteignung auf Vorrat» betrieben werde (vgl. Beschwerdeschrift, S. 11), durch § 7 EntG aufgefangen werden. Sollte, aus welchen Gründen auch immer, innert zehn Jahren seit dem Erwerb des Rechtes der Enteignungsgegenstand nicht zum Enteignungszweck verwendet worden sein, kann die Bf. die Rückübertragung des enteigneten Landes verlangen (sofern sie dannzumal noch Eigentümerin des Restgrundstückes ist). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz der Bf. anzeigen muss, wenn sie den Enteignungsgegenstand veräussern will oder innert der erwähnten Frist von 10 Jahren nicht zum Enteignungszweck verwendet hat (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 EntG).

Abgesehen davon geht auch der sinngemässe Einwand der Bf. fehl, wonach zuerst (vor Durchführung des Enteignungsverfahrens) eine rechtskräftige Baubewilligung einzuholen gewesen wäre. Nach konstanter Lehre und Rechtsprechung darf eine Baubewilligung gar nicht erteilt werden, solange sich der Baugesuchsteller nicht über eine eigene Berechtigung am Baugrundstück ausweisen kann (vgl. E. Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau, 2.A. S. 370 und dort enthaltene Hinweise, u.a. AVGE 1972, S. 198, ZBl 1985, S. 120f.; P. Leutenegger, Das formelle Baurecht der Schweiz, S. 120; BJM 1961, S. 29; PVG 1989, Nr. 15 und Nr. 16 mit Hinweis auf einen unveröffentl. BGE vom 20.5.1985; Zaugg, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern, N. 10 und 11 zu Art. 53). In diesem Sinne ist nicht auszuschliessen, dass – wenn die Vorinstanz vor dem Landerwerb ein Baubewilligungsverfahren eingeleitet hätte – die Bf. im Einspracheverfahren gegen die Erteilung der Baubewilligung opponiert hätte mit dem Einwand, dass die Bauherrin hinsichtlich der betreffenden Teilparzelle gar nicht bauberechtigt sei.

Schliesslich fällt hier ins Gewicht, dass die Bauherrin – die Gemeinde … – für die Verwirklichung ihres Bauvorhabens in ausgeprägtem Ausmass auf den kantonalen Finanzausgleich angewiesen ist. Mit anderen Worten setzt die Realisierung eines Gemeindebauvorhabens bei einer im direkten Finanzausgleich stehenden Gemeinde vorab eine entsprechende Leistungszusicherung des Regierungsrates voraus (vgl. § 18 Abs. 2 und § 19 des kantonalen Gesetzes über den Finanzausgleich, nGS I-137). Eine solche Zusicherung liegt hier vor (vgl. RRB Nr. 153 vom 22.1.1991 sowie RRB Nr. 950 vom 1.6.1992), weshalb die Finanzierung des Bauvorhabens aus der Sicht der Bauherrin grundsätzlich gesichert ist. (Anzufügen ist, dass es sich bei dem von der Bf. angeführten Beispiel – Gewerbeschulhaus Goldau – nicht um eine vergleichbare Konstellation handelte, da es dort nicht um ein Bauvorhaben einer Finanzausgleichsgemeinde ging.)

d) Bei dieser konkreten Sachlage gibt in diesem konkreten Einzelfall die vorinstanzliche Vorgehensweise (zuerst Zusicherung betr. Leistungen des kant. Finanzausgleichs eingeholt – dann Zustimmung der Stimmbürger für notwendige Umzonung eingeholt – anschliessend nach Scheitern der Verhandlungen für einen freihändigen Landerwerb Enteignung eingeleitet) zusammenfassend zu keinen Beanstandungen Anlass.

Somit ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die Enteignung des erwähnten, der Zone für öffentliche Bauten zugewiesenen Parzellenteiles zum Zweck der Erstellung des vorliegenden Schulhausprojektes (mit Nebengebäuden/-anlagen) grundsätzlich erfüllt sind.

(VGE 659/93 vom 25. März 1994).

 

12

Enteignungsrecht

Materielle Enteignung. Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen. Wird bei der erstmaligen Schaffung einer raumplanerischen Grundordnung Land in die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen (Zone öBA) statt in eine andere Bauzone zugewiesen, so ist dies aus der Sicht des Grundeigentümers nicht eine Auszonung, sondern eine Nichteinzonung, welche nur ausnahmsweise den Tatbestand der materiellen Enteignung erfüllt. Im vorliegenden Fall wurde die Zuweisung in die Zone öBA als Nichteinzonung qualifiziert, welche auch nicht ausnahmsweise eine materielle Enteignung darstellt.  
Die Frage, welcher Preis bei einer formellen Enteignung für die Zone öBA zu entschädigen ist, konnte offengelassen werden, so insbesondere auch die Frage, «ob und unter welchen Voraussetzungen die von Gemeinwesen für öffentliche Bauten und Anlagen bei freihändigem Erwerb bezahlten, in der Regel erheblich über dem Ertragswert liegenden Landpreise die Entschädigungssumme beeinflussen könnten».

(VGE 622/88 vom 25. November 1994).

 

13

Gemeinderecht

Initiativrecht (§ 8 GOG). Teilweise Aufhebung einer Ungültigerklärung (Teilgültigkeit). Aufgrund einer summarischen Prüfung ist keine zweifelsfreie und offensichtliche Verletzung des im Raumplanungsrecht geltenden Grundsatzes der Planbeständigkeit auszumachen.

Aus dem Sachverhalt:

Acht Stimmberechtigte der Gemeinde Schwyz reichten folgendes mit «Einkaufscenter-Initiative» überschriebenes Initiativbegehren beim Gemeinderat Schwyz ein:  
«Das Baureglement der Gemeinde Schwyz vom 14.5.1987 ist dahingehend zu ergänzen, dass in allen Bauzonen Einkaufscenters höchstens eine Nettoverkaufsfläche, inklusive Zirkulationsflächen und Mall, von 18000 m2 aufweisen dürfen.
Diese Regelung gilt für alle am 22. November 1993 hängigen Baugesuche sowie für die nach diesem Zeitpunkt erteilten Baubewilligungen.»

Anlass zur Einreichung dieser Initiative war die geplante Erweiterung des Mythen-Centers von 15355 m2 um weitere 11890 m2. Der Gemeinderat erklärte das Initiativbegehren für ungültig. Diesen Beschluss akzeptierten die Initianten, soweit Absatz 2 des Begehrens (Rückwirkungsklausel) für ungültig erklärt wurde. Hingegen führten sie Beschwerde beim Verwaltungsgericht, weil Absatz 1 des Begehrens ebenfalls für ungültig erklärt wurde. Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde mit folgender Begründung gut:

Aus den Erwägungen:

1. Wenn ein Gemeinderat auf ein Initiativbegehren nicht eintrat, konnte bis anhin gemäss § 8 Abs. 3 des Gemeindeorganisationsgesetzes (GOG, nGS I/65) dagegen Beschwerde beim Regierungsrat geführt werden (§ 8 Abs. 3 GOG in der Fassung vom 29.10.1969). Im Zuge der Revision des Gesetzes über die Wahlen und Abstimmungen (WAG) vom 27. Januar 1993, angenommen an der Volksabstimmung vom 6. Juni 1993 (ABl. 1993 S. 735), in Kraft getreten am 1. August 1993 (ABl. 1993 S. 834), erhielt § 8 Abs. 3 GOG folgende Neufassung:

«Verfügungen über die Zulässigkeit von Initiativbegehren sind den Initianten mitzuteilen; der Entscheidspruch ist zusammen mit dem Begehren im Amtsblatt zu veröffentlichen. Sie können innert zehn Tagen mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht angefochten werden.»

Das Verwaltungsgericht ist somit zur Behandlung der fristgerecht eingereichten Beschwerde zuständig.

2. a) Nach § 8 Abs. 1 GOG tritt der Gemeinderat auf ein Initiativbegehren nicht ein, wenn es (a) sich nicht auf einen Gegenstand bezieht, zu dessen Behandlung die Gemeindeversammlung zuständig ist, (b) der Grundsatz der Einheit der Materie nicht gewahrt ist, (c) dem Bundes- oder kantonalen Recht widerspricht oder (d) einen unmöglichen Inhalt aufweist.

b) Der Gemeinderat zitiert Art. 21 Abs. 2 RPG, wonach Nutzungspläne dann zu überprüfen und anzupassen sind, wenn sich die Verhältnisse erheblich geändert haben. Daraus folge, dass eine Initiative wegen Verletzung von Art. 21 RPG und mithin also wegen Verletzung von Bundesrecht als ungültig zu erklären sei, wenn sie die Abänderung eines Nutzungsplanes kurze Zeit nach dessen rechtskräftiger Genehmigung verlange, ohne dass die Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Die Nutzungsplanung der Gemeinde Schwyz sei im Jahre 1991 in Kraft getreten. Bereits damals sei absehbar gewesen, dass das bestehende Einkaufscenter erweitert werde und die Zuweisung der Liegenschaften … in die Zentrumszone eine erhebliche Erweiterung der bestehenden Bauten und Anlagen ermögliche. Es wäre Sache der Initianten gewesen, im Zeitpunkt des Auflageverfahrens der Zonenplanung eine Nutzungsbeschränkung zu beantragen. Nachdem die Stimmberechtigten der Zuweisung der obgenannten Liegenschaften in die Zentrumszone zugestimmt hätten, hätten sich Grundeigentümer und die Stimmberechtigten auf den Bestand der Zonenplanung verlassen dürfen. Eine Abänderung des Zonenplanes drei Jahre nach dessen Inkrafttreten im Jahre 1991 sei mit dem Grundsatz der Planbeständigkeit nicht vereinbar.

3. Die Prüfung der materiellen Gültigkeit einer Initiative (Vereinbarung mit dem übergeordneten Kantons- und Bundesrecht) bezweckt, den Leerlauf zu vermeiden, der in der Behandlung unzulässiger Initiativen durch die in der Sache zuständigen Gemeindeorgane – und gegebenenfalls durch die Oberbehörden – liegen würde. Wenn das GOG die Prüfungspflicht des Gemeinderates vorsieht, kann auch der Bürger beanspruchen, dass ihm keine unzulässigen Initiativen zur Abstimmung vorgelegt werden (BGE 105 Ia 364). Es soll vermieden werden, dass die Gemeindeversammlung zu einem Versammlungsbeschluss aufgerufen wird, der anschliessend auf dem Weg der Kassationsbeschwerde gemäss § 95 GOG bzw. der Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 OG postwendend wiederum als rechtswidrig aufgehoben wird. Die Prüfung durch den Gemeinderat soll allerdings nur als grobmaschiges Sieb wirken, das lediglich jene Initiativen von der Volksabstimmung ausnimmt, die eindeutig unzulässig sind. In Zweifelsfällen ist es nicht Sache der Exekutive, über die Zulässigkeit von Volksbegehren zu entscheiden; sie müssen dem zuständigen Organ (Gemeindeversammlung) zur Behandlung zugewiesen werden (A. Zaugg, Die Gemeindeinitiative in Bau- und Planungssachen, BVR 1983, 317ff. besonders 326; BGE 105 Ia 366, 377).

Prof. Dr. Alfred Kölz, welcher im Zentralblatt 1982, S. 1ff., die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur kantonalen Volksinitiative umfassend dargestellt hat, führt aus, das Bundesgericht hebe einen Zulassungsentscheid der kantonalen Behörde nur dann auf, wenn das in Frage stehende Volksbegehren offensichtlich rechtswidrig sei. Im Zweifel sei eine Initiative eher dem Volk zu unterbreiten («In dubio pro populo»; Kölz, a.a.O., S. 23 mit Hinweisen auf die Judikatur). A. Staatsschreiber Karl Amgwerd hat in einem Gutachten an den Gemeinderat Schwyz über die Frage der Zulässigkeit des Initiativbegehrens A. vom 17. September 1985 ausgeführt, dass die Richtlinien des Bundesgerichts auch bei Kommunalinitiativen anzuwenden seien, wie dies das Bundesgericht schon getan habe (Amgwerd, a.a.O., S. 3, mit Hinweis auf BGE 108 Ia 40). Das Verwaltungsgericht hat sich dieser Auffassung angeschlossen (VGE 651/654/92 vom 24.11.1992, Prot. 1287 E. 3).

Nach Kölz muss heute die Pflicht der Behörden, bei Zweifeln über die inhaltliche Zulässigkeit einer Volksinitiative, dieselbe den Stimmbürgern zum Entscheid vorzulegen, als ungeschriebene Norm des Bundesverfassungsrechts angesehen werden (Kölz, a.a.O., S. 25).

Dabei gilt es insofern noch eine Präzisierung anzubringen, als bei Verletzung von Verfahrensvorschriften im engeren und weiteren Sinn, die «Rettung» von Initiativen in viel engeren Grenzen zugelassen ist als bei materiellen Mängeln (z.B. bestrittene faktische Durchführbarkeit; bestrittene Vereinbarkeit mit übergeordnetem Recht [Kölz, a.a.O., S. 25; BGE 111 Ia 284ff.]).

Zu ergänzen ist noch, dass im Sinne der Wahrung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes eine blosse Teilungültigkeit statt einer Totalungültigkeit einer nur teilweise rechtswidrigen Initiative auszusprechen ist, sofern anzunehmen ist, dass der verbleibende Teil der Initiative als wichtig anzusehen ist und objektiv angenommen werden kann, dass die Initiative auch im reduzierten Umfang unterzeichnet worden wäre (BGE 111 Ia 292; 119 Ia 165; A. Kölz, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1985, in ZBJV 1987, S. 383).

In den letzten Jahren hat das Bundesgericht diese Rechtsprechung mehrfach bestätigt (vgl. BGE 119 Ia 154ff.; 118 Ia 195ff.).

4. a) Nutzungspläne werden überprüft und nötigenfalls angepasst, wenn sich die Verhältnisse «erheblich» geändert haben (Art. 21 Abs. 2 RPG). Diese Vorschrift ist doppelgesichtig. Sie beinhaltet einerseits eine Aufforderung zur Planänderung und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Vorstellungen, welche der räumlichen Ordnung zugrunde liegen sowie die Bedürfnisse, dauernden Änderungen unterworfen sind, weshalb auch der Nutzungsplan geändert werden soll. Anderseits trägt diese Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass Planänderungen zu Eingriffen in die Eigentumsgarantie führen und das Vertrauen in die Rechtsbeständigkeit der Pläne enttäuschen können (Rechtssicherheit), weshalb sie nur unter qualifizierten Voraussetzungen zulässig sind, auch wenn davon auszugehen ist, dass der Grundeigentümer keinen als wohlerworbenes Recht selbständig gesicherten Anspruch darauf hat, dass die für sein Grundstück einmal festgelegten baulichen Nutzungsmöglichkeiten unbeschränkt bestehen bleiben (BGE 107 Ia 36). Anderseits hat das Bundesgericht im Zusammenhang mit Planänderungen wiederholt auf das aus Art. 4 BV abgeleitete Gebot der Rechtssicherheit hingewiesen und daraus abgeleitet, dass Nutzungspläne eine gewisse Beständigkeit aufweisen müssen und nur aus entsprechend gewichtigen Gründen geändert werden dürfen. Je neuer ein Plan ist, um so mehr darf mit seiner Beständigkeit gerechnet werden, und je einschneidender sich die beabsichtigte Änderung auswirkt, um so gewichtiger müssen die Gründe sein, welche für die Planänderung sprechen (BGE 113 Ia 455 E. 5b; Haller/Karlen, Raumplanungs- und Bodenrecht 1990, Rz 47 zu § 8, S. 91f.).

b) Der Regierungsrat als frühere Beschwerdeinstanz nach § 8 Abs. 3 GOG hat mit RRB Nr. 558 vom 27. März 1984 zu einer Zonenplanänderungsinitiative ausgeführt:

«Ob für eine mit einer Einzelinitiative anbegehrte Zonenplanänderung hinreichende Gründe vorliegen, ob eine solche Änderung verhältnismässig und mit dem Gebot der Rechtssicherheit vereinbar ist, ist nicht zu entscheiden, wenn es die Zulässigkeit des Initiativbegehrens zu beurteilen gilt. Vielmehr muss eine formell zulässige Initiative, die nicht zweifelsfrei bundesrechtswidrig ist, der Gemeindeversammlung vorgelegt werden (BGE 105 Ia 366; 104 Ia 250, 348). Wird die Initiative angenommen, hat der Gemeinderat eine Vorlage auszuarbeiten (§ 8 Abs. 5 GOG), die im Falle einer Zonenplanänderung dem Auflage- und Einspracheverfahren nach den §§ 36ff. BauG unterliegt, bevor sie der Gemeindeversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt werden kann (§ 39 BauG). Der Grundeigentümer, welcher von der Planänderung betroffen ist, kann deren Zulässigkeit im Einspracheverfahren anfechten und darüber einen Entscheid herbeiführen» (EGV-SZ 1984, Nr. 43, S. 143f.)

Auch unter der Geltung des Planungs- und Baugesetzes (PBG, nGS IV/493), welches das BauG abgelöst hat, hat sich nichts daran geändert, dass für die Zonenpläne und die zugehörigen Vorschriften zur Wahrung der Individualinteressen und zur Überprüfung der Recht- und Zweckmässigkeit ein Einsprache- und Beschwerdeverfahren durchzuführen ist (vgl. § 25ff. PBG). Die Änderung einer zonenplanrelevanten Baureglementsvorschrift mittels Einzelinitiative setzt folgende Verfahrensschritte voraus:  
Bei Bejahung der Zulässigkeit: Gemeindeversammlungsbeschluss innert Jahresfrist seit Einreichung der Initiative. Wird die Initiative abgelehnt, ist das Verfahren beendet.
Bei Annahme der Initiative, welche bei einer Baureglementsänderung nur in der Form der allgemeinen Anregung erfolgen kann (§ 73 Abs. 2 Kantonsverfassung; P. Gander, Die Volksinitiative im Kanton Schwyz, ZBl 1990, S. 398 Ziff. 1.2, S. 401) hat der Gemeinderat innert Jahresfrist seit Annahme durch die Gemeindeversammlung eine entsprechende Baureglementsänderung auszuarbeiten und der Gemeindeversammlung zu unterbreiten (vgl. § 8 Abs. 5 GOG). Es ist auch denkbar, dass eine angenommene Initiative über eine Kassationsbeschwerde nach § 95 GOG angefochten wird, und bei Erfolg dieser Beschwerde die weiteren Verfahrensschritte entfallen.
Vor der zweiten Abstimmung durch die Gemeindeversammlung ist im Bau- und Planungsrecht noch das Einsprache- und Beschwerdeverfahren durchzuführen und erst nach rechtskräftiger Erledigung der Einsprachen ist die Sache der Gemeindeversammlung vorzulegen (vgl. § 27 PBG). Hiebei ist unter Umständen eine Kollision mit der Frist gemäss § 8 Abs. 5 GOG denkbar.
Stimmt die Gemeindeversammlung auch der formulierten Initiative zu, so erfolgt noch das Genehmigungsverfahren durch den Regierungsrat, wobei der Regierungsrat eine Überprüfung auf die Rechtmässigkeit und die Übereinstimmung mit kantonalen Plänen vorzunehmen hat (§ 28 Abs. 2 PBG).

Der Umstand, dass bei Initiativen, welche das Planungsrecht betreffen, aufgrund des obskizzierten Verfahrens zahlreiche und griffige Kontrollmöglichkeiten und Kontrollpflichten bestehen, gebietet es, der konstanten kantonalen und bundesgerichtlichen Rechtsprechung gerade auf diesem Gebiet zu folgen, d.h. die Initiative nur dann als ungültig zu erklären und dem Volksentscheid zu entziehen, wenn sie offensichtlich rechtswidrig ist (VGE 651/654/92 E. 3 Prot. 1287ff.). Der beschwerdeführerische Hinweis, wonach die Thematik der Planbeständigkeit und Rechtssicherheit vom Bundesgericht im Rahmen der Beurteilung von Zonenplanbeschwerden, nicht aber im Zusammenhang mit der Zulässigkeitsfrage von Initiativen beurteilt worden ist, ist richtig. Im Rahmen von Zonenplanbeschwerdeverfahren erfolgt indessen – wie oben dargelegt – eine umfassende Rechtmässigkeitsüberprüfung, während diese bei der Zulässigkeitsfrage von Initiativen summarischer ist und sich auf zweifelsfreie und offensichtliche Rechtswidrigkeiten beschränkt.

c) Über Zonenplan und Baureglement der Gemeinde Schwyz haben die Stimmbürger am 23. September 1990 abgestimmt, und mit RRB 107 vom 15. Januar 1991 wurden diese Planungsgrundlagen in Kraft gesetzt. Bereits auf die ausserordentliche Gemeindeversammlung vom 21. November 1991 hin (angenommen in der Volksabstimmung vom 8.12.1991) legte der Gemeinderat eine Reihe von Zonenplanänderungen vor (Auszonung der Freihaltezone Fb Rubiswil und Zuweisung in die Landwirtschaftszone: Einzonung verschiedener Parzellen im Wintersried in die Freihaltezone Fb (bisher Landwirtschaftszone) sowie Umzonungen im Wintersried von der öffentlichen Zone O in die Industriezone I). In der Botschaft hiezu heisst es, dass die Kriterien für die Standortwahl Rubiswil (Sportanlagen) neu zu gewichten seien. Im Gebiet Rubiswil würden heute grössere Wohnüberbauungen mit stark verdichteter Bauweise realisiert resp. geplant. Die aus dem üblichen Betrieb einer Sportanlage ausgehenden Emissionen würden die Wohnüberbauungen tangieren. Die Überlegungen betreffend die Nähe der Sportanlagen zu den Schulanlagen seien heute weitgehend überholt. Zudem sei lediglich 1/3 des benötigten Landes im Besitze der Gemeinde Schwyz (act. Bf. 12, S. 10). In der Vernehmlassung führt der Gemeinderat ergänzend aus, die Umzonung der Freihaltezone Rubiswil habe sich aufgedrängt, weil, entgegen den ursprünglichen Annahmen, das Land nicht habe freihändig erworben werden können.

Es ist nicht Sache dieses Verfahrens zu prüfen, ob alle oder einzelne der 1991 in Schwyz getätigten Zonenplanänderungen dem Planbeständigkeitsgrundsatz standhielten. Immerhin dürfte bereits beim Planerlass 1990 ersichtlich gewesen sein, dass die an den vorgesehenen Sportplatz angrenzende, dichte Wohnzone gewisse Konflikte bringen könnte, und ob Schwierigkeiten beim freihändigen Landerwerb angesichts des Instrumentariums des Enteignungsrechts Grund für den Verzicht auf die Realisierung einer öffentlichen Sportanlage sein können, ist ebenfalls nicht ohne weiteres zu bejahen.

Der Exkurs über die behördlich initiierten Zonenplanänderungen 1991 zeigt, dass aus der zeitlichen Nähe einer partiellen Zonenplanänderung zu einer Totalzonenplanung nicht leichthin und ohne weiteres auf Rechtswidrigkeit der partiellen Revision geschlossen werden kann. Die auslegungsbedürftige, mit unbestimmten Gesetzesbegriffen gespickte Norm des Art. 21 Abs. 2 RPG eignet sich daher schlecht, um eine Baureglements- oder Planänderungsinitiative als offensichtlich rechtswidrig erkennen und disqualifizieren zu können.

5. a) Einkaufszenter stellen besondere, atypische Betriebe dar, die regelmässig raumplanerisch relevante Probleme aufwerfen und daher zulässigerweise Gegenstand besonderer Vorschriften sein dürfen. Als derartige Probleme werden insbesondere solche der Erschliessung, der störenden Wirkung auf die Nachbarschaft (Lärmschutz, Luftreinhaltung), der verkehrstechnisch einwandfreien Verbindung mit dem öffentl. Strassennetz usw. genannt (vgl. BGE vom 10.9.90 in Praxis 1992 Nr. 31, S. 114 mit Hinweisen). Die Erstellung von Einkaufszenter darf auch Beschränkungen unterworfen werden, die verhindern, dass die Beschaffung von Gütern des täglichen Bedarfs für Personen, die nicht über eigene Verkehrsmittel verfügen, in unzumutbarer Weise gefährdet wird (BGE 102 Ia 117). Die hohe raumplanerische Relevanz kommt auch darin zum Ausdruck, dass Einkaufszenter mit mehr als 5000 m2 Verkaufsfläche der UVP-Pflicht unterstellt sind (Anhang UVPV Ziff. 80.5).

b) Am 24. Februar 1977 beschloss der Kantonsrat folgende Ergänzung von § 45 BauG 1970:

«Der Kantonsrat erlässt einen allgemeinverbindlichen Regionalplan über Einkaufscenters. Dieser Plan ist spätestens bis Ende 1978 zu erlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen keine Einkaufscenters mit einer Nettoverkaufsfläche von mehr als 2000 m2 erstellt oder erweitert werden» (ABl. 1977, S. 211).

Diese Baugesetzergänzung wurde an der kantonalen Volksabstimmung vom 12. Juni 1977 mit 14688 NEIN- zu 14555 JA-Stimmen verworfen (ABl 1977, S. 738; S. 466 und VGE 572/77 vom 29.7.1977, Prot. 477).

c) Bei der Beratung des PBG im Kantonsrat stellte Kantonsrat Schnekenburger den Antrag, es sei eine Ermächtigungsnorm an den Kantonsrat zum Erlass von Vorschriften über Einkaufszenter aufzunehmen. Nachdem u.a. Landesstatthalter Kürzi festgestellt hatte, dass es sich hiebei nicht um einen Auftrag, sondern eine blosse Möglichkeit handle, wurde dieser Antrag mit 59 gegen 14 Stimmen angenommen (Prot. KR-Sitzung vom 13./14. Mai 1987, S. 2019f.). Diese Bestimmung blieb in der Folge unverändert.

– Mit RRB Nr. 2046 vom 22. Dezember 1987 betr. Ausführungsgesetzgebung zum PBG hat der Regierungsrat das Baudepartement beauftragt, in dritter Priorität Abklärungen zu einer Verordnung über Einkaufszenter zu treffen (act. Bf. 7, S. 4 und 5).

– Mit einer Motion vom 19. Februar 1991 bat die SP-Fraktion des Kantonsrates den Regierungsrat, es sei innert nützlicher Frist ein Erlass über Einkaufszenter vorzulegen. Ein solcher Erlass müsste nach den Intentionen der Motionärin die Verpflichtung zur attraktiven Erschliessung von Einkaufszenter durch den öffentl. Verkehr, Parkraum-Bewirtschaftung und andere Massnahmen gegen die Umweltbelastung in den Standort- und umliegenden Gemeinden enthalten sowie den «Schutz vor Lädelisterben».

– Im Siedlungsleitbild, beruhend auf Beschlüssen des Regierungs- und Kantonsrates vom 20. Januar/4. März/14. Mai 1992, wird ausgeführt, es sollten überregionale Versorgungszentren, die auf eine hohe Mobilität des motorisierten Privatverkehrs für ihr Einkaufspublikum und die Beschäftigten angewiesen seien, weder neu geschaffen noch wesentlich erweitert werden (act. Bf. 9, S. 20).

– In Beantwortung der SP-Motion beantragte der Regierungsrat dem Kantonsrat mit RRB Nr. 170 vom 26.1.1993, die Motion sei nicht erheblich zu erklären. Begründet wurde dieser Antrag zusammenfassend dahingehend, als den Anliegen der Motion in jeder Beziehung bereits mit der geltenden Gesetzgebung entsprochen werde (Bauvorschriften, Umweltschutzgesetzgebung); es würden offene Türen eingerannt (act. Bf. 10). In der kantonsrätlichen Beratung der Motion vom 12.5.1993 wurde von Befürwortern die Erheblicherklärung u.a. mit der Verhinderung der konkreten Ausbaupläne des Mythen-Centers begründet. Der Antrag des Regierungsrates obsiegte indessen mit 55 zu 27 Stimmen (act. Bf. 11).

d) Die vorstehend aufgezeigten politischen Bemühungen zum Erlass einer kantonalen «Einkaufscenter-Verordnung» zeigen, dass bis zur Kantonsratssession vom 12. Mai 1993 begründeter Anlass zur Annahme bestand, es werde der kantonale Gesetzgeber in absehbarer Frist die raumplanerisch relevanten Einkaufszenterfragen in einem Separaterlass normieren. Mit der Ablehnung der entsprechenden Kantonsratsmotion haben sich insofern die Verhältnisse erheblich geändert, als eine solche kantonalrechtliche Normierung nicht mehr absehbar ist. Mithin kann Initianten, welche nunmehr auf kommunaler Ebene das oder ähnliches versuchen, was auf kantonaler Ebene scheiterte, nicht vorgeworfen werden, ein solches Vorgehen sei rechtswidrig. Diese Schlussfolgerung wird noch durch folgende drei Gedanken erhärtet:

Hätte der Kantonsrat, allenfalls unter Mitwirkung des Volkes, eine Einkaufszenter-Verordnung mit einer maximalen Verkaufsfläche erlassen, so wären damit flächendeckend die kommunalen Baureglemente und Zonenpläne überlagert und in diesem Sinne abgeändert bzw. ergänzt worden, unabhängig vom Alter der jeweiligen kommunalen Pläne und Erlasse. Ist dieses mögliche Szenario aber klarerweise statthaft, so kann der gleiche Vorgang, wenn er lediglich auf kommunaler Ebene versucht wird, nicht offensichtlich rechtswidrig sein.

Den Gemeinden steht im Bau- und Planungsrecht insofern eine erhebliche Autonomie zu, als sie über die kantonalen Rahmen- und Mindestvorschriften hinausgehen dürfen (vgl. Botschaft des Regierungsrates zur Volksabstimmung vom 6.12.1987 zum PBG; A. Kennel, Die Autonomie der Gemeinden und Bezirke im Kanton Schwyz, S. 214ff.). Besteht aber diesbezüglich eine Autonomie der Gemeinde, so kann einer Initiative, welche in einem Teilbereich den kommunalen Gestaltungsrahmen ausschöpfen will, kaum entgegengehalten werden, sie sei offensichtlich rechtswidrig. Die Ausführungen der Beigeladenen, wonach § 90 lit. b PBG ein expliziter Vorbehalt zugunsten des Kantons sei, das Mythen-Center sei von regionaler Bedeutung, was «zwingend eine kantonale Regelung nötig mache» ist – wie schon der Gemeinderat zutreffend ausgeführt hat (Erwägung 4c des angefochtenen Beschlusses) – falsch. Der Kantonsrat ist, wie sich aus dem Wortlaut von § 90 PBG, der Entstehungsgeschichte und dem Schicksal der SP-Motion ergibt, ermächtigt, keinesfalls aber verpflichtet, eine Einkaufszenter-Verordnung zu erlassen. Mindestens für so lange als der kantonale Gesetzgeber von dieser Ermächtigungsnorm keinen Gebrauch gemacht hat, ist es dem Gemeindegesetzgeber unbenommen, auf diesem Gebiet zu legiferieren.

Der Gemeinderat macht geltend, die Bf. hätten ihr Anliegen im Zeitpunkt des Auflageverfahrens der Zonenplanung vorbringen müssen. Diese Argumentation übersieht zum einen, dass damals (öffentliche Auflage des Zonenplans vom 30.1.1989–28.2.1989) eine kantonale Regelung in Aussicht gestellt war, und dass zum anderen das Erlassverfahren für kommunale Nutzungspläne und Baureglemente keinerlei Gewähr dafür bietet, dass ein im Einspracheverfahren gestelltes Begehren bis zum Souverän vordringt (vgl. die §§ 25ff. PBG, besonders §27 Abs. 2). Will ein Bürger oder eine Gruppe von Bürgern sicher gehen, dass eine raumplanerisch relevante Einzelproblematik der Stimmbürgerschaft unterbreitet wird, ist deshalb die generelle Zonenplanrevision ein unsicherer Weg. Hinzu kommt, dass auch Opportunitätsüberlegungen dagegen sprechen können, eine Gesamtvorlage mit einer besonders kontroversen Einzelproblematik zu belasten.

6. Zum hier aufgeworfenen Problemfeld Planungsinitiative/Planbeständigkeit liegen zwei Regierungsratsentscheide vor, nämlich:

a) Der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Bern vom 4. März 1992 zur Initiative «Sorg ha zum Schärme», Ittigen – Diese am 1.6.1990 eingereichte Initiative wurde vom Regierungsrat insoweit materiell als ungültig erklärt, als sie die Abänderung eines Nutzungsplanes kurze Zeit nach dessen rechtskräftiger Genehmigung verlangte (Genehmigung der betroffenen Überbauungsordnungen in den Jahren 1987–1989), ohne dass sich die Verhältnisse wesentlich geändert hatten. Die Aufnahme einer Baugruppe ins ISOS (Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz) wurde nicht als wesentliche Änderung anerkannt, zumal die Schutzwürdigkeit bereits bei Erlass der Überbauungsordnung erkannt und in die Überbauungsordnung Schutzbestimmungen aufgenommen worden waren. Ein Teil der Initiative, soweit sich diese auf eine 14 Jahre alte Grundordnung bezog, wurde indessen als gültig erklärt (BVR 1993, S. 433ff.).

b) Der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 26. Januar 1994 betreffend die «Iberg-Initiative» – Am 4. Juli 1990 wurde mit Einzelinitiative verlangt, dass «rund 7,0 ha Reservezone und rund 4,5 ha Bauzone W2/55 nördlich des Dorfes Iberg der Landwirtschaftszone zuzuteilen seien.» Obwohl diese Planänderungsinitiative die Auszonung von Land anstrebt, dessen Einzonung mit einem am 28. Januar 1987 genehmigten Nutzungsplan rechtskräftig wurde, erklärte der Regierungsrat diese Initiative für gültig. Der Regierungsrat erwog, es könne nicht Aufgabe des Verfahrens über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Initiative sein, den gemäss § 5 PBG erforderlichen Genehmigungsentscheid, welcher eine detaillierte Prüfung der Recht- und Zweckmässigkeit sowie der Angemessenheit voraussetze bzw. einen allfälligen zweitinstanzlichen Rekursentscheid des Regierungsrates in einem derart komplexen Fall vorwegzunehmen (RRB beim Bundesgericht angefochten).

c) Eine Analyse und Gegenüberstellung der Initiativen «Ittigen» und «Iberg» einerseits und der «Einkaufscenter-Initiative» anderseits ergibt folgenden wesentlichen Unterschied: Im Fall «Iberg» liegen rasch aufeinanderfolgende Planungsakte vor, nämlich Einzonung (bzw. evtl. Bestätigung) der Einzonung in die Bauzone, Januar 1987 und Initiative auf den contrarius actus (Auszonung) im Januar 1990. Im Fall «Ittigen» wurden Überbauungsordnungen mit Schutzbestimmungen in den Jahren 1987 bis 1989 erlassen, und diese Schutzbestimmungen sollten mit der am 1.6.1990 eingereichten Initiative wiederum abgeändert werden. In beiden Fällen soll ein erster Planungsakt durch einen zweiten kurz darauf folgenden vollständig rückgängig gemacht (Fall Iberg) oder zumindest abgeändert werden (Fall Ittigen). Demgegenüber strebt die «Einkaufscenter-Initiative» keine Planänderung an. Das Mythen-Center-Areal bleibt in der Zentrumszone, es kann nach wie vor bezüglich Ausnützungsziffer, Geschosszahl, Gebäudehöhe und zulässiger Immissionsgrade gleich überbaut werden wie zuvor. Das Baureglement soll ebenfalls nicht abgeändert, sondern ergänzt werden, indem für Einkaufszenter in allen Bauzonen eine maximale Nettoverkaufsfläche von 18000 m2 eingeführt wird. Die Frage der maximalen Betriebsgrösse bildete nicht Gegenstand der Zonenplanung Schwyz, die im Januar 1991 in Kraft trat. Im Gegensatz zu «Ittigen» und insbesondere zu «Iberg» zielt die «Einkaufszenter-Initiative» nicht auf Frontalkollision mit dem bestehenden Planungsrecht, sondern es handelt sich lediglich um eine Ergänzung, das Problem der Planbeständigkeit stellt sich nur am Rande und nicht in gleicher Schärfe wie in den beiden Vergleichsfällen. Nachdem Vorschriften über Einkaufscenters beim Erlass der generellen Zonenplanung Schwyz zudem als Option auf kantonaler Ebene im Raume standen (vgl. die Ausführungen unter Erwägung 5) kann nicht gesagt werden, es liege ein Verstoss gegen die Planbeständigkeit vor, nachdem die Initiative anstrebt, die Option auf kommunaler Ebene auszuüben.

7. Zu erwähnen ist noch, dass unlängst der Kantonsrat das «Initiativbegehren zur Überführung der Korporationen ins Privatrecht» zur Abstimmung ans Volk weitergeleitet hat, obwohl diese Initiative nach einlässlich dargelegter, regierungsrätlicher Auffassung gegen die Kantonsverfassung verstiess (RRB 364 vom 2.3.1993 und RRB 2184 vom 21.12.1993).

8. Die Initianten haben sich mit der Ungültigerklärung von Absatz 2 des Initiativbegehrens (Rückwirkungsklausel) abgefunden. Wie bereits in Erwägung 3 vorstehend ausgeführt wurde, ist es bei einer Teilungültigkeit zu belassen und der gültige Teil dem Stimmbürger vorzulegen, wenn anzunehmen ist,

dass der verbleibende Teil der Initiative als wichtig anzusehen ist und

objektiv angenommen werden kann, dass die Initiative auch im reduzierten Umfang unterzeichnet worden wäre.

Die zweite Voraussetzung ist hier einfach zu beantworten. Indem alle 8 Initianten auch als Beschwerdeführer auftreten und die Teilgültigkeit (ohne Rückwirkungsklausel) beantragen, ist einwandfrei erstellt, dass die Initianten auch die reduzierte Initiative unterzeichnet hätten.

Was die erste Voraussetzung anbetrifft, betonen die Beschwerdeführer, dass die Bestimmung unabhängig um das Ausbauprojekt Sinn mache, dass das Ausbauprojekt Mythen-Center noch nicht vollständig ausgeschrieben worden sei, und dass bei Annahme der Initiative der Ausbau durch Instrumente wie die Planungszone gemäss § 14 PBG und die Bausperre gemäss § 36 PBG abgeblockt werden könne.

Ob letzteres der Fall ist, und wie sich die Bestimmungen der §§ 14 und 36 PBG zu den intertemporalrechtlichen Vorschriften des § 94 Abs. 1 PBG und Art. 45 Abs. 2 Baureglement Schwyz verhalten, sowie ob der Umstand, dass vor Einreichung der Initiative erst das eigentliche Bauprojekt, nicht aber die Erschliessung öffentlich ausgeschrieben wurde, für das anwendbare Recht von Bedeutung wäre (was alles unter den Verfahrensbeteiligten umstritten ist), kann offen bleiben. Selbst wenn das aktuelle Ausbauprojekt der Beigeladenen nicht mehr unter die Initiative fallen sollte, behält diese aus folgenden Gründen ihre Bedeutung:

Die Initiative ist, auch wenn das aktuelle Ausbauprojekt der Beigeladenen Anlass zur Ergreifung gab, genereller Natur; sie gilt für alle Bauzonen der Gemeinde.

Beim Mythen-Center steht derzeit die dritte Baubewilligungsetappe an. Zumindest für allfällige weitere Etappen käme die Initiative (bei Annahme) zur Anwendung bzw. weitere Ausbauetappen könnten nicht mehr realisiert werden.

Darüber, ob das vorliegende Bauvorhaben der Beigeladenen bewilligungsfähig ist, kann den vorliegenden Akten nichts Schlüssiges entnommen werden. Sollte dies nicht der Fall sein, so würde die Initiative (immer unter der praesumptio der Annahme) für ein Nachfolgeprojekt Wirkungen entfalten.

Aus diesen Gründen bleibt der materielle Teil des Initiativbegehrens auch ohne die Rückwirkungsklausel des Absatzes 2 gültig.

(…)

10. Abschliessend ist somit festzustellen, dass die Beschwerde gutzuheissen und Absatz 1 der Initiative somit innert der in § 8 Abs. 4 GOG vorgeschriebenen Jahresfrist seit Einreichung den Stimmberechtigten zum Entscheid vorzulegen ist.

Zu betonen ist noch folgendes:

Gegenstand dieses Verfahrens bildet ausschliesslich die Frage, ob die Initiative gültig ist und den Stimmberechtigten zum Entscheid vorgelegt werden kann. Darüber, ob die Initiative angenommen oder abgelehnt werden soll, ob der geplante Mythen-Center-Ausbau bewilligt werden kann oder soll, hat sich das Verwaltungsgericht in diesem Verfahren nicht zu äussern, und es ist auch nicht angängig, den Entscheid in dieser oder jener Richtung interpretieren zu wollen.

Allfällige Entschädigungsfragen sind für die Frage der Gültigkeit der Initiative nicht zu berücksichtigen. Es wird Sache der Parteien und des Gemeinderates (§ 8 Abs. 4 GOG) sein, hierüber die Stimmbürger zu informieren (vgl. Iberg-Entscheid E. 6b).

(VGE 505/94 vom 20. April 1994).

 

14

Gemeinderecht

Voranschlag (§§ 80ff. GOG). Die Schaffung einer neuen Amtsstelle liegt in der Kompetenz der (Bezirks)Gemeindeversammlung und nicht des Gemeinde(Bezirks)rates.

Aus dem Sachverhalt:

Der Bezirksrat Küssnacht plante die Anstellung einer betriebswirtschaftlich ausgebildeten Führungskraft und budgetierte zu diesem Zweck Fr. 40000.– als Lohn (Teiljahresgehalt) und zusätzliche Aufwendungen unter den Sozial- und Versicherungsleistungen. In der Detailberatung wurden zu diesem Budgetposten verschiedene Anträge gestellt. Der Bezirksammann nahm diese Anträge nicht entgegen, weil Wahl und Besoldung der Beamten in der alleinigen Kompetenz des Bezirkrates lägen. In der Schlussabstimmung wurden Voranschlag und Steuerfuss genehmigt. Dagegen erhob ein Stimmbürger Kassationsbeschwerde beim Verwaltungsgericht. Er verlangte die Streichung des umstrittenen Budgetpostens, eventuell die Wiederholung der Abstimmung über die Genehmigung des Voranschlages. Das Gericht hat die Beschwerde gutgeheissen und die Budgetposition «Verwaltungschef» aufgehoben.

Aus den Erwägungen:

1. Die Gemeindeversammlung setzt den jährlichen Voranschlag fest und bewilligt die Gemeindesteuern (§§ 83 lit. g und 88 lit. f Kantonsverfassung, KV; § 7 Abs. 1 lit. f Gemeindeorganisationsgesetz, GOG).

Die Tätigkeiten zwischen den beiden Gemeindeorganen Gemeindeversammlung und Gemeinderat (bzw. Bezirksrat, wobei in der Folge die Begriffe Gemeindeversammlung als Synonym für Bezirksgemeindeversammlung und Gemeinderat als Synonym für Bezirksrat verwendet werden) sind stets aufeinander bezogen. So auch beim Voranschlag (Budget). Der Bezirksrat bereitet das Budget vor und stellt Antrag und die Gemeindeversammlung berät und verabschiedet das Budget, wobei Modifikationen über Abänderungsanträge eingebracht werden können, sei es im Sinne von Erhöhungen, Verminderungen, zusätzlichen Ausgabenpositionen und Streichungen. Die Gemeindeversammlung kann den Voranschlag auch zur Überarbeitung an den Gemeinderat zurückweisen (Thalmann, Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, S. 107 und 113f. Ziff. 4.2 mit Hinweisen; Mettler, Das Zürcher Gemeindegesetz, S. 115 mit Hinweisen). Bei Budget und Rechnung wirkt auch noch die Rechnungsprüfungskommission mit, welche vorgängig der Gemeindeversammlung den Budgetentwurf des Bezirksrates hinsichtlich der formellen und materiellen Richtigkeit prüft (K. Appert, Die Volksbeschlüsse in den Gemeinden des Kantons Schwyz, S. 84; Richtlinien des Regierungsrates für die Rechnungsprüfungskommission vom 19.8.1974, Ziff. 3, besonders 3.35).

Die Freiheit der Gemeindeversammlung bei dem in diesem Verfahren interessierenden Recht, Budgetpositionen zu kürzen oder herauszustreichen, ist indessen beschränkt. Der überwiegende Teil des Voranschlags beruht regelmässig entweder auf gesetzlichen Verpflichtungen oder früheren Gemeindebeschlüssen. Diese sogenannt gebundenen Ausgaben können nicht einfach gekürzt oder gestrichen werden. Eine weitere Schranke ergibt sich aus der Zuständigkeitsordnung wie sie durch Verfassung und Gesetzgebung zwischen den Gemeindeorganen aufgeteilt ist. Das Volk bzw. die Gemeindeversammlung ist nur in den ihr von Verfassung und Gesetzgebung übertragenen Materien zuständig. Eine beliebige Verschiebung von Kompetenzen, auch über das Sachgeschäft des Budgets, verträgt sich nicht mit dem Legalitätsprinzip (vgl. EGV-SZ 1981 Nr. 3, S. 13 mit Hinweisen).

2. Der Bezirksrat vertritt die Auffassung, dass er für die Wahl und die Besoldung von Beamten und Angestellten allein zuständig ist, und dass die mit der Anstellung von Personal verbundenen Ausgaben als gebunden und/oder delegiert zu betrachten seien. Der Bezirksrat begründet diese Auffassung insbesondere mit dem Hinweis auf § 59 GOG, das Dienst- und Besoldungsreglement, die Kompetenzvermutung gemäss den §§ 84 Abs. 3 und 89 Abs. 3 KV sowie den Werdegang zur heutigen Rechtslage.

a) § 59 Abs. 1 GOG lautet:

«Der Gemeinderat wählt die zur Gemeindeverwaltung erforderlichen Beamten und Angestellten.»

Vor Erlass des GOG (vom 29.10.1969, Volksabstimmung vom 24.5.1970, i.K. seit dem 31.12.1970) waren die Wahlkompetenzen der Gemeindeversammlung in § 91 KV, jene des Gemeinderates in § 97 KV geregelt. Nach § 91 Abs. 1 lit. f KV hatten die Stimmberechtigten zu wählen «den Gemeinderat, den Gemeindepräsidenten, Säckelmeister, Gemeindeschreiber, die Verwalter der Gemeindegüter, den Vermittler und dessen Stellvertreter und die andern für die Gemeinde erforderlichen Angestellten». Nach § 97 lit. i und k KV stand dem Gemeinderat zu, «die Wahl des Zivilstandsbeamten und seines Stellvertreters …, des Betreibungsbeamten und seines Stellvertreters … und endlich die Wahl aller übrigen Beamten und Angestellten, gemäss den bezüglichen Gesetzesvorschriften» (vgl. Schwyzer Rechtsbuch, S. 21 und 22).

Zur damaligen Praxis führt Karl Appert in seiner Diss. «Die Volksbeschlüsse in den Gemeinden des Kantons Schwyz», auf S. 71 aus:

«Interessanterweise lässt es die Gemeindeversammlung in sämtlichen Gemeinden bei der Wahl der in § 91 lit. f namentlich bezeichneten Behörden und Beamten bewenden, indem sie ‹die andern für die Gemeinde erforderlichen Angestellten› nicht mehr selber wählt. Tatsächlich werden die in der KV nicht namentlich aufgezählten Angestellten und Arbeiter der Gemeinden seit langem unangefochten durch den GR gewählt. In den grösseren Gemeinden mit zahlreichen Gemeindefunktionären erfolgt diese Wahl aufgrund von Gemeindereglementen als genereller Delegationsnorm, mit denen die GV die Wahl des betreffenden Personals ausdrücklich und generell an den GR delegiert hat.»

Auf Seite 72 führt dann der zitierte Autor weiter aus:

«Nicht inbegriffen in der Delegation der Wahlkompetenz ist die Schaffung neuer Amtsstellen. Neue Amtsstellen im Sinne von § 91 lit. f KV können nur durch GV-Beschluss geschaffen werden. Solche neuen Amtsstellen können ausdrücklich durch einen formellen GV-Beschluss, aber auch stillschweigend mit der Bereitstellung eines entsprechenden Besoldungskredits im Voranschlag durch die GV begründet werden. Die Praxis hat jedoch in einzelnen Gemeinden bereits dazu geführt, dass die GV dem GR das Recht eingeräumt hat, die Zahl der Kanzleihilfen, Abwarte, Friedhof- und Strassenarbeiter selber festzusetzen. In jedem Falle aber behält die GV in letzter Instanz die Kontrolle und die Genehmigung einer solchen Personalorganisation, solange sie selber den Voranschlag zu genehmigen hat.»

Auseinanderzuhalten sind somit einerseits die Wahlkompetenz (ob Hinz oder Kunz gewählt werden soll) und anderseits die Kompetenz zur Schaffung einer neuen Amtsstelle. Das geltende Recht (§ 59 Abs. 1 GOG) räumt klarerweise die Wahlkompetenz dem Gemeinderat bzw. Bezirksrat ein, sofern nicht durch spezielle Enumeration (z.B. Gemeindeschreiber, § 7 Abs. 1 lit. d GOG) die Wahl der Gemeindeversammlung vorbehalten bleibt. Mit dem Erlass des GOG und der Teilrevision 1970 der Kantonsverfassung, mit welcher die Bestimmungen über die Bezirke und Gemeinden neu gefasst wurden, erfolgte gegenüber der früheren Ordnung eine Neuregelung und teilweise Änderung der Wahlkompetenz. Dafür aber, dass die Kompetenz zur Schaffung neuer Amtsstellen von der Gemeindeversammlung auf den Gemeinderat/Bezirksrat verschoben worden sein sollte, bietet der Gesetzestext keine Anhaltspunkte.

b) Ein Blick in die Materialien der Entstehungsgeschichte des GOG zeigt, was folgt. Die Schaffung des GOG geht auf ein Postulat von Kantonsrat (KR) Karl Röllin, Wollerau, zurück. Das Departement des Innern hat im Jahre 1959 einen Gesetzesentwurf durch KR Dr. Alfred Blunschy, Schwyz, ausarbeiten lassen. Als Vorbild dienten Blunschy die Gemeindeorganisationsgesetze der Kantone Solothurn und St. Gallen. Der Entwurf kannte je separate Bestimmungen für Beamte und Angestellte und Arbeiter der Gemeinde. Für die Wahl sollte in erster Linie der Gemeinderat zuständig sein. § 93 Abs. 2 dieses Entwurfs enthält für die Angestellten und Arbeiter die Bestimmung «Er (Gemeinderat) sucht mit dem Voranschlag die nötigen Kredite nach und gibt die beabsichtigte Schaffung neuer Stellen von Angestellten und Arbeitern der Gemeindeversammlung bekannt». Diese Bestimmung blieb in den Beratungen von Expertenkommission, kantonsrätlicher Kommission und Kantonsrat unverändert und wurde als § 80 Abs. 2 der Volksabstimmung vom 25. Oktober 1964 unterbreitet. In der Botschaft zur Volksabstimmung führte der Regierungsrat aus: «Während der Gemeindeschreiber und der Vermittler von der Gemeindeversammlung zu wählen sind, fällt die Wahl der übrigen Gemeindebeamten, soweit nicht Rechtssätze etwas anderes vorschreiben, sowie der Angestellten und Arbeiter dem Gemeinderat zu» (Botschaft S. 38/39). An der Volksabstimmung vom 25. Oktober 1964 wurde das GOG mit 5181 gegen 3498 Stimmen verworfen.

Am 9. Oktober 1967 (RRB 2372) legte der Regierungsrat dem Kantonsrat erneut einen Gesetzesentwurf über die Organisation der Gemeinden und Bezirke vor. Er führte in der Botschaft aus, dass gewisse Punkte, die offenbar hauptsächlich zur Verwerfung des Gesetzes beigetragen hätten, fallengelassen worden seien (ausserordentliche Gemeindeorganisation, nur Berichterstattung über Urnen-Sachgeschäfte, Proporzwahl des Gemeinderates). Im übrigen sah der Regierungsrat keinen Anlass, am früheren Gesetz etwas zu ändern (RRB 2372/67, S. 2). In den §§ 78–80 enthält dieser Entwurf 1967 Vorschriften über die Wahl der Lehrer, die anderen Beamten und die Angestellten und Arbeiter. Diese Bestimmungen wurden in der Folge noch etwas gestrafft, fanden aber inhaltlich unverändert Eingang in das geltende GOG, welches dann an der Volksabstimmung vom 24. Mai 1970 mit 6390 Ja gegen 4106 Nein angenommen wurde (ABl 1970, 484).

c) Dieser historische Rückblick zeigt, dass es der Wille des Gesetzgebers war, dass die Mitwirkungsrechte der Gemeindeversammlung mit dem GOG bei der Schaffung neuer Stellen gewahrt bleiben sollen. Aus dem Umstand, dass die erste GOG-Vorlage lediglich eine ausdrückliche Normierung für die Angestellten und Arbeiter vorsah, lässt sich keinesfalls der Schluss ziehen, dass die höher chargierten Gemeindefunktionärsstellen, die Beamten, ohne Mitwirkung der Gemeindeversammlung sollten neu installiert werden können. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Gemeindebeamte mit den grössten Befugnissen (Gemeindeschreiber) sogar der Volkswahl unterstellt ist.

d) Anlässlich der Küssnachter Bezirksgemeindeversammlung vertrat der Antragsteller A. die Meinung, rechtlich seien die Ausführungen des Bezirksammanns in Ordnung. Er habe im Kantonsrat eine ähnliche Übung erlebt. Der Regierungsrat habe aber im Sinne eines Aktes der politischen Klugheit über die neu zu schaffenden Stellen abstimmen lassen.

– Die zu dieser Aussage getätigten gerichtlichen Recherchen zeitigen, was folgt: Der Regierungsrat führte im Bericht und Antrag zum Staatsvoranschlag 1993 aus, dass 13 neue Stellen geschaffen werden sollen. Im Rahmen der Eintretensdebatte schlug B. vor, die 13 neuen Stellen zu streichen, und in Zukunft seien die Verwaltungsstellen zu plafonieren. In seiner Antwort wies der Vorsteher des Finanzdepartementes darauf hin, dass die Personalstellen vom Regierungsrat bewilligt würden. Der Rat selbst habe ihm vor etwa einem Jahr diese Zuständigkeit mit der Personal- und Besoldungsverordnung eingeräumt. Diese Delegation biete Gewähr für eine sehr zurückhaltende Politik in bezug auf die Personalstellen und -ausgaben. Trotz dieser Kompetenzbeanspruchung zugunsten des Regierungsrates führte der zuständige Regierungsrat dann aus, er bitte den Rat, der pauschalen Streichung der Personalstellen nicht beizupflichten, «auch wenn morgen dreizehnmal Anträge gestellt würden» (vgl. Kantonsratsprotokoll 1993, S. 479ff. bes. S. 483 und 486).

– Dieser Exkurs zeigt, dass die Rechtslage auf kantonaler Ebene von jener auf der Gemeindeebene verschieden ist. Die meisten Beamten werden auf kantonaler Ebene durch die Exekutive (Regierungsrat) gewählt (vgl. §§ 56 und 57 KV; § 7 Personal- und Besoldungsverordnung vom 26.6.1991, PBV, nGS 50ff.). Analog wie auf Kommunalstufe der Gemeindeversammlung steht auf kantonaler Ebene die Budgetkompetenz dem Kantonsrat zu (§ 40 lit. a KV). In § 4 PBV hat der Kantonsrat normiert: «Der Regierungsrat erlässt einen verbindlichen Stellenplan». Es fragt sich, ob aus dieser Kompetenz, Stellen zu schaffen, auch die Kompetenz zu folgern ist, die daraus entstehenden Folgekosten zu bewilligen (Besoldung, Büroausstattung, Büromiete usw.)? In der Lehre wird die Meinung vertreten, es könne durchaus auch ein Auseinanderklaffen, ein Dualismus zwischen Sachkompetenz (Stellenplan, Schaffung der Stelle) und Finanzkompetenz (Bewilligung der für die effektive Besetzung erforderlichen Finanzen) bestehen. Es müsse im Einzelfall unter Auslegung der Delegationsnorm geprüft werden, ob eine umfassende Delegation vorliege (Kälin/Saladin, Rechtsfragen der Ausgabenbewilligung im Kanton Bern, Gutachten vom 22.12.1986, zitiert aus P. Saile, Das Recht der Ausgabenbewilligung der zürcherischen Gemeinden, 1991, S. 128). In bezug auf die Stadt Winterthur gelangt Saile zum Schluss, dass die Delegation vom Grossen Gemeinderat an den Stadtrat eine umfassende sei, der Stadtrat (Exekutive) bewillige mit der Stellenschaffung auch die damit zusammenhängenden neuen Kosten, womit dieser Stellenschaffungsbeschluss für die folgenden Jahre als Grundlage für die Gebundenheit der wiederkehrenden Folgekosten gelte. Anders verhält es sich im st. gallischen Gemeinderecht, dessen gesamtes Dienst- und Besoldungswesen durch einen ausgeprägten Dualismus von Sach- und Finanzkompetenzen geprägt ist; die der Exekutive zustehende Kompetenz, Stellen zu schaffen, steht hier ausdrücklich unter dem Vorbehalt einer einmaligen Ermächtigung durch die Budgetbehörde (Saile, a.a.O., 129f. mit Hinweis auf H.R. Arta, Die Zuständigkeitsordnung nach dem st. gallischen Gemeindegesetz in der politischen Gemeinde mit Bürgerversammlung, Diss. 1990). Im Kanton Aargau fällt z.T. selbst die Schaffung einer 15%igen Teilzeitstelle in die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung (AGVE 1992, S. 503ff.).

Für die Übertragung einer Aufgabe vom Volk ans Parlament hielt das Bundesgericht im Sinne einer Vermutung der Einheit der Entscheidungskompetenz fest:

«Wird dem Parlament in dieser Weise eine Kompetenz übertragen, so spricht eine gewisse Vermutung dafür, dass es auch selbständig die sich aus der Erfüllung der Aufgabe ergebenden Ausgaben beschliessen kann; (…) wie das Obergericht ausführt, wäre es wenig sinnvoll, dem Grossen Rat eine Aufgabe zur selbständigen Erledigung zu übertragen, anderseits aber die aus der Erfüllung der Aufgabe folgenden Ausgaben grundsätzlich dem Finanzreferendum zu unterstellen. Damit würde die Delegation weitgehend illusorisch gemacht, da im wesentlichen doch wieder das Volk über die Erfüllung der Aufgabe zu bestimmen hätte» (BGE 101 Ia 137).

Ob mit § 4 PBV auf kantonaler Ebene eine Einheit der Entscheidungskompetenz hergestellt worden ist, oder ob ein Dualismus zwischen Sach- und Finanzkompetenz anzunehmen ist, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und muss deshalb hier offen bleiben. Indessen zeigt dieser Exkurs auf die kantonale Ebene, dass im Falle des Bezirks Küssnacht die Einheit der Entscheidungskompetenz beim Budgetorgan geblieben ist, nachdem keinerlei Delegationsbestimmung auszumachen ist.

e) Instruktiv ist in diesem Zusammenhang die rechtliche Situation bei der Schaffung oder Aufhebung von Lehrerstellen. Am 24. Juni 1993 wurde § 56 Abs. 1 der Volksschulverordnung wie folgt neu gefasst: «Der Bezirksrat oder Gemeinderat bewilligt die Zahl der Klassen und der Lehrerstellen und sorgt für die Beschaffung und Verwaltung der Schulräume, der Anlagen, der Einrichtungen und des Schulmaterials sowie der finanziellen Mittel» (ABl 1993, S. 833 und 1209, i.K. seit 1.1.1994). In diesem Bereich dürfte somit die Gemeindeversammlung von der gesamten
Wahl-, Sach- und Finanzkompetenz ausgeschlossen sein. Eine ähnliche Regelung fehlt indessen für den übrigen Verwaltungsbereich auf Bezirks- und Gemeindestufe.

f) Interessant ist auch ein Blick auf geplantes Recht. Gemäss § 30 des Gesetzes über den Finanzhaushalt der Bezirke und Gemeinden vom 27. Januar 1994, welches am 12. Juni 1994 zur Volksabstimmung kommen wird, ist ein Verpflichtungs- und ein Voranschlagskredit zu bewilligen, damit eine Ausgabe vorgenommen werden darf. Kein Verpflichtungskredit, wohl aber ein Voranschlagskredit ist erforderlich für die Beschaffung der notwendigen personellen und sachlichen Mittel für die Verwaltungstätigkeit, vorbehältlich der Bauten und Anlagen (§ 31 lit. b; siehe ABl 1994 Nr. 15 vom 15.4.1994, S. 515). Auch de lege ferenda kann also eine neue Personalstelle nicht ohne Voranschlagskredit installiert werden.

g) Nach den Absichten des Bezirksrates soll der neue Verwaltungschef (Betriebsleiter) zur Scharnier- und Schlüsselfigur der ganzen Verwaltung werden. Abgesehen von der Bezirkskanzlei sollen ihm alle Verwaltungsabteilungen (sechs) unterstellt sein. Er soll der Verantwortliche für das ganze Personalwesen sein, inkl. Weiterbildung, Personalrekrutierung und Einstellung (?). Er soll Koordinations- und Controllingfunktionen wahrnehmen, strategische Planungen betreiben und in Projektgruppen mitarbeiten usw. (vgl. Pflichtenheft act. 5, Soll-Organigramm vom 27.11.93, act. VI 6). Es soll sich also um eine zentrale Funktion handeln, welche sowohl für die Strukturen nach innen (übriges Bezirkspersonal und Bezirksrat) wie auch nach aussen von grosser Bedeutung sein soll. Von Bedeutung und Einflussmöglichkeit her würde der Verwaltungschef, abgesehen davon, dass er – zumindest rechtlich – im Bezirksrat kein Antragsrecht und keine beratende Stimme hätte, den Landschreiber zumindest erreichen. Wenn aber der Landschreiber sogar als Person der Volkswahl untersteht, wäre es eigenartig, wenn beim Verwaltungschef nicht einmal die Stellenschaffung und die erstmalige Krediteinräumung durch die Bezirksgemeinde erfolgen müsste. Wenn die Schaffung neuer Stellen, allenfalls inkl. Kostenkompetenz von der Legislative an die Exekutive delegiert wird, so geschieht dies häufig in der Weise, dass die Delegation für die unteren Funktionäre an die Exekutive erfolgt, dass sich aber die Legislative die Stellenanzahl für die höheren Funktionen vorbehält (vgl. die Winterthurerregelung in Saile, a.a.O., S. 127).

h) Nicht einschlägig ist der Hinweis des Bezirksrates auf die Dienst- und Besoldungsverordnung für das Personal des Bezirkes Küssnacht vom 1.7.1984. § 1 beinhaltet lediglich die Wahlkompetenz und die §§ 13 und 14 die Kompetenz des Bezirksrates zur Einreihung des Personals in eine Gehaltsklasse gemäss kantonaler Besoldungsverordnung und § 14 die Kompetenz zur Festsetzung des Anfangsgehaltes. Dafür, dass die Kompetenz zur Schaffung neuer Amtsstellen dem Bezirksrat zusteht, enthält das Reglement kein Wort. Demgegenüber enthielt § 34 des Vorgängererlasses (Dienst- und Besoldungsreglement 1972) unter dem Marginale «Neue Amtsstelle», was folgt:

«Neue Amtsstellen können nur durch Bezirksgemeindebeschluss geschaffen werden, soweit die eidgenössische oder kantonale Gesetzgebung nicht eine andere Regelung vorsieht.»

In den beigezogenen Materialien (BRB Nr. 13 vom 4.1.1984 und Nr. 49 vom 3.2.1984 zum Dienst- und Besoldungsreglement; Botschaft zur Bezirksgemeindeversammlung vom 2.4.84, S. 63; Prot. der Bezirksgemeindeversammlung vom 2.4.1984, S. 83/84) findet sich keinerlei Hinweis darüber, weshalb § 34 gemäss Reglement 1972 im neuen Reglement ersatzlos gestrichen wurde. Gegenstand der Auseinandersetzungen an der Bezirksgemeindeversammlung war die Frage, ob das neue Reglement nurmehr die wichtigeren Bestimmungen enthalten solle und dem Bezirksrat die Kompetenz eingeräumt werden soll, Ausführungsvorschriften zu erlassen, oder ob das von der Bezirksgemeinde zu erlassende Reglement auch die Detailvorschriften enthalten solle, mit dem Nachteil, dass das Reglement dann häufig revisionsbedürftig würde. Bei der Vorstellung des bezirksrätlichen Antrags führte der Säckelmeister aus, für die Handhabung in der Praxis sei der Antrag des Bezirksrates der zweckmässigste Weg. Er betonte aber, dass der Bürger zu den Besoldungen bei den jährlichen Budgetberatungen immer wieder Stellung nehmen könne. In Beantwortung eines Votums von C., der den bezirksrätlichen Antrag zur Ablehnung empfahl, betonte der Säckelmeister nochmals: «Soll man wegen einer kleinen notwendigen Anpassung aufgrund übergeordneter Vorschriften den Bürger jeweils zur Urne bitten? Dies will der Bezirksrat mit der Vorlage vermeiden. Wie bereits erwähnt, kann der Bürger zu den Zahlen an jeder Budgetgemeinde Stellung nehmen, aber nicht zu notwendigen Änderungen in der Auslegung» (Prot. BG vom 2.4.1984, S. 83/84).

Somit ist zu schliessen, dass die ersatzlose Streichung von § 34 Dienst- und Besoldungsreglement 1972 zur Folge hat, dass nicht mehr jede Schaffung einer neuen Stelle zwingend durch Separatbeschluss der Gemeindeversammlung mit Urnenabstimmung zu beschliessen ist, sondern auch via Budget erfolgen kann. Gerade das starke Betonen der Budgetkompetenz der Bezirksgemeinde durch den Säckelmeister lässt aber den Schluss nicht zu, dass mit der Neuregelung neue Stellen völlig ohne Mitwirkung der Bezirksgemeinde sollen geschaffen werden können. Ganz abgesehen davon wäre eine solche Kompetenzverschiebung im Lichte von § 7 Abs. 2 letzter Satz GOG kaum zulässig.

i) Der Bezirksrat hält dafür, dass, sofern keine delegierte Aufgabe, so doch eine gebundene Ausgabe vorliege. Das Bundesgericht definiert den Begriff der gebundenen Ausgabe in langjähriger und konstanter Rechtsprechung wie folgt:

«Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gelten Ausgaben dann als gebunden und damit als nicht referendumspflichtig, wenn sie durch einen Rechtssatz prinzipiell und dem Umfang nach vorgeschrieben oder zur Erfüllung der gesetzlich geordneten Verwaltungsaufgaben unbedingt erforderlich sind. Gebunden ist eine Ausgabe ferner, wenn anzunehmen ist, die Stimmberechtigten hätten mit einem vorausgehenden Grunderlass auch die aus ihm folgenden Aufwendungen gebilligt, falls ein entsprechendes Bedürfnis voraussehbar war, oder falls es gleichgültig ist, welche Sachmittel zur Erfüllung der vom Gemeinwesen mit dem Grunderlass übernommenen Aufgaben gewählt werden. Es kann aber selbst dann, wenn das ‹ob› weitgehend durch den Grunderlass präjudiziert ist, das ‹wie› wichtig genug sein, um die Mitsprache des Volkes zu rechtfertigen. Immer dann, wenn der entscheidenden Behörde in bezug auf den Umfang der Ausgabe, den Zeitpunkt ihrer Vornahme oder andere Modalitäten eine verhältnismässig grosse Handlungsfreiheit zusteht, ist eine neue Ausgabe anzunehmen (BGE 115 Ia 142 E. 2c mit Hinweisen)» (BGE 117 Ia 62 E. 4c, 118 Ia 189 E. 2a).

Zwar ist es richtig, dass der Bezirksrat das vollziehende und verwaltende Organ des Bezirks ist und die Hauptverantwortung für einen ordnungsgemässen Gang der Verwaltung trägt. In diesem Sinn ist der Bezirksrat auch verantwortlich dafür, dass er danach trachtet, die Organisationsstruktur und den zahlenmässigen Bedarf an Verwaltungspersonal den sich ändernden Bedürfnissen und Aufgaben anzupassen. Daraus aber eine Gebundenheit bei der erstmaligen Anstellung eines die gesamte Verwaltung übergreifenden Verwaltungschefs abzuleiten, geht im Lichte der obigen Bundesgerichtspraxis entschieden zu weit. Wenn die vom Bezirksrat in Auftrag gegebenen betriebswirtschaftlichen Expertisen das Fehlen einer innerbetrieblichen Führungs-, Entscheidungs- und Verantwortungsstelle feststellten, wenn ein Mangel an Effizienz und Effektivität vorliegt, wenn die personellen Belange nicht hinreichend wahrgenommen werden usw., so gibt es zur Frage, wie diese Mängel behoben werden sollen, nicht nur unausweichlich eine einzige Antwort, sondern wie die verschiedenen Anträge und Lösungsvorschläge an der Versammlung gezeigt haben, wie sich aus den Alternativen der D.-Studie ergibt (z.B. ein vollamtlicher Bezirksrat) und wie die E.-Studie zeigt (Landschreiber als Verwaltungs- und Personalchef) verschiedene Lösungsmöglichkeiten, um Verbesserungen anzubringen. Zu erwähnen ist, dass bis anhin – soweit überblickbar – keine andere Gemeinde oder anderer Bezirk im Kanton Schwyz die vom Bezirksrat Küssnacht vorgeschlagene Lösung eingeführt hat. Somit liegt keine gebundene Ausgabe vor.

k) Zu erwähnen ist auch, dass der den Haushaltungen mit der Einladung zur Bezirksgemeindeversammlung zugestellte gedruckte Voranschlagsentwurf 1994 Überlegungen und Erläuterungen des Säckelmeisters enthält. Darin spricht sich der Säckelmeister unter dem Abschnitt «Eine neue Führungskraft» für die Schaffung des Verwaltungschefs aus. Wörtlich führt er aus:

«Mit der Genehmigung des Voranschlags 1994 könnte diese Führungskraft auf den 1. September 1994 eingestellt werden. … Ich bitte Sie als zurücktretender Säckelmeister, diese wichtige neue Stelle zu genehmigen.»

Mit der Aufnahme dieser Stellungnahme in die amtliche Botschaft konnten die Stimmberechtigten davon ausgehen, dass diese Meinungsäusserung der offiziellen Haltung des Bezirksrates gleichkommt. Als dann der Bezirksammann an der Versammlung erklärte, die Abstimmung über den Kredit für den Verwaltungschef falle nicht in den Kompetenzbereich der Bezirksgemeinde, kamen sich die Bürger, welche nicht zuletzt an der Versammlung teilnahmen, um über dieses Geschäft zu beraten und zu beschliessen, überfahren und brüskiert vor, wie dies in verschiedenen Voten auch zum Ausdruck gebracht wurde. Der Bezirksammann erklärte dann, die von ihm getroffenen Abklärungen bei «Leuten des Kantons etc. …», welche ergeben hätten, dass über dieses Geschäft nicht abgestimmt werden könne, seien noch nicht 8 Stunden alt. Man kann sich fragen, ob die Stimmbürger, welche durch das Verhalten und das Vorgehen des Bezirksrates vor der Versammlung der Meinung waren (sein mussten), dass sie mit dem Budget über die Einführung der neuen Verwaltungsstelle beschliessen würden, nicht schon aufgrund des Anspruchs auf Verhalten nach Treu und Glauben berechtigt waren, über die Detailanträge zum Thema Verwaltungschef abstimmen zu können. Diese Frage kann indessen, nachdem die Beschwerde ohnehin gutzuheissen ist, offen bleiben.

l) Nach den §§ 84 Abs. 3 und 89 Abs. 3 KV stehen dem Bezirks- bzw. Gemeinderat alle Befugnisse zu, die nicht durch kantonales Recht einem andern Gemeindeorgan zugewiesen sind. Mit dieser Zuständigkeitsvermutung in Form einer Generalklausel, welche ergänzt wird durch eine Enumeration der Aufgaben der Gemeindeversammlung (§§ 83 und 88 KV; § 7 GOG) hat der Verfassungsgeber eine Regelung getroffen, welche verhindern soll, dass Aufgaben weder in den Zuständigkeitsbereich des einen noch des andern Gemeindeorgans fallen (vgl. Thalmann, a.a.O., S. 108 Ziff. 1.3.3). Die Schaffung einer neuen Stelle fällt indessen in die der Gemeindeversammlung zugeordnete Organisations- und Budgetkompetenz (§ 7 Abs. 1 lit. a und f GOG). Nachdem die Kompetenz der Gemeindeversammlung zugeordnet ist, greift die Generalklausel nicht.

m) Der Bezirksrat argumentiert, die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung hätte die nachteilige Folge, dass an einer Bezirksgemeinde auch bestehende Amtsstellen zur Diskussion gestellt werden könnten. Eine solche Konsequenz würde die gesetzliche Verantwortung der Exekutive aushöhlen, und es würden diese Verantwortlichkeiten verwischt. Ob die Bezirksgemeindeversammlung die Befugnis hätte, eine früher geschaffene Personalstelle über den Budgetweg zu streichen, kann offen bleiben, weil dieser Fall hier nicht zum Entscheid ansteht. Immerhin könnte einem solchen Vorgehen einerseits § 82 GOG entgegenstehen, und anderseits würde es sich sicher insoweit um gebundene Ausgaben handeln, als durch Verträge und Verwaltungsakte (z.B. Wahlakt) eine Bindung bestünde. Im weiteren lässt sich eine zusätzliche Abschirmung vor solchen Budgetüberraschungen dadurch erreichen, dass wiederkehrende Ausgaben verstärkt durch Gemeindereglement (z.B. Gemeindeordnung) oder separaten Gemeindebeschluss verankert werden.

n) Zusammenfassend ergibt sich aufgrund der vorstehenden Erwägungen, dass die Kompetenz zur Wahl der Beamten und Angestellten, soweit diese durch die Verfassung oder die Gesetzgebung nicht ausdrücklich einem andern Organ zugewiesen ist, dem Bezirksrat obliegt. Die Wahl beinhaltet indessen nicht die Stellenschaffungskompetenz und die Finanzkompetenz (Bewilligung der für die Stellenbesetzung erforderlichen finanziellen Mittel). Die letztgenannten Kompetenzen stehen der Bezirksgemeinde zu. Somit ist die Beschwerde gutzuheissen.

o) Das Verwaltungsgericht verkennt nicht, dass effiziente und rechtzeitige Organisations- und Führungsentscheide durch die ausgeprägten Mitwirkungsrechte der Gemeindeversammlung auf Kommunalstufe verzögert und erschwert werden können, und dass ein Zielkonflikt zwischen den demokratischen Mitwirkungsrechten der Gemeindeversammlung einerseits und Führungsgrundsätzen – wie sie beispielsweise in der Regel in der Privatwirtschaft praktiziert werden – andererseits besteht. Die Neu-Zuordnung und Neu-Regelung der Kompetenzen ist aber eine politische Frage, die durch den Gesetzgeber, primär auf der Stufe des kantonalen Rechts (Kantonsverfassung, GOG), nicht durch die Praxis und Rechtsprechung zu erfolgen hat.

3. Der Bezirksrat vertritt die Meinung, selbst wenn das Gericht zu einer vom Bezirksrat abweichenden Meinung gelange, müsste die Budgetgemeinde 1994 deswegen nicht wiederholt werden. Es bestünde die zweckmässigere Möglichkeit, die fragliche Position im nächsten Herbst, anlässlich des Budgets 1995, neu einzustellen und darüber abstimmen zu lassen. Das Budget 1994 des Bezirks Küssnacht sieht in sehr vielen Einzelpositionen einen Gesamtaufwand von 38,27 Mio. Franken vor. Die umstrittene Stelle eines Verwaltungschefs macht, inkl. Lohnnebenkosten, einen Betrag von ca. 1,5 Promillen dieses Aufwands aus. Es wäre unverhältnismässig und der Sache nicht dienlich, nun das Gesamtbudget aufzuheben und den Bezirksrat anzuweisen, an einer neu einzuberufenden Bezirksgemeindeversammlung das Budget 1994 nochmals zu behandeln, zumal ein Grossteil der Ausgaben bereits getätigt sind oder doch zumindest verbindliche Verpflichtungen eingegangen wurden. Es genügt, die Position 10.1010.11.01 Besoldungen Personal der Allg. Verwaltung (S. 1 des Budgets) sowie die dazugehörigen Lohnnebenkostenpositionen insoweit aufzuheben, als darin Aufwand für die Anstellung des vorgesehenen Verwaltungschefs vorgesehen ist. Dem Ermessen des Bezirksrates bleibt es anheimgestellt, entweder im Rahmen einer ausserordentlichen Bezirksgemeindeversammlung, einen Nachtragskredit für die Schaffung der Stelle des Verwaltungschefs einzuholen oder diese Stellenneuschaffung auf das Jahr 1995 zu verschieben und mit dem Budget 1995 die Ermächtigung hiefür von der Gemeindeversammlung einzuholen. Als dritte Variante steht dem Bezirksrat auch die Möglichkeit offen, auf seinen Beschluss, der Bezirksgemeinde die Schaffung eines Verwaltungschefs im Rahmen des Budgets zu beantragen, zurückzukommen (§ 36 Abs. 4 GOG).

(VGE 696/93 vom 20. April 1994).

 

15

Gemeinderecht

Einheitsgemeinde. Beschränkung des Stimmrechts auf Konfessionsangehörige (§ 91 Abs. 2 KV).

Aus dem Sachverhalt:

Die römisch-katholischen Stimmbürger der Einheitsgemeinde X. genehmigten einen Zusatzkredit von Fr. 419776.35 für die Renovation des Pfarrhauses. Dagegen erhob ein Stimmberechtigter der Gemeinde X., welcher nicht der römisch-katholischen Konfession angehört, beim Verwaltungsgericht Kassationsbeschwerde. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit folgender Begründung ab:

Aus den Erwägungen:

2. Die gemeinderätlichen Berichte und Anträge zu den Geschäften der beratenden Gemeindeversammlung vom 21. April 1994 wurden, zusammen mit dem Geschäftsverzeichnis, mit Postversand vom 7. April 1994 an alle Haushaltungen der Gemeinde X. verschickt. Im schriftlichen Bericht zu Traktandum 3 wird u.a. ausgeführt:

«Im Hinblick auf die ordentliche Gemeindeversammlung sowie die Urnenabstimmung erlauben wir uns den Hinweis auf § 91 der Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz vom 23. Oktober 1898. Die Gemeinde gilt als Einheitsgemeinde, deren Aufgaben folgendermassen umschrieben sind:

   l In der Einheitsgemeinde besorgen die Organe der politischen Gemeinde auch das örtliche Kirchenwesen nach Massgabe des Gesetzes.

   2 Dabei sind nur Konfessionsangehörige stimmberechtigt.›

Wir bitten Sie, die unterschiedlich gestalteten Stimmrechtsausweise zu beachten und den Weisungen des Versammlungsleiters sowie der Mitglieder des Abstimmungsbüros nachzuleben. Sobald die anlässlich der Verfassungsrevision vom 27. September 1992 betreffend die Verhältnisse zwischen Kirchen und Staat vom Souverän beschlossene Neuordnung Wirklichkeit werden wird, gelten die noch vorhandenen Einheitsgemeinden als aufgelöst, so dass auch die ‹uneinheitliche Stimmabgabe in Einheitsgemeinden› hinfällig wird.»

Der Bf. gehört nicht der römisch-katholischen Konfession an. Der ihm und 36 weiteren nichtkatholischen Stimmberechtigten im Hinblick auf die Abstimmungen/Gemeindewahlen vom 8. Mai 1994 zugestellte Stimmrechtsausweis enthielt den aufgeklebten Vermerk:

«Für das Sachgeschäft ‹Zusatzkredit Renovation Pfarrhaus› nicht stimmberechtigt.»

Der Bf. hält dafür, dass er damit in seinem Stimmrecht verletzt ist.

3. Nachdem … bleibt zu prüfen, ob das Abstimmungsergebnis wegen Verletzung des Stimmrechts zu kassieren ist.

a) Die Renovation des Pfarrhauses zählt zu den weltlichen Bedürfnissen der Konfession im Sinne von § 64 Gemeindeorganisationsgesetz (GOG) bzw. zum «örtlichen Kirchenwesen» im Sinne von § 91 Abs. 1 Kantonsverfassung (KV). Die Regelung, dass bei solchen Geschäften nur die Konfessionsangehörigen stimmberechtigt sind, findet sich auf Verfassungsstufe (§ 91 Abs. 2 KV, siehe Zitat vorne Erw. 2). Das Bundesgericht überprüft mit Rücksicht auf die Gewährleistung der Kantonsverfassungen durch das Eidg. Parlament Bestimmungen in Kantonsverfassungen – abgesehen von einem hier nicht zutreffenden Sonderfall – nicht auf ihre Übereinstimmung mit dem Bundesrecht und der Bundesverfassung (Häfelin/Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. A., Rz 258–261b). Es ist deshalb zumindest fraglich, ob es einem kantonalen Gericht erlaubt ist, die Kantonsverfassung auf die Bundesverfassungswidrigkeit hin zu prüfen (eher verneinend: Campiche in ZBl 1983, S. 416 ee; bejahend: J. Hensler, Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Kanton Schwyz, S. 124, unter Hinweis auf die Materialien zu § 26 VRP).

b) Selbst wenn die Überprüfung als zulässig erachtet würde, wäre die Beschwerde aus den nachfolgenden Erwägungen unbegründet. Aus dem Autonomieverständnis und dem Selbstverwaltungsrecht der Konfessionen heraus ist eine Regelung, welche die Beschlussfassung über das örtliche Kirchenwesen den Konfessionsangehörigen vorbehält, durchaus angängig. Die Kritik des Beschwerdeführers zielt denn auch letztlich nicht gegen das Selbstbestimmungsrecht der Konfessionsangehörigen, sondern er will mitbestimmen, weil er glaubt, es würden auch seine Steuergelder, welche er an die politische Gemeinde entrichtet, zur Finanzierung von Verzinsung und Amortisation dieses Nachtragskredites herangezogen. Es geht somit letztlich weniger um eine Frage der Mitbestimmung als um eine Frage der Verletzung der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 49 BV, insbesondere 49 Abs. 6 BV).

Die Rechnung 1993 der Einheitsgemeinde X. konnte nur mit einem Kantonsbeitrag aus dem direkten Finanzausgleich von Fr. 1290435.79 ausgeglichen gestaltet werden. Dies macht knapp 31% des Gesamtaufwandes/Ertrages von Fr. 4165522.47 aus (exakt: 30,97%). Der Voranschlag 1994 rechnet sogar mit einem Finanzausgleichsbeitrag des Kantons von Fr. 1527500.–, was bei einem budgetierten Gesamtaufwand/Ertrag von Fr. 4356500.– rund 35% des Haushaltsaufwandes entspricht. Die effektiven Leistungen des Kantons an den Gemeindehaushalt von X. sind noch höher, da auch noch die indirekten Finanzausgleichsbeiträge (Beiträge an die Lehrerbesoldung usw.) dazukommen. Die direkten Finanzausgleichsbeiträge gemäss § 9 Finanzausgleichsgesetz (FAG, nGS II/137) übersteigen in X. die Steuererträge (vgl. S. 33 Rechnung 1993/Budget 1994). Die römisch-katholischen Konfessionsangehörigen von X. bezahlen eine Kirchensteuer von 70% einer Einheit, die evangelisch-reformierten Morschächler hingegen als Mitglieder der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Y. lediglich 30% einer Einheit. In X. sind die r.-k. Kirchensteuern im Verhältnis zu den Steuern der politischen Gemeinde (195% einer Einheit) sehr hoch (vgl. Steuerfusstabellen 1993 und 1994 im Steuerbuch Nr. 75). Weil für X. der r.-k. Steuerfuss von 70% vollumfänglich für den zulässigen Maximalsteuerfuss der Finanzausgleichsgemeinden von 360% (addierte Steuerfüsse von Bezirk, Gemeinde und r.-k. Kultussteuer) mitberücksichtigt wird (vgl. §§ 7, 11 und 13 Finanzausgleichsgesetz), ergibt sich das Kuriosum, dass ein Reformierter in X., obwohl in einer direkten Finanzausgleichsgemeinde wohnend, weniger Steuern bezahlt, als ein Reformierter in der Gemeinde Z., obwohl beide der gleichen evangelisch-reformierten Kirchgemeinde angehören (X.: Gesamtsteuerfuss 490%; Z.: 510%; weitere Beispiele vgl. Steuerfusstabellen). Diese Ungereimtheiten dürften mit der auf Verfassungsstufe beschlossenen, aber noch nicht in Kraft getretenen Abtrennung der Kirchgemeinden von den Einheitsgemeinden sowie mit der Finanzausgleichsregelung innerhalb der Kirchgemeinden über die Kantonalkirchen zum Verschwinden gebracht werden.

Die im Vergleich zur politischen Gemeindesteuer sehr hohe r.-k. Kultussteuer bewirkt, dass in X. der Selbstdeckungsgrad im Kultusbudget (fakturierte r.-k. Kirchensteuer 1993 Fr. 203142.35 entsprechen 38,8% des Kultusaufwandes von Fr. 523447.25) deutlich höher ist als im übrigen Gemeindebudget (Fr. 689844.95 fakturierte pol. Gemeindesteuererträge 1993 decken nur 18,94% des Aufwandes der politischen Gemeinde von Fr. 3642075.22). Da die Beiträge an den direkten Finanzausgleich bei den Einheitsgemeinden zurzeit auch die Fehlbeträge des r.-k. Kirchenwesens abdecken, ist es deshalb so, dass an die Verzinsung und Amortisation der Pfarrhausrenovationsschuld der Kanton Finanzausgleichsbeiträge leistet; hingegen werden nicht die Gemeindesteuern der evangelisch-reformierten oder der sonstigen nichtkatholischen Einwohner von X. hiefür verwendet. Somit stellt die durch die Verfassung gebotene Nichtzulassung der Nichtkatholiken zur Beschlussfassung über den Nachtragskredit der Pfarrhausrenovation (§ 91 Abs. 2 KV) auch von daher keinen Verstoss gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit dar. Dass der Kanton finanzielle Zuwendungen an die öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen leistet, verstösst im übrigen gemäss Lehre und Rechtsprechung nicht gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit (U. Häfelin, in Kommentar zur Bundesverfassung, N 77 zu Art. 49 mit zahlreichen Hinweisen).

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Beschränkung des Stimmrechts auf die Konfessionsangehörigen in Belangen des örtlichen Kirchenwesens in Einheitsgemeinden weder eine Stimmrechtsverletzung, noch einen Verstoss gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit darstellt. Die Beschwerde ist deshalb kostenfällig abzuweisen.

(VGE 566/94 vom 10. Juni 1994).

 

Das Bundesgericht wies eine dagegen geführte Stimmrechtsbeschwerde mit Urteil vom 22. November 1994 (lP. 517/1994) u.a. mit folgender Begründung ab:

2.– Nach Auffassung des Beschwerdeführers verletzt es den Grundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit des Stimmrechts, wie er sich aus den §§ 3 und 4 der Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz vom 23. Oktober 1898 (Kantonsverfassung; KV) ergebe, das Gleichbehandlungsgebot gemäss Art. 4 BV und das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 49 BV, wenn Bürger von Abstimmungen über Vorlagen ausgeschlossen werden, die sie mitfinanzieren müssen. Es sei verfassungswidrig, die Bestimmung über Ausgaben, für welche alle Steuerpflichtigen aufzukommen hätten, einem beschränkten Kreis von Stimmbürgern vorzubehalten.

a) Das Stimmrecht in Gemeindeangelegenheiten bestimmt sich nach den Regeln der Kantonsverfassung (§ 3 des Gesetzes über die Wahlen und Abstimmungen vom 15. Oktober 1970, WAG). Gemäss § 3 KV stehen die politischen Rechte allen Schweizer Bürgern und Schweizer Bürgerinnen zu, die das achtzehnte Altersjahr zurückgelegt haben und nicht nach Massgabe des Gesetzes davon ausgeschlossen sind (Abs. 1). Der Aktivbürger kann im Kanton, Bezirk und in der Gemeinde nach Massgabe des Gesetzes an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen und vom Recht der Initiative und des Referendums Gebrauch machen (Abs. 2).

Die Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen erfahren durch die am 27. September 1992 vom Volk angenommene KV-Revision grundlegende Veränderungen. Die bisherigen sog. Einheitsgemeinden, welche neben den politischen auch die örtlichen kirchlichen Angelegenheiten besorgen, werden abgeschafft. Die neuen Bestimmungen treten jedoch erst sukzessive, nach Ausarbeitung eines Organisationsstatuts der Kirchen und der Auflösung der bisherigen Einheitsgemeinden in Kraft (vgl. Übergangsbestimmungen II und III der KV-Revision vom 27. September 1992). Im Zeitpunkt der fraglichen Abstimmung, am 4. Mai 1994, war die Einheitsgemeinde X. noch nicht aufgelöst. Dementsprechend richtet sich die Stimmberechtigung bei dieser Abstimmung noch nach der bisherigen Regelung von § 91 Abs. 2 KV. Danach sind in Einheitsgemeinden bei der Beschlussfassung über Kirchensachen nur die Konfessionsangehörigen stimmberechtigt. § 6 Abs. 2 WAG bestätigt diese Regel.

b) Nach § 64 des Gesetzes über die Organisation der Gemeinden und Bezirke vom 29. Oktober 1969, GOG) obliegt den Einheitsgemeinden die Erfüllung der weltlichen Bedürfnisse der Konfessionen.

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Frage, dass die Renovation eines Pfarrhauses zu den Angelegenheiten der Konfession zählt, in deren Dienst dieses Gebäude steht. Die Bewilligung eines Nachtragskredits zu diesem Zweck zählt damit ebenfalls zu den Kirchensachen, bei denen nach der Regelung von § 91 Abs. 2 KV und § 6 Abs. 2 WAG nur die Konfessionsangehörigen stimmberechtigt sind. Da der Beschwerdeführer der evangelisch-reformierten Konfession angehört, ist er von der Abstimmung über eine Kreditvorlage ausgeschlossen, welche die Renovation des Pfarrhauses der römisch-katholischen Konfession betrifft. Das schwyzerische Recht macht die Stimmberechtigung in kirchlichen Angelegenheiten im Vergleich zu den politischen Geschäften allein vom zusätzlichen Erfordernis der Konfessionszugehörigkeit abhängig. Ob für die Aufgabe, über die abgestimmt wird, allenfalls auch Mittel aus dem allgemeinen Finanzhaushalt verwendet werden, ist nicht entscheidend.

c) Der Beschwerdeführer nimmt diese zuletzt genannte Tatsache zum Anlass seiner Kritik. Nach seiner Ansicht sind alle Stimmbürger zur Abstimmung über Vorlagen zuzulassen, die sie über die allgemeinen Steuern auch mitfinanzieren müssen.

Der Grundsatz der Rechtsgleichheit verlangt, dass das Stimmrecht in staatlichen Angelegenheiten allen Bürgern in gleicher Weise zusteht. Unterschiede aus Gründen der Rasse, der Konfessionszugehörigkeit oder auch des Geschlechts sind unzulässig (vgl. Art. 4 Abs. 2 BV; BGE 116 Ia 359 E. 6b, S. 369f.). Die Allgemeinheit des Stimmrechts ermöglicht es dem Bürger, im Rahmen seiner demokratischen Mitwirkungsrechte auch über die Verwendung der staatlichen Mittel zu bestimmen. Dies schliesst freilich nicht aus, dass der Staat auch Aufgaben unterstützt, über deren Wahrnehmung der Stimmbürger nicht befinden kann, weil sie nicht vom Staat selber, sondern von besonderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, privaten Organisationen oder Privatpersonen wahrgenommen werden. Die demokratische Mitwirkung beschränkt sich in solchen Fällen auf die Frage, ob und in welchem Umfang eine Unterstützung ausgerichtet werden soll, nicht aber auf die Aktivitäten der unterstützten Organisation oder Einzelperson selber.

§ 2 KV gewährleistet die Freiheit der römisch-katholischen Kirche. Auch wo auf kommunaler Ebene anstelle einer selbständigen Kirchgemeinde noch die sog. Einheitsgemeinde die kirchlichen Angelegenheiten wahrnimmt, werden diese dadurch nicht zu alle Bürger betreffenden staatlichen Aufgaben. Vielmehr besorgt die Einheitsgemeinde in diesem Fall das Kirchenwesen nur für die Angehörigen der römisch-katholischen Konfession, und dementsprechend sind in Kirchensachen gemäss § 91 Abs. 2 KV auch nur die römisch-katholischen Bürger stimmberechtigt. Diese Regelung verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht, weil sie das Stimmrecht in den alle Bürger betreffenden staatlichen Angelegenheiten nicht einschränkt und sie auf einem sachlichen Grund beruht. Der Gesamtheit der Stimmbürger bleibt das Recht erhalten, über die finanzielle Unterstützung des Staates an die Kirchen und Religionsgemeinschaften zu entscheiden. Wie aus den Erwägungen des angefochtenen Entscheids hervorgeht, trifft es nicht zu, dass in der Einheitsgemeinde X. die nichtkatholischen Bürger die Renovation des römisch-katholischen Pfarrhauses mitfinanzieren müssen.

Die vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen betreffen im Grunde weniger die Ordnung des Stimmrechts in der Einheitsgemeinde X. als die zurzeit im kantonalen Recht vorgesehene finanzielle Unterstützung der römisch-katholischen Konfession durch den Staat. Art. 49 Abs. 6 BV gewährt ihm auch keinen Anspruch auf Einräumung des Stimmrechts in den Angelegenheiten einer Konfession, der er nicht angehört, sondern schützt ihn davor, Steuern für eigentliche Kultuszwecke einer solchen Konfession bezahlen zu müssen (vgl. zur Tragweite dieses Grundsatzes BGE 107 Ia 126ff.). Vorliegend ist jedoch kein Akt angefochten, der eine Steuerpflicht des Beschwerdeführers für eine ihm fremde Konfession festsetzen würde und auf seine Vereinbarkeit mit Art. 49 Abs. 6 BV überprüft werden könnte. Die Beschwerde richtet sich allein gegen den Ausschluss vom Stimmrecht bei der Abstimmung über den Nachtragskredit für die Pfarrhausrenovation. Eine Ausdehnung der Stimmberechtigung in Kirchensachen auf Bürger, die der betreffenden Konfession nicht angehören, lässt sich aber wie gezeigt weder aus Art. 4 noch Art. 49 BV herleiten.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie ist demzufolge abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.

 

16

Korporationsrecht

Wahlen. Prozedere bei offener Wahl (Handmehr) und mehreren Kandidaten. Ermittlung des absoluten Mehrs.

Aus dem Sachverhalt:

Die Genossame X. hatte fünf Sitze im Genossenrat zu bestellen. Es standen 8 Kandidaten zur Verfügung. Es wurde über jeden dieser Kandidaten im Handmehr gewählt. Das Wahlergebnis ist protokollarisch wie folgt festgehalten:

A (bisher)   wird mit grosser Mehrheit wiedergewählt

B                  55 Stimmen

C                 33 Stimmen

D                 43 Stimmen

E                  46 Stimmen

F                  31 Stimmen

G                 22 Stimmen

H                  30 Stimmen.

Der Präsident erklärte A, B, C, D und E für gewählt. F führte Kassationsbeschwerde beim Verwaltungsgericht und verlangte, dass mindestens die Wahl von C als ungültig erklärt und wiederholt werde. Das Gericht hat mit folgender Begründung die Wahl von C kassiert, die übrigen Wahlen jedoch bestätigt:

Aus den Erwägungen:

1. Für die Beurteilung der sich in diesem Verfahren stellenden Rechtsfragen sind die Statuten der Genossame sowie das Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch (EGZGB, nGS II/175) massgebend. Enthalten das EGZGB und die Statuten keine Regel, so ist das Gemeindeorganisationsgesetz (GOG, nGS I/65) sinngemäss anzuwenden (§ 20 EGZGB).

2. Die vom Regierungsrat genehmigten Statuten der Genossame X., Ausgabe 1993, enthalten für die Durchführung der Wahlen und Abstimmungen an der Genossengemeinde folgende für dieses Beschwerdeverfahren anwendbare Regelungen:

«Art. 13 Abs. 2:

Für die Wahl ist im ersten Wahlgang das absolute Mehr notwendig; im zweiten Wahlgang entscheidet das einfache Mehr.

Art. 15 Abs. 1:

Die Abstimmungen und Wahlen an der Genossengemeinde erfolgen in der Regel durch Hand-Erheben.

Art. 15 Abs. 2:

Die Mehrheit der anwesenden Genossenbürger kann geheime Abstimmung/Wahlen verlangen.»

Während für die Durchführung geheimer Wahlen die Mehrheit der anwesenden Genossenbürger erforderlich ist (Art. 15 Abs. 2 Statuten), geben die Statuten keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob das absolute Mehr nach Art. 13 Abs. 2 der Statuten nach den anwesenden Genossenbürger(innen) zu bemessen ist, oder ob nur die an der Wahl teilnehmenden Bürger für die Ermittlung des absoluten Mehrs zu berücksichtigen sind. Mit dem Rückgriff auf § 29 GOG ist diese Frage dahingehend zu beantworten, als für das absolute Mehr die Nicht-Stimmenden ausser Betracht fallen.

3. Der Beschwerdeführer rügt, der Genossenpräsident habe die vom Genossenrat Vorgeschlagenen als gewählt erklärt. Dies, obwohl einer von diesen (C.) das absolute Mehr nicht erreicht habe. Der Schreiber habe den Präsidenten zweimal auf das absolute Mehr aufmerksam gemacht, der Präsident sei aber darüber hinweggegangen und habe auch C. als gewählt erklärt.

Aus der Vernehmlassung des Genossenrates und den Zusatzabklärungen ergibt sich, dass alle 5 Genossenräte im Handmehr gewählt wurden.

a) Die Wahl des bisherigen und wiederkandidierenden Ratsmitgliedes A. kann als separater Wahlakt gewertet werden. Beschwerdeführer und Beschwerdegegnerin sind sich darin einig, dass dieser Kandidat ein sehr grosses Mehr erreichte. Seine Wahl ist nicht angefochten, weshalb sich die folgenden Erwägungen auf die neuen Kandidaten beschränken können.

b) Gemäss Protokoll waren an der fraglichen Gemeinde 57 Genossenbürger und 15 Genossenbürgerinnen, also 72 Stimmberechtigte anwesend. Zur Ermittlung des absoluten Mehrs wird die Zahl der gültigen Stimmen durch zwei geteilt; die erste über dem Teilungsergebnis liegende ganze Zahl ist das absolute Mehr (vgl. § 41 Abs. 2 Wahl- und Abstimmungsgesetz, WAG). Somit betrug an der fraglichen Versammlung das absolute Mehr 37 Stimmen (72 : 2 = 36 + 1), sofern keine Stimmenthaltungen vorkamen. Der Beschwerdeführer (Bf.) geht von einem absoluten Mehr von 37 Stimmen aus, während die Beschwerdegegnerin (Bg.) ausführt, das absolute Mehr habe «theoretisch 37» Stimmen betragen. Bei jedem Wahlgang seien aber viele Enthaltungen festgestellt worden. Für die 4 neu zu wählenden Genossenräte standen 7 Kandidaten(innen) zur Wahl. Es wurden offenbar die 7 Kandidaten(innen) nacheinander, wie im Protokoll aufgeführt, zur Wahl aufgerufen. Jeder Stimmberechtigte konnte maximal bei 4 Kandidaten seine Hand hochhalten, bei 3 Kandidaten durfte er nicht wählen, andernfalls er sein Wahlrecht überstrapaziert hätte. Die Stimmkraft aller Stimmberechtigten für alle Kandidaten zusammen betrug somit 288 (4 x 72). Es wurden für die 7 Kandidaten zusammen 260 Stimmen abgegeben. Lediglich 28 Stimmen für alle 7 Wahlgänge oder durchschnittlich 4 Stimmen pro Wahlgang entfielen auf Enthaltungen. Die Meinung des Genossenrates «bei jedem Wahlgang wurden aber viele Enthaltungen festgestellt» beruht wohl auf der Fehlüberlegung, dass alle Stimmberechtigten 7 x hätten ihre Stimme abgeben dürfen.

Der Bf. führt unwidersprochen aus, dass vom Präsidenten mit keinem Wort erwähnt worden sei, dass bei den 7 neuen Kandidaten(innen), jede(r) Stimmberechtigte nur für vier Kandidaten die Stimme abgeben bzw. die Hand hochhalten dürfe. Rechts und links von ihm seien zwei Bauern gesessen. Als er festgestellt habe, dass diese für jeden vom Genossenrat Vorgeschlagenen die Stimme abgegeben hätten, habe er sie darauf aufmerksam gemacht, nicht jetzt, sondern nachher den Bauern die Stimme zu geben, habe er die Antwort erhalten, sie würden dann schon auch noch stimmen.

4. Eine Wertung und Würdigung des Wahlprozederes ergibt, dass dieses nicht korrekt vorgenommen wurde.

a) Ein erster Fehler liegt darin, dass es der Genossenpräsident unterliess, den Genossenbürgerinnen und Genossenbürgern den Abstimmungsvorgang zu erläutern (vgl. § 26 Abs. 1 GOG) und sie nach der Wiederwahl von A. darauf aufmerksam zu machen, dass sie in der Folge maximal für vier Kandidaten ihre Stimme abgeben dürfen.

b) Ein zweiter Fehler passierte, indem das absolute Mehr nicht ermittelt wurde und einfach die vier Kandidaten mit den höchsten Stimmenzahlen als gewählt erklärt wurden. Es ist auch nicht zulässig, wie die Beigeladenen glauben, die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen 260 auf die vier wählbaren Kandidaten (= 65 pro wählbaren Kandidat) zu verteilen und daraus ein absolutes Mehr von 33 Stimmen zu konstruieren; denn es besteht keinerlei Gewähr dafür, dass die Zahl der Enthaltungen und damit das absolute Mehr von Wahlgang zu Wahlgang konstant blieb.

c) Sind für vier neu zu besetzende Genossenratssitze sieben Kandidaten aufgestellt worden, so gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten für ein korrektes Wahlprozedere, nämlich:

Variante 1: Einzelwahl

Bei diesem Vorgehen wird jeder einzelne Genossenratssitz nacheinander besetzt, indem beispielsweise die Genossenverwaltung für den 1. Sitz B. in Vorschlag bringt und anfrägt, ob Gegenkandidaten aufgestellt werden. Alsdann erfolgt die Wahl im Handmehr, wobei nacheinander die Kandidaten zur Wahl aufgerufen werden (jede(r) Genossenbürger(in) kann einmal wählen). Aus der Summe der für alle Kandidaten abgegebenen Stimmen wird das absolute Mehr ermittelt. Erreicht keiner der Kandidaten das absolute Mehr gibt es einen zweiten Wahlgang, wobei dann jene(r) gewählt ist, die/der die meisten Stimmen erhält (relatives Mehr). Für den 2./3. und 4. Sitz wird das gleiche Vorgehen wiederholt.

Variante 2: Gesamtwahl

Bei diesem Vorgehen werden alle vier Kandidaten in einem einzigen Wahlakt zur Wahl gebracht. Bei der offenen Wahl mit Handmehr kommt dieses Vorgehen höchstens dann in Frage, wenn nicht mehr Kandidaten aufgestellt worden sind, als Sitze zu vergeben sind. Es ist aber auch bei dieser Konstellation nicht unproblematisch, weil es den Stimmberechtigten eine differenzierte Stimmabgabe verunmöglicht. Sind mehr Kandidaten aufgestellt als Sitze zu vergeben sind, so funktioniert die Gesamtwahl nur bei schriftlicher Stimmabgabe zuverlässig. Es müssten folglich geheime Wahl beschlossen (Art. 15 Abs. 2 Statuten) und Wahlzettel ausgeteilt werden, und jeder Stimmberechtigte könnte maximal vier Kandidaten (oder auch weniger) auf den Wahlzettel schreiben. Bei Wahlzetteln mit mehr als vier wählbaren Kandidaten wären die Überzähligen von rechts nach links und von unten nach oben zu streichen (vgl. § 38 WAG). Die Zahl der gültigen Wahlzettel wäre für die Ermittlung des absoluten Mehrs massgebend. Die Genossenverwaltung hätte bei diesem Vorgehen einen zweiten Satz von Wahlzetteln (mit Vorteil solche, welche von den im ersten Wahlgang benutzten verschieden sind, z.B. andere Farbe) bereit zu halten für den Fall, dass nicht mindestens vier Kandidaten im ersten Wahlgang das absolute Mehr erreichten. Im zweiten Wahlgang entschiede das relative Mehr, bei Stimmengleichheit das Los (§ 29 Abs. 3 GOG; § 44 Abs. 1 WAG).

5. Zu prüfen ist nun, welche Konsequenzen das fehlerhafte Wahlprozedere hat.

a) Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Stimmrecht gibt dem Bürger u.a. Anspruch darauf, dass kein Wahlergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Dieser Grundsatz fand auch Eingang ins WAG (§ 54 Abs. 1). Stellt das Verwaltungsgericht Verfahrensmängel fest, so hebt es die Abstimmung oder Wahl auf, wenn die gerügten Unregelmässigkeiten das Ergebnis beeinflusst haben könnten. Der Stimmbürger muss in einem solchen Fall nicht nachweisen, dass sich der Mangel auf das Ergebnis entscheidend ausgewirkt hat. Es genügt, dass nach dem festgestellten Sachverhalt eine derartige Auswirkung im Bereiche des Möglichen liegt (VGE 547/91 vom 18.6.91 E.l, Prot. 571a mit zahlreichen Hinweisen).

Geht es um Fehler, deren Auswirkungen auf das Wahlergebnis ziffernmässig nicht genau feststellbar sind, so ist nach den gesamten Umständen zu beurteilen, ob eine Beeinflussung des Wahlergebnisses möglich sei oder nicht. Dabei ist besonders auf die Stimmenzahl, die Grösse des Stimmenunterschieds, die Schwere des festgestellten Mangels und auf dessen Bedeutung im Rahmen der gesamten Wahl abzustellen. Erscheint die Möglichkeit, dass das Wahlergebnis ohne den Mangel anders ausgefallen wäre, nach den gesamten Umständen als derart gering, dass sie nicht mehr ernsthaft in Betracht kommt, so kann von einer Aufhebung des Wahlergebnisses abgesehen werden. Rechtfertigt sich eine solche Beurteilung jedoch nicht, so ist der Mangel als erheblich zu erachten und die Wahl zu kassieren (VGE 547/91 vom 18.6.91 E. 1, Prot. 571a; EGV-SZ 1983, S. 30, E. 8 mit Hinweisen).

b) Das absolute Mehr betrug im Maximum 37 Stimmen, es könnte bei Durchführung einer Einzelwahl einige wenige Stimmen darunter gelegen haben, wobei dies heute nicht mehr feststellbar ist. Bei dieser Sachlage besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass C. mit 33 Stimmen als gewählt erklärt wurde, obwohl er das im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehr nicht erreicht hatte. Diese Wahl ist deshalb zu kassieren und muss wiederholt werden. Dies gilt um so mehr, als erhebliche Indizien dafür bestehen, dass auch vereinzelt ungültige Stimmen abgegeben wurden bzw. Genossenbürger(innen) ihr Stimmkontingent von vier Stimmen überschritten hatten. Eine Aufhebung dieses Wahlergebnisses drängt sich auch deshalb auf, weil der Stimmenunterschied zu F. (= Bf.) mit 2 Stimmen und zu H. mit 3 Stimmen sehr gering ausgefallen ist.

c) Die drei übrigen als gewählt erklärten Genossenräte lagen mit 43 Stimmen (+6), 46 Stimmen (+9) und 55 Stimmen (+18) deutlich über dem absoluten Mehr.

Es stellt sich nun die Frage, ob und allenfalls wieviele Genossenbürger mehr Stimmen abgaben, als sie abgeben durften. Der Bf. nennt zwei Bauern, die in seiner Nähe sassen und so gehandelt haben sollen. Gegen die Annahme, dass viele Genossenbürger so handelten, spricht die Tatsache, dass für die 7 Kandidaten aufaddiert 260 Stimmen abgegeben wurden, während die vollständige Ausschöpfung der Stimmkraft ein Total von 288 Stimmen ergeben hätten. Ferner bestätigte der Beschwerdeführer auf Rückfrage hin ausdrücklich, dass er nicht mehr als zwei Personen nennen könne, die mehr als viermal ihre Stimme abgaben. Dafür, dass Stimmberechtigte in grösserer Zahl ihr Stimmpotential nicht ausnützten und dafür andere in grösserer Zahl dies übernutzten, spricht wenig.

Das Wahlergebnis von B. liegt derart deutlich über dem absoluten Mehr, dass bei ihm mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass er das absolute Mehr bei Eliminierung der unkorrekt Wählenden nicht erreicht hätte. Seine Wahl ist deshalb gültig zustande gekommen. Gleiches gilt für E. und D. Angesichts der Tatsache, dass die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen deutlich (28 Stimmen) unter der theoretisch möglichen Stimmenzahl lag, und demnach das absolute Mehr im Durchschnitt auch vier Stimmen unterhalb des höchstmöglichen absoluten Mehrs von 37 Stimmen lag sowie in Berücksichtigung der Tatsache, dass die Gesamtzahl von 260 abgegebenen Stimmen in allen Wahlgängen ein starkes Indiz dafür ist, dass nur ganz vereinzelte ihr Stimmkontingent übernutzten, erscheint die Möglichkeit, dass das Wahlergebnis bei Eliminierung der «Übernutzungsstimmen» anders ausgefallen wäre, für diese drei Kandidaten als derart gering, dass nicht mehr ernsthaft damit gerechnet werden muss, dass das Wahlergebnis bei Eliminierung des Mangels anders ausgefallen wäre. Die Wahlen von B., D. und E. sind deshalb nicht zu kassieren.

6. Die Genossenverwaltung stellt in ihrer Vernehmlassung die Frage, wie bei einer Aufhebung der Wahl eines Genossenrates vorzugehen sei, ob eine ausserordentliche Genossengemeinde die Nachwahl vorzunehmen habe oder ob zugewartet werden könne bis zur nächsten ordentlichen Genossengemeinde im Frühjahr 1995. Da die Statuten zu diesen Fragen keine Auskunft geben, sind wiederum die einschlägigen Bestimmungen des GOG heranzuziehen. Nach § 33 GOG ist ein während der Amtsdauer frei werdender Gemeinderatssitz innert drei Monaten neu zu besetzen. Dementsprechend wird die Genossenverwaltung innert drei Monaten seit Zustellung dieses Entscheids eine ausserordentliche Genossengemeinde einzuberufen haben mit dem Traktandum «Nachwahl eines(r) Genossenrates(rätin)». Aufgrund der Statuten (Art. 8) steht es dem Genossenrat frei, für diese ausserordentliche Genossengemeinde weitere Sachgeschäfte zu traktandieren und zu behandeln, soweit solche spruchreif sind.

(VGE 572/94 vom 7. Juli 1994).

 

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Personal- und Besoldungsrecht

Übergangsrecht (§ 64 Personal- und Besoldungsverordnung, nGS I 50). Umgestaltung von privatrechtlichen Arbeitsverträgen.

Siehe Nr. 1.

 

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Schulrecht

Beiträge an Schulanlagen. Übergangsrecht. Treu und Glauben.

Aus den Erwägungen:

2. Streitig ist vorliegendenfalls, welche Verordnung für das Gesuch des Bezirkes X. zur Anwendung gelangt.

Nach Auffassung des Bezirkes X. muss auf das hängige Gesuch die Verordnung über Beiträge an Schulanlagen in der Fassung vom 26.11.1986 angewendet werden, währenddem der Regierungsrat auf die abgeänderte Verordnung vom 27.10.1993 abstellt.

a) Mit der am 27. Oktober 1993 vom Kantonsrat beschlossenen Änderung der Verordnung wurden zwei Ziele angestrebt und erreicht, nämlich:

– Wegfall der Subventionierung von Unterhaltsaufwendungen durch den Kanton und Konzentration der Kantonsbeiträge auf Neu- und Erweiterungsbauten (§ 3);

– Pauschalsubventionierung (§ 4 Abs. 1; vgl. Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat zur Teilrevision der Verordnung, RRB Nr. 1528 vom 7.9.1993).

Die Neuregelung hat somit eine Kürzung der Kantonssubventionen zur Folge, indem Umbauten nicht mehr subventioniert werden.

b) In bezug auf die übergangsrechtliche Regelung sah der regierungsrätliche Entwurf vor, dass nur an jene Projekte nach altem Recht Kantonssubventionen gewährt werden, für welche der Kreditbeschluss durch die Stimmbürger und die regierungsrätliche Zusicherungsverfügung (die departementale Zusicherungsverfügung dürfte angesichts der Kostenlimite von Fr. 50000.– in der Praxis nicht vorkommen) vor dem Inkrafttreten erlassen worden ist (RRB 1528 vom 7.9.1993 Ziff. 3.3 und Verordnungsentwurf § 13 Abs. 2).

c) Bei der kantonsrätlichen Beratung obsiegte ein Antrag der CVP, wonach jene Projekte nach altem Recht subventioniert werden, für welche «vor dem Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen Kantonsbeiträge bereits in Aussicht gestellt werden» (§ 13 Abs. 2 der Verordnung in der geltenden Fassung).

d) Der zuständige Regierungsrat Franz Marty führte zum Änderungsantrag an der Kantonsratsverhandlung vom 27.10.1993 folgendes aus:

«Im Zusammenhang mit dem Ergänzungsantrag zu den Übergangsbestimmungen ist festzuhalten, dass in zwei Gemeinden Schulbauvorhaben bestehen, die im Sommer zur Vorprüfung eingereicht wurden. Diesen ist in Aussicht gestellt worden, dass sie für den Teil, der Umbauten betrifft, entsprechende Beiträge erwarten können. Diese Gemeinden führen die Volksabstimmung im November durch und haben die voraussichtliche Beitragsleistung des Kantons in die Botschaft aufgenommen. Sie werden es aber zeitlich nicht schaffen, bis Ende Jahr die definitiven Pläne einzureichen für eine rechtlich definitive Beitragszusicherung. Damit diese Gemeinden nicht in Schwierigkeiten geraten, ist es vertretbar, dem abgeschwächten Wortlaut der Übergangsbestimmung zuzustimmen. Mit diesen beiden Gemeinden wäre das Soll aber erfüllt, denn irgendwo muss die Schnittstelle sein. Weitere Projekte können von dieser Bestimmung also nicht mehr profitieren.»

Im Votum von Kantonsrat Schätti wurden die beiden angesprochenen Gemeinden namentlich aufgeführt. Es betrifft dies die Gemeinden Lachen und Schübelbach (Kantonsratsprotokoll 1993, S. 88f.).

e) Aus dem Wortlaut der Übergangsbestimmung kann nicht abgeleitet werden, dass lediglich die beiden Schulträger Schübelbach und Lachen von der günstigeren bisherigen Regelung profitieren. Denkbar wäre vielmehr, dass in der Zeit zwischen dem Erlass der abgeänderten Verordnung durch den Kantonsrat bis zum Inkrafttreten weiteren Schulträgern Kantonsbeiträge in Aussicht gestellt worden wären. Hätte eine solche Mitteilung des Departementes vorgelegen, so hätte der Regierungsrat in diesem Falle die für den Schulträger günstigere altrechtliche Regelung anwenden müssen.

f) Der Bf. hat unbestrittenermassen weder eine Zusicherung im Sinne von § 11 Abs. 2 erhalten, noch wurde ihm vor Inkrafttreten, d.h. vor dem 1.1.1994, ein bestimmter Kantonsbeitrag in Aussicht gestellt. Vielmehr erfolgte die Mitteilung des voraussichtlichen Kantonsbeitrages erst am 10.1.1994. Nach dem Wortlaut der Übergangsbestimmung von § 13
Abs. 1 hat der Bezirk X. somit klarerweise keinen Anspruch auf Behandlung nach der Verordnung von 1986.

3. Zu beurteilen ist deshalb einzig, ob das Departement mit der Mitteilung des voraussichtlichen Kantonsbeitrages bis nach dem Inkrafttreten der abgeänderten Verordnung zuwarten wollte, obwohl – wie sich aus dem Schreiben vom 25.10.1993 ergibt – die Voraussetzungen zur Behandlung gegeben waren.

a) Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ist es unzulässig, einen Privaten die Nachteile einer neuen Ordnung tragen zu lassen, wenn die von der Behörde zu verantwortende, ungebührlich lange Verfahrensdauer zur Folge hatte, dass das neue Recht noch vor dem Entscheid in Kraft treten konnte. In einem solchen Falle ist das für den Privaten günstigere alte Recht anzuwenden (BGE 110 Ib 332).

b) Vorliegendenfalls hätte die Mitteilung des voraussichtlichen Kantonsbeitrages frühestens am 25.10.1993 erfolgen können. Das Departement hat somit ca. 21/2 Monate zugewartet, was nicht als ungebührlich lange Verfahrensdauer bezeichnet werden kann. Soweit der Bezirk X. behauptet, die kantonalen Instanzen hätten das vorgängige Verfahren verzögert, so dass das abgeänderte Projekt erst am 1.6.1993 eingereicht werden konnte, ist diese Rüge unhaltbar. Zwar dauerte es zwischen Einreichung des Gesuchs um Abbruchbewilligung des alten Schulhauses und der Stellungnahme des Hochbauamtes mehr als 15 Monate. Angesichts der Komplexität der zu beurteilenden Fragen und der Sachverhaltsabklärung, die vorzunehmen war, ist diese Verfahrensdauer nicht zu beanstanden. Dies um so weniger, als auch die Ausarbeitung des Projektes mehr als ein Jahr in Anspruch nahm.

c) Der Regierungsrat bzw. das zuständige Departement hatte denn auch sachlich vertretbare Gründe, mit der Bekanntgabe des voraussichtlichen Kantonsbeitrages zuzuwarten. Sinn und Zweck der Übergangsbestimmung ist es, die Anzahl der nach altem Verordnungsrecht zu behandelnden Gesuche zu beschränken. In den Genuss der günstigeren altrechtlichen Subventionsregelung sollten nur Schulträger kommen, denen der voraussichtliche Kantonsbeitrag bereits mitgeteilt wurde, die aufgrund dieser Mitteilung die Kreditbotschaft ausgearbeitet hatten und die Volksabstimmung noch für das Jahr 1993 festgelegt hatten. Auf die übrigen Gesuche fände hingegen die abgeänderte Verordnung Anwendung.

Angesichts von Sinn und Zweck der Übergangsbestimmung war die Exekutive berechtigt, Gesuche, die die oben umschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllten, zurückzustellen. Anlässlich der Verhandlungen des Kantonsrates wurde denn auch unmissverständlich ausgeführt, lediglich die beiden Schulträger Lachen und Schübelbach seien vom Abänderungsantrag betroffen. Seitens des Kantonsrates wurde diesen Ausführungen nicht widersprochen und verlangt, dass auch weitere hängige Gesuche nach altem Recht zu subventionieren seien.

(VGE 575/94 vom 23. September 1994).

 

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Schulrecht

Beiträge an Schulanlagen. Kein Anspruch auf Subventionierung der Mehrkosten für eine Alternativheizung.

Aus den Erwägungen:

1. Gemäss § 3 Abs. 1 der Verordnung über Beiträge an Schulanlagen vom 26.11.1986 (nGS VI 620) leistet der Kanton ordentliche Beiträge von 20% an die subventionsberechtigten Kosten des Neu- und Umbaus sowie an die Erweiterung und den ausserordentlichen Unterhalt von Schulanlagen.

Die Festlegung der subventionsberechtigten Kosten von Schulanlagen erfolgt periodisch durch den Regierungsrat anhand von Erfahrungswerten realisierter Projekte und unter Berücksichtigung der Teuerung. Er hat dabei die Projektierungs- und Baukosten, die für die Erstellung einer einfachen, zweckmässigen Schulanlage aufgewendet werden müssen, zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 1 Beitragsverordnung).

2. Der Regierungsrat hat mit Beschluss vom 12. Januar 1993 die Beiträge für das Jahr 1993 wie folgt festgelegt:

je m2 Schulraum      Fr.        4 402.–

je m2 Aussenanlage         Fr.           128.–

Turnhalle 15x26 m  Fr. 1 837 400.–

In Anwendung dieser Subventionsgrundsätze errechnete der Regierungsrat subventionsberechtigte Kosten für die nutzbare Schulfläche von Fr. 4534060.—, für die Aussenanlagen von Fr. 1142400.— und für die Turnhalle von Fr. 1837000.–.

Gestützt auf § 4 Abs. 3 der Beitragsverordnung, wonach in Einzelfäl-len die subventionsberechtigten Kosten angemessen erhöht werden können, wenn die Geländebeschaffenheit und der Baugrund zu überdurchschnittlichen Baukosten führen, brachte der Regierungsrat unter dem Titel «Vorbereitungsarbeiten» (bautechnische Erschwernisse) zusätzlich
Fr. 753000.– subventionsberechtigte Kosten in Anrechnung.

3. Der Bezirk X. beanstandet einzig, dass die Mehrkosten für die Alternativheizung im Betrage von Fr. 180000.– nicht subventioniert wurden.

a) Die Zuständigkeit des Regierungsrates zur Festlegung der subventionsberechtigten Kosten ergibt sich klarerweise aus § 4 Abs. 1 Beitragsverordnung.

b) Der Beschwerdeführer behauptet denn auch nicht, der Regierungsrat habe in seinem Beschluss vom 12. Januar 1993 die gemäss § 4 der Beitragsverordnung zu beachtenden Kriterien missachtet.

c) Die der definitiven Beitragszusicherung zugrundegelegten pauschalisierten m2-Preise sind somit nicht zu beanstanden. Wie das Erziehungsdepartement in seiner Vernehmlassung richtigerweise ausführt, sind im angenommenen m2-Preis von Fr. 4402.— sämtliche Baukosten berücksichtigt. Somit auch die Kosten für eine einfache und zweckmässige Heizung.

d) Der Bezirksrat X. hat in der Botschaft vom 23. Oktober 1991 zuhanden der Bezirksgemeindeversammlung ausgeführt, die Mehrkosten für die Alternativheizung gegenüber einer konventionellen Heizung würden Fr. 180000.– oder rund 1,5% der gesamten Bausumme betragen (Botschaft S. 24). Daraus ergibt sich, dass die Einrichtung einer konventionellen Heizung, die durch den m2-Preis von Fr. 4402.– abgedeckt ist, technisch möglich gewesen wäre. Nur für den Fall der technischen Unmöglichkeit könnte man sich fragen, ob die Pauschalansätze ausnahmsweise entsprechend angepasst werden müssten.

e) Eine Erhöhung der subventionsberechtigten Kosten ist nur in den in § 4 Abs. 3 Beitragsverordnung genannten Fällen möglich. Die Aufzählung ist, wie sich aus dem Wortlaut klarerweise ergibt, abschliessend und lässt dem Regierungsrat keinen Ermessensspielraum. So wünschenswert aus umweltpolitischen Gründen der Einbau einer Wärmepumpe ist, vermag dies eine Subventionierung der Mehrkosten nicht zu begründen. Diese Schlussfolgerung ergibt sich nicht nur aus § 4 Abs. 3 Beitragsverordnung, sondern auch aus § 4 Abs. 1. Danach ist bei der Festlegung der subventionsberechtigten Kosten auf die Baukosten für eine einfache Schulanlage abzustellen. Soweit der Schulträger somit aus achtenswerten Beweggründen eine kostenintensivere Heizungsanlage wählt, hat er die daraus entstehenden Mehrkosten vollumfänglich selber zu tragen. Soll für die Verwendung teurer, umweltgerechter Technologien und Bauweisen ein subventionsrechtlicher Anreiz geschaffen werden, so ist diesem Anliegen durch den Gesetzgeber Rechnung zu tragen.

4. Kann aus den einschlägigen Gesetzesbestimmungen kein Anspruch auf Subventionierung der Mehrkosten abgeleitet werden, ist die Beschwerde abzuweisen.

Der Beschwerdeführer behauptet denn auch zu Recht nicht, dass ihm seitens des Kantons eine dahingehende Zusicherung gemacht wurde. Bereits in der provisorischen Beitragszusicherung vom 25. Oktober 1991 wurden lediglich die pauschalisierten Beträge für nutzbare Schulfläche, Turnhalle und Aussenanlagen als subventionsberechtigte Kosten angenommen. Ebensowenig wurde dem Bezirk X. in einem späteren Zeitpunkt zugesichert, dass die Mehrkosten für die Wärmepumpe ebenfalls mit 20% subventioniert würden.

(VGE 640/93 vom 25. März 1994).

 

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Landwirtschaftsrecht

Beiträge. Der Bezirk ist an den Subventionsentscheid des Regierungsrates gebunden und hat dem Subventionsberechtigten mindestens einen Drittel des Kantonsbeitrages zu gewähren (§ 7 Abs. 2 Landwirtschaftsgesetz).

Aus dem Sachverhalt:

Dem Eigentümer und Bewirtschafter einer Alp gewährte der Regierungsrat an den Bau einer stationären Materialseilbahn einen Kostenbeitrag von Fr. 6000.– pauschal. Der Regierungsrat lud den Bezirksrat X. ein, «dem Unternehmen aus Meliorationskrediten einen Beitrag von Fr. 2000.– pauschal zuzusichern». Der Bezirksrat sicherte indessen keinen Beitrag zu, weil der Bau der Transportseilbahn schon abgeschlossen gewesen sei, bevor er vom Projekt Kenntnis erhalten habe. Die Seilbahn und die Alpbewirtschaftung seien im übrigen nicht wirtschaftlich. Die Milch werde zweimal täglich über eine längere Distanz wegtransportiert. Wenn die kleine Alp statt mit Kühen nur mit Jungvieh bestossen würde, wäre die Transportseilbahn gar nicht notwendig. Im übrigen habe der Regierungsrat den Kantonsbeitrag beschlossen, ohne den Bezirksrat vorgängig anzuhören, weshalb der Regierungsratsbeschluss für den Bezirksrat unbeachtlich sei. Gegen diese bezirksrätliche Beitragsverweigerung reichte der betroffene Eigentümer und Bewirtschafter der Alp Beschwerde ein, welche das Verwaltungsgericht mit folgender Begründung guthiess:

Aus den Erwägungen:

1. Der Kanton fördert gemäss § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Landwirtschaft (LG, nGS 242) Massnahmen, welche die Ertragsfähigkeit des Bodens erhalten oder steigern, seine Bewirtschaftung erleichtern oder ihn vor Verwüstung oder Zerstörung schützen. Darunter fallen namentlich Güterzusammenlegungen in Feld und Wald, Weganlagen für Wasser und Energie, Entwässerungen (§ 6 Abs. 2 LG). Die Aufzählung in § 6 Abs. 2 LG ist, wie schon aus der Gesetzesformulierung («namentlich») hervorgeht, nicht abschliessend. In § 4 lit. g der Allgemeinen Landwirtschaftsverordnung (ALV, nGS 243), bei der es sich um einen kantonsrätlichen Erlass handelt, ist vorgesehen, dass an Seilbahnen, die nicht von jedermann benützt werden können, und die als Ersatz für nichtvorhandene Güterstrassen erstellt werden, ein kantonaler Höchstsubventionierungssatz von 35% zur Anwendung gelangt.

2. § 7 Abs. 2 LG normiert, was folgt:

«Leistet der Kanton Beiträge, so haben die Bezirke einen Beitrag auszurichten, der einem Drittel des Kantonsbeitrages entspricht. Die Bezirke können von sich aus höhere Beiträge leisten.»

Nach § 8 ALV entscheidet der Regierungsrat über die Beitragswürdigkeit, genehmigt die Projekte und setzt den Kantonsbeitrag fest. Der Bezirksrat setzt den Bezirksbeitrag fest, soweit sich dieser nicht aus dem Gesetz ergibt (§ 9 Abs. 1 ALV). Bevor der Regierungsrat seinen Entscheid trifft, erhält der Bezirksrat Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 9 Abs. 3 ALV).

3. a) Der Wortlaut von § 7 Abs. 2 LG deutet unmissverständlich darauf hin, dass die Bezirke verpflichtet sind, einen Beitrag von einem Drittel des Kantonsbeitrags zu leisten. Aus der Gegenüberstellung von § 7 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ergibt sich, dass die Bezirke einen Beitrag von einem Drittel zu leisten haben (= kein Ermessen, kein eigener Entscheidungsspielraum). Demgegenüber geht aus der Formulierung von Satz 2 («können») hervor, dass den Bezirken lediglich insofern ein Entscheidungsspielraum verbleibt, als sie von sich aus höhere Beiträge leisten können. Der gleiche Schluss drängt sich auf, wenn die Ausführungsgesetzgebung herbeigezogen wird. So heisst es in § 8 Abs. 1 ALV, dass der Regierungsrat über die Beitragswürdigkeit entscheidet. Ins gleiche Konzept passt auch § 9 Abs. 2 ALV, wonach sich die beteiligten Bezirke über die Treffnisse einigen, sofern ein Gesuchsteller nicht in dem Bezirk wohnt, wo das Unternehmen ausgeführt wird oder sofern sich ein solches über mehrere Bezirke erstreckt. Die Bezirke haben sich nur über die Treffnisse, nicht über die Beitragswürdigkeit bzw. über die Frage, ob eine Bezirkssubvention gesprochen werden soll, zu einigen.

b) Zum gleichen Schluss kommt man, wenn die Entwicklung der Landwirtschaftsgesetzgebung betrachtet wird. Vor Inkrafttreten von LG und ALV fand sich die Gesetzgebung über die Subventionierung landwirtschaftlicher Bodenverbesserungsmassnahmen im Gesetz über Staatsbeiträge an landwirtschaftliche Meliorationsmassnahmen (GS 14, S. 578ff.). Dessen § 1 Abs. 2 bestimmte: «Die Bezirke leisten zusätzlich einen Beitrag von mindestens 10%. Sie können in Würdigung der Finanzlage des Gesuchstellers einen höheren Beitrag ausrichten.» Der Vor-Vorgängererlass, das Gesetz über Staatsbeiträge an landwirtschaftliche Meliorationsmassnahmen vom 25. Januar 1946 (GS 12, S. 471ff.), bestimmte seinerseits in § 1 Abs. 3, dass Kantonsbeiträge nur ausgerichtet würden, wenn auch der Bezirk einen bestimmten Beitrag ausrichte. Im gleichnamigen Gesetz vom 17. Juli 1957, i.K. seit dem 1.1.1958 (GS 14, S. 14ff.), wird in § 1 Abs. 2 festgehalten: «Die Bezirke leisten zusätzlich einen Beitrag von mindestens 8%. Sie können in Würdigung der Finanzlage des Gesuchstellers einen höheren Beitrag ausrichten.» Mindestens seit dem Erlass des Gesetzes über landwirtschaftliche Meliorationsmassnahmen vom 17. Juli 1957 hatte sich damit die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine einheitliche Subventionspraxis im Kanton nur dann gewährleistet werden kann, wenn die Beitragswürdigkeit vom Kanton, allenfalls in Zusammenarbeit mit dem Bunde, ausschliesslich und abschliessend beurteilt wird. Diese Gesetzgebung findet ihre Rechtfertigung auch darin, dass der Kanton professionelle Fachstellen (Meliorationsamt, Landwirtschaftsamt, landwirtschaftliche Beratungsdienste) unterhält, welche die Sachverhalte abklären und die Entscheide vorbereiten können. Demgegenüber verfügen die Bezirke über keine entsprechenden Fachkräfte.

c) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der Bezirksrat X. an den Subventionsentscheid des Regierungsrates gebunden ist und hinsichtlich des gesetzlichen Minimalbeitrags (1/3 des Kantonsbeitrages, hier 2000 Franken), keinen vom Regierungsrat abweichenden Entscheid treffen darf. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen.

4. Der Bezirksrat führt vernehmlassend aus, es sei wichtig zu wissen, dass er keine Möglichkeit gehabt habe, seine Einwände gegen eine Subvention an dieses Unternehmen vor der Beschlussfassung durch den Regierungsrat mitzuteilen.

Das Volkswirtschaftsdepartement anerkennt vernehmlassend, dass entgegen der Regelung von § 9 Abs. 3 ALV dem Bezirksrat keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde. Damit wurden die Mitwirkungsrechte und das rechtliche Gehör des Bezirksrates vom Regierungsrat missachtet, was bedenklich ist. Zu Recht drückt das Volkswirtschaftsdepartement in der Vernehmlassung das Bedauern für dieses Versäumnis aus.

Indessen vermag dieser Mangel an der Rechtsverbindlichkeit des Regierungsratsbeschlusses Nr. 180 vom 26.1.1993 und dementsprechend an der Verpflichtung des Bezirks zur Leistung seines Beitrags nichts zu ändern. Es wäre Sache des Bezirksrates gewesen, gegen den Beitragsbeschluss vom 26.1.1993, der den Bezirk zur Beitragsleistung verpflichtete, und der dem Bezirksrat X. zugefertigt wurde, Beschwerde beim Verwaltungsgericht zu erheben.

(VGE 644/93 vom 25. März 1994).

 

21

Strassenverkehrsrecht

Führerausweisentzug (Art. 16 SVG). Fahren im angetrunkenen Zustand. Entzugsdauer. Verdacht auf chronischen Alkoholmissbrauch.

Aus dem Sachverhalt:

Im Spätherbst 1993 fanden Dreharbeiten zum Spielfilm «Wachtmeister Zumbühl» statt. Halb auf dem Trottoir, halb auf der rechten Fahrbahn einer Strasse war deshalb ein alter Saurer-Lastwagen (Nostalgielastwagen) parkiert, der zu den Filmrequisiten gehörte. Gegen Abend fuhr X., welche bei den Filmarbeiten nicht beteiligt war, zufällig mit dem Auto auf der fraglichen Strasse. X. knallte, völlig ungebremst, in die hintere linke Seite des parkierten Lastwagens. Das Fahrzeug von X. wurde stark beschädigt. Die Einlage von X. entsprach nicht dem Drehbuch. Vielmehr hinterliess X. den Eindruck starker Trunkenheit, weshalb eine Blutentnahme vorgenommen wurde. Die Blutalkoholkonzentration betrug im Zeitpunkt der Blutentnahme 3,28 Gewichtspromille. X. wurde der Führerausweis für 12 Monate entzogen. Gegen die Entzugsdauer reichte X. Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein. Erfolglos.

Aus den Erwägungen:

1. Der Führerausweis muss entzogen werden, wenn der Führer in angetrunkenem Zustand gefahren ist (Art. 16 Abs. 3 Bst. b SVG). Fahrunfähigkeit wegen Alkoholeinwirkung gilt in jedem Fall als erwiesen, wenn der Fahrzeugführer eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 oder mehr Gewichtspromillen aufweist oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Blutalkoholkonzentration führt (Art. 2 Abs. 2 VRV).

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist mit dem rund vierfachen Grenzwert Auto gefahren. Sie fuhr somit schwer betrunken und wies auch entsprechende Symptome auf (Orientierungsstörungen, Erinnerungslosigkeit).

2. Ist die Bf. in betrunkenem Zustand Auto gefahren, so ist ein obligatorischer Ausweisentzug auszusprechen, was denn auch von ihr nicht in Abrede gestellt wird. Zu beurteilen ist die Entzugsdauer. Die Dauer des Führerausweisentzuges ist nach den gesamten Umständen festzusetzen, wobei jedoch die gesetzliche Mindestentzugsdauer, welche zwei Monate beträgt, wenn der Führer angetrunken gefahren ist (Art. 17 Abs. 1 lit. b SVG), nicht unterschritten werden darf. Diese gesetzliche Regelung wird in Art. 33 Abs. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV, SR 741.51) noch dahingehend konkretisiert, dass sich die Dauer des Warnungsentzugs vor allem nach der Schwere des Verschuldens, dem Leumund als Motorfahrzeugführer sowie nach der beruflichen Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen, richtet. Diese in Art. 33 Abs. 2 VZV aufgeführten Umstände sind nicht abschliessend (vgl. auch Richtlinien über die Administrativmassnahmen im Strassenverkehr, Ziff. 3.3.4.2).

Vorliegend sind für die Bemessung der Entzugsdauer insbesondere folgende Umstände von Belang:

a) Bei Fahren in angetrunkenem Zustand ist eine gesetzliche Mindestentzugsdauer von zwei Monaten zu beachten. Hingegen beträgt die Mindestentzugsdauer sechs Monate, wenn dem Führer der Ausweis entzogen werden muss wegen einer Widerhandlung, die er innert zweier Jahren seit Ablauf des letzten Entzuges begangen hat (Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG). Der Bf. wurde der Ausweis letztmals am 8. April 1992 für die Dauer eines Monats wegen eines Fahrfehlers mit Verkehrsunfall und pflichtwidrigem Verhalten beim Unfall entzogen. Das Vorkommnis vom 30. November 1993 ereignete sich rund 11/2 Jahre nach Ablauf jenes Entzugs, weshalb vorliegend die gesetzliche Mindestentzugsdauer 6 Monate beträgt.

b) Bereits am 11. Dezember 1987 wurde der Bf. der Führerausweis für die Dauer von 10 Monaten wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand entzogen. Damals fuhr sie mit mindestens 3,06 Promille. Am 1. Juli 1988 wurde ihr der Führerausweis vorzeitig wieder ausgehändigt. Sie ist somit im 6. Jahr seit Ablauf des letzten Entzugs wegen FIAZ rückfällig. Nach Art. 17 Abs. 1 Bst. d SVG beträgt die Entzugsdauer mindestens ein Jahr, wenn der Führer innert fünf Jahren seit Ablauf eines früheren Entzuges erneut in diesem Zustand gefahren ist. Diese Bestimmung gelangt bei der Bf. nicht zur Anwendung. Wenn die frühere Massnahme nicht die erhoffte Wirkung (die Führerin davon abzuschrecken, sich alkoholisiert ans Steuer zu setzen) zeitigte, so spricht dies dafür, bei der nächsten Massnahme, namentlich wenn sich der Rückfall auf das gleiche Vergehen bezieht, stärker zu dosieren. Diese Überlegung steht auch hinter Art. 17 Abs. 1 Bst. d SVG. Alkoholisierte Fahrzeuglenker stellen zudem eine sehr hohe Verkehrsgefährdung dar, weshalb ein hohes öffentliches Interesse besteht, insbesondere jene, welche wiederholt die gesetzlichen Bestimmungen über Alkohol am Steuer missachten, für längere Zeit vom Steuer fernzuhalten.

In Beachtung dieser Motive sehen die vorinstanzlichen Richtlinien einen Entzug von 12 Monaten vor für Fahrer, welche im sechsten Jahr seit Ablauf des letzten Entzugs wiederum alkoholisiert fuhren, sofern der Promillegehalt 2,6 oder mehr beträgt (VGE 680/92 vom 11.2.93 E. 2a). Vorliegend wurde die Grenze von 2,6 Promillen, ab welcher eine «Normalentzugsdauer» von 12 Monaten angemessen ist, stark überschritten, was für eine weitere Erhöhung spricht.

c) Massnahmeerhöhend wirkt sich vorliegend aus, dass die Bf. völlig fahrunfähig fuhr und ein Hindernis in der Fahrspur von der Grösse eines Lastwagens überhaupt nicht mehr realisierte, sondern ungebremst in dieses hineinfuhr.

d) Als Massnahmemilderungsgrund führt die Bf. an, dass sie den Führerausweis brauche, um als Chauffeuse oder im Service tätig zu sein. Daraus geht hervor, dass sie zurzeit weder den einen noch den andern dieser beiden Berufe ausübt, sondern – wie die Vorinstanz vernehmlassend unwidersprochen ausführt – arbeitslos ist. Somit besteht keine berufliche Angewiesenheit auf den Führerausweis. Die Bf. wird eine Stelle suchen können, bei welcher keine berufliche Angewiesenheit auf den Führerausweis besteht, und sie wird sich so einzurichten haben, dass Wohnort, Arbeitszeit und Arbeitsort so miteinander korrespondieren, dass sie für den Weg zur Arbeit nicht auf ein Auto angewiesen ist. Chauffeuse dürfte im übrigen, angesichts ihres Hanges zum Alkohol, für die Bf. ohnehin keine geeignete Beschäftigung sein.

e) Zusammenfassend ergibt sich, dass die ausgesprochene Entzugsdauer unter Berücksichtigung der konkreten Umstände keineswegs übersetzt ist, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.

3. Im ärztlichen Bericht des IRM (= Institut für Rechtsmedizin) steht der Satz: «Bei der Höhe der chemisch bestimmten Blutalkoholkonzentration besteht der medizinisch begründete Verdacht auf einen chronischen Alkoholmissbrauch. Eine amtsärztliche Untersuchung ist angezeigt.» Aus den vorinstanzlichen Akten geht ferner hervor, dass die Bf. Antabus einnahm (vgl. Prot. der ärztlichen Untersuchung Ziff. 5). In ihren Schreiben vom 9. Februar und 8. März 1994 führte die Bf. aus, dass sie seit 4 Jahren in ärztlicher Behandlung stehe und Antabus einnehme. Zum Zeitpunkt des Unfalls vom 30.11.1993 habe sie aber mit der Antabuseinnahme ausgesetzt gehabt wegen persönlichen Problemen, die sie aber jetzt wieder habe ins Lot bringen können.

Lernfahrausweise dürfen nicht erteilt werden, bzw. Führerausweise sind zu entziehen, wenn der Führer dem Trunke ergeben ist (Art. 14 Abs. 2 lit. c und 16 Abs. 1 SVG). Bei einem derartigen Entzug handelt es sich um einen Sicherungsentzug, der u.a. wegen Trunksucht verfügt wird (vgl. Art. 30 Abs. 1 VZV). Sicherungsentzüge werden auf unbestimmte Dauer verfügt, wobei – abgesehen bei Vorliegen eines medizinischen Ausschlussgrundes – eine Probezeit von mindestens einem Jahr anzusetzen ist.

Die Höhe der Blutalkoholkonzentration beim Vorfall einerseits (vgl. entsprechende Bemerkung des IRM) sowie die ärztliche Behandlung und Antabuseinnahme anderseits, sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei der Bf. Trunksucht vorliegt, weshalb die Vorinstanz gehalten gewesen wäre, die Wiedererteilung des Ausweises mit der Bedingung zu verknüpfen, dass durch ein verkehrsmedizinisches Zeugnis der Nachweis erbracht wird, dass keine die Fahrfähigkeit in Frage stellende Trunksucht vorliegt.

(…)

Die Vorinstanz wird dringend ersucht, in künftigen Fällen die Wiedererteilung des Ausweises von der Bedingung des positiven Ergebnisses eines amtsärztlichen Untersuchs abhängig zu machen, wenn im ärztlichen Bericht des Institutes für Rechtsmedizin der medizinisch begründete Verdacht auf chronischen Alkoholmissbrauch geäussert wird.

(VGE 547/94 vom 10. Juni 1994).

 

22

Kausalabgaberecht

Kanalisationsanschlussgebühr. Das kommunale Reglement sieht eine solidarische Mithaftung des neuen Grundeigentümers für ausstehende Anschlussgebühren des Rechtsvorgängers vor. Diese Regelung ist bundesrechtswidrig und somit nicht anwendbar, wenn der neue Eigentümer das Grundstück im Rahmen einer zwangsweisen Verwertung ersteigert hat (Erw. 2 und 3).

Aus den Erwägungen:

2. a) Nach Art. 24 Abs. 3 des kommunalen (vom Regierungsrat am 12. Januar 1982 genehmigten) Kanalisationsreglementes (KR) haftet bei Handänderungen für die ausstehenden Beiträge und Gebühren sowohl jener Eigentümer, der im Zeitpunkt der Entstehung der Zahlungspflicht das Grundstück besass, wie alle späteren Eigentümer solidarisch.

b) Bei der konkursrechtlichen Versteigerung von Liegenschaften gilt allgemein der Grundsatz, dass die dem Ersteigerer zu überbindenen Lasten, die auf dem Steigerungsobjekt ruhen, in das Lastenverzeichnis aufgenommen werden müssen. Die Steigerungsbedingungen haben dementsprechend den Hinweis zu enthalten, dass das Grundstück mit allen nach dem Lastenverzeichnis darauf haftenden Belastungen (Pfandrechten, Grundlasten, Dienstbarkeiten und dergleichen) versteigert werde und zwar bezüglich der nicht fälligen Forderungen unter Überbindung der Schuldpflicht auf den Erwerber und hinsichtlich der fälligen Forderungen unter Barzahlung des geschuldeten Betrages aus dem Steigerungserlös auf Abrechnung am Zuschlagspreis (vgl. Art. 135 SchKG, Art. 45 Abs. 1 lit. a und Art. 46 der bundesgerichtlichen Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken, VZG; vgl. auch BGE 106 II 190, Erw. 3a).

c) Im konkreten Fall beruft sich die Vorinstanz im wesentlichen auf Art. 24 Abs. 3 KR und macht sinngemäss geltend, gestützt auf diese kommunale Bestimmung sei der Ersteigerer verpflichtet, die vom (konkursiten) Rechtsvorgänger schuldig gebliebenen Kanalisationsanschlussgebühren zu bezahlen.

Der Bf. sowie der Beigeladene argumentieren hauptsächlich, dass die massgebenden Steigerungsbedingungen die vorinstanzliche Forderung (ausstehende Kanalisationsanschlussgebühren) nicht enthalten habe, weshalb diese Forderung weder gegenüber dem Ersteigerer noch einem neuen Erwerber/Eigentümer geltend gemacht werden könne.

Streitig ist somit, ob die im Zusammenhang mit dem Anschluss der Liegenschaften GB 289 und 332 an die Kanalisation entstandene Schuldpflicht (betr. Anschlussgebühren) auf den Bf. (Ersteigerer) überging.

3. a) Gemäss Art. 64 Abs. 1 BV steht dem Bund die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts zu. Nach dem Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Üb. Best. zur BV) dürfen die Kantone und Gemeinden (vgl. BGE 97 I 526, Erw. 4) keine Vorschriften aufstellen, die dem Bundesrecht widersprechen oder die Verwirklichung von Bundesrecht verunmöglichen (vgl. BGE 104 Ia 108). Insbesondere ist es ihnen grundsätzlich verwehrt, dort zu legiferieren, wo der Bundesgesetzgeber ein Gebiet selber abschliessend geregelt hat (vgl. BGE 101 Ia 505 Erw. 2b). Demnach ist zu prüfen, ob die bundesrechtlichen Vorschriften über die Zwangsverwertung von Liegenschaften für die von der Gemeinde A. in Art. 24 KR getroffene Regelung Raum lassen (vgl. auch VGE Kanton Bern vom 2. Okt. 1978, Erw. 2, publ. in BlSchK 1980, S. 23).

b) Im vorliegenden Fall ist erstellt, dass die im Streit liegenden Anschlussgebühren im Zeitpunkt der Versteigerung (3. Dez. 1993) fällig waren (vgl. vorinstanzl. act. 9–12).

Die Verwertung der Liegenschaften im Zwangsvollstreckungsverfahren geschieht grundsätzlich auf dem Weg der öffentlichen Versteigerung nach Massgabe der Art. 133ff. SchKG und der präzisierenden bundesgerichtlichen Vollziehungsvorschriften in der Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG). Für die Steigerungsbedingungen und den hier im besonderen interessierenden Übergang der auf dem Grundstück haftenden Belastungen ordnet Art. 135 (Abs. 1) SchKG folgendes an:

«Die Steigerungsbedingungen bestimmen, dass die Grundstücke mit allen darauf haftenden Belastungen (Dienstbarkeiten, Grundlasten, Grundpfandverschreibungen, Schuldbriefen und Gülten) versteigert werden, unter Überbindung der damit verbundenen persönlichen Schuldpflicht auf den Erwerber. Der frühere Schuldner einer überbundenen Schuld aus Grundpfandverschreibung oder aus Schuldbrief wird aber erst frei, wenn ihm der Gläubiger nicht binnen Jahresfrist, vom Zuschlag an gerechnet, erklärt, ihn beibehalten zu wollen (Art. 832 ZGB). Fällige grundversicherte Forderungen werden nicht überbunden, sondern vorweg aus dem Erlös bezahlt.»

Somit sieht Art. 135 SchKG nach dem klaren Wortlaut eine Überbindung der persönlichen Schuldpflicht für fällige grundversicherte Forderungen nicht vor (vgl. BlSchKG 1980, S. 24).

c) Nichts anderes bestimmen die bundesgerichtlichen Ausführungsvorschriften für den hier zu beurteilenden Fall.

Gemäss Art. 45 Abs. 1 lit. a und Art. 46 Abs. 2 VZG wird der Ersteigerer grundsätzlich nur für die im Lastenverzeichnis aufgeführten nicht fälligen grundpfandrechtlich gesicherten Forderungen persönlich haftbar, soweit diese Forderungen durch den Steigerungspreis gedeckt sind.

Nach Art. 46 Abs. 1 VZG ist vom Ersteigerer für fällige (und im Lastenverzeichnis vermerkte) grundversicherte Kapitalforderungen Barzahlung auf Anrechnung an den Steigerungspreis zu verlangen, ohne ihm die persönliche Schuldpflicht zu überbinden (vgl. BlSchKG 1980, S. 24 mit Hinweis auf C. Jaeger, Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, N. 5 zu Art. 135 SchKG).

Ausnahmen von dieser Regelung sind nur in den Artikeln 48 und 49 VZG enthalten. Art. 48 VZG sieht die – hier nicht interessierende – Überbindung von (fälligen) Zinsen von nicht fälligen (und daher überbundenen) Pfandforderungen auf Abrechnung an den Steigerungspreis vor. Nach Massgabe von Art. 49 Abs. 1 lit. a VZG hat sodann der Ersteigerer die Verwertungskosten sowie die Kosten der Eigentumsübertragung ohne Abrechnung vom Zuschlagspreis persönlich zu tragen. Im weiteren stellt Art. 49 Abs. 1 lit. b VZG eine persönliche Schuldpflicht für nicht fällige und deshalb im Lastenverzeichnis nicht eingetragene Forderungen mit gesetzlichem Pfandrecht (i.S. von Art. 836 ZGB, Brandassekuranzsteuern, Liegenschaftensteuern usw.) auf. Überdies statuiert Art. 49 Abs. 1 lit. b VZG (am Ende) schliesslich eine persönliche Zahlungspflicht des Ersteigerers über den Zuschlagspreis hinaus für die laufenden (und daher mitunter fälligen) Abgaben wie «Gas, Wasser, Elektrizität und dergleichen». Zu weiteren Zahlungen über den Zuschlagspreis hinaus kann der Ersteigerer nicht verpflichtet werden (Art. 49 Abs. 2 VZG).

d) Im vorliegenden Fall können die im Zusammenhang mit dem Kanalisationsanschluss vom 24. Januar l991 (= Datum der Abnahme) und der anschliessenden Rechnung vom 1. Februar 1991 fällig gewordenen Anschlussgebühren ausgehend von der Versteigerung vom 3. Dez. 1993 nicht als «laufende Abgaben für Wasser» im Sinne von Art. 49 Abs. 1 lit. b VZG qualifiziert werden.

Für dieses Ergebnis spricht namentlich auch die folgende bundesgerichtliche Rechtsprechung. Im Entscheid BGE 61 III 118ff. beantragte die Einwohnergemeinde Köniz vor Bundesgericht, dass «die Aufnahme der Kanalisationseinkaufssumme in den Steigerungsbedingungen» mit der Einschränkung zu schützen sei, «dass sie nicht Schuldübernahme-Charakter haben, sondern zur Orientierung des Ersteigerers dienen soll in dem Sinne, dass soweit der Steigerungserlös die Kanalisationseinkaufssumme nicht deckt, die Gemeinde den Ausfall gegenüber dem Erwerber als neuem Eigentümer geltend machen kann» (vgl. zit. BGE 61 III, S. 119).

In den Erwägungen wies das Bundesgericht darauf hin, dass nach richtiger Auslegung des Gesetzes dem Ersteigerer fällige Forderungen mit gesetzlichem, aber allen übrigen Pfandrechten nachgehendem Grundpfandrecht ohne Abrechnung am Zuschlagspreis nicht überbunden werden könnten. Dabei führte es wörtlich aus:

«Damit ist ausgeschlossen, dass der Ersteigerer irgendwie für den Ausfall einer im Lastenverzeichnis als fällig angegebenen Forderung mit gesetzlichem Pfandrecht nach der Steigerung noch in Anspruch genommen werden könnte.

(…)

Ebensowenig kann der (…) Satz, dass die Abgabe für Kanalisationsanschluss bei einem späteren Eigentümer des Gebäudes eingefordert werden kann, noch durchgreifen, sobald eine Zwangsverwertung stattgefunden hat.»

(vgl. BGE 61 III 120, Hervorhebung nicht im Original.)

Diese Folgerungen begründet das Bundesgericht damit, dass es an der vom kantonalen Gesetzgeber festgelegten schlechten Rangstellung des Grundpfandes für Kanalisationsanschlussgebühren liege, wenn die Gemeinde für ihre Forderung in der Zwangsverwertung einen Ausfall erleide. Es sei unzulässig, wenn eine Gemeinde diesen gesetzlich vorgesehenen Nachteil dadurch auszugleichen suche, dass sie mittels kommunaler Bestimmungen die bundesrechtlichen Steigerungsvorschriften durchkreuze (vgl. zit. BGE 61 III 120; BlSchKG 1980, S. 25).

Die gleichen Überlegungen gelten auch analog, wenn eine Gemeinde für ihre Kanalisationsanschlussgebühren kein Pfandrecht, sondern eine solidarische Mithaftung der nachfolgenden Grundeigentümer vorgesehen hat. Auch hier würde es zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit führen, wenn eine einzelne Gemeinde die bundesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung und Überbindung grundversicherter Forderungen im Zwangsverwertungsverfahren mittels eigener Reglemente umgehen könnte (vgl. BlSchKG 1980, S. 25). Vielmehr verlangt auch hier der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, dass Kantone und Gemeinden keine Vorschriften aufstellen dürfen, die dem Bundesrecht widersprechen oder die Verwirklichung von Bundesrecht (hier Zwangsverwertung von Grundstücken) verunmöglichen (vgl. auch E. Brügger, SchKG Schweiz. Gerichtspraxis 1946–1984, N3 zu Art. 135 SchKG). Im übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass die Aufstellung und Abänderung der Steigerungsbedingungen im gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zu erfolgen hat (vgl. Art. 134 SchKG und Art. 52 VZG).

e) Zusammenfassend ergibt sich, dass die Schuldpflicht für die Kanalisationsanschlussgebühren nach den bundesrechtlichen Bestimmungen über die Zwangsverwertung von Grundstücken nicht auf den Beschwerdeführer (Ersteigerer) übergehen konnte und dementsprechend hier die Anwendung von Art. 24 Abs. 3 KR bundesrechtswidrig war (vgl. BlSchKG 1980, S. 26). Für dieses Resultat spricht schliesslich, dass nach höchstrichterlicher Praxis die Nichtaufnahme einer Last in das Lastenverzeichnis, sei es infolge Nichtanmeldung durch den Berechtigten, sei es wegen eines Fehlers des zuständigen Beamten, deren Untergang gegenüber dem gutgläubigen Ersteigerer zur Folge hat, und zwar selbst dann, wenn die Last im Grundbuch eingetragen war (vgl. BGE 106 II 191 mit Hinweisen).

(VGE 314/94 vom 21. Juli 1994).

 

23

Familienzulagen

Rückerstattung einer Geburtszulage (§ 13 FZG). Selbständigerwerbender überschreitet das Grenzeinkommen. Der Begriff «Familienzulagen» ist der Oberbegriff für «Kinderzulagen» und «Geburtszulagen».

Aus den Erwägungen:

1. Die Rückerstattungsverfügung bezieht sich einerseits auf Kinderzulagen, anderseits auf die Geburtszulage von 800 Franken, welche aus Anlass des am 18. Juli 1992 geborenen X. ausgerichtet worden ist. Angefochten ist ausschliesslich die Rückerstattung dieser Geburtszulage, weshalb sich der Beschwerdeentscheid darauf zu beschränken hat.

2. Der Geltungsbereich des Gesetzes über die Familienzulagen (FZG, nGS III/365) erstreckt sich auch auf die Selbständigerwerbenden mit Geschäftssitz im Kanton Schwyz, deren AHV-pflichtiges Einkommen den Grenzbetrag von Fr. 51000.– nicht übersteigt. Dieser Grenzbetrag erhöht sich um 4000 Franken für jedes Kind im zulagenberechtigenden Alter
(§ 2 Abs. 1 lit. b FZG i.v. mit den §§ 3 und 4 Kantonsratsbeschluss zum FZG) (nGS III/366).

Im Falle des Beschwerdeführers beträgt das anspruchsbeschränkende Grenzeinkommen unter Berücksichtigung seiner beiden Kinder 59000 Franken. Es ist erstellt und unbestritten, dass er dieses Grenzeinkommen deutlich überschritten hatte, weshalb kein Anspruch auf Familienzulagen besteht. Familienzulagen sind ein Oberbegriff für Geburts- und Kinderzulagen (vgl. § 4 FZG). Anspruch auf Familienzulagen haben die dem Gesetz unterstellten Selbständigerwerbenden (§ 7 Abs. 1 lit. b FZG). Für Kinderzulagen und Geburtszulagen bestehen somit aufgrund der klaren gesetzlichen Regelung die gleichen Anspruchsvoraussetzungen. Besteht kein Anspruch auf Kinderzulagen, so besteht auch kein Anspruch auf Geburtszulagen und umgekehrt.

Wer Familienzulagen bezogen hat, auf die ihm kein oder nur ein geringerer Anspruch zustand, hat den zu Unrecht bezogenen Betrag zurückzuerstatten (§ 13 Abs. 1 FZG). Die Rückerstattung bezieht sich auf Familienzulagen (also Kinderzulagen und Geburtszulagen). Hätte der Gesetzgeber die Rückerstattung auf Kinderzulagen beschränken wollen, so hätte er in § 13 FZG den Begriff «Kinderzulagen» und nicht jenen der «Familienzulagen» verwendet.

Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich, dass die Rückerstattungsverfügung zu Recht auch die Geburtszulage miterfasst, weshalb die dagegen eingereichte Beschwerde abzuweisen ist.

Auf die Rückerstattung könnte nur verzichtet werden, wenn die Geburtszulage gutgläubig bezogen worden wäre, und zusätzlich die Rückerstattung für den Rückerstattungspflichtigen eine grosse Härte bedeuten würde (§ 13 Abs. 2 FZG i.v. mit Art. 47 Abs. 1 AHVG). Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Im übrigen wäre der Erlass erstinstanzlich von der Familienausgleichskasse und erst auf Beschwerde hin vom Verwaltungsgericht zu prüfen.

(VGE 46/94 vom 20. Juli 1994).

 

24

Arbeitslosenversicherung    

Vermittlungsfähigkeit (Art. 8,15 AVIG). Ein Versicherter ist während der systembedingten kurzen Zeitlücke von 6 Wochen zwischen Offiziersschule und Abverdienen des Leutnantgrades vermittlungsfähig.

Aus den Erwägungen:

2. a) Der Versicherte hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn er u.a. vermittlungsfähig ist (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG). Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen (vgl. Art. 15 Abs. 1 AVIG).

b) Wer auf einen bestimmten Termin anderweitig disponiert hat und demzufolge für eine neue Beschäftigung nur noch während einer relativ beschränkten Zeit zur Verfügung steht, ist in der Regel nicht vermittlungsfähig. Wer hingegen eine geeignete, jedoch nicht unmittelbar antretbare Stelle findet, handelt in Erfüllung der allen versicherten Personen obliegenden Schadenminderungspflicht. Er hat nicht das Risiko einer allenfalls noch längeren Arbeitslosigkeit auf sich zu nehmen. Die Vermittlungsfähigkeit bis zum Zeitpunkt des Stellenantritts ist zu bejahen, auch wenn in der Praxis kaum Aussicht auf eine vorübergehende Beschäftigungsmöglichkeit besteht (vgl. Stauffer, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, AVIG, S. 19 mit Hinweis auf BGE 110 V 207 Erw. 1).

c) Anderseits gilt bei beschränkter Dauer der Vermittlungsfähigkeit vor einem Ausbildungslehrgang oder Auslandaufenthalt folgende Praxis: Entscheidend ist, ob mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass ein Arbeitgeber die versicherte Person für die konkret zur Verfügung stehende Zeit noch einstellen würde. Zu prüfen sind daher jeweils die konkreten Aussichten auf eine Anstellung auf dem für die stellensuchende Person in Betracht fallenden allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der herrschenden konjunkturellen Verhältnisse sowie aller anderen Umstände (vgl. Stauffer, a.a.O., mit Hinweisen).

3. Im konkreten Fall war der Versicherte nach Abschluss der OS (22. Mai 1993) bis zum anschliessenden Abverdienen des Leutnantgrades (ab 5. Juli 1993) mit einer Lücke von 6 Wochen konfrontiert (wobei er sich erst am 8. Juni 1993 und somit erst nach 2 Wochen zum Bezug von AlE anmeldete; mithin betrug die zeitliche Verfügbarkeit des Versicherten bei der Anmeldung gerundet 4 Wochen).

Es wäre nun stossend, den Versicherten von der AlE-Anspruchsberechtigung auszuschliessen, nur weil der Staat für die Absolvierung der OS einerseits und das anschliessende Abverdienen anderseits kein nahtloses Konzept kennt, sondern vielmehr zeitliche Lücken vorgesehen sind (vgl. dazu die Regelung in anderen Staaten, wo die Militär- und Beförderungsdienste in einem Zuge absolviert werden können).

Wenn der Versicherte das Abverdienen des Leutnantgrades hinausgeschoben hätte bzw. hätte hinausschieben können (z.B. Verschiebung auf 1994), hätte die Vorinstanz nach der Anmeldung vom 8. Juni 1993 keinen Anlass gehabt, die Vermittlungsfähigkeit des Versicherten in Frage zu stellen, obwohl der Versicherte bei der Suche einer (Dauer)Stelle mit dem Handicap belastet gewesen wäre, dass er noch den Leutnantgrad abzuverdienen hat und dementsprechend dem neuen Arbeitgeber 17 Wochen fehlen würde.

Mit anderen Worten ist im Falle einer raschestmöglichen Absolvierung der militärischen Beförderungsdienste (mit einer systembedingten Lücke zwischen OS und Abverdienen) davon auszugehen, dass der Versicherte dadurch seine AlV-rechtliche Ausgangslage verbessert, indem er nach dem Abverdienen nicht mehr mit dem erwähnten Handicap belastet ist, sondern vielmehr zusätzliche Qualifikationen (militärische Kadererfahrung etc.) ausweisen kann.

Bei dieser Sachlage rechtfertigt es sich in diesem Sonderfall (systembedingte kurze Lücke zwischen OS und Abverdienen), sich an die in Erwägung 2b (in fine) dargelegte Rechtsprechung anzulehnen. Demnach handelt ein arbeitsloser Versicherter, welcher bereit ist, militärische Beförderungsdienste zu leisten, in Erfüllung der AlV-rechtlichen Schadenminderungspflicht, wenn er die Beförderungsdienste so rasch als möglich absolviert und dabei die systembedingten Lücken mit Arbeitssuche/Arbeitseinsätzen von kurzer Dauer zu überbrücken versucht. In diesem Sinne ist die Vermittlungsfähigkeit bis zum Zeitpunkt des Abverdienens zu bejahen, auch wenn in der Praxis derzeit geringe Aussicht auf eine vorübergehende Beschäftigungsmöglichkeit besteht.

Für dieses Ergebnis spricht schliesslich, dass Arbeitnehmer, die einen bewilligten Kurs zur Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung besuchen, Leistungen der AlV beanspruchen können, ohne das sie während der Kursdauer vermittlungsfähig sein müssen (vgl. Art. 60 AVIG). Analog ist auch das Erfordernis der Vermittlungsfähigkeit zu lockern, wenn es darum geht, dass eine arbeitslose Person aufgrund einer bevorstehenden Militärdienstleistung für den Staat vorderhand nur während relativ beschränkter Zeit einsetzbar ist.

(VGE 143/93 vom 12. Januar 1994).

 

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Alters- und Hinterlassenenversicherung

Beitragspflicht für Selbständigerwerbende. Nebenerwerb. Der Grundstückgewinn aus gewerbsmässigem Liegenschaftshandel ist als Erwerbseinkommen beitragspflichtig. Die Ausgleichskasse ist an die Mitteilung und Qualifikation des Grundstückgewinnes durch die Steuerbehörde grundsätzlich gebunden (§ 23 Abs. 4 AHVV).

Aus den Erwägungen:

1. Der Beschwerdeführer (Bf.) ist hauptberuflich Geschäftsführer der Firma X. Diese Firma tätigt Immobiliengeschäfte und Verwaltungen. Neben dem unselbständigen Erwerbseinkommen als Geschäftsführer dieser Firma deklarierte der Bf. in der Steuererklärung 1993/94 bei der direkten Bundessteuer einen im Jahre 1992 erzielten Grundstückgewinn von Fr. 83677.– als Erwerbseinkommen. Dieser Grundstückgewinn wurde mit Verfügung vom 14. Oktober 1993 unter Hinzurechnung des bei der kantonalen Grundstückgewinnsteuerveranlagung vorgenommenen Abzugs von Fr. 2000.– (§ 49 Abs. 1 Steuergesetz) mit Fr. 42838.– (im Mittel beider Jahre) veranlagt. Der Grundstückgewinn resultierte aus dem Verkauf einer 31/2-Zimmer-Eigentumswohnung.

2. Die kantonale Steuerverwaltung meldete den Gewinn vonFr. 85677.– (Hinzurechnung des Abzugs nach § 49 Abs. 1 Steuergesetz) der Ausgleichskasse, welche ihn als Einkommen aus einer nebenberuflichen, gelegentlich ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit qualifizierte und für 1992 gemäss Art. 22 Abs. 3 AHVV veranlagte.

3. Der erwähnte Grundstückgewinn unterliegt der AHV/IV/EO-Beitragspflicht nach Art. 22 Abs. 3 AHVV, wenn es sich um Erwerbseinkommen handelt. Liegt ein privater Kapitalgewinn vor, dann handelt es sich – wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird – nicht um beitragspflichtiges Einkommen.

4. Die Vorinstanz beruft sich zur Begründung der beitragsrechtlichen Qualifikation des Grundstückgewinns auf die Beitragsmeldung der Steuerverwaltung, welche für die Ausgleichskasse verbindlich sei.

a) Die kantonalen Steuerbehörden ermitteln das für die Berechnung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen aufgrund der rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer, das im Betrieb arbeitende Eigenkapital aufgrund der entsprechenden, rechtskräftigen kantonalen Veranlagung unter Berücksichtigung der Vorschriften über die direkte Bundessteuer (Art. 23 Abs. 1 AHVV). Die Angaben der kantonalen Steuerbehörden sind für die Ausgleichskassen verbindlich (Art. 23 Abs. 4 AHVV).

b) Nach der Rechtsprechung begründet jede rechtskräftige Steuerveranlagung die nur mit Tatsachen widerlegbare Vermutung, dass sie der Wirklichkeit entspreche. Da die Ausgleichskassen an die Angaben der Steuerbehörden gebunden sind, und der Sozialversicherungsrichter grundsätzlich nur die Kassenverfügung auf ihre Gesetzmässigkeit zu überprüfen hat, darf von rechtskräftigen Steuertaxationen bloss dann abgewichen werden, wenn diese klar ausgewiesene Irrtümer enthalten, die ohne weiteres richtiggestellt werden können, oder wenn sachliche Umstände gewürdigt werden müssen, die steuerrechtlich belanglos, sozialversicherungsrechtlich aber bedeutsam sind. Blosse Zweifel an der Richtigkeit einer Steuertaxation genügen hiezu nicht; denn die ordentliche Einkommensermittlung obliegt den Steuerbehörden, in deren Aufgabenkreis der Sozialversicherungsrichter nicht mit eigenen Veranlagungsmassnahmen einzugreifen hat. Der selbständigerwerbende Versicherte hat demnach seine Rechte, auch im Hinblick auf die AHV-rechtliche Beitragspflicht, in erster Linie im Steuerjustizverfahren zu wahren (BGE vom 28.4.93 i.S. B.; BGE 110 V 130 E. 1; 106 V 130 Erw. 1; 102 V 30 Erw. 3a; ZAK 1988, S. 298 E. 3; 1983, S. 22 Erw. 5).

Weiter ist zu beachten, dass der Sozialversicherungsrichter selbst dann an die Steuerveranlagung gebunden ist, wenn eine nachträgliche Abklärung der Verhältnisse aufgrund der erst im Beitragsprozess eingereichten Unterlagen ergeben könnte, dass die Bundessteuerveranlagung bei rechtzeitiger Erhebung der gesetzlichen Rechtsmittel im Steuerjustizverfahren wahrscheinlich korrigiert worden wäre. Andernfalls würde der Sozialversicherungsrichter zum Steuerrichter, was aber offensichtlich der vom Gesetz getroffenen Kompetenzabgrenzung zwischen den Steuer- und Sozialversicherungsorganen, an der festzuhalten ist, widerspräche.

c) Entscheidende Frage ist vorliegend, ob der Verkauf der Wohnung, bei welchem der veranlagte Gewinn entstanden ist, als Akt der schlichten Vermögensverwaltung oder aber, wie die Steuerbehörden und die Vorinstanz meinen, als gewerbsmässige Liegenschaftshandelstätigkeit zu betrachten ist. Ist letztere Annahme zutreffend, so liegt Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit vor.

Die Aussage in der Replik des Beschwerdeführers ist richtig, wonach die Bindung an die Angaben der Steuerbehörden die beitragsrechtliche Qualifikation des Einkommens nicht betrifft, und ebenso keine Bindung besteht in bezug auf die Frage, ob überhaupt Erwerbseinkommen und gegebenenfalls solches aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit vorliegt (vgl. BGE 111 V 294; 110 V 371; VGE 123/93 vom 22.12.1993 E. 1 mit weiteren Hinweisen). Die grundsätzliche Nichtbindung in diesen Fragen ist namentlich deshalb richtig, weil es um AHV-spezifische Fragen und Abgrenzungen geht, welche für die Steuerveranlagung von keiner oder höchstens marginaler Relevanz sind. Die Steuerbehörden befassen sich deshalb auch kaum mit solchen Fragen, ist doch etwa die Steuerbarkeit eines Einkommens gegeben, ob es sich nun um Erwerbseinkommen oder um Vermögensertrag handelt.

Die Frage, ob gewerbsmässige Liegenschaftshandelstätigkeit vorliegt oder nicht, ist indessen ein ausgesprochener Spezialfall. Gewinne aus dem Liegenschaftenhandel werden bei den kantonalen Steuern mit einer speziellen Objektsteuer, der Grundstückgewinnsteuer, erfasst. Bei der direkten Bundessteuer fehlt eine solche Objektsteuer, weshalb nach Art. 21 Abs. 1 Bst. a BdBSt Liegenschaftshandelsgewinne nur dann besteuert werden, wenn der Liegenschaftshandel Erwerbstätigkeit darstellt (vgl. E. Känzig, Wehrsteuer/direkte Bundessteuer, 1982, N 44ff. zu Art. 21). Die kantonalen Bundessteuerbehörden befassen sich deshalb bei dieser Thematik explizit, fundamental, zentral und intensiv mit der Frage: Ist ein (bzw. mehrere) Liegenschaftshandelsgeschäft, das ein Steuerpflichtiger getätigt hat, als Erwerbstätigkeit oder als Nichterwerbstätigkeit (schlichte ordentliche Vermögensverwaltung) zu qualifizieren? Die reichhaltige Steuerrechtspraxis verwendet als Indizienkatalog, der für die Annahme oder Nichtannahme von Gewerbsmässigkeit spricht, genau die gleichen Kriterien wie die AHV-Praxis (vgl. einerseits für das Steuerrecht: Känzig, a.a.O., N 45 zu Art. 21; VGE 302/90 vom 9.4.90 Prot. 148ff.; StE 1989, B 23.1 Nr. 17; anderseits für das AHV-Recht: Hanspeter Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, Rz 3.72, S. 85). Die AHV-Praxis nimmt hiebei allerdings eine rein rezeptive Funktion wahr und hat zur Entwicklung und Gewichtung der Abgrenzungskriterien wenig beigetragen. Stellen sich aber bei der Qualifizierung, ob eine Liegenschaftshandelstätigkeit Erwerbstätigkeit darstellt oder nicht, bei der direkten Bundessteuer wie bei der AHV die gleichen Tat- und Rechtsfragen, so ist nicht ansatzweise einzusehen, weshalb gerade hier keine Bindung der AHV-Organe an die Veranlagungen und Meldungen der für die Veranlagung der direkten Bundessteuer zuständigen kantonalen Steuerorgane bestehen soll. Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung sowie der Grundsatz der Verfahrensökonomie gebieten es vielmehr – wie namentlich Käser (a.a.O., Rz 3.70) richtig erkannt hat –, dass die Verbindlichkeit gemäss Art. 23 Abs. 4 AHVV auch für diese Frage gilt (vgl. auch VGE 80/92 vom 18.11.1992 E. 2c, Prot. 818; ZAK 1987, 423).

Eine gegenüber den Steuerbehörden abweichende Beurteilung durch den Sozialversicherungsrichter kommt deshalb nur dann in Frage, wenn die steuerrechtliche Qualifikation als offensichtlich unrichtig erschiene, wenn klar ausgewiesene Irrtümer vorlägen.

5. Der Revisor der Steuerverwaltung hält in seiner Vernehmlassung vom 22.2.1994 fest, dass die bundessteuermässige Veranlagung als erwerbsmässige Liegenschaftshandelstätigkeit nicht irrtümlich erfolgt sei. Der Bf. müsse nach der geltenden Praxis klar als gewerbsmässiger Liegenschaftshändler taxiert werden, da diverse Indizien darauf hinwiesen (Fremdfinanzierung, Zusammenhang mit der hauptberuflichen Tätigkeit, kein Ausnützen einer zufällig sich bietenden Gelegenheit). Im weiteren habe der Bf. schon mehrmals Liegenschaften gekauft und wieder verkauft und auch schon Provisionen für Tätigkeiten im Liegenschaftenhandel erhalten. Zu ergänzen ist noch, dass die Durchsicht der Praxis zeigt, dass Erwerbsmässigkeit und damit steuerbares und AHV-pflichtiges Einkommen in der Praxis relativ rasch angenommen wird, auch bloss gelegentliche oder vereinzelte Käufe können darunter fallen. Nicht nur Gewinne aus der eigentlichen hauptberuflichen Liegenschaftshandelstätigkeit fallen darunter (VGE 80/92, Prot. 818; Känzig, a.a.O., N 46 zu Art. 21). Vorliegend kommt noch hinzu, dass der Bf. die fragliche Wohnung nie selber bewohnt hat. Auch der Umstand, dass zwischen Kauf und Verkauf der Wohnung eine Zeitspanne von fünf Jahren lag, spricht keinesfalls gegen Gewerbsmässigkeit. Die Behauptung schliesslich, der Bf. habe die Absicht gehabt, nach dem Tode seiner Eltern in die verkaufte Wohnung einzuziehen, wird in der Beschwerde in keiner Weise belegt und ist wohl auch nicht verifizierbar. Fest steht hingegen, dass er eine solche Absicht, sollte sie je bestanden haben, nicht in die Tat umgewandelt hat.

Zusammenfassend steht fest, dass eine offensichtlich falsche, mit Irrtümern behaftete Subsumtion von Seiten der Steuerbehörden offensichtlich nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde abgewiesen werden muss. Selbst bei erweiterter gerichtlicher Kognition wäre gleich zu entscheiden.

(VGE 19/94 vom 29. Juni 1994).